Die Schrecklichen
Der Simbaaufstand und die Rebellion der Söldner im Kongo.
Auch nachdem der Sezessionsversuch Katangas niedergeschlagen worden war,
hielt der Frieden im Kongo nicht lange. Die Korruption in der
Verwaltung wucherte, die Soldaten der ANC besserten ihren miserablen Sold
durch Räubereien und Schutzgelderpressungen auf, und für die
Oppositionellen wurde der ermordete Lumumba zu einer Art Nationalheiligem.
Pierre Mulele ein ehemaliger Minister Lumumbas warb in Osteuropa und China
um Unterstützung. Anfang 1964 brach im Ostkongo der Aufstand der sogenannten
Simbas (Löwen) aus. Obwohl die Führer der Rebellen sich als sozialistische
Revolutionäre verstanden, spielten Aberglauben und Zauberei in der
Bewegung eine große Rolle. Die Simbas erhielten von ihren Medizinmännern
Amulette, die die feindlichen Kugeln in Wasser verwandeln sollten. Oft
nur mit Macheten und Speeren bewaffnet griffen sie im festen Glauben an
ihre eigene Unverwundbarkeit die von den USA ausgerüsteten Regierungstruppen
an. Da aber bei diesen die wildesten Gerüchte über die Zauberkraft
der Simbas kolportiert wurden, flohen sie oft schon bei deren Herannahen.
Zudem war die korrupte Regierung bei vielen Stämmen verhaßt.
So wurden die Simbas in weiten Gebieten als Befreier empfangen; selbst
ganze Einheiten der ANC gingen zu ihnen über. Bei ihrem rasanten Siegeszug
richteten nun die Simbas unter den regierungstreuen Stämmen und der
schwarzen Oberschicht ein furchtbare Blutbad an. Aber auch zahlreiche Weiße,
überwiegend belgische Siedler, Techniker und Missionare, fielen dem
Terror zum Opfer. Die meisten Weißen wurden jedoch in Stanleyville
und Paulis gefangen gehalten, um bei einem Eingreifen der USA oder Belgiens
als Geiseln zu dienen.
Durch das Engagement Chinas waren die Amerikaner zwar bereit, der Zentralregierung
jede mögliche Unterstützung zukommen zu lassen, da sie jedoch
selbst immer stärker in den Vietnamkrieg verstrickt wurden, konnten
sie nicht auch noch Soldaten nach Schwarzafrika schicken. Also schickten
sie Geld und Flugzeuge, einschließlich der dazugehörigen Piloten.
Bei diesen Piloten handelte es sich um von der CIA ausgebildete Exilkubaner.
Nachdem die geplante Invasion Kubas kläglich in der Schweinebucht
gescheitert war, findet man die Kubaner als zuverlässige Emigrantensöldner
in fast allen heimlichen Kriegen der CIA. Aber auch mit dieser massiven
Waffenhilfe war der Vormarsch der Simbas nicht zu stoppen. Mobutus Soldaten
waren völlig demoralisiert, zudem war damit zu rechnen, daß
Tschombe in Madrid versuchen würde, die Unruhen auszunützen,
um erneut ein freies Katanga zu proklamieren. Um sich nicht der Gefahr
eines Zweifrontenkrieges auszusetzen verfielen die Amerikaner, Präsident
Kasavubu und General Mobutu auf eine besonders elegante Idee: sie holten
Tschombe aus seinem Exil zurück und übertrugen ihm die Regierung
des gesamten Kongo. Mit Tschombe war offenbar der richtige Mann am richtigen
Platz. Er rief seine treuen Katanga-Gendarmen wieder zu den Waffen und
verwendete seine alten Kontakte, um mit dem Geld der CIA wieder weiße
Söldner zu werben.
Zuerst überquerte Schramme mit seinen Veteranen und 8.000 Katanga-Gendarmen
die Grenze von Angola; Denard folgte erst etwas später, da er im Jemen
seine Zelte nicht so schnell abbrechen konnte. Der größte Teil
der Rekruten wurde jedoch unter der Leitung von Hoare in Südafrika
angeworben. Da die CIA als sicherer Geldgeber galt und die Heldentaten
der Schrecklichen inzwischen in gewissen Kreisen von einem wahren Glorienschein
umgeben waren, gab es keinen Mangel an Freiwilligen. Unter ihnen befanden
sich allerdings nur einige der alten Katangaveteranen. Um sein sogenanntes
5. Kommando möglichst schnell auf Sollstärke zu bringen, nahm
Hoare, was seine Werber in Salisbury und Johannesburg an Gescheiterten
und Arbeitsscheuen auftreiben konnten. Die Presse sprach von "griechischen
Kellnern und Küchenjungen, die Krieg führen wollten" und vom
"Abschaum der Bars von Johannesburg." Als ehemaliger britischer Kolonialoffizier
klagte Hoare selbst über den alarmierend niedrigen Standard und den
hohen Anteil an Alkoholikern, Haschischrauchern, Drogensüchtigen
und Homosexuellen.
Typisch für die neuen Rekruten war auch eine Gruppe von ungefähr
drei Dutzend Deutschen unter der Führung von Siegfried Müller
einem ehemaligen Oberleutnant der Wehrmacht. Ihre militärischen Kenntnisse
beschränkten sich allerdings auf den Dienst in der Bundeswehr, und
Müllers Erfahrungen von der Ostfront lagen fast 20 Jahre zurück
und waren in einem modernen Buschkrieg nur von geringem Nutzen. Müller
hatte schon vorher brieflich mit Tschombe Kontakt aufgenommen und ihm seine
Dienste angeboten. Da er aber zum Kampf um Katanga zu spät gekommen
war, hatte er sich in Südafrika niedergelassen und dort eine Stelle
als Hotelmanager angenommen. Dort saß er dann sozusagen in den Startlöchern
und pflegte den Kontakt zu einigen jüngeren, gleichgesinnten Landsleuten.
Als dann endlich wieder Söldner geworben wurden sagte man sich: "wir
machen eine Jägerjagd - eine - eine Jagd auf Neger oder so etwas -
wir machen eine dolle Sache - keine Gefahr alles okay." So zumindest erzählte
es Müller in einem Interview, und man kann sich das Klima vorstellen,
in dem der Entschluß gereift war. Die Realität sah wie immer
etwas anders aus, und die beiden Deutschen Nestler und Koethler waren die
ersten Gefallenen des 5. Kommandos. Auch der Rußlandveteran Müller
leistete wenig Überzeugendes und wurde deshalb in seiner Kommandostelle
bald abgelöst. Trotzdem brachte er es als "Kongo-Müller" zu einer
gewissen Berühmtheit. Das lag allerdings mehr daran, daß er
den Vorstellungen mancher Journalisten entsprach, die überall unter
den Söldnern Ex-Nazis vermuteten. Für sie war Kongo-Müller,
der immer deutlich sichtbar sein Eisernes Kreuz trug, geradezu die Idealbesetzung.
Unter seinen Kameraden im Kongo sorgte er damit eher für Belustigung;
sie erzählten, daß er sein Eisernes Kreuz sogar nachts an seinen
Pyjama heften würde. Regelrecht berüchtigt wurde er bezeichnenderweise
durch ein Interview, das er dem DDR-Fernsehen gab. In dem Glauben verständnisvollen
westdeutschen Journalisten gegenüberzusitzen erzählte er angetrunken
und lachend von den Schlächtereien im Kongo und erklärte sich
auch dazu bereit, sein Know-How bei einer Befriedung der DDR einzubringen,
oder sich an einer "Legion Vietnam" zu beteiligen. Diese unter dem Titel
"Der lachende Mann" am 9.2.1966 ausgestrahlte Sendung wurde in Westdeutschland
zuerst als wüstes Propagandamärchen abgetan, bis sie dann durch
andere Berichte aus dem Kongo bestätigt wurde. Doch inzwischen hatte
sich ebenfalls herumgesprochen, daß sich im Kongo eine kleine verlorene
Schar weißer Söldner als letztes Bollwerk gegen den Kommunismus
bewährte, und man war bereit sich mit Kongo-Müller als notwendiges
Übel abzufinden.
Trotz der wild zusammengewürfelten und zum Großteil unerfahrenen
Rekruten wurde der Einsatz der Söldner ein überwältigender
Erfolg. Die Befreiung der weißen Geiseln in Stanleyville und Paulis
geschah zwar durch reguläre belgische Fallschirmjäger, aber die
Rückeroberung des riesigen Landes und die Zerschlagung der nach Zehntausenden
zählenden Rebellenarmee, erledigten ein paar hundert weiße Söldner,
die nur von äußerst unzuverlässigen schwarzen Hilfstruppen
unterstützt wurden. In diesen Kämpfen wurde das 5. Kommando unter
Hoares Führung fast zu einer Legende. Hoares Taktik beruhte im wesentlichen
auf Geschwindigkeit und Feuerkraft. Mit ihren Jeeps rasten die Söldner
in feindliche Dörfer und Stellungen und eröffneten beim geringsten
Widerstand ein vernichtendes Feuer aus schweren Maschinengewehren und automatischen
Waffen. Oft wurden die Simbas von blitzschnellen Auftauchen der Söldner
völlig überrascht und dann vom Gefechtslärm in Panik versetzt.
Diese Erfolge waren natürlich nur möglich, da die Simbas nichts
von moderner Kriegführung verstanden und völlig unzureichend
ausgerüstet waren. Anfangs konnte es vorkommen, daß eine Hand
voll Söldner mit ihren Maschinengewehren hunderte von Simbas niedermähten,
die von ihrer Unverwundbarkeit überzeugt lediglich mit Speeren bewaffnet
über offenes Gelände angriffen. Aber auch wenn die Simbas über
moderne Waffen verfügten, feuerten sie diese oft mit geschlossenen
Augen ab, da sie glaubten, daß ihr Lärm und ihre Magie die Feinde
töten würden. Als dann China und einige afrikanische Staaten
ihre Unterstützung für die Rebellen intensivierten, Waffen lieferten
und mit der Ausbildung von Kadern begannen, war es bereits zu spät.
Der Aberglaube, der die stärkste Waffe der Simbas gewesen war, beschleunigte
nun ihre eigene Niederlage. Die Söldner waren inzwischen zu den "weißen
Riesen" geworden, zu unverwundbaren, magischen Kriegern. Und so nützten
auch die chinesischen Geschütze und Granatwerfer wenig. Sobald die
Trommeln das Nahen der weißen Riesen ankündigten, begannen die
Simbas zu fliehen, obwohl sie den Tod sonst nicht fürchteten. Dennoch
war die Rückeroberung des Ostkongo kein Spaziergang. Immer wieder
gerieten kleine Trupps in Hinterhalte, oder konnten einzelne Stellungen
erst nach schweren Gefechten eingenommen werden. Zwar fielen dabei meistens
nur Einzelne, aber bei der kleinen Anzahl summierte sich auch das zu empfindlichen
Verlusten.
Im Oktober 1965 war der Simba-Aufstand fast vollständig niedergeschlagen
und die weißen Riesen wurden in der westlichen Welt als Helden gefeiert.
Nach all den demütigenden Niederlagen der Entkolonialisierung hatten
sie anscheinend noch einmal die Überlegenheit des weißen Mannes
bewiesen. Journalisten reisten in den Kongo und berichteten wie die Söldner
Missionare und Nonnen befreiten und Recht und Ordnung wieder herstellten.
Doch mit der Publicity drangen auch Geschichten an die Öffentlichkeit,
bei deren Lektüre der zivilisierte Leser in Europa zwar sein Schaudern
nicht unterdrücken konnte, die aber eigentlich nur belegen, daß
Söldner ihr Handwerk immer noch auf die gleiche Weise ausübten.
Da waren zuerst einmal die Folterungen und Exekutionen. Sicher überließen
die Söldner die schmutzigste Arbeit vorwiegend ihren schwarzen Hilfstruppen,
trotzdem gab es auch unter ihnen einige leidenschaftliche Killer. Ein Söldner
wurde dabei ertappt, wie er Köpfe von toten Schwarzen auskochte. Die
gereinigten Schädel verkaufte er dann an amerikanische Piloten und
Journalisten, die ein passendes Souvenir aus dem Kongo wünschten.
Da aber das belgische FN-Gewehr seine Ware ruinierte, hatte er sich extra
ein Kleinkaliber angeschafft und meldete sich damit immer gerne zu Exekutionen.
Auch Kongo-Müller besaß einen Schädel als Blumenständer
und manche Jeeps zierten sie als Kühlerfiguren. Bei der Beliebtheit
dieser Trophäen, denkt man an die Geschäfte mit Türkenhaut
während der Kämpfe auf Kreta und der Morea, und fragt sich, ob
sich wirklich in den vergangenen 300 Jahren so wenig geändert hat.
Vor allem aber frönten die Söldner ihrer Lieblingsbeschäftigung
seit Urzeiten: dem Plündern. Die Mannschaften wurden zwar mit umgerechnet
etwa 2.600,- DM Sold und Gefahrenzulage in Devisen und 37.000 Kongo-Franken
für den täglichen Bedarf relativ gut bezahlt; den wirklichen
Anreiz bot aber nach wie vor die Beute. Beim Vormarsch wurden die Leichen
der Simbas ausgeplündert, die oft noch ihren Sold in den Taschen trugen.
In den Städten lockten die verlassenen Villen der weißen Siedler
und der wohlhabenden Schwarzen und natürlich die Banken. Sobald eine
Stadt "befreit" wurde, rasten die Jeeps des 5. Kommandos zuerst zu den
Banken, als nächstes folgten die Häuser der Reichen. Mit Bazookas
und Dynamit wurden dann die Safes geknackt. In Stanleyville waren tagelang
die Explosionen dieser Fischzüge zu hören. Von einem Unteroffizier
wird berichtet, daß er ein ganzes Transportflugzeug voller Kühlschränke,
Kameras, Möbeln und sogar einigen Autos nach Stanleyville schaffen
ließ und die Beute dort an indische Händler verkaufte. Zwei
Südafrikaner sollen, nachdem sie in einem Safe 65.000$ gefunden hatten,
einen Sanitäter bestochen haben und anschließend auf Nimmerwiedersehen
verschwunden sein. Die Offiziere waren entweder selbst beteiligt oder sahen
darüber hinweg, um die Moral ihrer Truppen nicht zu gefährden.
Doch es blieb nicht allein bei diesen oberflächlichen Parallelen.
Wie ihre historischen Vorgänger, die Freien Kompanien oder die Landsknechte,
dachten auch die Kongosöldner nicht daran, bei Kriegsende auf ihr
lukratives Geschäft zu verzichten. In guter alter Tradition meuterten
sie und versuchten, den gesamten Staat in ihre Hand zu bekommen. Es begann
damit daß Tschombe, der ja nun seinen Zweck erfüllt hatte von
Mobutu gestürzt wurde. Tschombe ging wieder nach Madrid ins Exil,
und kurz darauf übernahm Mobutu durch einen Militärputsch als
Alleinherrscher die Macht. Einen Tag später erhielt Hoare seinen Abschied.
Da Mobutu noch nicht völlig auf die Söldner verzichten wollte,
entledigte er sich vorerst hauptsächlich der Südafrikaner, unter
denen Tschombe seine treuesten Anhänger gehabt hatte. Das war nicht
besonders schwierig, denn wegen der Sechs-Monats-Verträge der Söldner
herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, wobei nun die Südafrikaner
durch Spanier und Italiener ersetzt wurden. Als Gegengewicht zu dem englischsprachigen
5. Kommando, dienten das französischsprachige 6. unter Denard und
die Belgier in Schrammes 10. Kommando. Nach dem Ende der Kämpfe führten
alle ein relativ ruhiges Leben in den Garnisonen, vertranken ihren Sold
und amüsierten sich mit ihren schwarzen Geliebten. Trotzdem wurde
eifrig konspiriert. Denard besuchte Tschombe heimlich in Madrid, und Schramme
errichtete im Zentralkongo eine feste Basis. Im Juli 1966 meuterte eine
Einheit Katanga-Gendarmen, der sich auch einige Söldner angeschlossen
hatten. Da sich die übrigen Söldner jedoch abwartend verhielten,
versuchten sich die Meuterer nach Katanga durchzuschlagen, ergaben sich
dann aber unterwegs Schramme, der ihnen Straffreiheit zugesichert hatte.
Mobutu hatte zwar einmal großspurig behauptet: "Was bedeuten schon
1.000 fremde Freiwillige in einer Armee von 31.500 Soldaten." Aber die
Meuterei hatte in der Armee eine Panik ausgelöst und aller Welt demonstriert,
wie gefährlich die Söldner waren. Um keinen neuen Aufstand zu
provozieren, versuchte Mobutu seine fremden Freiwilligen nach und nach
los zu werden. Als erstes wurde das 5. Kommando aufgelöst und der
Mannschaftsbestand der anderen Einheiten reduziert. Dann erhielt Denard
den Befehl, Schrammes Truppen zu entwaffnen. Doch als echte Condottieri
verständigten sich die beiden und planten den ganz großen Coup.
Gemeinsam wollten sie Stanleyville und einige Städte im Ostkongo erobern
dann nach Katanga vorstoßen. Dort sollte Tschombe aus Madrid einfliegen
und gemeinsam würde man mit einem Heer aus Katanga-Gendarmen die Macht
im Kongo an sich reißen. Doch wahrscheinlich hatte die CIA, die ihre
schützende Hand über Mobutu hielt, Wind von dem Unternehmen bekommen.
Denn kurz darauf wurde Tschombe bei einem Flug von Ibiza nach Mallorca
durch seinen Leibwächter, einen französischen Söldner, gekidnappt
und nach Algerien verschleppt, wo er im Gefängnis landete. Ohne ihr
politisches Aushängeschild waren die Söldner zuerst ratlos. Aber
die Stimmung hatte sich inzwischen so weit verschlechtert, daß sie
den Putsch nicht mehr aufschieben wollten.
Am 5. Juli 1967 griff das 10. Kommando die Kasernen der ANC in Stanleyville
(inzwischen in Kisangani umbenannt) an und feuerte auf alles, was sich
bewegte. Wieder flohen die Truppen der ANC in Panik. An anderen Orten wurden
jedoch die Söldner von einer erdrückenden Übermacht zurückgeschlagen.
Denard, der verwundet worden war, wurde mit einigen anderen Verletzten
nach Rhodesien ausgeflogen. Schramme hielt Stanleyville, um anderen Einheiten
die Möglichkeit zu geben, zu ihm zu stoßen. Schließlich
sammelten sich ungefähr 150 weiße Söldner und etwa 800
Katanga-Gendarmen. Sie wurden nun von Mobutus Luftwaffe und seinen von
Israelis ausgebildeten Fallschirmjägern bedrängt. Die USA stellten
Transportflugzeuge, so daß Mobutu seine Reserven schnell zum Einsatz
bringen konnte. Als die Situation immer brenzliger wurde, schlugen sich
die Söldner durch die feindlichen Linien und verschwanden für
mehrere Wochen im Busch. Dann tauchten sie überraschend am Kiwu-See
wieder auf und eroberten die reiche Grenzstadt Bukavu. Aber auch jetzt
war Schramme noch nicht bereit aufzugeben. Er forderte den Rücktritt
Mobutus und protegierte die Gegenregierung eines weitgehend unbekannten
Katangesen. Währenddessen sammelte Denard in Nordangola Söldner
und Katanga-Gendarmen, um von Süden im Kongo einzufallen. Schrammes
erprobte Veteranen schlugen alle Angriffe von Mobutus Fallschirmjägern
zurück, und nachdem ein deutscher Ex-Legionär, der wegen seiner
kleinen Statur als Mini-Schmidt bekannt war, drei feindliche Flugzeuge
abgeschossen hatte, wagte auch Mobutus Luftwaffe keine Angriffe mehr. Doch
bei diesen verzweifelten Kämpfen wurde allmählich die Munition
knapp, und alle Hoffnung richtete sich auf Denards Entsatzangriff. Als
dieser jedoch in einem Hinterhalt zerschlagen wurde, mußte auch Schramme
aufgeben. Mit knapp 130 weißen Söldnern, 800 Katanga-Gendarmen
und 1.500 Frauen und Kindern überquerte er die Grenze nach Ruanda,
wo die Truppe interniert wurde.
Daß es diese Hand voll Männer in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts noch einmal gewagt hatte, ein riesiges Land zu erobern
und dabei die Interessen der Weltmächte wie auch die Proteste der
UNO ignoriert hatte, ist der eigentliche Anachronismus, der durch die Plünderungen
und gesammelten Trophäen nur untermalt wird. Aber auch ihre verschwindend
geringe Anzahl zeigt überdeutlich, daß es sich mehr um eine
Randerscheinung als um ein Wiederaufleben der Condottieri und Freien Kompanien
handelte. Den ganzen Medienrummel, den die weißen Riesen
verursachten, beruht zu guten Teilen darauf, daß der zivilisierten
Welt etwas vorgeführt wurde, was sie längst auf der Müllhalde
der Geschichte geglaubt hatte. Selbst die spektakulären Söldneraktionen
des 19. Jahrhunderts, die Erfolge der Ever Victorious Army in China oder
die Eroberung Nicaraguas, hatten kein annähernd vergleichbares Echo
ausgelöst. Nach zwanzig Jahren Frieden und Wohlstand produzierte Europa
nur noch wenige Söldner. Diese Rolle übernahmen nun andere. Von
größter Bedeutung im Kongo waren die Gurkhas, die kubanischen
Piloten und die Katanga-Gendarmen. Den Gurkhas als einstiger Elitetruppe
der britischen Kolonialarmee fehlt es bis heute nicht an Angeboten arabischer
und malaiischer Ölscheichs, die am liebsten ganze Bataillone übernehmen
würden. Die Kubaner flogen weiter für die CIA in Laos, Kambodscha
und schließlich in Nicaragua, und die heimatlosen Katanga-Gendarmen
traten in die Dienste der Portugiesen in Angola. Diese geborenen Krieger
aus den Bergen Nepals und den Savannen Katangas waren für den historischen
Zustand des Gewerbes weitaus charakteristischer als die vereinzelten Relikte
aus Europa.