Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Die Landsknechte

Söldner Im Dreißigjährigen Krieg
Der alltägliche Kampf ums Überleben.
Sacco di Roma Der Sacco di Roma
1527 plünderten Landsknechte, spanische und italienische Söldner Rom.
Schertlin Sebastian Schertlin
Landsknecht und Kriegsunternehmer.
Landsknechte Landsknechte
Dienst als Söldner im 16. und 17. Jahrhundert.
Schweizer Schweizerschlachten
In Italien trafen Schweizer und Landsknechte aufeinander.
Landsknecht Die schwarze Garde
Der Weg einer der ersten Landsknechtsformationen.
Langbogen Langbogen und Arkebuse
Die Feldzüge Heinrich VIII.
Reiter Die schwarzen Reiter
das Comeback der Kavallerie.
Hugenottenkrieg Die Hugenottenkriege
Das Grab des deutschen Adels.

Osteuropa

Smuta Husaren Jacques Margeret.
Ein Hugenotte im Dienst von fünf Zaren.
Jermak Jermak und die Eroberung Sibiriens
Die Kosaken als Konquistadoren des Ostens.
Ivan Ivan der Schreckliche
und die Terrortruppe der Opricniki.
Kanone Moskau Die Rute der Moskowiter
Technologietransfer in der Frühen Neuzeit.

Konquistadoren

Portugiesen Händler, Söldner und Renegaten
Die Portugiesen in Südostasien.
Hans Staden Hans Staden
bei den grimmigen Menschenfresser Leuthen.
Schmidel Ulrich Schmidel
Ein Landsknecht im Dienst der Konquistadoren.
Pizarro Die Brüder Pizarro
Wenn Konquistadoren ihre eigenen Wege gehen.
Pernambuco Pernambuco
Die Sehnsucht nach der großen weiten Welt.
Tapuya Unter Kannibalen
Grenzgänger und Mittelsmänner

Sklaven und Renegaten

Uskoken Die Uskoken von Senj
Habsburgs Wachhunde an der Militärgrenze.
Timbuktu In den Sudan
Die Eroberung des Songhai-Reiches.
Sklave Kaperkrieg im Mittelmeer
Ein Kurpfälzer als Galeerensklave.

Frühe Neuzeit – Das große Geschäft

Für das Ende des Mittelalters gibt es mehrere Daten (der Fall Konstantinopels 1453, die Entdeckung Amerikas 1492, die Reformation 1517 und einige mehr). Sicher ist, dass Ende des 15. Jahrhunderts viele Faktoren zusammen kamen und manche Großereignisse nur das Ergebnis viel länger andauernder Prozesse waren.

Auch im militärischen Bereich war vieles im Umbruch. Die Bedeutung der Artillerie hatte ständig zugenommen. Frankreich hatte mit seinen Ordonanzkompanien als erste europäische Großmacht den Kern eines stehenden Heeres geschaffen, und mit den spektakulären Siegen der Schweizer in den Burgunderkriegen (1474-1477) hatte sich das Fußvolk wieder eine entscheidende Rolle auf dem Schlachtfeld erobert.

Natürlich war Kriegsführung noch nie statisch gewesen; es hatte immer Entwicklungen gegeben. Doch um die Jahrhundertwende nahmen die Veränderungen derartig an Geschwindigkeit zu, dass heute viele Historiker von einer "militärischen Revolution" sprechen. Als wichtigste Elemente gelten dabei: zunehmende Bedeutung der Infanterie und der Feuerwaffen, grundlegende Veränderung im Festungsbau durch die Einführung des Bastionärsystems, starke Zunahme der Heeresgrößen und der Kriegsdauer.

Da diese enormen quantitativen und qualitativen Veränderungen weder von mittelalterlichen Lehnsaufgeboten oder Volksmilizen geleistet werden konnten, wurden Söldner nun zum entscheidenden Faktor in allen Heeren. Allerdings verfügte kein Staat über die notwendigen Institutionen oder Strukturen, um die so dringend benötigten Söldner anzuwerben, auszurüsten und zu versorgen. Diese Aufgaben wurde deshalb selbstständigen "Kriegsunternehmern" überlassen, die für ein offizielles Werbepatent und einen mehr oder weniger großen Vorschuss, Kredite aufnahmen und die vereinbarten Truppen anwarben und ausrüsteten.

Die Bedeutung dieser Männer wuchs ständig. Stellten sie um 1500 bereits einen wichtigen Teil der meisten Heere, so war es um die Jahrhundertmitte bereits die Mehrheit und im Dreißigjährigen Krieg dann schließlich oft das gesamte Heer. Pioniere wie Franz von Sickingen, Sebastian Schertlin oder Georg von Frundsberg konnten über 10.000 Mann mobilisieren.

All diese Dinge waren zwar keine Neuigkeiten, erreichte aber nun völlig neue Dimensionen und veränderte die Kriegsführung in ganz Europa und mit dem beginnenden Kolonialismus schließlich der ganzen Welt. Zum großen Versuchslabor und Experimentierfeld wurden die Italienischen Kriege (1494-1559) in denen die Habsburger und die französischen Valois um die Vorherrschaft Europas kämpften.

Auch vielen Zeitgenossen wurde schnell klar, dass eine Ära der Kriegsführung begonnen hatte, als der französische König Karl VIII. 1494 ein mächtiges Heer von 25.000 Mann nach Italien führte um Thronansprüche auf die Krone von Neapel durchzusetzen. Den Kern bildeten nach wie vor die Lanzen der Ordonanzkompanien mit ihren gepanzerten Lanzenreitern, den Gendarmes. Dazu kamen aber 8.000 Schweizer Söldner und eine beeindruckende Belagerungsartillerie.

Dieser Streitmacht hatten die italienischen Staaten mit ihren Condottieri nichts entgegen zu setzen. An den wenigen Orten, wo Widerstand geleistet wurde, wurde dieser schnell gebrochen, und die Schweizer schlachteten anschließend Gefangene und Zivilisten gnadenlos ab. So galt das zwischen Rom und Neapel gelegene Castello di Monte San Giovanni Campano geradezu als uneinnehmbar und sollte einmal sogar sieben Jahre einer Belagerung standgehalten haben. Jetzt fiel es nach achtstündigem Bombardement. Danach öffnete Neapel ohne jede Gegenwehr seine Tore. Das mächtige Florenz hatte sich bereits vorher unterworfen.

Nachdem König Karl mit einem Teil seiner Truppen nach Frankreich zurückgekehrt war, schickte der König von Aragon, der auch den Thron von Neapel beanspruchte, ein kleines spanisches Heer unter dem Kommando von Gonzalo Fernández de Córdoba, der als "El Gran Capitán" in die Geschichte eingehen sollte. Die Spanier wurden zuerst noch von den Schweizern geschlagen, doch Córdoba erkannte bald den Wert der Arkebusiere und erhöhte ihren Anteil. 1503 bei Cerignola trugen sie dann entscheidend zum spanischen Sieg bei.

In den folgenden Jahrzehnten griff der Krieg zum Teil auf die burgundischen Niederlande über. Es kam zu zahlreichen Gefechten, Belagerungen und berühmten Schlachten, in denen sich vor allem Schweizer und Landsknechte blutige Gemetzel lieferten. Dennoch galten am Schluss die spanischen Tercios als die beste Infanterie ihrer Zeit. Während Schweizer und Landsknechte noch lange auf den Massendruck ihrer Gewalthaufen setzten, kombinierten die Spanier immer erfolgreich er Spießer und Arkebusiere.

Gleichzeitig lernte man den Wert leichterer Kavallerie zu schätzen, die zur Aufklärung aber auch in der Schlacht in eigenen Einheiten eingesetzt wurde. Manche Feldherren experimentierten mit berittenen Arkebusieren, und überall versuchte man die schweren Geschütze leichter und beweglicher zu machen, so dass sie auch als Feldartillerie verwendet werden konnte.

Vor allem aber entwickelten italienische Ingenieure das Bastionärsystem, mit dem Festungen und Städte besser gegen Artillerie verteidigt werden konnten. Diese neue Art der Festungsarchitektur verbreitete sich als "trace italienne" von Italien aus über die Niederlande und Süddeutschland in ganz Europa und schließlich weltweit. Durch den enormen Bedarf an Baumaterial verschlang sie Unsummen, zwang aber den Gegner zu sehr langen und aufwändigen Belagerungen.

Diese Technik war von entscheidender Bedeutung, als sich das Geschehen mit dem Aufstand der Niederlande oder dem so genannten Achtzigjährigen Krieg (1568–1648) nach Norden verlagerte. In den rebellischen Niederlanden gab es nicht nur zahlreiche Städte, sondern auch die finanziellen Mittel um sie um moderne Weise zu befestigen. An Stelle von großen Schlachten wurde das Kriegsgeschehen deshalb von langen Belagerungen geprägt (Harlem, Leiden, Antwerpen, Bergen op Zoom und natürlich Breda). Auch auf offenem Feld wurde meistens um Schanzen, Blockhäuser und andere provisorische Befestigungen gekämpft.

Zuerst hatten die Niederländer und ihre Söldner (meistens Deutsche, Hugenotten, Engländer und Schotten) den spanischen Tercios wenig entgegenzusetzen und diese hatten schnell einen Großteil des Landes zurückerobert. Die Große Wende kam, als Spanien trotz des südamerikanischen Silbers 1575 Staatsbankrott erklären musste. Beim Sold war es schon vorher immer wieder zu langen Verzögerungen gekommen, was zu üblen Plünderungen geführt hatte. 1576 stürmten jedoch die spanischen Söldner, nachdem sie teilweise über ein Jahr ohne Sold geblieben waren, das loyale Antwerpen, plünderten die reiche Stadt mehrere Tage und ermordeten einen guten Teil der Bevölkerung.

Damit war nicht nur die reichste Stadt der Niederlande verwüstet und ein Großteil der Armee verloren; die Nachrichten von den Gräueltaten lösten solches Entsetzen, dass sich viele loyale Städte anschließend dem Aufstand anschlossen. Zudem ermöglichte erst die Verwüstung Antwerpens den Aufstieg Amsterdams, das zum Zentrum des Widerstandes wurde.

Möglicherweise unter dem Eindruck dieser Ereignisse oder auch, weil sie in erster Linie gute Kaufleute waren, begannen die Niederländer damit die Finanzierung des Krieges nach modernen Gesichtspunkten zu organisieren. Sie hatten das höchste Pro-Kopf-Einkommen Europas, ein effizientes Steuersystem und den politischen Willen notwendige Reformen durchzusetzen.

Die gesicherte Finanzierung war die Basis auf der Moritz von Oranien als Oberbefehlshaber der niederländischen Streitkräfte ab 1590 mit den berühmten "Oranischen Heeresreformen" beginnen konnte. Da die Söldner erstmals regelmäßig und über längere Zeit bezahlt wurden, konnte man von ihnen auch entsprechende Leistungen erwarten. Moritz und sein Vetter Wilhelm Ludwig begannen damit die Söldner konsequent auszubilden und zu drillen. Dabei wurde komplizierte Vorgänge wie das Laden einer Muskete in einzelne Aktionen zerlegt, so dass schließlich die Musketiere im gleichen Takt luden und feuerten. Daneben wurden aber auch die komplexen Manöver größerer Einheiten geübt und einexerziert. Zusätzlich wurde der Anteil der Schützen weiter erhöht, was mit der besseren Ausbildung die Feuerkraft deutlich steigerte.

Während in den Niederlanden vorwiegend Festungsbau, Belagerungstechniken und die Infanterie entscheidend weiterentwickelt wurden, war in den Hugenottenkriegen in Frankreich (1562-1598) die Kavallerie von großer Bedeutung. Da keiner der Kontrahenten über die notwendigen Mittel für lange, aufwändige Belagerungen verfügte, suchten sie rasche Entscheidungen auf dem Schlachtfeld. Dort war zwar ebenfalls Infanterie wichtig, darunter meistens viele Landsknechte und Schweizer, aber auch die schwere Kavallerie der Gendarmes, neben denen sich mit den deutschen "Reitres" eine neue Waffengattung etablierte. Diese leichter gerüsteten und mit Pistolen bewaffneten Reiter, erwiesen sich als so effektiv, dass sie bald auf allen Schlachtfeldern Europas zu finden waren.

Zum ganz großen Exerzierplatz der neuen Techniken, Taktiken und Methoden, wurden dann der Dreißigjährige Krieg (1618-48). Was viele anfangs noch für einen relativ begrenzten Konflikt gehalten hatte, entwickelte langsam eine Anziehungskraft, durch die schließlich fast alle europäischen Groß- und Mittelmächte in den Krieg verwickelt wurden.

In Bezug auf die Bevölkerungsgröße betrachtet wurde es der blutigste Krieg der europäischen Geschichte. Die Armeen erreichten bisher ungeahnte Größen und wurden nun fast ausschließlich von privaten Kriegsunternehmern aus Söldnern aufgestellt. Die großen unter ihnen wie der "tolle Christian", Ernst von Mansfeld oder Bernard von Weimar, rekrutierten und führten eigene Heere, wozu sie natürlich wieder zahlreiche Subunternehmer unter Vertrag nahmen. Der größte von ihnen war Wallenstein, der auf eigene Rechnung Armeen von über 100.000 Mann aus dem Boden stampfte.

Bei der Infanterie stieg der Anteil der Schützen weiter, und die Arkebuse wurde zunehmend von besser zu bedienenden Muskete verdrängt. Trotzdem benötigte man weiterhin auch Spießer um Kavallerie abwehren zu können. Unter dem Druck der Ereignisse verloren die Söldner viel von ihren regionalen, traditionellen Eigenschaften und wurden immer uniformer. Mit dem anarchischen Stolz und der Prahlsucht der Schweizer und Landsknechte war es seit langem vorbei. Söldner wurden ein Massenprodukt, das zunehmend unter der vom Krieg entwurzelten und verelendeten Bevölkerung rekrutiert wurde.



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