Frauen im Tross
Mutter Courage und ihre Schwestern
Im Gegensatz zu für einen kürzeren Zeitraum mobilisierten Feudalaufgeboten aus Rittern oder städtischen und bäuerlichen Milizen, waren Frauen in großer Anzahl geradezu ein Charakteristikum professioneller Heere und damit bis in die Neuzeit von Söldnern. Sie warteten dabei nicht geduldig in irgendwelchen Garnisonen auf die Rückkehr ihrer Männer, sondern waren gemeinsam mit diesen unterwegs, manchmal über Jahre oder sogar Jahrzehnte. Fest vorgesehen oder gar geplant war ihre Anwesenheit allerdings nicht. Das heißt sie erhielten keinerlei Sold oder Verpflegungsrationen und mussten deshalb selbst für ihr Auskommen sorgen oder waren auf die Unterstützung ihrer Männer angewiesen, die ja oft selbst wenig genug hatten.Frauen im Tross sind ein geradezu zeitloses Phänomen professioneller Heere, so dass sich ihre Funktionen und ihr Verhalten von der Antike bis ins späte 18. Jahrhundert kaum unterschieden haben dürften. Mit den Massenheeren der Neuzeit vergrößert sich der Tross enorm und gleichzeitig gibt es auch immer mehr persönliche Berichte von Soldaten, so dass langsam auch etwas Licht auf die bislang anonyme Masse der Heeresfolger fällt. Dennoch lassen auch die karger Hinweise aus früheren Zeiten wenig Zweifel daran, dass die Rolle der Frauen relativ konstant geblieben ist.
Xenophon erwähnt sie mehrfach in seinem Bericht über den Zug der zehntausend griechischen Söldner, die 401 v.Chr nach Persien gezogen waren. Als 1177 im Limousin eine große Rotte von Brabanzonen vernichtet wurde, deren Kern Friedrich Barbarossa 11 Jahre zuvor angeworben hatte, sollen mehrere tausend Brabanzonen "beiderlei Geschlechts" erschlagen worden sein. Auch Ramon Muntaner berichtet in seiner Chronik von den Eroberungen der Großen Kompanie in Griechenland (1302-1310) immer wieder von Frauen, von denen viele mit ihren Männern anscheinend schon 1282 aus Aragon nach Sizilien gekommen waren.
Waren also einige Frauen mit ihren Männern bereits ganz zu Anfang losgezogen, so fand sich der Großteil sicher erst im Laufe der Jahre ein. Wenn Söldner irgendwo im Quartier lagen, ergaben sich oft Beziehungen zu Frauen vor Ort. Sicher zerbrachen viele dieser Liebschaften, wieder beim Abmarsch, dennoch vergrößerten danach meistens einige Frauen als Geliebte oder als schnell Angetraute den Tross. Andere waren als erst Kriegsbeute mitgeschleppt worden und hatten ihr Schicksal schließlich akzeptiert. Möglicherweise gab es ohnehin keinen Weg mehr zurück, da das Dorf abgebrannt und die Familienangehörigen tot waren. Solche Schicksale werden zwar erst durch Untersuchungen über moderne Kindersoldaten richtig bekannt; dürften sich aber früher recht ähnlich abgespielt haben.
Zu diesen Frauen, die in einem festen Verhältnis zu einem bestimmten Söldner standen, kamen viele, die sich aus eigenem Antrieb eingefunden hatten. Da waren natürlich zuerst einmal die Prostituierten, die immer weit mehr Aufmerksamkeit erregten als es ihrer Anzahl entsprochen hätte. Weit zahlreicher waren diejenigen, die als Marketenderinnen, Garküchenbetreiberinnen oder einfach als Wäscherinnen ihr Auskommen suchten. Eine Armee auf dem Marsch bot viele Verdienstmöglichkeiten, und wenn das Land verwüstet war, konnte der Tross zur letzten Zuflucht und überlebenschance für viele werden.
Natürlich gab es die verschiedenen Varianten eher selten in Reinform, meistens mischten sie sich und die übergänge waren fließend. So war es durchaus normal, dass Soldatenfrauen nebenher einem Gewerbe nachgingen; d. h. auch für andere kochten und wuschen. Bei schlecht gehendem Geschäft waren Marketenderinnen sicher auch als Prostituierte tätig, und Soldaten vermieteten ihre Frauen nicht selten für Liebesdienste. Bei Belagerungen wurden zudem alle zu Schanzarbeiten verpflichtet wofür sie dann wiederum einen geringen Lohn erhielten. So wird zum Beispiel in den "Taten Wilwolts von Schaumburg" über die Belagerung von Neuß berichtet, Karl der Kühne "ließ den profosen die gemainen weiber, der ob den viertausent im hör waren, zu der arbeit beruefen und versameln."
Frauen, die einst einem Söldner gefolgt waren, blieben auch nach dessen Tod allein schon deshalb oft beim Heer, da sie wenige Alternativen hatten. Möglicherweise fanden sie einen neuen "Beschützer", oder hatten etwas Kapital um als Marketender tätig zu werden, wenn nicht, boten sie alle möglichen Dienste an, von waschen, kochen, Feuerholz sammeln bis hin zur Prostitution. Wenn andererseits gerade mal wieder von der Heeresführung versucht wurde die Zahl der Heeresfolger zu reduzieren und zumindest die freischaffenden Frauen aus dem Lager zu treiben, konnte dies zu regelrechten Massenhochzeiten führen, bei denen dann einige hundert Prostituierte in ehrbare Soldatenfrauen umgewandelt wurden.
französische Truppen mit Vivandiere
Wie eng das Schicksal dieser Frauen manchmal mit der Armee verbunden war, zeigt der Bericht eines Fremdenlegionärs, der am Ersten Carlistenkrieg (1833-39) in Spanien teilgenommen hatte. Der Legion war bereits eine große Anzahl Frauen aus Frankreich gefolgt; allerdings traf man unter ihnen ebenso viele Nationalitäten wie in der Legion selbst. In Spanien kamen nun jede Menge Spanierinnen hinzu. Die Kommandeure versuchten zumindest die Neuzugänge öfters zu verjagen um den Tross zu verkleinern, aber die Lücken wurden schnell wieder geschlossen. Als die Fremdenlegion dann ein völlig disziplinloses französisches Freikorps auflöste, wurden dessen Marketenderinnen zum Teil einfach übernommen. Die älteste von diesen - die alte mère Michele - war schon mit Napoleons Grande Armée in Rußland gewesen und hatte 1823 den Feldzug nach Spanien mitgemacht. Ihr Mann war bei Leipzig gefallen und ihre drei Söhne in Spanien. Sie selbst war mehrfach verwundet worden, soff und fluchte wie ein Legionär, schleppte Verwundete und "schoss auch vorne tapfer mit."
Am Beispiel der alten mère Michele wird aber noch etwas anderes deutlich, bei den Frauen im Tross handelte es sich so gut wie nie um zarte, hübsche Geschöpfe, wie sie manchmal in Filmen vorgeführt werden. Abgehärtet und dreckig trugen sie auf dem Marsch Lasten von bis zu 60 Pfund: Kleinkinder, Essen, Kleider, Pfannen, Bettzeug, Zelt und was sonst irgendwie von Wert war. Zeitzeugen verglichen sie manchmal mit Maultieren, und ähnlich schlecht wurden sie meistens behandelt; Schläge waren an der Tagesordnung, wovon zahlreiche blaue Augen Zeugnis ablegten.
Auch wenn die Frauen oft als Sexualpartnerinnen dienten, worauf schon die zahlreichen Tross- und Lagerkinder verweisen, so waren sie doch in allererster Linie Arbeitstiere. Soldaten tendieren zur Faulheit, vor allem wenn sie im Krieg der Meinung sind allein schon durch ihre Bereitschaft zum Kampf das Wichtigste auf sich genommen zu haben. Dieser Einstellung zum Trotz gab es im Feldlager und auf dem Marsch zahlreiche mühselige und äußerst zeitaufwendige Arbeiten. Man musste Kleider und Waffen in Ordnung halten, das Lager aufschlagen, und schließlich das Essen zubereiten. Dazu musste man Fleisch kochen, Getreide mahlen, Brot backen, Holz und Wasser holen.
Kriegsleute hatten sich mit diesen Arbeiten noch nie gerne abgegeben. Griechische Hopliten zogen mit mindestens einem Sklaven ins Feld, Ritter hatten stets Knappen und Diener, und auch einfache Söldner hatten, wenn sie es sich nur irgendwie leisten konnten, zumindest einen Jungen. Wahrscheinlich waren Frauen einfach die billigste Lösung, da sie nicht nur kräftiger und damit bessere "Lasttiere" als Jungen waren, sondern auch durch ihre Arbeitskraft wesentlich zur Ernährung beitrugen. So arbeiteten sie natürlich für geringe Beträge auch für andere Söldner, erhielten manchmal sogar Sold für Schanzarbeiten und durchstreiften das Land nach Essbarem. Grimmelshausen berichtet, dass die Frauen im Wald nach Schnecken und Kräutern suchten, um damit die kargen Rationen aufzubessern.
Frauen transportierten und organisierten aber nicht nur den Haushalt, sie bewachten auch den kargen Besitz, halfen beim Plündern und anschließendem Verkauf der Beute, und pflegten die Söldner bei Verwundung und Krankheit. In Zeiten als ein Großteil der Heere noch Krankheiten und Seuchen zum Opfer fiel und sich die offizielle medizinische Versorgung auf einen gelegentlichen Feldscher beschränkte, war eine fürsorgende Frau oft lebensrettend. Ganz besonders, da man davon ausgehen kann, dass gerade die Veteraninnen wahrscheinlich mehr Kenntnisse als die berüchtigten Feldschere hatten.
Damit erledigten die Frauen also im Bereich Transport, Versorgung, Gesundheit und noch einigem mehr äußerst wichtige Aufgaben, die erst in modernen Armeen vom Militär selbst übernommen wurden. Deshalb waren auch alle Versuche von Heerführern den lästigen Tross zu verkleinern, von vorneweg zum Scheitern verurteilt. Natürlich fehlte es nicht an solchen Versuchen. Der Tross war unglaublich langsam und schwerfällig, manchmal dauerte es Tage bis die zahllosen Wagen, Handkarren, Lasttiere oder einfach die Menschen zu Fuß eine Furt überquert hatten. Häufig kam es zu Ausschweifungen und Streit, und nicht zuletzt benötigte man zusätzliche Truppen zum Schutz, da der Tross ein beliebtes Objekt feindlicher überfälle war.
Tross und Frauen im Heer hatte es wie gesagt schon immer gegeben. Auch an den Kreuzzügen hatten sich viele Nichtkombattanten beteiligt, Händler und Prostituierte waren mitgezogen, und nicht wenige Adlige hatten ihre Ehefrauen mitgenommen ganz zu schweigen vom entsprechenden Dienstpersonal. Mit dem Aufkommen der Massenheere in der Frühen Neuzeit erreichte der Tross jedoch völlig neue Dimensionen. Schon der berühmten Schwarzen Garde sollen bei einer Kampfstärke von 5.000 Mann 1.000 Wagen, Karren und Schlitten gefolgt sein. Das kaiserliche Heer bestand am Ende des Dreißigjährigen Krieges aus 40.000 Mann dazu gehörten aber noch einmal 140.000 Menschen im Tross.
Ein deutscher Feldherr schrieb 1615: "Wan man heutiges Tages ein Regiment Teutsches Kriegsvolck wirbt / hastu dreytausend Mann / so wirstu gewiß vier tausend Huren vnd Jungen finden / vnd das abgefeimte leichtlosest Gesindlein / was nirgends in Landen vnd Staetten bleiben will /das laufft dem Krieg zu / ist alles gut genug. Da hoeret man vnter demselbigen Gesindlein solches fluchen / schweren / zotten / mausen / packen / stehlen / pluendern / Haeuser vnd Kisten fegen / vnd andere leichtfertige / lose / boese Haendel / davon vor unsern Zeiten / so es ein heidnischer Kriegsmann hette gsehen / solte er erstarret seyn."
Frauen und Kinder im Tross
Neben dem allgemeinen Sittenverfall klagt der Autor vor allem über das plündern und kommt damit zweifelsohne zu einem zentralen Problem. Wenn die Heeresfolger nicht gerade für Schanzarbeiten oder andere als eines Kriegsmannes unwürdige Arbeiten benötigt wurden, erhielten sie weder Sold noch Verpflegungsrationen. Das heißt, sie waren noch in weit größerem Maß als Söldner auf Plünderungen angewiesen und dabei sicher mit vielem zufrieden, was andere verschmähten. Es waren die Heeresfolger, die auf den Schlachtfeldern die Toten bis auf die nackte Haut auszogen und die in eroberten Städten absolut nichts zurückließen. Natürlich wurde im Tross auch bei Gelegenheit gefeiert und geprasst, dennoch war er gerade in langen Kriegen oft mehr ein Ort des Elends. Wenn den Truppen die kargen Rationen gekürzt wurden, gab es für die Frauen und die anderen Trossangehörigen schon lange nichts mehr. Wenn irgendein Landstrich den Durchzug einer Armee überstanden hatte, dann gaben ihm oft die Heeresfolger den Rest.
Als die europäischen Staaten im späten 17. Jahrhundert damit begannen Kriege auf etwas rationalere Weise zu organisieren, um die damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden zu begrenzen, rückte natürlich auch der Tross als anarchisches Relikt aus finsteren Landsknechtszeiten ins Visier der Reformer. Dies war allerdings nur möglich, da die staatliche Organisation inzwischen so weit fortgeschritten war, dass sie selbst nach und nach viele der Aufgaben, die man vorher einfach freien Unternehmern oder sich selbst überlassen hatte, übernehmen konnte.
Vorbildlich wurde Frankreich, dessen Heeresreformen schließlich von allen europäischen Mächten übernommen wurden. Bereits unter Kardinal Richelieu war damit begonnen worden, die Soldaten regelmäßig mit Brot als Grundnahrungsmittel zu versorgen, wodurch die umständliche Arbeit des Backens entfiel. Unter Ludwig XIV. entstand schließlich ein regelrechtes Netz aus Magazinen, zentralen Bäckereien und Transportkolonnen. Die Soldaten wurden nun mit Waffen, Stiefeln und Uniformen ausgerüstet, die am besten zuvor in staatlichen Manufakturen produziert worden waren. Gleichzeitig begann man mit dem Bau von Kasernen, in denen die Truppen konstanter Kontrolle unterworfen waren. Eine absolute Novität war die Errichtung von Lazaretten und die Anfänge einer medizinischen Versorgung. Besonders spektakulär war die Errichtung des "Hôtel des Invalides" 1674 in Paris, in dem schließlich 9.000 Veteranen unterkamen.
Auch wenn die ersten Kasernen meist feuchte und finstere Löcher waren, in denen weiterhin manchmal Soldaten verhungerten, so ging der Prozess doch in eine bestimmte Richtung. Das selbstständige Unternehmertum wurde zunehmend ausgeschaltet und von staatlichen Monopolen übernommen. Die Söldner wurden nur noch selten für einzelne Feldzüge geworben, sondern konstant unter Waffen gehalten und kontrolliert.
Unter diesen Umständen wurde die Zahl der Heeresfolger und dies hieß vor allem die der Frau schließlich drastisch eingeschränkt. Eheschließungen wurden meistens nur noch Offizieren und Unteroffizieren erlaubt, Prostituierte nach Möglichkeit verjagt und manchmal äußerst drastisch bestraft. Gern gesehen waren dagegen genehmigte Soldatenfrauen, die nebenher als Wäscherinnen, Näherinnen oder Krankenpflegerinnen arbeiteten. Ebenfalls erlaubt waren Kleinhändler, die so genannten "vivandière", die die Soldaten vor allem mit Alkohol und dem neu in Mode gekommene Tabak versorgten. In diesem Gewerbe waren zwar auch Männer tätig, trotzdem wurde es vorwiegend von Frauen ausgeübt. 1653 wurde ihre Anzahl auf 4 pro Regiment verkleinert. Man schätzt, dass in den 1770er Jahren schließlich nur noch ca. 20 Frauen auf ein Bataillon kamen.
Als sich ähnliche Vorschriften in allen europäischen Armeen durchsetzten, wurden Frauen und Kinder zu einer kleinen Randgruppe, waren jedoch nach wie vor überall präsent. Sobald jedoch die Kontrolle etwas nachließ, nahm ihre Zahl meistens schnell wieder zu. So waren den äußerst disziplinierten Hessen beim Transport nach Amerika zwar nur sechs Frauen pro Kompanie erlaubt, dennoch dürften es in Realität einige mehr gewesen sein und in Amerika kamen dann noch viele Einheimische hinzu. Schließlich wurden in den Feldlagern sogar Schulen eingerichtet, da genug Kinder vorhanden waren. Relativ großzügig war auch Napoleon, dessen Armeen ständig von zahlreichen Frauen begleitet wurden. Viele von ihnen starben beim Rückzug von Moskau, und einige folgten ihren Männern sogar auf die spanische Gefangeneninseln Cabrera.
In den nationalen Armeen des 19. Jahrhunderts wurden Frauen dann zunehmend zu Ausnahmen. Es gab zwar immer noch Offiziere und Unteroffiziere, deren Frauen in den Garnisonen wohnten, in den Krieg folgten sie ihren Männern aber nur noch ganz selten. Wie bei den Söldnern selbst erwiesen sich aber auch für die Frauen die Kolonien als eine Art letztes Refugium.
Bereits viele der europäische Söldner der VOC in Asien hatten mit einheimischen Frauen zusammengelebt. Daran änderte sich auch im 19. Jahrhundert wenig. Die Kolonialverwaltung duldete diese Konkubinate; normalerweise erhielten die Frauen sogar Reisrationen und begleiten die Söldner auf den Kriegszügen, wo sie dann sogar an der Beute beteiligt waren. Ein deutscher Arzt, der in den 1870er Jahren in Indonesien diente, schrieb dazu, die Söldner seien dadurch "weniger Liebeskrankheiten, Excessen und Masturbation ausgesetzt", Die Frauen erledigten alle anfallenden Arbeiten im Haushalt und seien ihren Männern "ein Lasttier auf Reisen". Anscheinend hatte sich dort seit den Tagen der Landsknechte zumindest an der Rolle der Frauen nicht so viel geändert.
Frauen von Askaris
In Afrika wurden einheimische Söldner manchmal sogar zusammen mit ihren Frauen rekrutiert, da diese als gute Trägerinnen geschätzt wurden und allgemein zur Stabilisierung der Verhältnisse beitrugen. Bei Feldzügen zählten Frauen zur beliebtesten Beute, die normalerweise im Besitz der Söldner blieb, auch wenn die Sklaverei längst abgeschafft war. In König Leopolds Kongokolonie unterschieden sich die Kolonnen der Force Publique lange nur wenig von denen der Sklavenjäger, die sie angeblich bekämpften. Und als 1918 die deutschen Kolonialtruppen unter Lettow-Vorbeck kapitulierten, schrieb ein britischer Beobachter: "Eine lange bunt zusammengewürfelte Kolonne, Europäer und Askaris, alles Veteranen von hunderten von Kämpfen [...], Frauen, die durch all diese entbehrungsreichen Jahre fest bei ihren Männern geblieben waren, trugen gewaltige Lasten, einige hatten sogar Kinder, die während des Feldzuges geboren waren."
Auch die Katanga-Gendarmen, die in den 1960er Jahren gemeinsam mit weißen Söldnern wesentlich an den Kämpfen im Kongo beteiligt waren, zogen sich nach ihrer Niederlage mit Frauen und Kindern nach Angola zurück, wo sie über Jahrzehnte Söldnerdienste für verschiedene Seiten leisteten. Nach dem Ende des Krieges in Angola, mussten viele der einheimischen Verbündeten Südafrikas ins Exil gehen. Die südafrikanische Regierung siedelte sie mit Familien in der asbestverseuchten Kleinstadt Pomfret an, wo dann Söldnerfirmen wie Executive-Outcomes und andere ihr Personal rekrutierten.
Dies mögen heutzutage zwar exotische Randerscheinungen sein, dennoch sollte man nicht denken, dass solche Ereignisse in einer modernen Welt keinen Platz mehr haben. Nach wie vor versuchen Staaten und Konzerne mit Hilfe ethnische Minderheiten in Konflikte einzugreifen und dabei das eigene Personal zu schonen. Die Frage ist nur, was passiert, wenn die Sache schlecht ausgeht. Zuletzt passierte dies nach dem Vietnamkrieg als tausende so genannter Montagnards, die als Söldner für die Amerikaner gekämpft hatten, mit Frauen und Kindern in die USA kamen. In den schmutzigen Kriegen um Coltan und andere Rohstoffe in Zentralafrika kommen immer wieder Milizen zum Einsatz, die aus Emigranten der Nachbarländer gebildet werden, u.a. schickte Angola 1997 die Reste der alten Katanga-Gendarmen. Die Lager und familiären Situationen dieser Leute erinnern nicht ohne Grund an Szenen aus dem Dreißigjährigen Krieg.
© Frank Westenfelder