Blackwater USA
Eine "Söldnerfirma" im Irak.
Unter den zahlreichen PMCs (Private Military Company), die seit einigen
Jahren im Irak tätig sind, sorgt vor allem Blackwater USA immer wieder
für Schlagzeilen. Viele Menschen nahmen sogar erstmals von der Existenz
solcher Firmen Kenntnis, als im März 2004 eine triumphierende Masse
Iraker Leichenteile von Amerikanern an einer Brücke in Falludscha
zur Schau stellte und diese Bilder weltweit im Fernsehen übertragen
wurden. Kurz darauf wurde dann gemeldet, dass es sich bei den Toten nicht
wie anfangs angenommen um US-Militärs gehandelt habe, sondern um Angestellte
der Privatfirma Blackwater, um "Söldner" also.
Seit einiger Zeit sorgen die Prozesse der Familienangehörigen der
in Falludscha getöteten Mitarbeiter für negative Schlagzeilen,
dennoch ist Blackwater mit dem Irakkrieg schnell und unaufhaltsam gewachsen,
hat sogar an der Heimatfront nach dem Sturm Katrina in New Orleans Sicherheitskräfte
gestellt und versucht von der UNO einen Auftrag für Darfur zu erhalten.
Der Autor Jeremy Scahill bezeichnet Blackwater als "die mächtigste
Söldnerarmee der Welt" oder als "die Prätorianergarde im globalen
Krieg gegen den Terror."
Wie alle diese Firmen vermeidet Blackwater die Bezeichnung "mercenary"
und untersagt seinen Mitarbeitern die Verwendung. Man spricht inzwischen
schon leicht ironisch vom "M"-word (in Anlehnung an das "F"-word für
das political incorrecte "fuck"). Die Medien dagegen schreiben praktisch
von nichts anderem. Wenn irgendwo über diese privaten Militärfirmen
berichtet wird ist das Wort "Söldner" schon fast obligatorisch. Als
der Spiegel "US-Söldner im Irak Die Folterer von Bagdad" auf seiner
Titelseite trug, war allerdings im gesamten Heft von Söldnern praktisch
nichts zu lesen, sondern von den Folterskandalen regulärer US-Soldaten.
Laut der UN-Konvention von 1989,
die immer wieder gerne zitiert wird
(wir halten sie dennoch für ein völlig unbrauchbares politisches
Konstrukt), ist ein Söldner jemand, der nicht zu den Konfliktparteien
gehört und nicht offiziell von einem Drittstaat entsandt wurde. Nun
handelt es sich ja bei einem guten Teil des Personals der PMCs - ganz besonders
der Führungsebenen - um US-Amerikaner oder Briten. Zudem haben viele
Firmen Verträge mit dem US-Verteidigungsministerium unterzeichnet;
d.h. sie gehören zu den Konfliktparteien und wurden offiziell entsandt.
Privatfirmen, die Bodyguards vermitteln oder Objektschutz anbieten,
gibt es schon lange, aber noch vor wenigen Jahren, wäre kaum jemand
auf die Idee gekommen, hier von Söldnern zu sprechen. Inzwischen ist
dagegen in zahlreichen TV-Dokumentationen, Artikeln und Büchern fast
nur noch davon die Rede. Das "M"-word ist schick geworden, es steigert
die Auflagen und verkauft sich hervorragend. Zudem lässt sicht alles
Schlechte, Konspirative und Illegale, das die Bürger ihren Regierungen
so zutrauen, hinter diesem archaischen Wort vermuten. So titelt ein Internetartikel:
"US turns to mercenaries for dirty work". Danach kann man dann lesen, dass
die Söldner die Leibwache für den Chef der US-Zivilverwaltung
Paul Bremer stellen, Geleitschutz für Transporte und Ölfelder
bewachen; vom "dirty work" ist dagegen nichts zu erfahren.
Man sollte den Medien gegenüber, die aus purer Effekthascherei
ständig von "Söldnern" berichten, also äußerst misstrauisch
sein. Andererseits ist auch von den Statements der PMCs, die unter allen
Umständen das skandalöse "M"-word vermeiden wollen, nicht viel
zu halten. Wir wollen uns deshalb etwas genauer mit den Ereignissen um
die Firma Blackwater USA beschäftigen und dabei der Frage nachgehen,
in wieweit und unter welchen Umständen man hier tatsächlich von
Söldnern sprechen kann und welche Probleme die Verwendung einer solchen
Firma mit sich bringt.
Blackwater wurde Ende 1996 von einem gewissen Erik Prince gegründet.
Prince stammt aus einer dieser erzkonservativen und streng religiösen
amerikanischen Familien, die glauben in Gottes auserwähltem Land zu
wohnen und Freiheit und Demokratie mit einem entfesselten Wirtschaftsimperialismus
gleichsetzen. Sein Vater war als Zulieferer der Autoindustrie von Detroit
zum Multimillionär geworden, und Erik fand seine politische Heimat
schnell in den Kreisen um George Bush, die in Washington gegen die Liberalen
der Clinton-Regierung mobil machten. Da es ihm aber auch dort noch viel
zu gemäßigt zuging, zog er nach Afghanistan, um als Freiwilliger
mit den Mudschaheddin gegen die Sowjets zu kämpfen.
Wahrscheinlich kam er dabei schnell zur Erkenntnis, dass die Mudschaheddin
für idealistische Schwärmer ohne jede Ausbildung nur wenig Verwendung
hatten. Denn bald darauf war er wieder in den USA, wo er zum Militär
ging und sich freiwillig zur härtesten Spezialeinheit meldete: den
US Navy Seals. Man sagt er sei der reichste Seal in der Geschichte dieser
Einheit gewesen. Er diente in Haiti und in Bosnien und wäre sicher
noch länger geblieben. Doch dann starb 1995 plötzlich sein Vater
und seine Frau erkrankte schwer an Krebs. Erik Prince musste seinen Dienst
quittieren und sich um Familie und Unternehmen kümmern.
Allerdings scheint die Autoindustrie nicht so ganz seinen Neigungen
entsprochen zu haben. Er musste die Firma bald darauf weit unter ihrem
alten Wert verkaufen. Dennoch blieb ihm genug, um ein angenehmes Leben
zu führen und in den Sümpfen Nordcarolinas ein gigantisches Stück
Land zu erwerben. Hier entstand ein Trainingsgelände mit allem notwendigen
Zubehör zur Schulung von Spezialkräften. Es wurde zur Heimat
von Blackwater, das dort auch Wettbewerbe für internationale SWAT-Teams
durchführt. Neben Schieß- und Hindernisbahnen, gibt es praktisch
alles, was sich Ausbilder von Polizei und Militär nur wünschen
können; nach dem Massaker an der Columbine-Highschool wurde sogar
ein ganzer Schulkomplex nachgebaut, um hier Polizisten schulen zu können.
Nun gibt es in den USA eine ganze Reihe Schießplätze, wo
man am Wochenende mit schweren Maschinenkanonen alte PKWs zusammenballern
kann. Es fehlt auch nicht an verrückten Millionären, die gerne
eine eigene Privatarmee unterhalten würden. Wahrscheinlich schwebte
dem Ex-Green Beret Robert K. Brown ähnliches vor, als er Anfang der
70er sein Söldnermagazin "Soldier of Fortune" gründete. Allerdings
entwickelte es sich nie zur großen Stellenbörse, sondern blieb
ein Heftchen für Waffennarren. Die interessante Frage ist also, warum
Erik Prince Erfolg hatte, wo vor ihm schon so viele mit ähnlichen
Ideen gescheitert waren.
Ein wichtiger Vorteil war sicher, dass er eine Menge Geld im Hintergrund
hatte und über gute politische Kontakte verfügte. Der wirklich
entscheidende Punkt war jedoch, dass sich das politische Umfeld geändert
hatte. Das von der Industrie praktizierte "Outsourcing" hatte inzwischen
auch Polizei, Strafvollzug und Militär erreicht; nach dem Desaster
in Somalia (18 Gefallene!) begannen viele Regierungsstellen darüber
nachzudenken, wie man in Zukunft solche Einsätze mit weniger spektakulären
Verlusten durchführen könnte, und in den Kriegen in Jugoslawien
und in Kolumbien hatte man bereits auf die Dienste von PMCs zurückgegriffen,
um die lästigen Anfragen in Senat und Kongress zu umgehen.
Es gab also Arbeit für Blackwater, besonders im Bereich Ausbildung
von Sicherheitskräften und Personen- und Objektschutz. Trotzdem kann
man bezweifeln, dass damit genug Geld umgesetzt wurde, um das riesige Trainingsgelände
auf Dauer zu unterhalten. Vergleichbare britische oder südafrikanische
Firmen, die schon länger auf dem Markt sind, beschränken sich
in der Regel auf einige wenige feste Mitarbeiter und ein paar Büroräume.
Weiteres Personal, Räume und schweres Gerät werden erst bei Bedarf
angemietet. Die Rettung für Blackwater kam in Form einiger fanatischer
Araber und den Terroranschlägen vom 11. September. Der folgende Krieg
in Afghanistan brachte bereits einige lukrative Aufträge im Personenschutz
und Transport. Richtig großes Geld wurde dann aber im Irak verdient.
Nachdem Präsident Bush vorschnell den Sieg der US-Streitkräfte
verkündet hatte und bereits viele Familien die Rückkehr ihrer
Soldaten erwarteten, verschlimmerte sich die militärische Lage im
Irak von Monat zu Monat. Die Armee war mit der Kontrolle des weiten Landes
vollkommen überfordert, es fehlte vorne und hinten an Rekruten und
plötzlich mussten sogar Reservisten einberufen werden, wodurch die
Stimmung in der Heimat natürlich nicht besser wurde. Täglich
gab es Attentate, Entführungen und Morde, so dass im Irak bald jedes
öffentliche Gebäude, jede Einrichtung, jeder Ausländer Schutz
benötigte. Allein zu dieser Aufgabe hätten die regulären
Streitkräfte der USA wahrscheinlich kaum ausgereicht. Also sprangen
die privaten Anbieter in die Lücke. Sie konnten praktisch verlangen,
was sie wollten; das Verteidigungsministerium bezahlte, wenn es dafür
nur vermelden konnte, man sehe Licht am Ende des Tunnels.
Für diesen Krieg im Irak war Blackwater mit seinen Teams aus Ex-Seals
und Ex-Rangern natürlich hervorragend aufgestellt, wie ein Börsenanalyst
sagen würde. So konnte sich die Firma dann auch gleich mit der Bewachung
von Paul Bremer nicht nur einen unheimlich lukrativen (21 Millionen $)
sondern auch äußerst prestigeträchtigen Auftrag sichern.
Obwohl viele PMCs der Presse gegenüber eine sehr restriktive Haltung
einnehmen, so legen sie doch oft großen Wert auf ihre Medienpräsenz.
Wenn nun fast täglich irgendwo Fotos abgedruckt werden, unter denen
steht "Paul Bremer mit Leibwächtern von Blackwater", so ist das eine
enorme Gratiswerbung, und so mancher Diplomat oder Geschäftsmann wird
darüber nachdenken, ob er sich diesen Luxus nicht auch leisten sollte.
Blackwater wuchs unaufhaltsam und scheffelte Millionen. Ranger und Seals
waren längst knapp geworden, doch inzwischen rekrutierte man ganz
gewöhnliche Ex-Soldaten, sogar ehemalige Polizisten. Nach einem Schnellkurs
in Terrorbekämpfung auf dem firmeneigenen Trainingsgelände erachtete
man sie für fähig im Irak an Checkpoints Fahrzeuge zu kontrollieren,
Konvois zu fahren oder Ölquellen zu bewachen. Die nicht geringen Kosten
für die Ausbildung wurden dann später mit dem Sold verrechnet,
was schon ein wenig an die Praktiken alter Landknechtsobristen erinnert.
Doch trotz der außergewöhnlich guten Bezahlung von bis zu 1.500
$ täglich wurde es immer schwieriger ausreichend Leute zu finden,
die bereit waren in diesem Hexenkessel von Fanatikern, konstant bedroht
von Autobomben, Scharfschützen und Minen ihren Hals zu riskieren.
Die Lösung hatte das US-Militär längst vorexerziert:
man griff einfach auf Ausländer zurück, musste dazu aber als
Privatfirma noch nicht einmal eine Greencard voraussetzen. Für das
erste größere Kontingent sorgte ein Chilene namens Jose Miguel
Pizarro, der auch die US-Staatsbürgerschaft besaß. Pizarro war
ein glühender Bewunderer Pinochets und vertrat als Waffenlobbyist
die Interessen bedeutender US-Firmen in Lateinamerika. Er verfügte
über hervorragende Kontakte und besorgte Blackwater die ersten 60
chilenischen Kommandos. Doch das waren nur die Spitzenkräfte, bald
warb man in Lateinamerika jeden, der militärische Erfahrung hatte.
Die Latinos hatten zudem den enormen Vorteil, dass durch das große
Angebot die Preise leicht gedrückt werden konnten. Hatte man den Chilenen
noch 4.000 $ Dollar im Monat bezahlt, so erhielten Peruaner, die später
geworben wurden nur noch 1.000 $ monatlich!
Dadurch stiegen die Gewinne natürlich enorm. Doch die Konkurrenz
schlief nicht, und inzwischen rangelten viele PMCs mit regelrechten Dumpingangeboten
um die lukrativen Regierungsaufträge im Irak. Man musste Kosten sparen
und möglichst überall mitbieten, wenn man seine führende
Position behalten wollte. Diese Mentalität war dann nicht ganz unschuldig
an dem Desaster von Falludscha im März 2004, bei dem Scott Helvenston
und drei andere ehemalige Elitesoldaten ein derart klägliches Ende
fanden.
Scott Helvenston war zu der Zeit bereits eine Art kleiner Legende der
Navy Seals. Auch er kam aus einer guten konservativen amerikanischen Familie,
die zwar nicht über die Millionen von Erik Prince verfügte, dafür
aber einen US-Verteidigungsminister zu ihren Vorfahren zählen konnte.
Vor allem aber war Helvenston ein gut aussehender Modellathlet und Bilderbuchsoldat,
der Traum jeder amerikanischen Schwiegermutter. Unter den Seals wurde er
berühmt, weil er mit 17 als jüngster in ihrer Geschichte die
brutalen Aufnahmeprüfungen schaffte. Er blieb 12 Jahre dort die letzten
4 selbst als Ausbilder. Bereits damals begann er nebenher als Fotomodell
zu arbeiten, zierte das Cover eines Navy-Kalenders und präsentierte
als Dressman bei Waffenmessen Militärkleidung. Nach seinem Ausscheiden
bei den Seals lockte Hollywood. Er eröffnete ein beliebtes Fitnessstudio,
produzierte Fitnessvideos und erhielt auch ein paar Rollen im Reality-TV.
Schließlich wurde er sogar von den großen Studios als Berater
bei Actionfilmen unter Vertrag genommen. So arbeitete er z. B. an "The
Rock" und "Face-Off" mit, und in dem Film "G. I. Jane" brachte er als persönlicher
Trainer Demi Moore in die adäquate Verfassung.
Man fragt sich, was so ein Mann im Irak verloren hat. Aber Hollywood
ist teuer, wenn man präsent sein will, und seine Einnahmen flossen
unregelmäßig. Außerdem hatte er eine Scheidung hinter
sich, und seine Ex-Frau und die Kinder kosteten eine Menge Geld. So gesehen
schien ihm ein zeitlich begrenzter Einsatz im Irak als das passende Mittel,
seine Schulden zu bezahlen und die Zeit bis zum nächsten lukrativen
Auftrag aus Hollywood zu überbrücken. Er hatte keine Zweifel,
dass ein Mann mit seinen Qualitäten als Bodyguard für Paul Bremer
eingesetzt werden würde, was sich auch nicht schlecht in seinem Lebenslauf
gemacht hätte - angeblich hatte man ihm von Blackwater aus auch so
etwas zugesichert.
Doch im Irak ging alles drunter und drüber. Blackwater war gerade
damit beschäftigt die Konkurrenzfirma "Control Risks" aus dem dicken
Geschäft mit dem Transport von Küchenmaterial zu verdrängen.
Dabei musste selbstverständlich gespart werden. Der ursprüngliche
Vertrag mit der in Kuwait registrierten Firma "Regency Hotel and Hospital
Company", die letzten Endes als Subunternehmer für Halliburton arbeitete,
sah vor, dass Blackwater die Konvois mit zwei gepanzerten Fahrzeugen mit
jeweils drei Mann Besatzung beschützen sollte. Allerdings hatte man
in einem neuen Subkontrakt das Wort "gepanzert" gestrichen und dadurch
die Gewinnmarge deutlich erhöht.
Als Helvenston davon unterrichtet wurde, dass er mit solchen Fahrzeugen
einen Konvoi durch Falludscha geleiten sollte, weigerte er sich kurzerhand,
da er für so eine Arbeit nicht verpflichtet worden sei und warf dem
Management zudem noch Fahrlässigkeit und Unprofessionalität vor.
Falludscha galt damals als eine der Hochburgen des Widerstandes, wo es
bei schweren Zusammenstößen zwischen US-Militär und Bevölkerung
immer wieder zahlreiche Tote gegeben hatte. Ende März war die Lage
besonders angespannt, da die Israelis kurz zuvor den Palästinenserführer
Ahmed Yassin erschossen hatten, was auch in Falludscha zu neuen Massenprotesten
geführt hatte.
Bei Blackwater war man natürlich nicht geneigt Helvenstons Kritik
zu akzeptieren. Man stellte ihn vor die Alternative, den Job zu erledigen
oder sofort wieder in die USA zu fliegen und anschließend die Kosten
für sein Blackwater-Training zurückzuzahlen. Unter diesen Umständen
willigte er ein. Dennoch wollte ihm sein direkter Vorgesetzter vor Ort,
mit dem er bereits mehrmals aneinander geraten war, anscheinend noch etwas
deutlicher demonstrieren, wer der Herr im Haus war und reduzierte die Besatzungen
der Wagen von drei auf zwei. Später sagte dann ein Repräsentant
von Blackwater, dadurch habe er schließlich zwei Leben gerettet.
Die vier Männer - neben Helvenston Jerry Zovko, Mike Teague und
Wes Batalona - waren alle erfahrene Veteranen der Special Forces; sie hatten
eine hoch spezialisierte Ausbildung erhalten, in Somalia, Afghanistan und
einer ganzen Reihe anderer Konflikte gedient. Erfahrung und Auszeichnungen
hatten sie genug. Es nützte ihnen nichts. In ihren nagelneuen Geländewagen
mit den getönten Scheiben boten sie sich als Ziele geradezu an. Ohne
Panzerung benötigten die Iraker noch nicht einmal Autobomben oder
komplizierte Sprengfallen; es genügten einfache Handfeuerwaffen. Da
der dritte Mann, der normalerweise als Heckschütze diente, eingespart
worden war, konnten sich die Aufständischen den Wagen problemlos von
hinten nähern und die Besatzung aus kürzester Entfernung zusammenschießen.
Anschließend wurden die Wagen in Brand gesetzt und später zwei
der Toten an eine Brücke gehängt. Die Videoaufnahmen davon gingen
um die ganze Welt, und Blackwater wurde berühmt - man könnte
auch sagen berüchtigt.
Nach dem Desaster ließ es sich Blackwater-Gründer Erik Prince
nicht nehmen den Familienangehörigen der Gefallenen persönlich
sein Beileid auszusprechen und ihnen Geld für die Beerdigung zu übergeben.
Außerdem gab es eine Trauerfeier auf dem Firmengelände. Die
Probleme begannen, als einige der Familienangehörigen Einsicht in
die Dokumente zu dem Vorfall nehmen wollten. Es gab Einschüchterungen
und Drohungen. Inzwischen klagen die Familien der vier Toten gegen die
Firma, die sie für deren Tod verantwortlich machen.
Man kennt solche Prozesse aus den USA zu genüge. Auf der einen
Seite ein paar Kläger, denen ihre Anwälte riesige Entschädigungssummen
versprechen, auf der anderen ein übermächtiger Konzern mit einer
Heerschar von Anwälten, die mit teuren Gegenklagen drohen und Zeugen
einschüchtern. Das Interessante an den Prozessen gegen Blackwater
- es gibt zumindest noch einen weiteren wegen eines Flugzeugabsturzes in
Afghanistan im November 2004 - ist die Rechtslage. Blackwater argumentiert,
dass sie Teil der US-Streitkräfte seien und deshalb nicht vor zivilen
Gerichten verklagt werden können. Schadensersatzforderungen müssen
demnach ans Verteidigungsministerium gerichtet werden. Andererseits arbeitet
Blackwater seit langem daran, dass seine Mitarbeiter nicht vor Militärgerichte
gestellt werden können, da sie ja Angehörige einer Privatfirma
sind. Das heißt Blackwater operiert nach eigener Ansicht außerhalb
der Gesetze.
Viele kritische Journalisten und Menschenrechtsgruppen sehen hierin
den Hauptskandal. Söldnerfirmen begehen Verbrechen und können
dafür von keinem Gericht der Welt belangt werden. Unseres Erachtens
nach, liegt das Problem jedoch an einer ganz anderen Stelle. Man sollte
bei seiner Klärung auch auf die Frage zurückkommen, ob es sich
bei den Angestellten von Blackwater um richtige Söldner handelt. Im
Fall der Latinos und anderer Ausländer kann man diese sicher bejahen.
Aber Scott Helvenston und seine drei Kameraden waren alle überzeugte
Patrioten, die Bushs Märchen von Saddams Massenvernichtungswaffen
und seinen Verbindungen zu Al Qaida glaubten, und die ihrem Land dienen
wollten. Natürlich hat Geld dabei eine Rolle gespielt, aber das tut
es bei jedem Berufssoldaten, der mit den Zulagen eines Auslandseinsatzes
rechnet. Sie standen zwar auf der Gehaltsliste einer Privatfirma, die aber
wiederum vom Pentagon beauftragt war. Alles in allem können wir solche
Leuten auch beim besten Willen nicht als Söldner bezeichnen. Man
müsste den Begriff sonst auch auf fast alle britischen Kolonialoffiziere
bis Mitte des 19. Jahrhunderts anwenden, da sie ja im Dienst privater
Handelsgesellschaften standen.
Bleibt die Frage, ob sie denn nicht schließlich für eine
Söldnerfirma gearbeitet haben. Aber was ist Blackwater wirklich? Ein
Produkt des Outsourcing. Hinter der Firma steht der erzreaktionäre
Superpatriot Erik Prince, der natürlich versucht Politik zu machen,
aber eben uramerikanische Politik. Eine weitere äußerst dominante
Figur ist ein gewisser Cofer Black, Leiter der Subfirma "Total Intelligence
Solutions". Black diente seinem Land übereifrig in der CIA, wo er
mit Sprüchen von sich reden machte wie "wenn wir mit ihnen fertig
sind, krabbeln Fliegen über ihre Augäpfel" und versprach Präsident
Bush den Kopf von Bin Laden in einer Kiste Reis zu schicken. Black ist
ein typischer Hardliner, der sich in seinen Bemühungen bei der CIA
ständig von liberalen Gesetzen und Vorschriften behindert sah.
Also landete er irgendwann bei Blackwater, wo er die selben Ziele verfolgen
konnte ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen.
In der guten alten Zeit unterhielt die CIA mit Air America eine eigene
Luftflotte und in Asien ganze
Privatarmeen, die teilweise mit Drogenhandel
finanziert wurden. Alles vorbei und verboten. Die Iran-Contra-Affäre
hätte Reagan fast den Kopf gekostet. Wie alle westlichen Regierungen,
die sich heute am Krieg gegen den Terror beteiligen, stehen auch die USA
unter einem gewaltigen öffentlichen Druck. Sie sollen den Krieg gewinnen
aber dabei möglichst keine Unschuldigen töten. Die CIA soll Resultate
bringen, aber die Menschenrechte beachten. Also lässt man Häftlinge
zum Verhör nach Pakistan oder Ägypten bringen, wo Folter zwar
auch verboten ist, sich aber niemand darum kümmert. Man richtet in
Guantanamo ein Gefangenenlager ein, wobei über Jahre bewusst unklar
bleibt, ob es sich bei den Häftlingen um Kriegsgefangene oder Zivilisten
handelt. Es wäre auch einfach die PMCs im Irak den Militärgerichten
zu unterstellen. Dazu braucht es keine UN-Resolution, Bush könnte
das mit einem Federstrich erledigen, aber man will es nicht. Man schafft
rechtsfreie Zonen, da man mit der Anwendung des Rechts Probleme hat. Und
dies liegt nicht an den Söldnern, die ungestört ihren finsteren
Machenschaften nachgehen wollen, sondern an den Regierungen, für die
Recht und Gesetze etwas sind, das man sich zu Diensten macht oder ignoriert.
Wir denken, dass hinter dieser Sache System steckt. Viele Regierungen suchen
im Moment nach Schlupflöchern in der Verfassung und Möglichkeiten
lästige Gesetze auszuhebeln. Bei PMCs wie Blackwater, Dyncorp oder
MPRI handelt es sich deshalb um keine richtigen "Söldnerfirmen" sondern
um inoffizielle Dienststellen von Pentagon und CIA, von denen sie vollkommen
abhängig sind, was einem Söldnerstatus eindeutig widerspricht.
Sie dienen dazu demokratische Kontrollinstanzen wie Senat und Kongress
zu umgehen, mindern den Druck der Öffentlichkeit, und wenn etwas schief
geht, können Präsident und Verteidigungsminister die Unschuldigen
spielen; sie brauchen keinen Ollie North mehr, der für sie einen Meineid
schwört und ins Gefängnis geht. Es ist deshalb schon ein ziemlich
übler Witz, wenn Blackwater als Motto verbreitet: "In support of FREEDOM
AND DEMOCRACY EVERYWHERE". Denn Freiheit und Demokratie werden zumindest
in den USA durch diese Geschäftspraktiken gewaltig untergraben.