Raub und Beute - II
Vom Söldner zum Soldaten: Der Zivilisationsprozess der Neuzeit.
Das Comeback der Infanterie am Ende des Mittelalters führte zu
einer Art "Proletarisierung" und damit zu einer Brutalisierung des Krieges.
Nicht dass feudale Heere weniger grausam oder habgierig gewesen wären,
im 16. Jahrhundert war es einfach die Masse beutelüsterner Krieger
die den Unterschied ausmachte. Den Zeitgenossen erschien ein Heer als "ein
großes gefräßiges Tier" mit tausenden von Köpfen,
das auf seinem Marsch unersättlich alles verschlang, was es vorfand.
Die kriegführenden Mächte verfügten zwar inzwischen über
ausreichend Geld, um größere Armeen anzuwerben und ins Feld
zu schicken, konnten sie dann aber nur selten lange genug finanzieren.
Die schaurigen Höhepunkte dieser Zeit, der
Sacco di Roma (1527) und
die Plünderung Antwerpens (1576), wurden bezeichnenderweise von den
Habsburgern ausgelöst. Diese hatten das Gold und Silber ihrer neuen
Kolonien für immer aufwändigere Kriege verschwendet. Als sie
ihre Truppen dann nicht mehr bezahlen konnten, kam es zu Exzessen, die
zumindest nach Ansicht einiger Chronisten die Grausamkeiten der Völkerwanderung
noch um einiges übertroffen haben sollen.
Als die Heeresmassen jedoch weiter anschwollen und sich die Kriege immer
mehr in in die Länge zogen, begann sich zumindest in den Köpfen
einiger Strategen die ganz pragmatische Einsicht durchzusetzen, dass man
nicht einfach ganze Landstriche niederbrennen und entvölkern konnte,
wenn man die eigenen Truppen längere Zeit versorgen wollte. Diese
Einsicht kam wie gesagt von oben, denn in den Berichten einfacher Söldner
ist von Bedauern oder gar Mitleid so gut wie nichts zu finden. Landsknechte
klagen furchtbar über die Not und den Hunger der "armen Knechte",
nur um dann wieder von der eroberten Beute zu schwärmen. Gegen Ende
des 16. Jahrhunderts gelang es dann in den Niederlanden, die furchtbar
unter dem Krieg gelitten hatten, die Truppen nach und nach zu disziplieren.
Die Niederländer verdankten ihren Sieg über die Spanier nicht
großen spektakulären Siegen, sondern der Tatsache, dass sie
durch geregelte Soldzahlungen mehr Disziplin durchsetzen konnten und deshalb
weniger unter Desertionen, Meutereien und Plünderungen zu leiden hatten.
Den Erfolgen der Niederländer konnte sich niemand entziehen und
man begann in ganz Europa damit die Söldner zu disziplinieren, was
aber nicht nur bedeutete, dass sie zu komplizierteren taktischen Manövern
und schnellerem Salvenfeuer ausgebildet wurden, sondern auch, dass ihre
wilde, anarchische Raubgier gezügelt wurde. Anfangs versuchte man
nur das Plündern eroberter Städte auf ein paar Stunden zu begrenzen
und die Einquartierung bei Bauern und das Requirieren von Lebensmitteln
zu regeln. Natürlich wurde weiter geraubt und gemordet, aber die Vorgesetzten
mussten nun zumindest wohlwollend wegschauen und hier und da ließ
ein Heerführer sogar ein paar Uneinsichtige zur Abschreckung hängen.
Oft konnten jedoch gerade erprobte Veteranen mit einem Pardon rechnen und
die Justiz beschränkte sich beim Hängen auf militärisch
unbrauchbare Vagabunden und Invaliden. Als dann im Dreißigjährigen
Krieg völlig neue Dimensionen erreicht wurden, verzichteten die Heerführer
allein schon unter dem Druck der Umstände nach und nach auf strenge
Disziplin. Von Wallenstein, dem größten Söldnerunternehmer
seiner Zeit, der als erster eine 100.000-Mann-Armee aufstellte, stammt
ja das berühmte Zitat, dass der Krieg den Krieg ernähren solle.
Die Söldner wählten ihre Herren oft genug unter dem Gesichtspunkt,
ob genug Beute zu erwarten war. Ihren Meinung bringt ein Gedicht von Moscherosch
auf den Punkt:
Dien ich dem da so werd ich beschissen
Dien ich dem dort so forcht ichs Gewissen.
Ich weiss mir einen Helden zu Feld
der sich hier bey uns helt,
dem lasst uns dienen ohne Geld.
Dann er lässt uns stehlen, wo es uns gefelt.
Das Ende war wie immer das gleiche. Schließlich konnte kaum noch
jemand seine Truppen versorgen, und als in Münster endlich der Frieden
geschlossen wurde, war der Krieg zu guten Teilen schon von selbst verhungert.
Danach setzte sich die Disziplin jedoch um so schneller durch. Die Armeen
wurden wieder kleiner und wenn auch erbärmlich, so doch meist regelmäßig
bezahlt. Wie den gesamten Staat versuchte man nun auch das Heerwesen unter
rationalistischen Gesichtspunkten zu regeln. Die Söldner liefen nicht
mehr zu einem Feldzug unter einer Fahne ihrer Wahl zusammen, sondern dienten
oft Jahrzehnte in demselben Regiment, und ihre Versorgung wurde durch feste
Magazine und Verträge mit Heereslieferanten geregelt.
Während des Absolutismus wurden die sogenannten Kabinettskriege
nach Möglichkeit so geführt, dass die Zivilbevölkerung ihrer
Arbeit nachgehen konnte. Es gab natürlich immer noch Ausnahmen, so
als Ludwig der XIV. die Pfalz gezielt verwüsten ließ, um den
feindlichen Armeen ihre Operationsbasis gegen Frankreich zu entziehen,
oder bei den Kriegen gegen die Türken. Auch bei Aufständen oder
Bürgerkriegen und in den Kolonien ließ man den Truppen gerne
freie Hand. In den normalen europäischen Kriegen dagegen wurde das
Plündern zu einer Spezialität irregulärer Truppen und Freikorps,
auf deren Dienste allerdings kein Feldherr verzichten konnte. Dabei handelte
es sich meistens um leichte Kavallerieeinheiten zur Aufklärung zur
Behinderung des gegnerischen Nachschubs. Oft rekrutierte man dazu Kroaten,
Panduren oder Kosaken, aber auch viele Abenteurer aus Mitteleuropa meldeten
sich freiwillig für diese Truppen, um dabei ihren Schnitt zu machen.
Unter diesem Druck scheint es dann langsam zu einer geistigen Veränderungen
gekommen zu sein, die auch an einfachen Söldnern nicht völlig
vorübergegangen ist. Selbstverständlich träumten bei einem
Feldzug immer noch alle vom großen Coup, und manchmal gab es dann
vielleicht tatsächlich einmal eine Gelegenheit, die dann über
Jahre in immer leuchtenderen Farben kolportiert wurde. Von der grausamen
Realität des Plünderns berichtet ein deutscher Angestellter der
VOC, der an
dem Chinesenmassaker 1740 in Batavia beteiligt war: "Um neun
Uhr schickte der Herr General zu uns in das Handwerksquartier und teilte
den Befehl aus, daß wir alsbald mit gesamter Hand ausrücken
und alle Chinesen in der Stadt kaputt machen sollten. Dieses war nun Wasser
auf unsere Mühlen, und, um eine gute Beute davon zu tragen, wollte
ein jeder der erste im Marschieren sein. Hierauf ging das Metzgen an. Die
Zimmerleute, welche Äxte bei sich hatten, mußten Türen
und Läden einschlagen, und welche mit Gewehr versehen waren, mußten
in die Häuser gehen, und die Chinesen massakrieren. Ich selbst mußte
auch mitmachen. Und weil ich wohl wußte, daß mein Nachbar ein
fettes Schwein hatte, so wollte ich dieses mitlaufen lassen, und in mein
Haus bringen. Als nun der Meister Zimmermann solches gesehen, schlug er
mich und sagte, ich sollte zuerst die Chinesen tot schlagen, alsdann erst
rauben. Nahm deswegen in Ermangelung eines Gewehrs flugs einen Reisstampfer,
welcher in einem langen Stück Holz von der Dicke eines Arms besteht,
und schlug damit meinen Nachbarn, mit welchem vorhero zum öfteren
gegessen und getrunken, tot. Dieses, ob es mir schon erbärmlich vorgekommen,
mußte ich wider meinen Willen, indem mein Vorgesetzter vor der Tür
stand, verrichten. Als ich ihn umgebracht, ging ich in seine Kammer, fand
daselbst eine Pistole: diese nahm ich, und weil er noch viele gemachte
Patronen hatte, welche justament recht darin taugten, so ging ich weiter,
und schoß damit alles tot, was ich nur antraf. Da ich nun deren zwei
oder drei umgebracht, so war ich des Metzgens schon so gewohnt, und machte
mir auf die Dauer eben so wenig ein Gewissen darauf, ob ich einen Chinesen
oder einen Hund totgeschlagen."
Das Interessante an diesem Text ist nicht seine erschreckende Brutalität,
sondern die Tatsache, dass sie überhaupt zur Sprache kommt. Wer nur
etwas in alten Chroniken oder autobigraphischen Berichten liest, kommt
schnell zu dem Schluss dass Menschen von Rittern und Landsknechten oft
schon für weniger als ein Schwein ermordet wurden, nur hielt es niemand
für notwendig darüber zu schreiben oder gar nach seinem "Gewissen"
zu fragen. Das Abschreckende an den Berichten von Kreuzritter, Landsknechten
oder Conquistadoren ist ja die geradezu furchtbare Gleichgültigkeit oder
sogar der selbstzufriedene Stolz, mit dem sie von ihrem "Handwerk" erzählen.
Wegen eines Chinesen hätte keiner von ihnen ein Wort verloren. Der
Angestellte der VOC dagegen wusste, dass er Unrecht getan hatte, und
im Gegensatz zu seinen zahlreichen Vorläufern berichtet er nicht stolz
von seinen Heldentaten und seiner Beute sondern von einem besonders grausamen
Mord.
Obwohl Söldner weiterhin nach Möglichkeit plünderten
und auch manchmal vor einem Mord nicht zurückschreckten, lässt
sich auch in anderen Berichten des 18. Jahrhunderts ein gewisses Unrechtsbewußtsein
erkennen, das so vorher nicht zu finden war. Doch diese Entwicklung erlitt
nochmal einen gewaltigen Rückschlag durch die Französische Revolution
und die napoleonischen Kriege. Wieder waren es bislang unbekannte Truppenmassen,
die zu einer Brutalisierung der Kriegführung führten. Da die
Disziplin der Revolutionsarmeen anfangs nur als rudimentär bezeichnet
werden kann, plünderten sie völlig ungehemmt. Zudem waren sie
ohne das traditionelle Magazinsystem ihrer Gegner von Anfang an auf das
Requirieren angewiesen. Wie die Landsknechte nährten sie sich aus
dem Land. Zudem wurden den eroberten Gebieten riesige Kontributionssummen
abgepreßt. Die Heere wurden dadurch zwar mobiler und billiger; für
die Betroffenen aber war es ein Rückfall in fast vergessene Zeiten.
Napoleon perfektionierte
diese Methoden. Die besiegten Staaten wurden gnadenlos
ausgebeutet, Geld, Lebensmittel, Kleider und Pferde wurden beschlagnahmt
und der Willkür der Soldaten wurden ganze Landstriche überlassen.
Der Krieg mußte wieder den Krieg ernähren.
Als begabter Söldnerführer wußte Napoleon, was Soldaten
lieben und entfesselte gekonnt die primitiven Instinkte der einfachen Krieger.
So versprach er der desolaten Italienarmee die "Schätze Italiens"
und lockte sie mit den "fruchtbarsten Ebenen der Welt", wo Brot, Kleider
und Geld auf sie warteten. Seine Veteranen hatten bald mit den Freiwilligen
der Revolutionszeit weniger gemeinsam als mit den Kriegsgurgeln des Dreißigjährigen
Krieges. Nur einige Offiziere betrachteten dieses Treiben mit sichtlichen
Unbehagen. So schreibt einer, daß während des Feldzuges in Italien
selbst die Generale damit beschäftigt waren, "ihre Munitionswagen
mit den Reichtümern der Kirchen, Klöster und Schlösser anzufüllen"
und dadurch die Mannschaften dazu ermutigten, ihrem Beispiel zu folgen.
Ein anderer berichtet entsetzt über die ungehemmten Plünderungen
in Spanien: "Für uns war es schrecklich zu sehen, wie dieses ganze
schöne Land der zügellosen Plünderung und der Wut des betrunkenen
Soldaten preisgegeben war, der sich die Hände in Arrak und Champagner
wusch und auf Meßgewändern schlief." Ein Sachse, der bei den
für ihre Raublust berüchtigten Husaren in Spanien diente, betont
sogar sein persönliches Vergnügen an diesen Raubzügen: "In
Oviedo gefiel es mir außerordentlich wohl; ich hatte während
meines Aufenthalts hübsche Beute gesammelt, denn die vielen Streifzüge,
welche wir von hieraus machten, brachten gewiß jedesmal ein Dorf
oder einen Flecken durch unsere Erpressungen ins Verderben; aber unsere
Beutel wurden gefüllt und was kümmerten wir uns drum, ob eine
oder zwanzig Familien an den Bettelstab kamen."
Obwohl die napoleonischen Kriege verdeutlichen, dass auch patriotische
Freiwillige bei entsprechender Führung oft die gleichen mörderischen
Raubinstinkte entwickelten wie die alten Söldnerheere, so lässt
sich in der zahlreichen Memoirenliteratur doch auch ein deutliches Unrechtsbewusstsein
erkennen. Angesichts der Plünderungsorgien in Spanien mag dies manchem
ein bisschen mager erscheinen. Dennoch zeigt es, dass während des
18. Jahrhunderts ein Zivilisationsprozess stattgefunden hat, der letzten
Endes stabiler war als die alten Gebote der Kirche die Witwen und Waisen
zu beschützen, die von den Kreuzrittern oder den "frommen" Landsknechten
dann doch nur hohnlachend mit Füßen getreten wurden.
Im 19. Jahrhundert, als die europäischen Mächte ihre Söldner
durch Wehrpflichtige und Berufssoldaten ersetzten, wurde das Plündern
generell untersagt. Das grundlegende Motive, aus dem Menschen vom Anbeginn
ihrer Geschichte in den Krieg gezogen waren, wurde wie die Söldner
selbst zu einer Randerscheinung, zu einem Charakteristikum kleiner schmutziger
Kriege. So musste sich ein deutscher Offizier, der aus Idealismus in den
Carlistenkrieg (1834-39)
gezogen war, von einem spanischen General erklären
lassen: "Ach, mein Herr, von Träumen lebt man nicht. Dieser Krieg
ist ein wahrer Kosakenkrieg." Ein Fremdenlegionär, der im selben Krieg
auf der anderen Seite kämpfte, schreibt bezeichnenderweise von Szenen
wie bei den "Landsknechten des Mittelalters." Nun waren der Carlistenkrieg
und auch zum Beispiel der Unabhängigkeitskampf der Griechen nur unter
modernen Gesichtspunkten wirklich üble Geschichten und wurden von
den Beteiligten auch als solche empfunden. Sie bringen deutlich das Gefühl
zum Ausdruck, in längst vergangene Zeiten zurückgekehrt zu sein.
Es gab allerdings eine große Ausnahme, die ständig an Bedeutung
gewann: das waren die Kolonialkriege. Gegenüber anderen Rassen und
Kulturen galten die Errungenschaften der abendländischen Zivilisation
wenig und hier durften europäische Soldaten und Söldner bei passender
Gelegenheit mit dem Segen höchster Stellen ihre niedrigsten Instinkte
nicht nur ausleben, sondern regelrecht kultivieren. So hielt der deutsche
Kaiser Wilhelm II. vor dem zur Niederschlagung des Boxeraufstandes aufgestellten
Expeditionskorps seine berüchtigte Hunnenrede: "Bewahrt die alte preußische
Tüchtigkeit, zeigt euch als Christen [...]. Pardon wird nicht gegeben,
Gefangene werden nicht gemacht. Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter
König Etzel sich einen Namen gemacht haben, der sie jetzt noch in
Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen läßt,
so muß der Name Deutscher in China auf tausend Jahre durch euch in
einer Weise bestätigt werden, daß niemals wieder ein Chinese
es wagt, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen." Kaiser Wilhelm war
zwar einer der herausragendsten Repräsentanten der abendländischen
Kultur, aber nicht der einzige, der solche Vorstellungen von einem praktizierten
Christentum unter die Soldaten brachte. Die Kolonialtruppen folgten nur
allzu gerne solchen Aufforderungen. Sie mordeten, plünderten und zerstörten
aus purem Vandalismus blühende Städte und uralte Kulturgüter.
Delhi, Peking, Kabul und Mandalay wurden von einer entfesselten Soldateska
in einer Art verwüstet, die mit den Taten der Hunnen durchaus mithalten
konnte.
Und wie immer erwies sich die Beutegier als Hauptantriebskraft. Die
Schätze die englische Truppen nach der Niederschlagung des indischen
Aufstandes in Delhi und Lucknow zusammenrafften wurden schnell zu Legenden
und begründeten den Wohlstand mancher Familie. So schrieb Charles
George Gordon als junger Hauptmann über die Zerstörung des
kaiserlichen Palastes in Peking 1860 an seine Mutter: "Nachdem wir
alles geplündert hatten, gingen wir hinaus und verbrannten den ganzen
Komplex, dabei verbrannten wir wie die Vandalen viele Kostbarkeiten, die
nicht für vier Millionen ersetzt werden könnten. [...] Du kannst
dir die Schönheit und Pracht dieser Paläste, die wir verbrannten,
kaum vorstellen. Es tat einem im Herzen weh, sie niederzubrennen. Aber
diese Paläste waren so groß, und wir waren so in Eile, dass
wir sie nicht sorgfältig ausplündern konnten. Große Mengen
goldener Ornamente wurden verbrannt, da man dachte sie seinen aus Kupfer.
Es war eine elende demoralisierende Arbeit für eine Armee. Jeder war
besessen von Beute."
Nach und nach wurden aber die Verhältnisse in den Kolonien
geregelt, und die individuellen Raubzüge mussten auch hier der staatlich
organisierten Ausbeutung weichen. Das Plündern wurde in internationalen
Abkommen ganz offiziell geächtet. Obwohl es während des II. Weltkrieges
die Nazis in ganz großem Stil praktizierten und es die Sowjets bei
ihren Soldaten als Kompensation duldeten, wurde es doch zu einem Gradmesser
für den Zustand einer Armee. Disziplinierte Truppen eines modernen
Staates sollten nicht plündern, sie kämpfen ja zumindest theoretisch
für iher eigene Sache, erhalten eine feste Bezahlung und später
sogar eine Rente. Für Irreguläre Einheiten, den persönlichen
Anhang von Warlords oder Söldner dagegen bildet der Sold nur ein
Basisgehalt, das sie nach Möglichkeit durch Beute aufzustocken versuchen.
So kann man lesen, dass die "Weißen
Riesen" im Kongo der Sechziger
Jahre nach der Eroberung einer Stadt zuerst den Tresoren der Banken und
in den verlassen Villen der Weißen mit ihren schweren Waffen zu Leibe
rückten, und der berüchtigte britische Söldnerführer
in Angola Callan war voher schon wegen schwerem Bankraub in Nordirland
verurteilt worden.
Söldner plündern. Wenn man sie davon abhalten möchte,
muss man sie regelmäßig bezahlen und einer strikten Disziplin
unterziehen. Aber genau dann beginnt man damit aus ihnen Soldaten zu machen.
Plündern dagegen Soldaten, weil sie nicht bezahlt werden oder weil
sich ein Kriegsherr ihre Loyalität erkaufen will, so werden sie langsam
zu Söldnern. Es ist inzwischen zu einer beliebten Mode geworden, die
jeweiligen Gegner als "Söldner" zu diffamieren, womit gemeint ist,
dass sie von jemand gekauft wurden. Nur sind Soldaten, die für Geld
kämpfen, normalerweise berechenbarer und erträglicher als Kreuzritter,
Conquistadoren oder politische Fanatiker, wie sie das 20. Jahrhundert hervorgebracht
hat. Man sollte vielleicht einfach darauf achten, wie sich Truppen bei
der Einnahme einer feindlichen Stadt verhalten, was sie in ihren Lastwagen
und Flugzeugen transportieren und welche Geschäfte ihre Offiziere
machen, und dann sein Urteil treffen - über ihren Arbeitgeber.