Gurkha Security Guards
Jobs für alte Veteranen.
Manche Leute denken bei Söldnerfirmen automatisch an kleine Privatarmeen
mit großen Verwaltungsgebäuden, Schießplätzen, Unterkünften
voller harter Krieger und eventuell sogar einem eigenen Waffenlager. Viele
Firmen besitzen dagegen lediglich ein Büro und zwei, drei Direktoren,
die allerwichtigste einbringen: Kontakte zu potentiellen Kunden. Ihre Hauptarbeit
besteht nicht in der Rekrutierung von Söldnern, sondern in der neuer
Kunden. Das meiste Geld wird dann auch für die Kontaktpflege ausgegeben
- Reisen, Geschäftsessen, Schmiergelder -, zur Werbung müssen
Anzeigen geschaltet und Hochglanzprospekte an mögliche Interessenten
geschickt werden. Besonders hilfreich sind dabei natürlich wie jedem
Geschäft gute Artikel in der Presse, zur Not sogar im "Soldier of
Fortune". Ganz am Ende kommt das Personal: die Söldner. Meistens haben
die Firmen lediglich eine gute Kartei und rufen bei Bedarf die entsprechenden
Leute an. Für viele Aufträge benötigen sie ohnehin nur sehr
kleine Teams von vielleicht 2-8 Mann. Die notwendigen Leute kommen dabei
in der Regel aus einem festen Pool, der sich aus ehemaligen Angehörigen
bestimmten Eliteeinheiten zusammensetzt. Dadurch können sich die Firmen
auf bereits vorhandene Qualitäts- und Ausbildungsstandards, Hierarchien
und Strukturen stützen. Das spart viel Geld bei der Ausbildung und
der Qualitätskontrolle.
Einen dieser Rekrutierungspools bilden Gurkhas, die aus den britischen
Streitkräften ausgeschieden sind. Obwohl es sich nach Ansicht der
britischen, indischen und nepalesischen Regierung bei ihnen definitiv -
die UN-Definition wurde in diesem Sinne überarbeitet - nicht um Söldner
handelt, wurden die Gurkhas doch immer wieder als "Großbritanniens
Fremdenlegion" bezeichnet. Sie dienten in verschiedenen britischen Truppenteilen
seit 1816 in zahllosen Kolonialkriegen und in beiden Weltkriegen. Nach
der Unabhängigkeit Indiens 1947 wurden die Gurkharegimenter brüderlich
zwischen Indien und Großbritannien geteilt. Die vier in britischen
Diensten verbliebenen bewährten sich auch weiterhin gut bei der Guerillabekämpfung
und bei Unruhen in Malaysia, Borneo, Cypern und Hongkong, im Falklandkrieg
und im Nahen Osten. Durch Statistiken wird belegt, dass sie körperlich
wesentlich fitter und motivierter sind als englische Rekruten. Aber auch
die andere Seite profitierte von dem Geschäft. Um die 30 Millionen
Pfund fließen jedes Jahr als Pensionen ins arme Nepal. Die Probleme
begannen nach Kaltem Krieg, als die Gurkhaeinheiten um 70% in ihrer Stärke
reduziert wurden. Als Kompensation unterstützte Großbritannien
zwar Nepals Bemühungen bei den UN, mehr Gurkhas als Blauhelme
zu verwenden, aber auch das reichte bei weitem nicht.
Es erstaunt deshalb nicht, dass sich nach der Reduzierung bald eine
ganze Reihe britischer Sicherheitsfirmen für dieses Reservoir interessierte.
So beschäftigte DSL (Defence Systems Limited) regelmäßig
Gurkhas in Afrika. Geradezu zum Markenzeichen wurden sie aber für
GSG (Gurkha Security Guards). Diese Firmen schätzten an den Gurkhas
ihre solide Ausbildung, ihre Zuverlässigkeit und nicht zuletzt ihren
Preis. Zudem ließ sich der fast schon legendäre Ruf, den sich
die Gurkhas im Lauf der Geschichte erworben hatten, auch geschickt zum
Marketing nutzen. In den Broschüren von GSG wurden dann auch genau
diese Eigenschaften hervorgehoben: Der Gurkha ist "Einzigartig unter den
Kriegern der Welt. Aufgewachsen in einer der unwirtlichsten Regionen der
Welt ist er zäh anspruchslos und gewohnt große Härten zu
ertragen. Das Wort 'Gurkha' ist ein Synonym geworden für Beständigkeit,
Mut und Zuverlässigkeit, und hat ihnen Respekt und Ruhm auf der ganzen
Welt eingebracht." Oder: "Gurkhas eignen sich für in Afrika, weil
sie an Härten gewöhnt sind, sich nicht so leicht langweilen wie
Europäer, höflich sind, diszipliniert und nicht teuer. Sie sind
apolitisch, sie dienen ihrem Arbeitgeber und beschäftigen sich nicht
damit nach dem Warum zu fragen."
Was in diesen Texten nicht hervorgehoben wird, aber für einige
Kunden sicher auch ein nicht zu unterschätzendes Argument war, war
der Ruf der Gurkhas als schreckliche Krieger. Der durch ihre gefürchteten
gebogenen Messern - die Kukris - für alle sichtbar betont wurde. Die
argentinischen Wehrpflichtigen auf den Falklands fürchteten sie wahrscheinlich
mehr als die britischen Bomben. Gerade in Afrika ist so ein Ruf die halbe
Miete. Ein ehemaliger Rebell aus Sierra Leone sagte über den Schrecken,
den die Gurkhas verbreiteten: "Ich erinnere mich an sie. Sie hatten AKs
und große Messer. Wir wussten, dass sie uns fressen würden,
wenn wir ihnen in die Hände fielen. Weiße und Afrikaner sind
da einfacher, wir wissen was sie sind und was sie tun."
Obwohl der Sold mit 6-700$ monatlich in den 90er Jahren relativ bescheiden
war, gab es an Bewerbern keinen Mangel. Zur Rekrutierung in Nepal wurde
zwar auch manchmal in lokalen Zeitungen annonciert, oft genügte aber
schon die Mundpropaganda. Anrufe unter alten Kameraden und Freunden brachten
schnell ein paar Tausend Interessenten zusammen. Die Sicherheitsfirmen
behaupten zwar, nur britische Ex-Soldaten mit hervorragenden Zeugnissen
einzustellen, das ist aber mehr als zweifelhaft. Der Andrang ist so groß,
dass von "Geschenken" bis zu 2.000$ die Rede ist, die Rekruten für
einen Vertrag an die Agenten bezahlen. Das bedeutet, dass bei einer durchschnittlicher
Laufzeit von 6 Monaten fast die Hälfte des Soldes weg ist. Außerdem
scheint es einen zunehmenden Handel mit gefälschten Armee-Zeugnissen
zu geben. Einige Firmen, die in Nepal rekrutiert haben, hatten dann auch
Probleme mit unzureichend ausgebildetem Personal.
Trotzdem ist der Söldnerdienst für viele Gurkhas sehr
attraktiv. Ein Gurkha, der für GSG 1993 in Mozambique arbeitete sagte:
"Ich bin in Mozambique, weil ich meine Familie ernähren muss und meine
Kinder zur Schule schicken. Es gibt wenig Arbeit in Nepal und ich besitze
nicht genug Land, um uns alle zu ernähren. Ich war viele Jahre in
der britischen Armee, in Hongkong, Brunei, Belize und im Gefecht auf den
Falklands. Deshalb verstehe ich etwas von Minen. Ich bin jetzt 12 Monate
in Mozambique. Mir gefällt es. Die Menschen mögen und respektieren
uns. Aber wenn der Job fertig ist, bin ich froh wegzukommen. Ich bin hier,
um Geld zu verdienen und einen Job zu machen, und nicht um Spaß zu
haben. Das habe ich in Nepal."
Die Firma GSG wurde Ende 1989 von dem Briten Mike Borlace und
dem Kanadier Anthony Husher gegründet. Beide hatten vorher in Rhodesien
gekämpft und dadurch nicht nur Erfahrungen im Buschkrieg gesammelt,
sondern auch Beziehungen geknüpft. Bereits 1985 arbeiteten sie zusammen
in Sri Lanka für die Sicherheitsfirma KAS. Später kam dann noch
mit Major John Titley, einem ehemaliger Offizier eines Gurkha-Regiments
ein Mann mit guten Verbindungen zu Nepal hinzu. Der Firmensitz war auf
der Kanalinsel Jersey. Festes Personal gab es nicht viel und auch das wechselte
häufig, so dass letzten Endes Borlace und Husher als dauerhafte Repräsentanten
blieben. Sie boten weltweit Training, Bewachung, Logistik, Ausrüstung,
Bodyguards und vor allem Minenräumung an.
Zum wichtigsten Einsatzgebiet von GSG wurde jedoch Afrika. Der erste
große Kontrakt ergab sich wahrscheinlich aus den afrikanischen Kontakten
von Borlace und Husher. Lonrho ein großer internationaler Konzern,
der in Afrika zahlreiche Minen, Plantagen und Hotelketten betrieb, wollte
den Schutz seiner Tee- und Baumwollplantagen in Mozambique verbessern.
Obwohl diese Plantagen mit Wachtürmen, Zäunen und eigenen Milizen
wie kleine Festungen bewacht wurden, waren sie und die Transporte, mit
denen die Produkte zur Küste gebracht wurden ein beliebtes Ziel der
Renamo-Rebellen, die dadurch die Wirtschaft des Landes schädigen wollten.
Nachdem Lonrho durch diese Überfälle viel Geld verloren hatte,
war zuerst DSL mit dem Schutz der Niederlassungen und Konvois beauftragt
worden. Um jedoch auch hier Kosten zu sparen hatte Lonrho dann 1990 mit
GSG einen Vertrag geschlossen.
GSG schickte 14 Gurkhas (!), die in kleinen Teams die Milizen auf den
Plantagen ausbildeten und befehligten und sich auch um die Bewachung der
Konvois kümmerten. Durch den Einsatz der Gurkhas sollen sich Disziplin
und Ausbildungsstand der Milizen wesentlich gebessert haben. Es kam während
ihres 18-monatigen Einsatzes zwar zu einigen Überfällen, die
aber alle abgeschlagen wurden. Lediglich ein Gurkha wurde dabei verletzt.
Mit der Zeit entwickelten sich Lonrho-Niederlassungen sogar zu regelrechten
Schutzzonen in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land. Der Erfolg war
allerdings nicht nur den Gurkhas zuzuschreiben, die allein wohl kaum in
der Lage gewesen wären, der Renamo viel entgegen zu setzen. Zur Sicherung
ihrer Geschäfte bezahlte Lonrho seit längerem Schutzgelder, die
an verschiedene Renamo-Führer auf ausländische Bankkonten überwiesen
wurden. Das Problem war deshalb mehr, dass diese zur Aufrechterhaltung
ihres Rufs einige eher symbolische Attentate verübten, oder dass die
Anschläge von Splittergruppen kamen, die von der Renamo nicht kontrolliert
wurden. Natürlich gab es auch Angriffe, die als indirekte Zahlungsaufforderungen
gedacht waren, wenn die Überweisungen von Lonrho nicht den Erwartungen
entsprachen. GSG hatte also mehr dafür zu sorgen, dass der Bürgerkrieg
innerhalb der abgesteckten Bahnen verlief.
Der Vertrag ging zu Ende, als die Regierung und die Renamo 1992 Frieden
schlossen. Allerdings mussten nun zuerst einmal die Straßen von Landminen
und alter Munition gesäubert werden, damit die Lieferungen der Hilfsorganisationen
überhaupt die entlegenen Gebiete erreichen konnten. Die Renamo wollte
diese lukrativen Aufträge zwar an eine südafrikanische Firma
vergeben, und die Regierung bevorzugte die Armee von Zimbabwe. Durch Lonrhos
Vermittlung erhielt GSG jedoch mehrere Aufträge, die zum Teil sogar
verlängert wurden. Gleichzeitig hatte GSG noch ein paar kleinere andere
Projekte. So sorgte sie für den Schutz einiger Geologen die für
eine irische Firma in Mozambique arbeiteten und stellte ein Team zur Bewachung
einer Diamantenmine in Angola und räumte später auch dort Landminen.
Zum großen Wendepunkt in der Geschichte von GSG sollte allerdings
der Einsatz in Sierra Leone werden. Dort hatte der Bürgerkrieg 1991
begonnen. Da die Armee vorher hauptsächlich mit repräsentativen
Aufgaben in der Hauptstadt beschäftigt worden war, hatte sie den Aufständischen
im Dschungel praktisch nichts entgegen zu setzen, und so es den Rebellen
von der RUF bis 1994 gelungen, einen Großteil der reichen Minengebiete
- Diamanten, Titan, Bauxit - unter ihre Kontrolle zu bringen und schließlich
sogar die Hauptstadt Freetown zu bedrohen. In ihrer bedrängten Lage
suchte die Regierung nach Hilfe bei europäischen Sicherheitsfirmen.
Durch die Vermittlung eines britischen Waffenherstellers erhielt dann GSG
den Auftrag, die Armee von Sierra Leone auszubilden. Im Januar 1995 trafen
unter dem Befehl von Major Bob MacKenzie und zwei Europäern 58 Gurkhas
ein. Der Amerikaner Bob MacKenzie war sozusagen Söldner aus Leidenschaft;
der Vietnamveteran hatte freiwillig Rhodesien - dort hatte er Borlace und
Husher kennen gelernt - und später in Bosnien gekämpft. Gelegentlich
schrieb er auch Artikel für das Söldnermagazin Soldier of Fortune
und war dadurch ein kleiner Star der Szene.
Laut Vertrag sollten die Söldner von GSG nicht in die Kämpfe
eingreifen, sondern die schweren Defizite der Armee von Sierra Leone im
Dschungelkampf beheben, und Angehörige der neuen "Special Forces"
und Offiziersanwärter in neueren Techniken wie Hinterhalte, Aufklärung
und hartnäckige Verfolgung ausbilden. Dazu bezogen sie
"Camp Charlie" im Zentrum des Landes und begannen mit der Arbeit. Zu
Sicherung des Lagers säuberten sie die Umgebung in einigen erfolgreichen
Scharmützeln von RUF-Rebellen. Unterstützt wurden sie dabei von
zwei Mi-24 Kampf-Helikoptern, die von weißrussischen Söldnern
geflogen wurden. Kleinere Zusammenstöße mit der RUF galten bei
den Ausbildern offensichtlich als eine Art praktische Erweiterung des Programms.
Alles ging gut voran, bis am 24.2.1995 eine Aufklärungseinheit mit
MacKenzie, fünf Gurkhas und einem Trupp einheimischer Soldaten unerwartet
auf ein Ausbildungslager der RUF stieß. Es kam zu einem schwerem
Feuergefecht, in dem die meisten einheimischen Soldaten flohen und die
Söldner ihrem Schicksal überließen. Diese wurden fast völlig
aufgerieben und es gelang auch später nicht die Gefallenen - unter
ihnen MacKenzie - zu bergen, deren verstümmelte Leichen von
den Rebellen zur Schau gestellt wurden.
Dieses Desaster hatte natürlich ein relativ starkes Presseecho.
Von Soldier of Fortune wurde berichtet, dass MacKenzie von den Rebellen
rituell verspeist worden war, was natürlich von anderen begierig aufgegriffen
wurde. Einige Zeit später war dann zu lesen,
dass die Gurkhas nach diesem Ereignis panikartig das Land verlassen hätten.
Das entspricht alles nicht den Tatsachen. Ein ehemaliger RUF-Kämpfer,
der später an einem Programm für Kindersoldaten teilnahm, berichtete
über MacKenzies Tod: "Da war ein großer weißer Mann. Er
hatte einen Kompass, eine Kamera und ein Gewehr. Er wurde getroffen und
dann getötet. Wir schleiften seinen Körper ins Lager. Wir sahen,
dass er eine Tätowierung am Arm hatte. Sie hackten ihm den Arm ab,
um ihn mit dem Tattoo identifizieren zu können, und um der Regierung
zu beweisen, dass er tot ist."
Dennoch dachte GSG vorerst nicht daran, das Land zu verlassen. Als Ersatz
für MacKenzie kamen Borlace und Husher nach Sierra Leone, um das Training
fortzusetzen. Allerdings hatten die Rebellen nach ihrem Sieg anscheinend
deutlich an Selbstvertrauen gewonnen, und die Söldner einiges von
ihrem Nimbus eingebüßt. Denn die Umgebung von Camp Charlie wurde
aber immer mehr vom Feind kontrolliert, und selbst das Lager wurde mehrmals
angegriffen. Die Kadetten mussten sich nun gleich in der Praxis ihrer Haut
wehren und wurden schließlich von der Regierung abgezogen. Gleichzeitig
kam es zu Schwierigkeiten mit britischer Regierung. Die befürchtete,
dass die Rebellen wegen des Einsatzes von GSG annehmen könnten, die
Briten würden die Regierung von Sierra Leone Unterstützen. Da
die RUF zu dieser Zeit mehrere britische Geiseln hatte, sollte dieser Eindruck
unbedingt vermieden werden, und so teilten die Briten offiziell mit: "aber
wenn Leute, die nicht mehr in der britischen Armee sind, sich entschließen,
ihre Dienste irgendwo zu verkaufen, können wir sie nicht stoppen.
Sie können mit ihrem Spezialwissen tun, was sie wollen, so lange sie
keine britischen Gesetze brechen."
Da sich die militärische Lage in Sierra Leone aber immer mehr verschlechterte
und deutlich wurde, dass die Armee trotz des Trainings von GSG gegen die
Rebellen nicht ankam, wuchs der Druck auf GSG, endlich richtige Kampfoperationen
gegen die RUF zu unternehmen. Da sich GSG jedoch hartnäckig weigerte
und auf dem Vertrag bestand, begannen sich vor allem die großen Bergbaukonzerne,
die Diamant- und Bauxitminen empfindliche Einbußen hinnehmen mussten,
nach neuen Dienstleistern umzusehen. So kamen dann DSL, Control Risks und
andere Firmen ins Geschäft, die britischen Ex-Soldaten bis zu 2.000$
die Woche für den Minenschutz bezahlten. Valentine Strasser, der Diktator
von Sierra Leone hatte jedoch inzwischen in Newsweek und Soldier of Fortune
beeindruckende Berichte über den Einsatz von Executive Outcomes in
Angola gelesen und ließ sich von diesen dazu bewegen,
es mit dieser Firma zu versuchen (eine gute Presse ist eben oft die beste
Werbung). So wurde GSG dann im April 1995 durch Executive Outcomes ersetzt,
da sich diese bereit erklärt hatten mit ihren in Angola bewährten
Methoden gegen die RUF vorzugehen. GSG musste abziehen, hatte allerdings
nicht den Kontrakt abgebrochen, wie manchmal behauptet wird. GSG hatte
sogar vorher mit Sandline Kontakt aufgenommen, um eventuell gemeinsam zu
arbeiten. Sandline hatte als fester Partner von Executive Outcomes jedoch
kein Interesse daran gezeigt. Ein offensives Vorgehen überforderte
offensichtlich das Know-How und die personellen Möglichkeiten von
GSG.
Der Rückzug aus Sierra Leone hatte natürlich ein vernichtendes
Echo in der Presse und war für das Geschäft eine Katastrophe.
Fortan ging es mit GSG es steil bergab. Durch die Kontakte von Husher und
Borlace erhielt die Firma zwar noch einige kleinere Aufträge im Bereich
Minenräumung, so z.B. in Zimbabwe oder Südafrika. Der größte
war noch als Subunternehmer für die Firma Mine-Tech aus Zimbabwe,
die von einigen alten Kameraden geführt wurde und in Bosnien Minen
räumte. Nach einer Reihe von Unfällen zerbrach aber auch diese
Verbindung und es blieben nur ein paar kleine Teams, die in Kambodscha
oder im britischen Sektor von Kuwait nach erstem Golfkrieg Minen räumten.
Um etwas gegen den schlechten Ruf zu unternehmen versuchten Husher und
Borlace die humanitäre Arbeit der Firma in den Vordergrund zu stellen.
Schließlich räumten sie überall auf der Welt Minen und
versorgten dabei alte, verdiente Veteranen aus dem armen Nepal mit Arbeit.
So machten sie damit Werbung, dass sie verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen
in Nepal bei ihrer Arbeit zu unterstützen würden. Von den Gewinnen
der Firma sollte ein bestimmter Anteil in humanitäre Projekte in Nepal
fließen. Da sich jedoch die zitierten Organisationen gegen die Verwendung
ihrer Namen zur Wehr setzten, wurde auch daraus nichts. Den Tod von Prinzessin
Diana, die sich gegen Landminen eingesetzt hatte, nutze GSG wieder um in
Pressemitteilungen seine Dienste sozusagen als Vermächtnis von Lady
Di anzupreisen. Die Presse reagierte darauf mit ätzendem Spott, da
der Vorstoß von einer Firma käme, die in Sierra Leone einen
Militärdiktator gestützt und dabei das Leben britischer Geiseln
riskiert habe.
Ohne neue Aufträge war GSG Ende der 90er praktisch tot und existierte
lediglich als Briefkastenfirma weiter. Husher war bei einer kanadischen
Minenräumfirma untergekommen, während Borlace für Sandline
in Sierra Leone arbeitete. Gurkhas arbeiteten auch für DSL, die wesentlich
erfolgreicher war und ihr Geschäft im Laufe der Zeit gut steigern
konnte. Aber DSL war bei der Verwendung von Gurkhas in einigen afrikanischen
Ländern zu dem Schluss gekommen, dass diese sich dafür nicht
eigneten. Ein Firmensprecher sagte 1998: "Gurkhas waren in Afrika kein
Erfolg. Aus kulturellen und anderen Gründen eignen sie sich nicht.
Wir kamen zu dem Schluss, dass sie am Golf wesentlich erfolgreicher sind,
wo es eine starke Tradition in der Beschäftigung fremden Sicherheitspersonals
gibt." Diese Resümee hatte allerdings weniger mit der militärischen
Eignung und Zuverlässigkeit der Gurkhas zu tun. Speziell in Mozambique
und Angola wurde es für die Firmen einfach immer wichtiger einheimisches,
"schwarzes" Personal zu verwenden und auf diese Weise den arbeitslosen
Bürgerkriegsveteranen eine Beschäftigung zu bieten und einheimische
Firmen an den Pfründen der internationalen Hilfsgelder teilhaben zu
lassen. Die Regierungen waren nicht dazu bereit, einzusehen, warum man
ihren eigenen Leuten arbeitlose Gurkhas vorziehen sollte. Ende der 90er
gab es allein in Angola um die neunzig lokale Sicherheitsfirmen, die oft
von ehemaligen MPLA-Kämpfern betrieben wurden und damit auch engste
Kontakte zur Regierung hatten.