Der lange Schatten von Executive Outcomes
und der Putschversuch in Äquatorialguinea.
Executive Outcomes wurde zwar bereits vor Jahren aufgelöst, dennoch
scheint das alte Netzwerk aus Personen und Beziehungen munter weiter zu
bestehen. Der historisch interessierte Beobachter fühlt sich dabei
vielleicht nicht ganz zu Unrecht an das Italien der Renaissance erinnert,
als Söldnerkompanien oft schon am Ende eines Sommers verschwanden,
nur um im nächsten Jahr unter neuem Namen aber unter den selben Anführern,
mit dem selben Personal und auch oft im Dienst der selben Auftraggeber
wieder zu erscheinen.
Es begann damit, dass Anfang März 2004 in Harare ein Flugzeug sicher
gestellt und 64 Männer verhaftet wurden. Nach Aussagen der Presse
handelte es bei den ihnen um "heavily-built males" mit Militärerfahrung.
Die überwiegende Mehrheit kam aus Angola, Südafrika und Namibia.
Nach eigenen Angaben waren sie als Sicherheitspersonal für Diamantminen
in der Demokratischen Republik Kongo angestellt worden und hatten lediglich
einen Zwischenstopp eingelegt, um Material zu kaufen. Diese Material sollte
offensichtlich ein gewisser Simon Mann besorgen, der sich der Gruppe in
Harare anschließen wollte und ebenfalls verhaftet wurde.
Simon Mann stammt wie man so sagt aus "besseren Kreisen". Er wurde in
England als Sohn wohlhabender Eltern geboren und besuchte eine Eliteschule
in Eton, anschließend die berühmte Militärakademie in Sandhurst.
Danach diente er in dem traditionsreichen Regiment der Scots Guards und
wechselte dann zum SAS - dem britischen Pendant der Special Forces. Nach seinem
Abschied vermittelte er eine Zeit lang Bodyguards und war dann mit Eeben Barlow
und Tony Buckingham wesentlich an der Gründung von
Executive Outcomes beteiligt und an der Organisation der Einsätze
in Angola. Mitte der 90er gründete er dann mit seinem alten Regimentskameraden
von den Scots Guards Tim Spicer die Firma Sandline, die bald durch ihren
umstrittenen Einsatz in Sierra Leone in die Schlagzeilen kam. Von seinem
Erbe einmal abgesehen sollte er nach diesen Geschäften einige Millionen
Pfund auf internationalen Konten haben, und man fragt sich, was dieser
Mann in einem Flugzeug voller Söldner wollte. Bekannte beschreiben
ihn als "Abenteurer, sehr englisch und Romantiker", und vielleicht
wollte er ja auf seine alten Tage noch einmal das große Abenteuer
suchen. Die entscheidende Frage wird jedoch sein, ob seine Richter in Simbabwe
dafür Verständnis aufbringen können.
Über das mutmaßliche Ziel des geheimnisvollen Fluges kam
kurz darauf weiteres ans Licht, als der westafrikanischen Kleinstaat Äquatorialguinea,
bestätigte, dass dort kurz zuvor einige Oppositionelle und 15 Söldner
wegen eines geplanten Staatsstreiches festgenommen worden seien. Sie wurden
als Vorhut der in Simbabwe festgenommenen Söldner bezeichnet.
Ihr Ziel sei es gewesen den Präsidenten Teodoro Obiang Nguema zu stürzen
und Severo Moto an die Macht zu bringen, der in Spanien eine Exilregierung
leitet. Der 48jährige Nick du Toit, der als Anführer dieser Gruppe
gilt, ist ein ehemaliges Mitglied einer südafrikanischen Spezialeinheit
und soll ebenfalls Verbindungen zu Executive Outcomes gehabt haben.
Das Problem in Äquatorialguinea ist das in letzter Zeit immer reichlich
fließendere Erdöl. In wenigen Jahren ist das kleine Land zum
drittgrößten Erdölproduzenten südlich der Sahara aufgestiegen.
Präsident Obiang ist dagegen seit 25 Jahren an der Macht und denkt
nicht daran die reichen Pfründen mit anderen zu teilen. Da er auch seinen
Landsleuten nicht besonders traut, lässt er sich von einer marokkanischen Leibgarde
beschützen, obwohl er sonst wie die meisten afrikanischen Machthaber den Einsatz
von Söldnern auf schärfste verurteilt.
Bei der ökonomischen Bedeutung der Erdölfunde in Äquatorialguinea
halten es informierte Kreise für unmöglich,
dass der Putschversuch ohne das Wissen amerikanischer, britischer und spanischer
Geheimdienste organisiert werden konnte. Spanien kommt hier ins Spiel,
da es zu seiner Ex-Kolonie immer noch enge wirtschaftliche Kontakte pflegt.
In spanischen Medienberichten wird dann auch auf mehrere Treffen des damaligen
Regierungschefs Jose Maria Aznar mit dem Oppositionsführer Severo
Moto hingewiesen, und man vermutet, dass Moto für eine schnelle Anerkennung
seiner Regierung nach einem erfolgreichen Putsch einige Konzessionen für
die spanische Repsol in Aussicht gestellt hat.
Doch damit nicht genug wurde vor kurzem ein Brief abgefangen, den Simon
Mann aus dem Gefängnis zu schmuggeln versuchte. Anscheinend wollte
er sich lieber nicht auf das Verständnis seiner Richter verlassen
und bat deshalb zwei Freunde namens Smelly und Scatcher, ihm aus der Klemme
zu helfen. Sofort begannen die Medien mit Eifer zu recherchieren, wer sich
wohl hinter diesen Namen verberge, und kamen zu dem Schluss, dass es sich
bei Scratcher um den Sohn der Eisernen Lady höchstselbst handeln
müsse. Sir Mark Thatcher hat wie Simon Mann eine Eliteschule in Eton
besucht und gilt als guter Freund von ihm. Da er in England mit seiner
beruflichen Karriere gewisse Schwierigkeiten hatte, ließ er sich
in Südafrika als Geschäftsmann nieder. Sein berühmter Name
und seine Kontakte waren bei der Vermittlung von großen Geschäften
sicher hilfreich. Inzwischen gibt es anscheinend noch andere Beweise, denn
die südafrikanische Polizei hat Sir Mark unter dem "begründeten
Verdacht" verhaftet die Finanzierung des Putsches organisiert zu haben.
Kurz vor seiner Verhaftung war er anscheinend gerade dabei Südafrika
für immer Lebewohl zu sagen, denn er hatte einige Luxuskarossen verkauft,
seine Villa zum Verkauf angeboten und Flugtickets für die ganze Familie
in die USA. Inzwischen ist er allerdings gegen eine Kaution von 300.000$
wieder auf freiem Fuß. Unter dem Namen Smelly soll sich übrigens
der reiche libanesische Ölhändler Eli Khalil verbergen, der in
London wohnt.
Bei so vielen illustren Namen fragt man sich, wer wohl das unverzichtbare
Fußvolk gestellt hat. Höchst wahrscheinlich handelt es sich
bei vielen von ihnen um Angehörige des ehemaligen 32. "Buffalo" Bataillons,
einer Eliteeinheit, die für den Krieg in Namibia und Angola aufgestellt
worden war. Seine Offiziere waren zwar Südafrikaner, die Soldaten
wurden jedoch hauptsächlich vor Ort rekrutiert. Während des langen
Krieges in Angola wurden seine Soldaten, von denen viele portugiesische
Namen trugen, dann zu ausgesprochenen Spezialisten in Guerillaoperationen.
Nach dem Krieg zogen sich viele von ihnen mit ihren Familien nach Südafrika
zurück. Da der inzwischen regierende ANC jedoch wenig Sympathien für
Schwarzafrikaner hatte, die für die Apartheidsregierung gekämpft
hatten, wurden sie in der abgelegenen Kleinstadt Pomfret angesiedelt.
Dort am Rande der Kalahariwüste sprechen viele Menschen heute Portugiesisch;
es sind die Veteranen eines verlorenen Krieges. Sie haben nicht viel, um
sich und ihre Familien durchzubringen. Deshalb mag der Ort zwar vielleicht
von Gott und der Welt vergessen sein, wenn aber die Sicherheitsfirmen Personal
für riskante Einsätze benötigen, wenn sie erfahrene Kämpfer
für den Buschkrieg suchen, dann schicken sie ihre Werber nach Pomfret.
Die Veteranen dort sind zwar auch nicht mehr die jüngsten, aber sie
verstehen ihr Geschäft, und sie sind wohl kaum in der Lage einen gut bezahlten
Job auszuschlagen. Und so erstaunt es nicht, dass über 20 der Häftlinge
in Simbabwe ehemalige Angehörige des Buffalo Bataillons sind,
deren Familien in Pomfret leben.
Inzwischen demonstrieren ihre Familien und Freunde in Südafrika
und hoffen, dass sich ihre Regierung für eine Freilassung der Gefangenen
oder zumindest für eine korrekte Behandlung einsetzen wird. Doch diese
zeigt sich entrüstet, dass ihr Land immer wieder Söldner statt
Frieden exportiert und will die Schuldigen bestraft sehen. Von den Despoten
in Äquatorialguinea und Simbabwe ist wahrscheinlich wenig zu erwarten,
vor allem da Schauprozesse gegen Söldner vor allem in Afrika immer eine gute
Presse bringen. Äquatorialguinea betreibt inzwischen die Auslieferung von Sir
Mark Thatcher, wozu es höchstwahrscheinlich nicht kommen wird. Deshalb
wäre unser Vorschlag, ihn gegen einige der Häftlinge auszutauschen,
damit es nicht immer heißt: "die kleinen hängt man, die großen
lässt man laufen."