Die Katanga-Gendarmen
Der Dreißigjährige Krieg im Kongo und Angola
Betrachtet man Bilder mit Kongosöldnern, den berühmt-berüchtigten
„Schrecklichen“, sind im Hintergrund manchmal ein paar schwarze
Soldaten zu sehen. Es handelt sich dabei um Katanga-Gendarmen, die das Gros
der Streitkräfte stellten. Im Gegensatz zu den weißen Söldnern
handelte es sich bei ihnen um lokale, „nationale“ Truppen, die
für die Rechte ihrer Region und ihrer Ethnie kämpften. Moïse
Tschombé hatte gleich nach der Unabhängigkeitserklärung Katangas
mit der Aufstellung einer eigenen, loyalen Armee begonnen, für die
hauptsächlich in Südkatanga lebende Lunda rekrutiert wurden.
Auf den Höhepunkt seiner Macht verfügte Tschombé über
mehr als 13.000 Katanga-Gendarmen und etwa sechs- bis achthundert weiße
Söldner. Damit hätte er sich sicher gegen die undisziplinierte ANC
(Armée nationale congolaise) von General Mobutu behaupten können.
Als sich jedoch die UN nach langem Abwarten endlich zum Eingreifen entschloss,
war es mit der Sezession Katangas schnell vorbei. Tschombé floh Anfang
1963 nach Spanien ins Exil und der Großteil der Katanga-Gendarmen zog sich
über die Grenze nach Nordrhodesien (heute Sambia) und Angola zurück.
Da dort ebenfalls viele Lunda lebten, konnten sie mit der Sympathie der
Bevölkerung rechnen. Während Nordrhodesien jedoch mehr als Durchzugsgebiet
diente, war Angola ein sicheres Rückzugsgebiet. Die Portugiesen, die dort
selbst einem aufreibenden Kolonialkrieg führten, hatten allen UN-Embargos
zum Trotz Tschombé und seine Söldner immer unterstützt.
Natürlich zogen sich die Katanga-Gendarmen nicht als geschlossene Formation
nach Angola zurück. Viele gingen wieder in ihre Dörfer und zu ihren
Familien, wo jedoch nicht alle willkommen waren. Andere räuberten im
Grenzgebiet, und manche versuchten in der ANC unterzukommen, was jedoch von Mobutu
behindert wurde. Die erste größere Gruppe von 400 Katanga-Gendarmen kam
im Februar 1963 unter Führung des belgischen Söldnerführers Jean
Schramme in Luau in Angola an. Andere folgten, und in einem Jahr hatten sich
mehrere tausend Katanga-Gendarmen eingefunden. Obwohl sie in Angola entwaffnet
worden waren, versuchten die Offiziere in den Lagern von Anfang an,
militärische Disziplin aufrecht zu erhalten und auszubilden. Die Offiziere
kamen teilweise aus den eigenen Reihen, wie Major Ferdinand Tshipola oder um
weiße Söldner, die via Rhodesien anreisten. Alle konspirierten emsig
mit Tschombe, der zumindest für die Offiziere die Hotels bezahlte.
Die große Chance der Verschwörer kam mit der Simba-Revolte. Als
neuernannter Präsident rief Tschombé sofort seine alten Söldner und
die Katanga-Gendarmen aus Angola zurück. Mit anderen neugeworbenen Söldnern
und kräftiger Unterstützung der CIA waren die Simbas bereits nach wenigen
Monaten geschlagen. Doch damit begannen die eigentlichen Probleme der Katanga-Gendarmen.
General Mobutu putschte sich im November 1965 an die Macht zurück und dachte
nicht daran, alte Versprechen einzulösen. Für die Katanga-Gendarmen ging
es in erster Linie um ihre Integration in die Streitkräfte, d.h. um geregelte
Bezahlung und eine berufliche Zukunft. Gut 10.000 von ihnen sollten von der ANC und
der Polizei Südkatangas übernommen werden. Mobutu spielte auf Zeit. Es
kam zu konstanten Schikanen, der Sold wurde nicht bezahlt, Offiziere im Rang
zurückgestuft.
Als es 1967 dann zur Söldnerrevolte kam, spielten die Katanga-Gendarmen eine
wichtige Rolle. Sie stellten das Gros der Truppe mit der Denard von Angola aus
angriff und bei Schrammes letztem Gefecht um Bukavu. Nachdem alles gescheitert war,
zogen sich knapp tausend von ihnen mit zahlreichen Familienangehörigen und
Schrammes Söldnern nach Ruanda zurück. Andere hatten bereits vor ihnen
die Grenze überquert, weitere folgten. Während die Söldner bald
nach Europa ausgeflogen wurden, nahmen im Dezember 1967 ungefähr 800
Katanga-Gendarmen Mobutus Angebot einer Amnesty an und kehrten in den Kongo
zurück. Sie wurden fast alle grausam ermordet; manche wurden gezwungen
Benzin zu trinken, andere aus Helikoptern geworfen. Nur ein paar Dutzend
überlebten und flohen nach Angola, wo sie anderen Flüchtlingen berichteten,
was von den Versprechungen des Präsidenten zu halten war.
Mobutus Repressialien im Kongo sorgten für weitere Flüchtlinge. Vor
den Säuberungsaktionen in Katanga flohen viele nach Angola, so 1968 eine
große Gruppe von Polizisten unter der Führung von Nathanaël Mbumba,
der bald eine führende Rolle unter den Exilanten spielen sollte. Da unter
Mobutus Herrschaft an eine Rückkehr nicht zu denken war und in den
überfüllten Lagern bestenfalls das reine Überlegen gesichert war,
mussten sich die Katanga-Gendarmen nach einer Alternative umsehen.
Das rettende Angebot kam von den Portugiesen, die seit vielen Jahren in einen
aufreibenden Kolonialkrieg an drei verschiedenen Fronten kämpften: Im Norden
gegen die pro-westliche FNLA von Holden Robertos, die von Zaire aus operierte,
gegen die linke MPLA im Osten und im Zentrum gegen die UNITA. Da das kleine Portugal
nie genug eigene Soldaten mobilisieren konnte, hatte man seit längerem damit
begonnen einheimische Truppen – sogenannte „Flechas“ - unter
ethnischen Minderheiten zu rekrutieren. Von diesen stellten die Katanga-Gendarmen
bald mit 2.500 Mann den größten Teil. Sie wurden vorwiegend im
Grenzgebiet zu Sambia gegen die MPLA eingesetzt.
Als Teil der portugiesischen Kolonialtruppen verbesserte sich ihre Situation zwar
etwas, dennoch war die Situation in den Lagern immer noch prekär. Die
große Mehrheit wollte endlich in die Heimat zurück, was zu vielen
Desertionen führte. Wahrscheinlich sicherte lediglich Mobutus Politik das
Überleben der Einheit. Im inzwischen in Zaire umbenannten Kongo dominierten
weiterhin Korruption und Repressalien, Shaba (ehemals Katanga) wurde mehr denn
je ausgebeutet und es gab keine Jobs für Einheimische in Minen. All das
sorgte für neue Rekruten.
Die Exil-Katanger nannten sich nun FNLC (Front national pour la libération
du Congo ) und wurden zur wichtigsten Hilfstruppe der Portugiesen. Sie bekamen als
einzige afrikanische Soldaten festen Sold, und einigen wurde es sogar erlaubt ihre
Familien nachzuholen, mit denen sie wohnen konnten. Die Führung hatte
Nathanaël Mbumba an sich gerissen, der seine Macht mit äußerster
Strenge verteidigte und ausbaute.
Bei den schweren Kämpfen Anfang der 70er Jahre bewährten sich die Katanger
wiederholt. 14 Kompanien erhielten von den Portugiesen Kommandotraining und den
Ehrennamen „Tigres“, der bald für alle Katanger verwendet wurde.
Nach mehreren Operationen gegen die MPLA wurden sie mit der Sicherung einiger
Diamantenminen in der Provinz Lunda Norte beauftragt, wodurch sich ganz neue
Verdienstmöglichkeiten ergaben.
Diese halbwegs stabile Lage änderte sich im Frühling 1974 mit der
sogenannten Nelkenrevolution in Portugal, die nach dem Machtwechsel umgehend zu
einem Abzug der portugiesischen Truppen aus Angola führte. Bevor die Portugiesen
jedoch vollständig abgezogen waren, begann bereits der blutige Machtkampf
zwischen der MPLA, UNITA und FNLA.
In diesem Konflikt wurden die nun „herrenlosen“ Tigres zu einem von
allen Parteien umworbenen Bündnispartner, obwohl sich natürlich alle
offiziell strikt gegen die Verwendung ausländischer Truppen ausgesprochen
hatten. Mobutu versprach ihnen Amnestie, wenn sie die von ihm favorisierte FNLA
unterstützen. Dieses Angebot wäre sicher am attraktivsten gewesen,
wenn es denn nicht von Mobutu gekommen wäre. Südafrika bot ihnen für
ihre Söldnerdienste samt Familienangehörigen Asyl an.
Das Rennen machte schließlich die MPLA. Das ist sicher auf den ersten Blick
erstaunlich, da sie im Guerillakrieg der Hauptgegner der Tigres gewesen war, und
da diese selbst traditionell - von den Kämpfen mit Lumumba bis zum Krieg
gegen die Simbas - immer stark antikommunistisch gewesen waren.
Der radikale Frontenwechsel der Tigres wurde unter Regie einiger portugiesischer
Offiziere in die Wege geleitet. Diese Offiziere hatten zum Teil starke linke
Sympathien und hielten die MPLA für die Gruppierung mit dem stärksten
Rückhalt in der Bevölkerung. Unter Vermittlung dieser Offiziere, zu
denen die Tigres vollstes Vertrauen hatten, wurde Ende 1974 der Pakt zwischen den
Tigres und der MPLA geschlossen.
Für die MPLA war es sozusagen Rettung in letzter Minute. Bei internen
Machtkämpfen war es zur Spaltung gekommen. Agostinho Neto hatte sich zwar
durchgesetzt und sollte auch Präsident werden, aber der unterlegene Kandidat
nahm den Großteil der besten Truppen mit zur FNLA. Dadurch wurden die Tigres,
bis zum Eintreffen der Kubaner im November 75 zum wichtigsten Teil der MPLA-
Streitkräfte. Sie hielten die FNLA auf, die mit massiver Unterstützung
der Zairischen Armee (FAZ) von Norden vorrückte. Gleichzeitig schlugen sie im
Süden die UNITA zurück.
Das Eingreifen Kubas provozierte dann Südafrika, eigene Truppen nach Angola zu
schicken. An den schweren Kämpfen der Operation Savannah hatten auch die Tigres
entscheidenden Anteil. Der UNITA-Führer Jonas Savimbi sagte später
darüber: „The MPLA is no problem to us. They run away. But in Luso we are
fighting the gendarmes from the Katanga. They are very strong and they don't run
away.“
Die Tigres bezahlten die Erfolge im Krieg mit schweren Verlusten. Wahrscheinlich als
Kompensation wurde ihnen der Schutz der Diamantenminen bei Dundo übetragen, wo
sie auch ihr Hauptquartier hatten. Hier herrschte Nathanaël Mbumba als Führer
der FNLC mit eiserner Disziplin. Es gab Auspeitschungen, vermeintliche oder echte
Verräter, Deserteure oder manchmal einfach nur Kritiker wurden gnadenlos
hingerichtet. An Geld fehlte es ihm nicht, schwere Waffen wurden im jedoch von den
Kubanern verweigert. Das größte Problem der FNLC war jedoch der Mangel an
einsatzbereiten Truppen. Ende 1976 hatte Mbumba nur noch etwa 2000 Tigres zur
Verfügung.
Man nimmt deshalb an, dass die Absicht neue Kämpfer zu rekrutieren das Hauptmotiv
für die Invasion Shabas war. Anfang März 1977 überquerten 1500 Tigres
mit Fahrrädern oder zu Fuß die Grenze zu Zaire und rückten langsam gegen
Kolwezi vor. Man wundert sich vielleicht, was 1500 Man gegen ein gigantisches Land wie
Zaire ausrichten wollten. Doch die FAZ (Forces Armées Zaïroises) war absolut
kampfunwillig und zog sich ohne ernsten Widerstand zurück. Mobutu hatte kurz zuvor
mal wieder das Offizierkorps gesäubert und die einfachen Soldaten erhielten ohnehin
nur sporadisch Sold. Ein Autor nannte sie „poorly trained, poorly paid, poorly
fed and disorganised“.
Nathanaël Mbumba und Tigres in Shaba 1977
Eine absolute Niederlage wurde nur durch das äußerst langsame Vorrücken
der Tigres vermieden, die sich Zeit für die Rekrutierung ließen. Wenn sich
nicht ausreichend Freiwillige fanden, wurde auch Zwang angewandt und ein Mindestalter
war sicher auch nicht gegeben.
Währenddessen bat Mobutu den Westen um Hilfe. Er beschuldigte Kuba und Angola an
einer Invasion beteiligt zu sein. Angeblich waren ostdeutsche und kubanische
Militärberater gesehen worden. Die USA unter Präsident Carter zeigten dennoch
kein Interesse. Kurz vor dem Fall Kolwezis schickte der streng antikommunistische
König von Marokko eine Brigade Fallschirmjäger, die von Frankreich nach Shaba
geflogen wurde. Ägypten schickte Piloten und Techniker für Zaires Mirages und
Saudi Arabien bezahlte. Vor der Übermacht zogen sich die Tigres unbesiegt und mit
Beute beladen nach Angola zurück.
Mit sich nahmen sie auch die neuen Rekruten. Für den großen Zustrom sorgten
aber erst Mobutus Säuberungen, die nun folgten. Obwohl die Bevölkerung Shabas
die Invasoren nicht unterstützt hatte, ging die FAZ mit äußerster
Brutalität gegen sie vor. Hunderttausende Lunda flüchteten nach Angola, wo
die Lager zum idealen Rekrutierungspool der FNLC wurden, die ihre Streitmacht von 3
auf 14 Bataillone mit gut 9000 Mann stärken konnte.
Obwohl der Ausbildungsstand der neuen Truppen sicher zu wünschen übrig
ließ, fühlte sich die FNLC stark genug, am 11. Mai 1978 noch einmal in
Shaba einzufallen. Dank der letzten Repressalien gab es nun tatsächlich starke
Unterstützung seitens der Bevölkerung und Kolwezi konnte im
Überraschungsangriff genommen werden. Die FAZ leistete wie gewohnt nur geringen
Widerstand. Auch der Einsatz von Mobutus Elitetruppe, der Fallschirmjäger, wurde
ein Desaster. Es gelang ihnen lediglich den Flugplatz zu halten.
Mobutu rief also wieder den Westen zu Hilfe und behauptete, dass Moskau und Kuba die
Invasion organisiert hätten. Viel entscheidender als die rote Gefahr war jedoch,
dass es zu Übergriffen gegen die europäischen Mitarbeiter der
Minengesellschaften gekommen war. Viele wurden getötet und über 2.000 als
Geiseln genommen. Als die ersten Nachrichten davon im Westen bekannt wurden, hatten
Frankreich und Belgien das notwendige Argument Truppen nach Zaire zu schicken, was sie
allein zur Rettung eines korrupten Diktators oder zum Schutz ihrer Bergbaukonzerne
nicht so einfach hätten rechtfertigen können.
Die Führung der FNLC wies jede Beteiligung an den Massakern weit von sich und es
ist bis heute nicht geklärt, wer wirklich dafür verantwortlich war. Man
geht davon aus, dass es sich bei den Tätern hauptsächlich um junge
Milizionäre handelte, von denen viele auf beiden Seiten zu finden waren. In
der chaotischen Situation unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen waren sie jeder
Kontrolle entglitten.
Für ein besonders übles Massaker, bei dem am 18. Mai 37 Europäer
getötet wurden, gibt es sogar Zeugen, die behaupten, dass es Mobutus Paras auf
Anweisung verübt hätten. Nachdem am nächsten Tag die
Fallschirmjäger der Fremdenlegion gelandet waren und das Gelände gesichert
hatten, kam sofort Mobutu und ließ medienwirksam die Leichen einiger
ermordeter Europäer vorführen. An einer echten Untersuchung hatte aber
niemand Interesse. Die alten Kolonialmächte Frankreich und Belgien konnten
endlich einmal der Welt demonstrieren, wie ihre Fallschirmjäger Zivilisten
und kleine Kinder retteten. Die Aktion war so populär, dass bald darauf
sogar ein Film mit Staraufgebot gedreht wurde.
Nachdem die Fremdenlegionäre Kolwezi zurückerobert hatten, zogen sich die
Truppen der FNLC weitgehend intakt in erbeuteten Fahrzeugen über Sambia nach
Angola zurück. Ihre Verluste waren mit circa 200 Mann relativ gering;
wahrscheinlich hatten sie ein vielfaches davon an neuen Rekruten gewonnen. Dennoch
sollte der zweite gescheiterte Angriff auf Shaba schwerwiegende Folgen haben.
Angola sah sich starkem internationalen Druck ausgesetzt. Deshalb wurden die Truppen
der FNLC nach ihrer Rückkehr entwaffnet und von der Grenze abgezogen.
Später wurden dann Mbumba und seine Führungsclique nach Guinea-Bissau
ausgewiesen. Ohne Mbumbas despotische Führung und ihrer militärischen
Bedeutung beraubt, zerfiel die FLNC schnell in diverse Fraktionen, die teilweise
recht gegensätzliche Ziele verfolgten.
Gerade von den neueren Flüchtlingen wollten bald viele in die Heimat
zurück. Frankreich nötigte Mobutu zu einer neuen Amnestie und
unterstützte die Repatriierung von Exil-Katangern. Schließlich kehrten
circa 50.000 zurück, darunter auch einige Soldaten. Eventuell hätte
sich das Problem auf diese Weise lösen lassen, doch dann gab es Gerüchte
über die Ermordung von Heimkehrern, was den Trend gewaltig bremste. Je mehr
Mobutu jedoch mit anderen innenpolitischen Gegnern beschäftigt war, desto
leichter wurden Rückkehr und Integration. 1989 wurde eine große
Gruppe von 8.000 Exil-Katangern aus Angola ausgewiesen. Darunter waren auch
ehemalige Tigres, die dann von dem Präsidenten von Shaba beschäftigt
wurden um lokale Milizen auszubilden. Später folgten andere Gruppierungen,
von denen einige versuchten eine Rolle in der lokalen Politik zu finden.
Der völlige Zerfall der FLNC wurde nur aufgehalten, als der Bürgerkrieg
in Angola gegen Ende der 80er Jahre wieder stark an Intensität gewann. Die
UNITA wurde nun auch im Nordosten aktiv und bedrohte die Diamantminen in der
Lunda-Provinz. Angola begann deshalb mit Wiederbewaffnung der Tigres, die jetzt
als 24. Regiment fest in die angolanische Armee integriert wurden. Sie kämpften
hauptsächlich gegen UNITA-Einheiten, die von Zaire aus operierten, wobei auch
manchmal die Grenze überschritten wurde.
Dabei formierte sich eine neue Führungsriege der FLNC. Das militärische
Kommando übernahm Jean-Delphin Muland, der schon im Bereich Security für
Tshombe tätig gewesen war und später unter Schramme und Denard
gekämpft hatte, sozusagen also ein Katanga-Gendarm der ersten Generation.
Bei den langwierigen Kämpfen mit der UNITA wuchs das 24. Regiment wieder
auf eine Stärke von 2-3.000 Mann, die immer noch als „Tigres“
bezeichnet wurden.
Ihren letzten großen einsatz hatten sie in dem multinationalen Konflikt,
der heute allgemein als Erster Kongokrieg bezeichnet wird. Nach dem Genozid in
Ruanda 1994 war es im Osten von Zaire zunehmend zu Auseinandersetzungen zwischen
geflüchteten Hutus und der Armee von Ruanda gekommen, was sich Ende 96 zu
einem großen Krieg ausweitete. Das kleine Ruanda hatte zu diesem Zweck eine
Allianz mit Uganda, Burundi und zairischen Exilantengruppen unter Laurent Kabila
gebildet. Mobutus wichtigste Verbündete waren die Truppen der UNITA, die
inzwischen fast vollständig aus Angola vertrieben waren. Vor allem dieses
Bündnis veranlasste wiederum Angola, sich der Anti-Mobutu-Front
anzuschließen.
Im Februar 97 wurden deshalb ungefähr 2000 Tigres des 24. Regiments von
Angola nach Kigali geflogen und dann mit LKWs nach Goma und Bukavu im Osten
Zaires tranportiert. Sie spielten eine wichtige Rolle beim Vormarsch und bei
der Einnahme von Kisangani am 15. März, wo sie auf Mobutus berüchtigte
serbischen und franzöische Söldner der „Weißen Legion“
stießen. Als sich die Niederlage Mobutus deutlich abzeichnete, griff Angola
offiziell in den Krieg ein, weitere Tigres fielen von Süden via Sambia in
Shaba ein und eroberten Lubumbashi. Bald darauf fiel Kinshasa und damit fanden
die Herrschaft Mobutus und auch das Exil der Katanga-Gendarmen nach über 30
Jahren ihr Ende.
In der Söldnergeschichte sind Exilanten wie die Katanga-Gendarmen absolut
keine Seltenheit. Es gibt zahlreiche Beispiele von den Staufischen Rittern in
Tunis über die irischen Wildgänse oder die französischen
Emigrantenregimenter in England bis hin zu den Weißrussen nach dem Ersten
Weltkrieg oder der Kuomintang im Goldenen Dreieck. Söldnerdienste waren
einerseits oft die einfachste Art, Hunger und Elend zu entkommen. Vor allem
war es aber für die Führungsschicht eine Möglichkeit die
militärische Schlagkraft der Exilanten zu erhalten, um irgendwann siegreich
in die Heimat zurückzukehren.
Gelungen ist das allerdings nur ganz wenigen. Viele sind auf fernen Schlachtfeldern
geblieben, von denen man in zu Hause nie etwas gehört hatte. Mehr noch lebten sich
ein, wurden assimiliert, und manchmal blieb nur ein exotischer Familienname, der auf
das alte Emigrantenschicksal verwies.
Literatur:
Cooper, Tom
Great Lakes Holocaust: First Congo War, 1996-1997
2013
Kennes, Erik and Miles Larmer
The Katangese Gendarmes and War in Central Africa: Fighting Their Way Home
2016
O'Ballance, Edgar
The Congo-Zaire Experience, 1960-98
1977
Reyntjens, Filip
The Great African War: Congo and Regional Geopolitics, 1996-2006
2009
Weigert, Stephen L.
Angola A Modern Military History, 1961–2002