Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Ex-Paras in Angola

Killer und gescheiterte Existenzen.

Seit ihrem Einsatz im Kongo Mitte der Sechziger Jahre waren weiße Söldner in Afrika als "Die Weißen Riesen" oder "Die Schrecklichen" zu einer Art Mythos geworden. Einige ihrer Kommandeure wie Black Jack Schramme, Bob Denard oder Mad Mike Hoare genossen in der einschlägigen Szene einen geradezu legendären Ruf. Auch als die Söldner bereits kurz darauf in Biafra eine äußerst bescheidene Vorstellung boten, tat das ihrem Ruf nur geringen Abbruch. Rolf Steiner und Taffy Williams, die als einzige ihren Kontrakt zu Ende gebracht hatten, sorgten lediglich für neue Heldenlegenden. Viele Möchtegernsöldner waren fest von der haushohen Überlegenheit westlich ausgebildeter Elitesoldaten überzeugt, womit dann auch gerne unausgegorene Vorstellungen von einer rassischen zu Disposition zum Krieger vermischt wurden.

britischer Fallschirmjäger Das grundlegende Problem dabei war jedoch, dass zwar viel über Söldner gesprochen wurde aber praktisch kein Markt für sie existierte. Manche gründeten dubiose Sicherheitsfirmen, arbeiteten an Verschwörungen oder planten gleich Staatsstreiche. Es wurde nichts daraus. Sicher nicht untypisch für diese Situation war der Brite John Banks. Wie viele seiner Gesinnungsgenossen war Banks ein ehemaliger Fallschirmjäger - ein Para, wie man in England sagte. Wahrscheinlich in allen Ländern, die solche Truppen unterhalten, gelten Fallschirmjäger als ausgesprochene Eliteeinheiten, die nicht nur eine äußerst gründliche Kampfausbildung erhalten, sondern auch gerne psychologisch für den Einsatz "heiß gemacht" werden. Aber auch von den Soldaten selbst wird oft mit viel Kult und Macho-Gehabe ein gewisses "Killer-Image" gepflegt. Darin unterscheiden sich Eliteeinheiten weltweit nur graduell. Wahrscheinlich ist dies sogar bis zu einem gewissen Grad notwendig; die Schwierigkeiten beginnen aber, wenn man Soldaten zum Töten abrichtet und ihnen dann keine Action bieten kann.

Banks war wegen eines kleineren Vergehens unehrenhaft aus der Armee entlassen worden und hatte sich danach ein wenig als Söldner - angeblich in Vietnam und Kurdistan - und später als Spediteur durchgeschlagen. Nachdem er mit seiner Spedition bankrott gemacht hatte, suchte er dringend nach einer Geschäftsidee und gründete mit seinem Freund Dave Tomkins eine Söldnerfirma. Obwohl einige Söldner - ganz wie in alten Zeiten - ein gewisses Vorstrafenregister aufzuweisen haben, handelte es sich bei Tomkins im Gegensatz zu den meisten um einen professionellen Kriminellen, der wegen wiederholtem Bankraub, insgesamt 8 Jahre Gefängnis verbracht hatte und zudem nie Soldat gewesen war. Banks und Tomkins schalteten 1975 in einigen Zeitungen Annoncen mit dem Text "EX-COMMANDOS, Paratroopers SAS troops wanted for interesting work Abroad. Ring ..." und wurden von Freiwilligen praktisch überrannt. Sie erhielten hunderte, wenn nicht einige tausend, Anrufe und Zuschriften und hatten ... keine Jobs. Um das Geschäft ein wenig anzukurbeln, planten sie nun eine Agentur für Bodyguards, die sie - Ähnlichkeit sicher nicht zufällig - SAS Ltd. (Security Advisory Services) nannten.

Während Banks und Tomkins noch weiter verzweifelt nach Kunden suchten, gelang dieser ersehnte Kontakt vier anderen Ex-Paras, die ebenfalls eine Söldnerjob suchten. Der erste war Nick Hall, der an protestantische Terroristen in Nordirland Waffen verkauft hatte und deshalb zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden war. Der in Zypern geborene Costas Georgiou und Mick Wainhouse hatten sich während ihres Dienstes in Nordirland wahrscheinlich gedacht, dass zwei Paras genauso gut Banken überfallen könnten wie die IRA. Sie waren gleich bei ihrem ersten Überfall auf ein Postoffice geschnappt worden und hatten 5 Jahre Gefängnis erhalten. Lediglich der vierte im Bunde, der ebenfalls aus Zypern stammende Charley Christodoulou, hatte das Fallschirmjägerregiment ehrenhaft verlassen.

Im Sommer 1975 waren alle wieder auf freiem Fuß, fristeten in London ein relativ erbärmliches Leben als Gelegenheitsarbeiter und träumten von größeren Aufgaben. Da sie sich im Gegensatz zu Banks und Tomkins aber nicht als große Söldnervermittler etablieren sondern selbst in Aktion treten wollten, suchten sie nach potentiellen Auftraggebern und hatten wider Erwarten tatsächlich Glück. Auf ihre Anzeige meldete sich bei ihnen der britische Arzt Donald Belford, der lange in Nordangola gearbeitet hatte und deshalb in engem Kontakt zum Führer der Freiheitsbewegung FNLA Holden Roberto stand.

In Angola hatten sich im Unabhängigkeitskrieg gegen Portugal drei konkurrierende Bewegungen gebildet. Die prowestliche FNLA im Norden, die von Russland unterstützte MPLA und die UNITA mehr im Süden. Bereits vor dem Abzug der Portugiesen war es zwischen diesen Gruppen zu schweren Kämpfen gekommen. Als dann im Januar 1975 ein Waffenstillstand mit Portugal unterzeichnet wurde und die Kolonialmacht ihre Truppen abzog, begann der offene Krieg um die Nachfolge. Dabei verbündete sich Südafrika mit der UNITA und rückte mit ihr gemeinsam von Süden vor. Die FNLA erhielt von Zaires Diktator massive Hilfe an Material und Truppen - man sagt Mobutu habe zu diesem Zweck extra seine Gefängnisse leeren lassen. Die Koalition aus FNLA und zairischen Truppen kontrollierte den Norden und stieß gegen die Hauptstadt Luanda vor.

Angola Karte Angola war reich an Rohstoffen, und so konnte die Sowjetunion wohl kaum zusehen, wie es nach dem langen Krieg doch noch beim Westen bleiben sollte. Im Kreml wollte man sich jedoch auf Waffenlieferungen und Militärberater beschränken und verfiel deshalb auf die Idee, Fidel Castro zur Entsendung eines größeren Truppenkontingents zu überreden. Da Kuba seit langem auf sowjetisches Geld und Hilfslieferungen angewiesen war, blieb Castro eigentlich keine große Wahl und er musste Angola im Namen der Völkerfreundschaft zur Hilfe eilen - Obwohl dieser Einsatz in Kuba bis heute verherrlicht wird, könnte man hier durchaus von Söldnerdiensten sprechen. Der Einsatz gut ausgebildeter kubanischer Soldaten bot zudem die Vorteile, dass sie sich in Angola relativ einfach verständigen konnten, und dass durch einen hohen Anteil Farbiger der Eindruck eines "imperialistischen" Eingreifens vermieden wurde. Mit russischen Panzern und kubanischen Truppen wurden dann die FNLA und ihre Verbündeten bei Caxito vernichtend geschlagen, woraufhin sich Mobutus Hilfstruppen fluchtartig nach Zaire zurückzogen. Von der FNLA blieben zwar einige demoralisierte, versprengte Einheiten, die jedoch kaum noch zum Kampf zu bewegen waren.

Das direkte Eingreifen der Kubaner rief nun die CIA auf den Plan. Geld wurde zur Verfügung gestellt, um Holden Roberto und seine FNLA zu stützen. Allerdings war noch nicht ganz klar, wie es investiert werden sollte. Fürs erste wurde Mobutu als Mittelsmann benutzt. Er sollte Waffen liefern, und dafür bezahlt werden. Roberto hatte im sicheren Kinshasa sein Hauptquartier eingerichtet und konnte von dort aus mit Mobutu und der CIA enge Verbindung halten. Umgehend boten die alten Kongoveteranen Michael Hoare bot und Bob Denard ihre Dienste als Söldnervermittler an. Aber Mobutu wollte aus verständlichen Gründen beide nicht im Land haben. So wurde nur etwas an Denard bezahlt, der ein paar Ausbilder an die UNITA vermittelte.

Während man noch nach einer Lösung suchte, kam über Dr. Belford der Kontakt zu den Arbeit suchenden britischen Ex-Paras zustande. Allerdings waren die Amerikaner mit direkten Zahlungen an Roberto sehr zurückhaltend gewesen, und Belford konnte vorerst nur ein Flugticket nach Kinshasa bezahlen. So wurde dann sozusagen als Voraustrupp Costas Georgiou, der sich jetzt Callan nannte, eingeflogen. Er begleitete Belford nach Nordangola und arbeitet dort mit diesem in einem FNLA-Militärhospital. Als sich die Truppen vor der anrückenden MPLA und den Kubanern fluchtartig zurückzogen organisiert er mit einigen portugiesischen Söldnern den Widerstand. Angeblich überfielen sie eine große Kolonne, die siegessicher ohne Wachen lagerte. Dabei sollen sie vier T34 zerstört und an die 60 Mann getötet haben. Wahrscheinlich waren diese Zahlen stark übertrieben - Söldner müssen sich schließlich vor allem selbst vermarkten. Tatsache ist aber, dass die MPLA danach ihren raschen Vormarsch erst einmal einstellte und, dass die CIA von dem unerwarteten Erfolg ausreichend beeindruckt war, um ihren Geldbeutel zu öffnen.

Zuerst wurden Callans drei Freunde nach Angola geholt und er selbst zum Colonel und Kommandeur der FNLA-Armee ernannt. Diese bestand immer noch aus einigen tausend demoralisierten Soldaten, von denen allerdings viele gegen ihren Willen zum Dienst gepresst worden waren. Wirklich zuverlässig und äußerst erfahren waren nur einige wenige portugiesische Söldner, bei denen es sich um Kriegsveteranen der portugiesischen Armee und ehemalige Kolonisten handelte, die nach dem Kolonialkrieg nicht nach Hause wollten. Von den Neuankömmlingen wurde Callans Freund Nick Hall gleich zum Major befördert und mit 25.000$ nach England zurückgeschickt. Dort sollte er mit der Rekrutierung beginnen. Das Geld war lediglich für einen ersten Schub von 25 Mann gedacht. Für danach wurden weitere Zahlungen versprochen, mit denen Hall die Werbung weiter ankurbeln sollte. Indessen begab sich Callan mit Christodoulou und Wainhouse - beide jetzt Captains - nach Sao Salvador, wo sie ihr Hauptquartier einrichteten und mit der Reorganisation der FNLA-Armee begannen. Die Portugiesen dienten dabei als Dolmetscher, da sich keiner der Briten mit den schwarzen Soldaten verständigen konnte.

Bei seiner Ankunft in London befand sich Hall am Traumziel vieler Söldner. Er hatte einen großen Kontrakt in der Tasche und viel Arbeit zu bieten. Leider kannte er nicht genug Söldner und hatte es außerdem verdammt eilig. Zum Glück hatte er von Banks Söldnerfirma und dessen Werbeversuchen gehört. Über einen Journalisten, der eine große Story witterte, gelang es ihm dann auch mit Banks Kontakt aufzunehmen. Die Konditionen klangen viel versprechend. Der Sold sollte bei einem 6-Monats-Kontrakt 1.200$ im Monat betragen, und Banks eine Vermittlungsprämie von 400$ pro Kopf erhalten. Banks, der endlich die große Chance sah, begann sofort mit hektischen Telefonaten das erste Kontingent zusammen zu trommeln.

Die Werbung lief gut an und Hall konnte bereits zwei Tage nach seiner Ankunft mit 19 Freiwilligen über Brüssel nach Kinshasa zurückfliegen. Alle waren ehemalige Soldaten und die meisten arbeitslos. Die 500$ Handgeld, die sie erhalten hatten, waren sicher eine Menge Geld für sie. Mit der Führung des Kontingents hatte Banks den Ex-Para Peter McAleese beauftragt, der als Sergeant ausnahmsweise ehrenhaft - muss man fast schon sagen - aus der Armee ausgeschieden war. Als dessen Stellvertreter galt der Ex-Para Sammy Copeland, der eine Haftstrafe wegen illegalen Waffenbesitzes hinter sich hatte. Banks versprach mit voller Energie weiter zu rekrutieren. Bald sollten weitere 100 Freiwillige folgen, und etwas später noch einmal 250. Zu diesem Zweck wurde ihm von anonymen Schwarzen eine große Summe Bargeld übergeben. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Diplomaten Mobutus, die im Auftrag der CIA die Geldverteilung übernahmen.

Colonel Callan Hall brachte inzwischen die Söldner von Kinshasa nach Sao Salvador. Für viele war die Ankunft ein Schock. Da ein Teil der geschlagenen FNLA-Truppen Befehle verweigert hatte, waren von Callan und Christodoulou 20 "Aufrührer" erschossen worden. Doch damit nicht genug. Inzwischen wurden ständig "Verräter" und "Deserteure" erschossen und "Spione" gefoltert. Unter Callans Regie hatten die drei Söldner in Sao Salvador ein Terrorregime errichtet. Dabei scheinen sie ihre ungewohnte Macht und vor allem das Killen richtig genossen zu haben. Callan trug wie ein Westernheld zwei Pistolen, von denen er gerne Gebrauch machte. Sein Adlatus Charley Christodoulou benützte gerne eine Schrotflinte, wodurch er sich den Namen "Shotgun Charley" verdient hatte. Unter den Neuankömmlingen wählte Callan erst einmal diejenigen aus, die seiner Macht gefährlich werden konnten. Die schickte er unter der Führung des ehemaligen Sergeanten McAleese, der einer der vernünftigsten war, nach San Antonio an der Küste. Dort waren sie kalt gestellt. Sammy Copland, der ebenfalls eine gewisse Autorität in der Gruppe hatte, zeigte sich von Callan so angetan, dass er schnell zu dessen rechter Hand avancierte.

Dennoch war die Moral der Söldner nicht gerade gut, und die ersten sprachen bald davon, sich abzusetzen. Da kam die Nachricht, dass eine feindliche Kolonne auf Maquela marschiere. Callan bildete aus fünf Mann eine "killer group", wie er es nannte, um dem Feind einen Hinterhalt zu legen. Tatsächlich gelang es ihnen die Kolonne, die mit keinem Widerstand rechnete, ohne eigene Verluste in die Flucht zu schlagen. Durch diesen Erfolg wurde ihr Selbstvertrauen gewaltig gesteigert. Sie waren nun der Ansicht, dass gut ausgebildete britische Soldaten auch einen an Menschen und Material weit überlegenen Gegner leicht schlagen konnten. Vor allem verschaffte ihnen ihr Sieg auch eine Atempause, die Callan zur Exekution weiterer Deserteure nutzte. Inzwischen waren in Kinshasa auf eigene Kosten auch zwei Amerikaner angekommen, die einige tausend Vietnamveteranen als Nachschub versprachen. Da Roberto aber nur das Geld der CIA ausgeben konnte und diese die Anwerbung von Amerikanern nach Möglichkeit verhinderte, blieb es bei einigen wenigen Einzelfällen.

Wesentlich erfolgreicher arbeitete in der Zwischenzeit John Banks. Er hatte tatsächlich fast 100 Söldner  rekrutiert, die er nun persönlich an die Front führen wollte. In der Eile hatte er es aber mit den Qualifikationen nicht so genau genommen. Viele besaßen keine spezielle Kampfausbildung oder waren nie beim Militär gewesen. Einige hatten sich als Fahrer, Sanitäter oder Ausbilder anwerben lassen und wollten nicht kämpfen. Ihre Ankunft in Sao Salvador führte gleich zu harten Auseinandersetzungen. Callan bezeichnete die Neuankömmlinge als "a load of shit" und drohte Banks zu erschießen. Vom ersten Kontingent hatten inzwischen die meisten - allen voran Copeland - Callans Partei ergriffen. Er hatte sie mit seinem Fanatismus völlig in seinen Bann gezogen. Banks reichte jedenfalls schnell, was er in Sao Salvador gesehen hatte. Er fuhr umgehend ins sichere Kinshasa zurück und flog von dort nach London, wo er für weiteren Nachschub sorgen wollte. Trotz allem entwickelte sich die Geschichte für ihn zu einem lohnenden Geschäft.

Seine Leute, die er ihrem Schicksal überlassen hatte, wurden ohne die versprochene Pause zur Akklimatisierung sofort nach Maquela geschafft und dort von Callan in Killer-Groups eingeteilt. Als sie hörten, dass sie gegen Kubaner mit russischen Panzern kämpfen sollten, begannen einige zu protestieren. Das Abenteuer drohte blutiger Ernst zu werden, und dafür hatten sich nicht alle anwerben lassen. Es kam zu lautstarken Diskussionen und Protesten. Callan verlor schnell seine Selbstkontrolle. Das war nicht das Menschenmaterial, das er erwartet hatte. Schließlich ließ er die 23 aussortieren, die absolut nicht kämpfen wollten. Sie mussten sich bis auf die Unterwäsche ausziehen und wurden dann unter dem Gespött der anderen zum rückwärtigen Dienst eingeteilt.

Hinterhalt in Angola Während Callan aus den kampfwilligen Söldnern drei Killer-Groups bildete und der vorrückenden MPLA entgegen schickte, wurden auch die in Maquela zurückgelassenen Nichtkämpfer wieder bewaffnet. Sie sollten Stellungen vor der Stadt beziehen und eventuelle Angriffe abschlagen. Unter ihnen kursierten Gerüchte von der Stärke der feindlichen Panzer und der Grausamkeit der Kubaner. Wahrscheinlich wünschte sich jeder an einen anderen Platz der Welt, während sie nachts im afrikanischen Busch auf den Feind warten. Als sich dann auf der Straße ein Landrover näherte, eröffneten sie sofort aus Raketenwerfern und MGs das Feuer. Dass es sich dabei um einige ihrer Kameraden handelte, die von einer Erkundungsfahrt zurückkamen, entging ihnen in der Hitze des Gefechts. Mehr durch ein Wunder wurde keiner der Söldner im Landrover verletzt. Da sie aber nun überzeugt waren, dass Maquela vom Feind besetzt war, schlugen sie sich nach Quibocolo durch und meldeten, dass man abgeschnitten sei.

Die Söldner in Maquela waren der Meinung, nur einen Spähtrupp abgeschlagen zu haben, hinter dem nun zwangsläufig die kubanischen Panzer kommen müssten. Sie hatten ihrer Ansicht nach damit mehr als genug getan. Voller Panik beluden sie mehrere Lastwagen mit allen vorhandenen Vorräten, Munition und Treibstoffen und setzten sich Richtung Kongo ab. Sie wollten nur noch nach Hause. An der Grenze hatte Callan aber einen Trupp FNLA Soldaten unter dem Kommando eines Söldners postiert. Dem erzählten die Flüchtlinge nun, dass Maquela von weit überlegenen Kräften angegriffen worden sei. Nach heldenhaftem Widerstand hätten sie die Stadt räumen müssen und nun sei alles verloren. Da der Grenzposten aber in Funkkontakt mit Callan stand. Ließ dieser die Flüchtlinge ins Hauptquartier nach Sao Salvador zurückschicken. Sie hätten sich ihren Weg wahrscheinlich freischießen können, doch dazu fehlte ihnen sowohl die notwendige Skrupellosigkeit wie auch ein entschlossener Führer. Also fuhren sie nach Sao Salvador und erzählten dort Callan die gleiche Geschichte. Der bei der verworrenen Situation, erst einmal davon ausgehen musste, dass alle bei Quibocolo eingesetzten Söldner abgeschnitten und aufgerieben worden waren.

Die Situation änderte sich jedoch dramatisch als eben jene Gruppe völlig unversehrt eintraf und sich kurz darauf herausstellte, dass in Maquela vom Feind keine Spur zu finden war. Callan ließ daraufhin die insgesamt 24 "Deserteure" entwaffnen und unter Arrest stellen. Kurz darauf hielt er "Kriegsgericht". Er konfrontierte sie mit ihren Lügen, beschuldigte sie nicht nur der Desertion, sondern auch ihre Kameraden beschossen und dann einen wichtigen Stützpunkt aller wichtigen Versorgungsgüter beraubt zu haben. Den Beschuldigten war der Ernst ihrer Lage immer noch nicht ganz klar. Erst als sich auf Callans Frage, wer die Rakete abgefeuert habe, einer etwas verlegen meldete und von diesem umgehend erschossen wurde, begannen sie wahrscheinlich langsam etwas zu ahnen. Callan gab ihnen dann noch die Chance, sich zum Frontdienst zu melden, was einige nutzten. Andere wurden durch die Fürsprache von Kameraden gerettet. Die verbleibenden 13 übergab Callan seinem Adjudanten Copeland. Copeland begleitet von 2 Abkommandierten aber auch einigen Freiwilligen, darunter alle, die in dem beschossenen Landrover gesessen hatten, fuhr die Verurteilten vor die Stadt. Dort befahl er ihnen zu laufen. Einige weinten oder bettelten um ihr Leben. Es nütze nichts, sie wurden im Laufen niedergeschossen. Anschließend wurde den Verwundeten auf kurze Distanz der "Gnadenschuss" gegeben. Die Leichen wurden einfach liegen gelassen und die anderen kehrten befriedigt zurück.

Kubaner in Angola Nachdem er sich so abreagiert hatte, führte Callan seine Männer zum Angriff. Es war ein selbstmörderisches Unternehmen ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Sie fuhren - ca. 60 Mann in mehreren Landrovern - über Maquela Richtung Süden auf der Suche nach dem Feind. Als sie dann auf der Straße voll auf eine starke Kolonne stießen, kam es zu einem harten Gefecht, bei dem die Söldner ihre Mobilität nützten. Angeblich zerstörten sie mehrere Panzer und fügten dem Feind schwerste Verluste zu. Wahrscheinlich wurde dies jedoch von den Söldnern selbst und diversen Journalisten stark übertrieben. Denn nach anderen Angaben soll die MPLA im Norden keine Panzer und kaum schwere Waffen eingesetzt haben. Das macht auch Sinn, da zur gleichen Zeit harte Kämpfe gegen die südafrikanische Armee und die UNITA im Süden stattfanden, wobei das schwere Material dringend benötigt wurde. Bereits am ersten Tag hatten die Söldner 36 Tote und Verwundete. Ein paar nutzten die Chance, sich beim Abtransport der Verletzten selbst abzusetzen. Das hielt jedoch Callan nicht davon ab, am nächsten Tag mit dem kläglichen Rest noch einmal anzugreifen. Von einem geordneten Gefecht konnte dabei keine Rede sein. Es ging lediglich ums Killen. Schließlich waren von den Söldnern nur noch einige versprengte Reste übrig, die in den nächsten Tagen aufgerieben oder gefangen genommen wurden.

Bezogen auf die Gesamtstärke waren diese Verluste verheerend, aber Callan hatte ja fest damit gerechnet ausreichend mit neuem Kanonenfutter versorgt zu werden. Tatsächlich hatte Banks mit seinen Aktivitäten in London weitere 200 Mann zusammen bekommen, die nun über Kinshasa an die Front sollten. Doch inzwischen waren die ersten Nachrichten vom "Söldnermassaker" durchgesickert. Über einige Dutzend gefolterte oder hingerichtete Schwarze hätte sich kaum jemand erregt. Dass Callan und seine Kumpane jedoch ihre Mordlust auch hemmungslos an Weißen ausgelassen hatten, war völlig unakzeptabel. Die CIA wollte nun mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben und stoppte alle Zahlungen. Auch die britischen und belgischen Behörden, die vorher bei Passproblemen beide Augen zugedrückt und für einen reibungslosen Transport von London über Brüssel nach Kinshasa gesorgt hatten, begannen nun einzugreifen und Druck auf Mobutu auszuüben. Eine Maschine wurde deshalb von Kinshasa gleich wieder zurückgeschickt, die Söldner einer anderen in Sicherheitshaft genommen.

In Angola versuchte Holden Roberto zu retten, was zu retten war. Er flog nach San Antonio und holte Peter McAleese, der von denen, die nichts mit der Massenhinrichtung zu tun hatten, der ranghöchste war. McAleese wurde umgehend zum Kommandeur der FNLA ernannt und zum Colonel befördert. Nachdem er durch Befragung einiger Zeugen so langsam ein Bild von der Lage bekommen hatte, ließ er ein Standgericht abhalten. Da Callan vermisst wurde, wurden nur Copeland und Shotgun Charlie angeklagt. Alle anderen beteuerten ihre Unschuld und machten Befehlsnotstand geltend. Den Vorsitz beim Kriegsgericht führte Hall, der als einziger eine gewisse Erfahrung - er war ja selbst wegen Waffenhandels verurteilt worden - in der Vorgehensweise hatte. Zur Vereidigung der Zeugen soll er sich dabei seiner eigenen Bibel bedient haben, von der er - in echter Söldnermanier sollte man meinen - die ersten Seiten als Zigarettenpapier verbraucht hatte. Der Prozess ging schnell, Shotgun Charlie wurde vom Vorwurf des Massenmordes freigesprochen, Copeland zum Tode verurteilt und umgehend erschossen. Er versuchte noch zu fliehen, wurde aber mehrmals getroffen. Callans alter Freund Wainhouse gab ihm dann drei Kopfschüsse und kommentierte: "that’s finished him off."

Mit den neuen Verstärkungen waren die Söldner jetzt zwar immer noch 60 Mann stark, dazu kamen einige hundert Schwarze Soldaten. Dennoch setzten sie der MPLA nirgends ernsthaften Widerstand entgegen. Nach einigen kleineren Gefechten setzten sich auch die letzten nach Zaire ab, wo sich dann die meisten bei ihren Botschaften einfanden, die für den Rücktransport sorgten. Der Historiker Mockler meint, dass ihnen Callans fanatischer Kampfgeist gefehlt habe. Dazu ist allerdings zu sagen, dass man Callan und Copeland sicher unter gewissen Gesichtspunkten als tapfere Männer bezeichnen kann. Im Zweiten Weltkrieg wären sie unter der richtigen Führung vielleicht sogar als Helden mit Orden dekoriert worden. Unseres Erachtens nach ist es aber fraglich, ob man bei blutrünstigen Killern, die sich aus reiner Lust am Töten ohne Rücksicht auf Verluste in den Kampf stürzen, überhaupt von Tapferkeit sprechen sollte, auch wenn man in fast jedem Krieg solche Leute an vorderster Front benötigt.

Das Problem in Angola war, dass diese Leute plötzlich an oberster Stelle kommandierten. Callan entwickelte noch nicht einmal eine rudimentäre Strategie. Seine Art von Führung bestand allein darin, seine Machtgelüste auszuleben, sich bei der ersten Gelegenheit auf den Feind zu werfen und dann nach Herzenslust zu töten. Wenn kein Feind in der Nähe war, richtete sich seine Mordlust gegen "Deserteure" und "Verräter", die er mit der gleichen Innbrunst liquidierte - auch Gefangene wurden generell erschossen. Damit war er allerdings nicht alleine; viele der anderen machten mit Begeisterung mit und halfen auf diese Weise erst dieses Terrorregime zu errichten. Militärisch waren die Selbstmordangriffe der Killer-Groups eine Katastrophe, da in kürzester nicht viel von ihnen übrig war. Vor allem aber entzog er mit der Massenexekution dem ganzen Unternehmen den letzten Rest an Legalität und damit den Boden, da von nun an jede Unterstützung ausbleiben musste.

heimkehrender Söldner Als die Überlebenden heimkehrten, sorgte dies zwar einen großen Rummel in den Medien, die Behörden sahen aber von einer Strafverfolgung ab, da zumindest keiner nachweislich in Morde an Weißen verwickelt war. Anders erging es denen, die von der MPLA gefangen genommen worden waren. Ende 1976 wurden in einem spektakulären Prozess in Luanda 13 gefangene Söldner vorgeführt, und die Weltöffentlichkeit war geschockt angesichts dieser Versammlung gescheiterter Existenzen und psychopathischer Killer, die aus reiner Mordlust nicht nur feindliche Soldaten, sondern auch zahlreiche Zivilisten und ein Dutzend Deserteure aus den eigenen Reihen exekutiert hatten. Vier von ihnen, denen man die Beteiligung an Morden nachweisen konnte - darunter Callan -, wurden erschossen, die anderen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Obwohl das Bild der Söldner in Angola im Nachhinein von den Killern Callan und Copeland bestimmt wurde, handelte es sich bei den meisten eher um arme Schweine, die naiv in ein grausames Abenteuer geschlittert waren. Der überwiegende Anteil stammte aus der sozialen Unterschicht, war arbeitslos und hatte finanzielle und familiäre Probleme. Manche hofften diese mit leicht verdientem Geld, wie einst im Kongo lösen zu können. Ein in Angola  gefundener Brief eines Söldners verdeutlich dies etwas:

Liebe Liz,
wie du an meiner Adresse sehen kannst kämpfe ich jetzt mit den Söldnern in Angola, worüber du wahrscheinlich etwas im Fernsehen gesehen hast. Wenn ich hier heil rauskomme, komme ich nach England mit einer Menge Geld zurück und hoffe, dass du mir dann erlaubst, die Kinder zu sehen. Ich war an Weihnachten leider nicht in der Lage, den Kindern etwas zu schenken Aber ich werde ihnen ganz sicher etwas geben, wenn ich zurück in England bin...


© Frank Westenfelder  


 
Kriegsreisende

Artikel
- Archetypen
- Völker
- Antike
- Mittelalter
- Renaissance
- Neuzeit
- Absolutismus
- Imperialismus
20.Jahrhundert
- Gegenwart

Biographien

Medien
- Bücher
- Filme

Links

Disclaimer
Archetypen Völker Antike Mittelalter Renaissance Neuzeit Absolutismus Imperialismus 20. Jahrhundert Gegenwart