Aktuell
und ausländische Freiwillige.
Die Wende
und die Wiederkehr der Söldner.
Die modernen Mietregimenter.
Greencard-Soldaten ersetzen Wehrpflichtige.
Diamanten, Kriege, Flüchtlinge und Söldner.
Krieg gegen den Terrorismus
AMISOM und Bancroft in Somalia.
Die verlorenen Söldner der CIA.
Rich man’s war and poor man’s fight.
- deutsche Legenden.
Security
Jobs für alte Veteranen.
Eine Privatfirma offeriert Spezialisten weltweit.
Executive Outcomes in Sierra Leone.
Gründung und Probleme einer PMC.
und der Putschversuch in Äquatorialguinea.
Söldnerpiloten in Afrika.
niemand lebt vom Sold allein.
Im Staatsdienst
eine "Söldnerfirma" im Irak.
"Die stärkste Söldnerarmee der Welt?
Irans Kanonenfutter in Syrien.
Gegenwart – die Wiederkehr
Nach dem Fall als der Berliner Mauer im November 1989 wurde bald klar, dass es sich hierbei um eine welthistorische Zäsur gehandelt hatte, die am besten mit dem Sturm auf die Bastille vergleichbar war. Kurz darauf fielen die kommunistischen Regime in Osteuropa wie Dominosteine und am Ende zerbrach sogar die Sowjetunion selbst. Der Kalte Krieg war auf ganzer Front gewonnen.Optimisten sahen bereits eine neue Epoche weltweiten Friedens anbrechen, in der das Militär nur noch zu überschaubaren Kriseneinsätzen in entlegenen Regionen benötigt werden würde. In vielen Ländern begann man damit schweres Kriegsgerät zu verschrotten, die Militärausgaben zu reduzieren und den unpopulären Wehrdienst abzuschaffen.
Die allgemeine Entspannung ermöglichte es sogar, dass die UN endlich dem jahrelangen Drängen vieler afrikanischer Staaten nachgab und in einer Konvention die Rekrutierung, Verwendung, Finanzierung und Ausbildung von Söldnern offiziell ächtete. Das war natürlich vor allem eine politische Schönheitsoperation, da. man bei der UN darauf geachtet hatte, die Definition so abzufassen, dass Fremdenlegionäre, Gurkhas, Militärberater, Ausbilder, Security-Personal nicht als Söldner galten.
Doch das war nur von ganz geringer Bedeutung, da Söldner bereits seit langem als eher exotische wenig zeitgemäße Randerscheinungen betrachtet wurden. In vielen Ländern stritt man sich um die Verteilung der Friedensdividende und sogar der Golfkrieg konnte fast schon wie eine Polizeiaktion schnell und mit überraschend geringen Verlusten gewonnen werden. Und dann kam das böse Erwachen. Im Oktober 1993 kam es zur so genannten "Schlacht von Mogadischu".
Wahrscheinlich hatten die USA der Welt nach dem Golfkrieg einfach demonstrieren wollen, dass sie nicht nur für Öl und Profite in den Krieg zogen sondern auch für humanitäre Ziele. Jedenfalls hatten sie sich entgegen ihrer Gewohnheiten dazu bewegen lassen, eine UN-Mission, die verzweifelt versuchte die hungernden Somalier mit Lebensmitteln zu versorgen, tatkräftig militärisch zu unterstützen.
Bei dem Versuch einen besonders renitenten Warlord aus dem Verkehr zu ziehen, wurden zwei Black Hawk Helikopter abgeschossen und das gesamte Unternehmen endete in einem Desaster. Doch trotz des gewaltigen Feuerwerks, das Ridley Scott in seinem beeindruckenden Film abfackelt, sollte man nicht vergessen, dass die USA nur 93 Mann als Verluste – davon 19 Tote - zu beklagen hatten. Dennoch reichte dies aus, um die gesamte US-Außenpolitik zu beeinflussen. Man zog sich geradezu fluchtartig aus Afrika zurück und verzichte auf weitere Beteiligungen an humanitären Aktionen. So rührte sich 6 Monate später bei dem Genozid in Ruanda kein Finger.
So bedauerlich die Opferzahlen sind (im Golfkrieg verloren die Allierten 147 Tote durch Feindeinwirkung), so sollte man sie doch auch einmal aus einer historischen Perspektive betrachten. In der Schlacht an der Somme verloren die Briten allein am ersten Tag (1.Juli 1916) über 57.000 Mann. Trotzdem ging das Gemetzel noch über vier Monate weiter.
Hier wird sofort deutlich, dass heute kein westlicher Staat, eigentlich überhaupt kein moderner in der Lage wäre, auch nur annähernd ähnliche Opferzahlen zu ertragen. Auch bei relativ geringen Verlusten werden Kriege in westlichen Gesellschaften schnell so unpopulär, so dass das mögliche Vermeiden dieser Verluste zu einem Hauptziel der Strategen wird. Bei ihren außenpolitischen Abenteuern fürchten Regierungen kaum etwas so sehr wie die Heimkehr der Leichensäcke. Historiker sprechen deshalb inzwischen von "postheroischen Gesellschaften".
Im Laufe der Geschichte war es für wohlhabende, mehr zivile als "heroische" Gesellschaften ganz normal für ihre Kriege Fremde anzuwerben. Und heute gehört es zu den Grundprinzipien moderner kapitalistischer Gesellschaften unbeliebte, strapaziöse, gefährliche und auch noch relativ schlecht bezahlte Arbeiten von Ausländern erledigen zu lassen. Unter dieses Umständen schrie der Markt geradezu nach Söldnern, nachdem auf die großen Massenheere von Wehrpflichtigen verzichtet werden konnte. Doch die Umsetzung dieser offensichtlichen völlig logischen Lösung traf auf ein mächtiges Hindernis; sie traf auf die Erblast von über 200 Jahren patriotischer Propaganda.
Als die ersten Staaten im 18. Jahrhundert daran gegangen waren, Berufssoldaten durch Wehrpflichtige zu ersetzen, wäre dieser Übergang ohne die allgegenwärtige patriotische Propaganda wahrscheinlich gar nicht möglich gewesen. Man schuf Heldenfriedhöfe, patriotische Denkmäler, Gedichte, Lieder, Hymnen, Bücher, Theaterstücke und schließlich Filme. Alles zu dem Zweck, den Bürgern zu suggerieren, dass es nichts süßeres und ehrenvolleres gäbe als den Tod fürs Vaterland. Auf der Gegenseite standen die finsteren Mietlinge, die materialistischen Söldner. Die Amerikaner haben sie sogar in ihre Nationalhymne aufgenommen als "hireling and slave".
Es ist für Regierungen schlicht und ergreifend fast unmöglich selbst "postheroischen" Bürgern zu erklären, dass so gut wie niemand mehr fürs Vaterland sterben möchte und man deshalb diese Rolle künftig armen Schweinen aus Drittweltländern überlassen möchte.
Zum Glück hatte bereits die UN mit ihrer scheinheiligen Anti-Söldner-Konvention von 1989 den Ausweg aus diesem Dilemma gewiesen. Man darf ruhig Söldner beschäftigen, so lange man der Sache nur einen anderen Namen gibt. In dem ganzen prosperierenden Gewerbe ist "mercenary" deshalb inzwischen ein absolutes Unwort, oft auch in Analogie zum "f-word" (fuck) als "m-word" bezeichnet, das man auf keinen Fall in den Mund nehmen darf.
Die UN gehörte dann auch zu den ersten, die von diesem Etikettenschwindel reichlich Gebrauch machte. So war es bis 1990 üblich, für Friedensmissionen Truppen wohlhabender, westlicher Nationen zu verwenden. Kanada, Schweden, Irland, Finnland und Norwegen führen die Liste bis 1990. Nach 1990 dominieren Bangladesch, Pakistan, Indien, Jordanien, Nepal, Äthiopien und Nigeria. Stellt man die Zahl der entsandten Truppen in eine Relation zur Bevölkerung der Länder hält das bettelarme Nepal eine absolute Spitzenposition.
Man kann vielleicht noch erwähnen, dass die reichen Industrienationen für diese Einsätze sehr gut bezahlen, während die Einnahmen bei den Entsenderländern oft einen guten Teil der Deviseneinkünfte ausmacht. Unter den Soldaten sind die Blauhelmeinsätze natürlich auch sehr begehrt, da sie damit meistens ein vielfaches von ihrem üblichen Sold verdienen.
Neben der Verwendung als klassische Mietregimenter im Sold der UN traten in den Neunziger Jahren auch bald wieder absolut klassische Söldnerformationen in Erscheinung. Besonders pikant dabei ist, dass Angola und Zaire zu den ersten Auftraggebern gehörten, also genau die Länder, die sich bei der UN so lautstark für ein Verbot von Söldneraktivitäten eingesetzt hatten.
Damals von der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbemerkt begann die südafrikanische Sicherheitsfirma Executive Outcomes 1992 mit ihren Operationen in Angola und konnte entscheidend zum Sieg der Regierungstruppen beitragen. Mit Executive Outcomes setzte sich dann auch die Bezeichnung "PMC" (für Private Miltary Company) durch, da ja niemand von "Söldnerfirma" sprechen wollte. 1995 gelang es Executive Outcomes sogar den blutigen Bürgerkrieg in Sierre Leone vorläufig zu beenden. Als Präsident Mobutu 1997 kurz vor dem Sturz stand, konnte er sich anscheinend Executive Outcomes nicht leisten und griff deshalb auf einige von Frankreich vermittelte Serben zurück.
Das Aufkommen der PMCs war durch das Ende des Kalten Krieges gewaltig beschleunigt worden. Früher hatten Frankreich oder die USA Diktatoren wie Mobutu an der Macht gehalten, und ohne den Abzug der Kubaner hätte Executive Outcomes kaum in Angola eingreifen können.
Der Trend zu kleinen Kriegen, in denen ethnische Gruppierungen, Milizen von Warlords, kriminelle Banden und internationale Terrorgruppen gegeneinander kämpfen hatte bereits einige Zeit vor 1990 begonnen, war aber dann durch das Ende des Kalten Krieges gewaltig beschleunigt worden. Der Rückzug der Großmächte hatte ein Machtvakuum hinterlassen, in dem der kleine Krieg seinen Nährboden fand.
Richtig in Schwung kam diese Entwicklung durch die als großangelegte Polizeiaktionen geplanten Kriege des Westens nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Der Krieg in Afghanistan (Oktober 2001) schien bereits nach ein paar Wochen gewonnen, und die Alliierten luden zur Friedenskonferenz in Bonn. Präsident Busch war von seinem Blitzsieg offensichtlich so begeistert, dass er im März 2003 den Irakkrieg startete, den er dann ebenfalls nach ein paar Wochen in seiner berühmten "Mission Accomplished" Rede für gewonnen erklärte. Der so genannte Arabische Frühling 2011 ermutigte den Westen dann, sich so alter Feinde wie Muammar Gaddafi in Libyen und Baschar al-Assad in Syrien zu entledigen.
Das traurige Ergebnis ist bekannt. Die Kriegen flammten neu auf, zogen sich in die Länge, die Verluste stiegen und bald ging es nur noch darum, wie man sich endlich aus dem Schlamassel zurückziehen könnte. Die Kriege in Syrien, Libyen und Irak dauern nicht nur an, sondern sind teilweise in mehrere Kleinkriege zerfallen. Der Krieg in Afghanistan ging völlig verloren. Doch wahrscheinlich gibt man den Taliban bald Geld um schlimmeres zu verhindern.
In Mexiko tobt seit 2006 ein Drogenkrieg, in dem sich zahlreiche Kartelle, Banden, Polizei und Militär gegenseitig bekämpfen. Das brutalste Kartell, die so genannten "Zetas" rekrutierten ihre besten Killer unter ehemaligen Elitesoldaten, die von Amerikanern und Israelis ausgebildet worden waren. Obwohl dieser unerklärte Krieg in Europa weitgehend unbeachtet ist, sollte man nicht vergessen, dass er mit fast einer halben Million fast so viele Opfer wie der Krieg in Syrien gefordert hat,
Staaten, die nicht mehr in der Lage sind für ein Mindestmaß an Sicherheit zu sorgen und deshalb zerfallen, bezeichnet man mit dem neuen Modewort als "failed state". Die Liste wird immer länger. Man spricht in diesem Zusammenhang gerne von "forever wars", "low intensity wars" und ähnlichen Dingen, die letzten Endes nur bedeuten, dass die Sache völlig außer Kontrolle geraten ist. Wahrscheinlich bedauern es inzwischen einige Politiker, an Gaddafis Sturz mitgewirkt zu haben, und wenn Russland den Massenmörder Assad an der Macht hält, wird es vielen recht sein.
Endlos erscheinende Kleinkriege, die Großmächte auf dem Rückzug und gleichzeitig ein steigendes Interesse an Rohstoffen und sicheren Transportwegen sind sozusagen Idealbedingungen für Einsatz und Wachstum des uralten Gewerbes. Es kommt schließlich nicht von ungefähr, dass einige dieser Konflikte an den Dreißigjährigen Krieg erinnern.
Für den ersten großen Boom sorgten die Amerikaner. Als ihnen die Kriege zuerst im Irak und später in Afghanistan über den Kopf wuchsen, versuchten sie zunehmend die Lasten auf den privaten Sektor zu verlagern. Firmen wie MPRI, DynCorp, AEGIS, Blackwater und viele mehr verdienten Milliarden. Hier wurden dann auch erstmals die Massenmedien aufmerksam und berichteten weltweit über "Söldnerfimren" im Irak, obwohl offiziell nur von PMCs gesprochen wurde.
Bei all dem Medienrummel um die "modernen Söldner" wird jedoch meistens übersehen, dass es sich nur bei einer kleinen Minderheit um westliche Ex-Elitesoldaten handelt, die bis zu 1.000 Dollar am Tag verdienen. Die große Masse kommt aus armen Drittweltstaaten, wo ein paar hundert Dollar bereits als guter Monatssold (!) gelten. So wurde der Bakaara Markt in Mogadischu - der Schauplatz von Ridley Scotts Black Haw down – 2011 in einem blutigen Häuserkampf von Söldnern aus Uganda und Burundi freigekämpft.
Inzwischen sind diese PMCs fast überall anzutreffen. Sie kämpfen in Syrien, der Sahelzone und anderen Orten. Sogar China lässt von ihnen Handelsrouten und Minen bewachen. Putin schickt sie nach Libyen, wo sie dann auf die von Erdogan treffen.
Obwohl PMCs von Staaten oft dafür benutzt werden Aufgaben auszuführen, die sie den eigenen Bürgern nicht zumuten möchten, gewinnt inzwischen ein zweiter Aspekt an Bedeutung. Regierungen können mit Hilfe von PMCs in Konflikte eingreifen, an denen sie offiziell gar nicht beteiligt sind. Sie können damit bequem demokratische Instanzen umgehen, und wenn die Sache schiefgeht, haben sie von allem nichts gewusst. So haben die USA jahrelang mit´der Hilfe von MPRI aktiv in den Drogenkrieg in Kolumbien eingegriffen, ohne dass dies vom Parlament sanktioniert war. Auf ähnliche Weise greifen Putin und Erdogan in Syrien und Libyen ein (auf entgegengesetzten Seiten) ohne ihre Parlamente zu fragen oder die Heimkehr toter Soldaten befürchten zu müssen.
Söldner waren wie gesagt im späten 18. Jahrhundert durch Wehrpflichtige ersetzt worden, denen man im Gegenzug nach und nach das Wahlrecht einräumen musste. Wehrpflicht und Demokratie sind deshalb zumindest in der abendländischen Geschichte aufs engste verflochten. Bis jetzt hat aber noch niemand die Frage aufgeworfen, was mit der Demokratie passiert, wenn man Wehrpflichtige nicht mehr braucht, da Kriege wieder von bezahlten Profis geführt werden.