Die Griechen
die Schweizer der Antike.
Griechische Söldner dienten bereits in den Heeren des Pharaos Psammetich
I. (663-609), des persischen Großkönigs Kambyses (529-522) oder
des Herrschers von Syrakus Gelon (485-478). Gepanzerte
Hopliten wurden
als schwere Eliteinfanterie geschätzt und gerne für große
Feldzüge geworben. Allerdings wurden Hopliten normalerweise von den
relativ wohlhabenden Bürgern der griechischen Stadtstaaten gestellt
wurden, also nicht gerade jenen Schichten, für die fremde Kriegsdienste
besonders attraktiv sind. Fraktionskämpfe innerhalb der Städte
und Bevölkerungsüberschuss sorgten zwar ständig für
Flüchtlinge und Emigranten; das Angebot an guten Hopliten blieb aber
dennoch begrenzt.
Diese Situation änderte sich nach und nach im Verlauf des Peloponnesischen
Krieges (431-404), der auf Dauer allein mit den Bürgermilizen gar
nicht zu führen war. Alle Beteiligten zogen zunehmend die unteren
Volksschichten zum Hoplitendienst heran; in Sparta verwendete man sogar
unfreie Heloten. Zusätzlich verstärkte man die Aufgebote mit
Söldnern, die in den neutralen Gebieten geworbenen wurden. Es waren
deshalb sicher weniger die typischen Bürgerhopliten, sondern diese
nach dem Friedensschluss arbeitslosen Berufssoldaten, unter denen Kyros
der Jüngere der Bruder des persischen Großkönigs jene gut
13.000 Söldner anwarb, von deren Zug nach Persien Xenophon berichtet.
Dennoch wäre die Entwicklung sicher viel langsamer verlaufen, wenn
sich die Verhältnisse in Griechenland stabilisiert hätten. Aber
in den nächsten 60 Jahren folgte ein Krieg auf den anderen. In ständig
neuen Koalitionen kämpften Sparta, Athen, Thessalien und Theben um
die Vorherrschaft, bis sie schließlich erschöpft zur Beute Makedoniens
wurden. Obwohl die Bürgerhopliten weiterhin den Kern der Aufgebote
stellten, nahm der Anteil der Söldner rasch zu. Man benötigte
sie als Leichtbewaffnete und als Reiter, da solche Spezialisten unter den
Städtern nur schwer zu finden waren. Auch die Dauer der Feldzüge
und große Entfernungen - gerade im Norden und Kleinasien kam es zu
langwierigen Kämpfen - machten die Verwendung von Söldnern notwendig,
da den Bürgern solche Strapazen nicht zugemutet werden konnten. So
klagten die Athener zum Beispiel darüber, dass sich Philipp anders
als die Spartaner nicht an Regeln halte, da er auch im Winter Krieg führe.
Während die Bürger der Städte also weiterhin zur Verteidigung
ihrer Heimat tapfer ins Feld zogen und Söldner lediglich als Hilfstruppen
verwendeten, überließ man den Krieg in der Ferne fast ausschließlich
Fremden. In Rhodos warb man bevorzugt Schleuderer, in Kreta Bogenschützen,
in Ätolien Speerwerfer, in Thrakien leicht bewaffnete Peltasten und
in Thessalien Reiter. Das Gros der Hopliten kam vom Peloponnes, besonders
aus Arkadien, anschließend folgten Attika und Böotien. Allerdings
rekrutierte man Hopliten nicht in den Schichten, die normalerweise zu diesem
Dienst verpflichtet waren, sondern der verarmten Landbevölkerung und
dem Bodensatz der Städte, also denen, die sich die teure Ausrüstung
nicht leisten konnten. Aber hier gab es gewaltige Qualitätsunterschiede.
So musste nicht alles aus der prestigeträchtigen Bronze bestehen,
sondern konnte auch aus billigerem Eisen gefertigt werden. Zudem wurde
bei Söldnern der schwere und teure Brustpanzer oft durch eine dicke
Leinenjacke ersetzt. Auch bei Helm und Beinschienen konnte man sparen;
obligatorisch blieb lediglich der große Rundschild, da der essentiell
für die Phalanx war.
Trotzdem gibt es in der Fachliteratur nicht den geringsten Zweifel daran,
dass die Söldner den klassischen Bürgerhopliten an Kampfkraft
weit überlegen waren. Denn im Gegensatz zu diesen waren sie Vollzeitprofis.
Sie konnten schneller und weiter marschieren, kompliziertere Manöver
in der Schlacht ausführen, waren beim Kleinkrieg besser zu verwenden,
vor allen Dingen aber drängten sie nicht wie die Bürger, die
sich ja um ihre Geschäfte kümmern mussten, nach einigen Wochen
nach Hause. Für die Kriege am Anfang des 4. Jahrhunderts benötigte
man gut ausgebildete Profis, die außer in Sparta eben nur auf dem
Söldnermarkt zu finden waren. Doch gerade die Spartaner wurden durch
Geburtenmangel und mehr noch Verarmung immer weniger. Als es dann noch
dem Athener Söldnerführer Iphikrates 390 gelang, mit seinen Peltasten
eine spartanische Mora von 600 Mann bei Korinth aufzureiben, hatte auch
ihr Ruf schwer gelitten.
Söldner oder eben Berufssoldaten waren keine Dekadenzerscheinung,
wie manchmal zu lesen ist, sondern eine Notwendigkeit. Das grundlegende
Problem war dabei ihre Finanzierung. Das Steueraufkommen der griechischen
Städte war gering, und die Vollbürger waren nur in seltenen Ausnahmen
dazu bereit, neuen Steuern für das Militär zuzustimmen. Hoplitendienst
und bürgerliche Freiheiten waren untrennbar verbunden, und man war
nicht zu unrecht der Auffassung, dass mit dem Wehrdienst der Bürger
auch die Demokratie verschwinden würde. Schließlich waren Söldner
in der griechischen Geschichte immer wieder von Tyrannen verwendet worden.
Es fehlt deshalb in der zeitgenössischen Literatur nicht an Stellen,
in denen der Unzuverlässigkeit von Söldnern die Tapferkeit der
Bürger gegenüber gestellt wird. So schreibt Aristoteles über
Söldner:
"Sie sind effektiv und vermeiden Leiden wegen ihrer Erfahrung. Sie
wissen am besten wie sie ihre Ausrüstung verwenden müssen, um
anzugreifen und sich zu verteidigen. Es ist das gleiche wie wenn Bewaffnete
mit Unbewaffneten kämpfen oder Athleten mit Unerfahrenen. [...] Aber
Söldner werden feige, wenn die Gefahr zu groß scheint und sie
dem Feind an Zahl und Waffen unterlegen sind. Sie fliehen als erste, während
Bürgersoldaten an ihrem Platz bleiben und sterben."
Natürlich lässt sicht nicht belegen, dass Bürgersoldaten
seltener als Söldner geflohen sind, wahrscheinlich ist eher das Gegenteil,
besser ausgerüstet waren sie auf jeden Fall. Aber Aristoteles geht
es hier in erster Linie um die moralische Aufrüstung einer Schicht,
die sich militärisch in vollem Niedergang befindet.
Die Höhe des Soldes ist in der Forschung umstritten. Wahrscheinlich
schwankte er jedoch je nach Bedarf und Ausrüstung zwischen zwei Obolen
und einer Drachme täglich (1 Talent = 6.000 Drachmen, 1 Drachme =
6 Obolen). In extremen Situationen konnte er sogar auf zwei Drachmen steigen,
oder die Söldner kämpften lediglich für die Aussicht auf
Beute, wenn es absolut keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten
gab. Das heißt ein schlagkräftiges Heer von 6.000 Mann kostete
im Monat 10 bis 30 Talente, oder eben 120 bis 360 im Jahr. Athen die mit
Abstand reichste Stadt verfügte aber nur über ein Jahreseinkommen
400 Talenten, womit Funktionäre und öffentliche Bauten finanziert
werden mussten, und von dem, was für das Militär blieb, wurde
der Löwenanteil für die Flotte benötigt. Sparta verfügte
zwar nach seinem Sieg im Peloponnesischen Krieg über Bundeseinnahmen
von 1.000 Talenten, doch davon blieb nach der Erhebung von Theben, Athen
und Korinth nur ein Bruchteil übrig.
Durch diese Geldknappheit kam den persischen Subsidien entscheidende
Bedeutung zu. Hauptsächlich mit ihrer Hilfe hatte Sparta gesiegt.
Als es dann in Kleinasien die athenische Großmachtpolitik fortsetzte,
subventionierte Persien Theben und Athen. So erhielt der Athener Konon
500 Talente zum Aufbau der persischen Flotte. Als das Geld jedoch schnell
aufgebraucht war und die Mannschaften wegen Soldrückständen meuterten,
reiste Konon selbst nach Babylon und erbat vom Großkönig neue
Mittel. 394 schlug er dann mit dieser Flotte die Spartaner entscheidend
bei Knidos.
Das Perserreich verfügte zwar verglichen mit Griechenland über
geradezu unermessliche Ressourcen, war aber trotzdem alles andere als ein
stabiles Gebilde. Mit steter Regelmäßigkeit bekämpften
sich die mächtigen Provinzkönige, die Satrapen oder rebellierten
gegen den Großkönig selbst. So hatte ja schon Kyros der Jüngere
als Satrap von Lydien seine 13.000 griechischen Söldner zum Krieg
gegen seinen Konkurrenten Tissaphernes geworben und war dann mit ihnen
gegen den Großkönig gezogen. In der ersten Hälfte des 4.
Jahrhunderts wurden die Griechen als schwere Infanterie zu einem unverzichtbaren
Teil aller Armeen im Osten. Meistens kämpften sie auf beiden Seiten,
und ein Historiker bemerkte spöttisch: "Für den Perserkönig
und seine aufrührerischen Vasallen sind mehr Griechen gefallen als
für all ihre Vaterländchen."
386 hatte der Großkönig den so genannten Königsfrieden
zwischen Athen und Sparta vermittelt, um ausreichend Söldner für
die Unterwerfung Ägyptens werben zu können. Schließlich
standen 20.000 Griechen unter dem Befehl von Iphikrates in seinem Sold.
Das Unternehmen scheiterte dennoch im überfluteten Nildelta, und bald
erhoben sich die meisten westlichen Satrapen zu einem neuen großen
Aufstand. Pharao Tachos wollte diese Schwäche nutzen und fiel nun
seinerseits in Palästina ein. Dazu hatte natürlich auch er zahlreiche
griechische Söldner geworben. Die Flotte stand unter Kommando des
Atheners Chabrias und das Landheer führte der Spartanerkönig
Agesilaos. Der war zu dieser Zeit zwar bereits über 80 Jahre alt,
galt aber als Spartas fähigster General. Fast sein ganzes Leben hatte
er gegen Athen oder Persien gekämpft. Als jedoch Sparta immer mehr
an Macht verlor und vor allen Dingen seine Kriege nicht mehr bezahlen konnte,
war dieser überzeugte Patriot dazu übergegangen, die dringend
notwendigen Devisen als Söldnerführer in der Fremde zu organisieren.
Bereits 367 stand er im Dienst eines aufständischen Satrapen und nun
in dem der Ägypter.
Agesilaos galt als echter Spartaner und war an persönlichem Reichtum
nicht interessiert, dennoch ertrug er es kaum den Athener Chabrias, dem
er oft genug in der Schlacht gegenüber gestanden war, neben sich zu
ertragen. Zudem war Chabrias auch zu einer Art politischer Berater des
Pharaos aufgestiegen. Um das mächtige Heer und nicht zuletzt die zahlreichen
Söldner zu finanzieren hatte Tachos auf Chabrias’ Rat die Reichen
und die Priester mit hohen Sondersteuern belegt. Als das Heer nun in Palästina
kämpfte, rebellierte in Ägypten der Bruder des Pharaos und hob
seinen Sohn Nektanebos auf den Thron. Der in seinem Stolz gekränkte
Agesilaos und ein Großteil des Heeres schlossen sich den Rebellen
an, Tachos musste zum Großkönig fliehen und Chabrias kehrte
nach Athen zurück. Nun an erster Stelle diente Agesilaos dem neuen
Pharao loyal bei der Unterdrückung einer weiteren Rebellion, obwohl
man ihm auch von dieser Seite hervorragende Angebote machte. Schließlich
erhielt er vom Pharao für seine treuen Dienste 230 Talente, mit denen
Sparta wieder einige Monate Krieg führen konnte. Er selbst konnte
jedoch damit keine Söldner mehr anwerben, denn er starb auf der Rückreise.
Ägypten konnte seine Unabhängigkeit bewahren, bis der Großkönig
Artaxerxes III. Ochos (359-338) die Zentralgewalt festigte und mit brutaler
Härte daran ging die westlichen Satrapen und anschließend Ägypten
zu unterwerfen. Nun kämpften griechische Söldner in Massen auf
beiden Seiten. Den Persern sollen etwa 14.000 und den Ägyptern sogar
20.000 gedient haben. Nach dem Fall von Sidon trat ein gewisser Mentor
von Rhodos mit seinen Männern in persische Dienste und wurde dort
zu einem der wichtigsten Feldherren; sein Bruder Memnon kämpfte noch
gegen Alexander bei Issos. Es kam zwar auch zu verlustreichen Kämpfen
zwischen Griechen, nach den ersten größeren persischen Erfolgen
scheinen sich jedoch auch viele in ägyptischen Diensten ihren Landsleuten
gegen die Zusicherung freien Abzugs ergeben zu haben.
Nach dem Fall Ägyptens wurde der Großkönig im Osten
zum Hauptabnehmer. Etwa zur gleichen Zeit hatte sich jedoch im Westen auf
Sizilien ein neuer großer Markt entwickelt. Die Tyrannen der verschiednen
griechischen Städte dort hatten zwar schon seit langem immer wieder
griechische Söldner geworben, richtig in Schwung kam das Geschäft
jedoch erst unter Dionysios von Syrakus (405-367), der für seine Kriege
gegen Karthago auch zunehmend auf dem Peloponnes werben ließ. Als
nach Dionysios’ Tod Karthago immer mehr die Oberhand gewann, schickte Korinth
den Söldnerführer Timoleon, der die Karthager 341 am Krimisos
vernichtend schlug. Dieser spektakuläre Sieg hatte dann zur Folge,
dass von nun an auch die Karthager verstärkt in Griechenland rekrutierten.
Es gab also um 350 am Mittelmeer keine Großmacht, die sich nicht
wesentlich auf griechische Söldner stützte. Wahrscheinlich waren
konstant Zehntausende unterwegs und man fragt sich nach den Ursachen und
der genaueren Organisation des Geschäfts. Die Ursachen kann man sicher
unter den folgenden Stichworten zusammenfassen: militärische Erfahrung
breiter Schichten, Bevölkerungsüberschuss, politische Zersplitterung
und nicht zuletzt die geradezu sprichwörtliche Armut Griechenlands.
Gerade der letzte Punkt mag dem modernen Betrachter angesichts der prachtvollen
Bauwerke etwas seltsam erscheinen. Es gab sicher einige sehr reiche Bürger
aber die große Masse besaß wenig und war zudem dauernd davon
bedroht in die völlige Armut abzurutschen. In allen Städten gab
es eine starke Unterschicht, die von Almosen lebte; das Land war karg und
konnte die überzähligen Söhne der Bauern nicht ernähren.
Das Problem war nicht neu, und die Griechen waren ihm lange durch die Gründung
von Kolonien begegnet. Aber dies wurde zunehmend schwieriger, als die Mittelmeerküste
unter den Großmächten verteilt wurde. Trotzdem war der Solddienst
sicher eine Art Fortsetzung der Kolonisation. Denn viele Söldner blieben
in Persien, Ägypten oder Sizilien und waren froh, wenn sie für
ihre Dienste Land und Bürgerrechte erhielten.
Die zahlreichen inneren Kämpfe vermehrten das Heer der Vagabunden
durch Flüchtlinge und Verbannte, viele davon waffenerfahren. Für
den Philosophen Isokrates war die Nichtsesshaftigkeit das größte
Problem seiner Zeit. Er schreibt 380 von "Wanderern, die in fernen Ländern
mit ihren Frauen und Kindern umherziehen und durch die Not gezwungen wurden
in fremden Armeen als Söldner zu dienen. Viele wurden erschlagen als
sie für ihre Feinde gegen ihre Freunde kämpften." Wie in der
kargen Schweiz der Frühen Neuzeit entwickelte sich der Solddienst
zum wichtigsten Ventil für den Bevölkerungsüberschuss. Eine
weitere Voraussetzung waren dabei natürlich die inneren Kämpfe.
Hier erhielten die meisten Söldner ihre Grundausbildung, oft sicher
auch ihre erste Ausrüstung und kamen in Kontakt zu den Netzwerken,
mit denen dann später der "Export" organisiert wurde.
Die einfachste Organisation des Fremdendienstes war sicher die über
diplomatische Kontakte. Ein Abgesandter des Großkönigs oder
des Pharaos wandte sich direkt an Sparta, Athen, Theben oder eine der anderen
Mächte. Wenn diese nicht gerade selbst Krieg führten, waren sie
immer interessiert ihre überschüssigen Truppen zu vermieten.
Sie kamen dadurch nicht nur an die dringend benötigten Subsidien,
sondern entledigten sich auch des Problems, dass größere Mengen
entlassener Söldner das Umland unsicher machten.
Söldner wurden aber nicht nur auf dieser obersten Ebene vermittelt.
Eine Stufe darunter befanden sich die Feldherren, die als selbständige
Condottiere nach Möglichkeit versuchten zumindest einen Teil ihrer
bewährten Truppen zusammen zu halten. Ging also in Griechenland ein
Krieg zu Ende hatten sie ein gesteigertes Interesse daran mit ihrer ganzen
Einheit in den Dienst eines fremden Fürsten zu treten. So kämpfte
Iphikrates zwar oft für Athen, aber auch für den König von
Thrakien oder den Großkönig, bei Chabrias verhielt es sich ähnlich.
Aber auch die Söldner selbst hatten bei Kriegsende kein großes
Interesse daran auseinander zu gehen. Sicher konnten einige zu ihren Familien
heimkehren, oder sich mit ihrer Beute zur Ruhe setzen; die große
Masse war aber sicher aufs betteln angewiesen und dies ließ sich
als mächtige Gruppe am besten organisieren. Wahrscheinlich stellten
viele Städte Lebensmittel und zahlten auch, damit entlassene Truppenteile
möglichst schnell weiterzogen. Kleinere Banden schlugen sich als Straßenräuber
oder Piraten durch bis sich wieder eine Gelegenheit zum Kriegsdienst bot.
Auch hier drängen sich Parallelen zu den gartenden Landsknechten um
1500 auf. Viele blieben in Hafenstädten hängen - Korinth war
sehr beliebt - verkauften ihre Beutestücke und versetzten dann ihre
Waffen und warteten, dass ein berühmter Offizier im Namen des Großkönigs
oder des Pharaos warb. Aber auch abgelegene Gegenden waren beliebt, wichtig
war nur, dass Schiffe ablegen konnten. Im letzten Drittel des Jahrhunderts
entwickelte sich Kap Tainaron im Süden des Peloponnes zu einem äußerst
wichtigen Anlaufpunkt. Jeder, der Truppen benötigte, hatte hier schnell
ein paar tausend Söldner beisammen. Persien , Ägypten, Sizilien
oder Karthago lagen sozusagen vor der Haustür.
Unter diesen Umständen war es auch nicht notwendig immer Sold zu
bezahlen. Die Söldner erhielten sicher am Anfang ein Handgeld, mehr
aber noch große Versprechungen. Letzten Endes musste dann die Beute
den Krieg finanzieren, und viele Söldner waren wahrscheinlich froh,
wenn sie wieder in offiziellem Auftrag rauben durften. Diese Praxis beschränkte
sich aber nicht auf einige finstere Condottiere; fast alle spartanischen,
thebanischen oder athenischen Feldherren mussten ihre Truppen immer wieder
durch Solddienste oder Raub versorgen. Gleichzeitig verschwanden die großen
Flotten und alle Parteien widmeten sich zunehmend der Piraterie. Der Krieg
musste einfach den Krieg ernähren.
Welches Potential sich da aufgebaut hatte, wird wohl am deutlichsten
am Beispiel des Dritten Heiligen Krieges. Ausgelöst wurde er von dem
kleinen, unbedeutenden Phokis. Dort hatte ein gewisser Philomelos die Macht
an sich gerissen. Aus seinem Privatvermögen rekrutierte er einen Trupp
Söldner und etwa 1.000 phokische Peltasten. Mit diesen überfiel
er 355 überraschend Delphi und kam dadurch in den Besitz der immensen
Tempelschätze von gut 10.000 Talenten. Das war natürlich Tempelschändung,
ein furchtbares Verbrechen, und Phokis sah sich bald einer Koalition der
meisten griechischen Staaten gegenüber, angeführt vom böotischen
Bund unter Theben, der derzeit dominierenden Militärmacht.
Während der böotische Bund langsam seine Milizen mobilisierte,
warb Philomelos alle Söldner, die er bekommen konnte. Er bot das anderthalbfache
des üblichen Soldes und hatte auf diese Weise bald 5.000 Mann zusammen,
bei denen es sich angeblich um den Abschaum Griechenlands handelte. Das
mag vielleicht unter moralischen Gesichtspunkten zutreffen; gut geschlagen
haben sie sich dennoch. Zuerst unternahm Philomelos mit ihnen einen ausgedehnten
Plünderungszug nach Ostlokris, um seine Männer bei Stimmung zu
halten. Anschließend verstärkte er seine Werbungen und brachte
sein Heer auf 10.000 Mann. Damit schlug er dann 354 das gemeinsame Aufgebot
der Lokrer und Boötier und später noch die thessalische Liga.
Im Herbst erlitten die Phoker dann aber eine vernichtende Niederlage gegen
die Böotier. Tausende wurden beim Rückzug erschlagen - Gefangene
wurden in diesem Krieg keine gemacht -, und Philomelos beging verwundet
Selbstmord.
Die Böotier zogen als Sieger erst einmal nach Hause, und die Thebaner
vermieteten einen Großteil ihrer Truppen an den aufständischen
Satrapen von Phrygien um ihre Kriegskasse wieder etwas zu füllen.
Diese Pause nutzte Onomarchos - ein Verwandter von Philomelos - um in Delphi
die Reste der zerschlagenen Armee neu zu formieren und durch neue Werbungen
auf einen Höchststand zu bringen. Im nächsten Jahr fiel er mit
diesen Truppen in Lokris und Böotien ein und machte dort reiche Beute.
Doch inzwischen hatten seine Gegner Philipp von Makedonien zu Hilfe gerufen,
der mit einem starken Heer von Norden anrückte. Onomarchos zog ihm
entgegen und stellte die Makedonen zur Schlacht. Beide Parteien verfügten
etwa über 20.000 Mann Infanterie, während die Makedonen an Kavallerie
stark überlegen waren. Trotzdem gelang es Onomarchos nach einem ersten
unentschiedenen Treffen seine Gegner in ungünstiges Gelände zu
locken und zu schlagen.
Das war eine der ganz wenigen Niederlagen, die der mächtige Makedonenkönig
einstecken musste. Aber bereits im nächsten Jahr war er zurück
und besiegte die Phoker in der Schlacht auf dem Krokusfeld. Die Phoker
sollen allein 6.000 Tote verloren haben; die 3.000 Gefangenen ließ
Philipp als Tempelschänder abschlachten. Das Söldnerheer der
Phoker war dadurch wieder einmal fast vernichtet, dennoch demonstrierten
sie erneut, wie schnell man ein Heer regenerieren konnte, wenn man nur
genug Geld hatte. Während Philipp Thessalien unter seine Kontrolle
brachte, verschanzten sich die Phoker an den Thermopylen und rekrutierten
neue Söldner. Aus dieser festen Position gelang es ihnen, den Krieg
noch über fünf Jahre hinweg durchzustehen.
Erst 347, als die Tempelschätze ausgingen, begann die Front zu
bröckeln. Die Phoker enthoben ihrem Feldherrn Phalaikos (ein Sohn
von Onomarchos, der gefallen war) seines Amtes. Dennoch blieben etwa 8.000
Söldner unter seinem Kommando zusammen. Schließlich hatte er
sie über Jahre gut geführt und versorgt. Wohin hätten sie
sich auch wenden sollen? In vielen griechischen Städten stand schon
auf den Besitz der Münzen, die man in Phokis aus den Tempelschätzen
geprägt hatte, die Todesstrafe. Da diese Truppe immer noch schlagkräftig
war, konnte Phalaikos mit Philipp ihren freien Abzug auf den Peloponnes
aushandeln.
Philipp konnte nun Phokis kampflos besetzen, und der Dritte Heilige
Krieg war zu Ende. Dennoch fragt man sich, was wohl aus den Söldnern
geworden ist. Ihr Führer Phalaikos war nun ein Verbannter, der mit
einer erprobten Truppe auf den freien Markt kam. Angeblich führte
er seine Söldner zuerst nach Italien. Griechische Städte, die
untereinander oder mit den Italikern Krieg führten, gab es dort genug.
Wahrscheinlich war aber der Sold für eine so große Gruppe ein
Problem, denn Phalaikos soll bald durch Meutereien zur Aufgabe des Projekt
gezwungen worden sein. Kurz darauf trat er in den Dienst von Knossos, das
auf Kreta um die Vorherrschaft kämpfte. Man kann jedoch bezweifeln,
dass sich Knossos den regulären Sold leisten konnte, und weit eher
vermuten, dass den Söldnern Beute und eventuell Siedlungsland versprochen
wurden. Da jedoch Sparta Knossos’ Gegnern zu Hilfe kam, wurde Phalaikos
Heer zerschlagen; er selbst fiel in der Schlacht.
Unter den Überlebenden rekrutierte dann Timoleon die Söldner
mit denen er Syrakus gegen Karthago zu Hilfe kam. Plutarch berichtet über
das Ende einer solchen Gruppe: "und es waren die Männer, die mit Philomelos
von Phokis und Onomarchos den Tempel des Apoll von Delphi beraubt und sich
mit ihnen des Sakrilegs schuldig gemacht hatten. Deshalb wurden sie von
allen gehasst und gemieden. Wie Personen unter einem Fluch waren sie dazu
verurteilt allein durch den Peloponnes zu ziehen. Timoleon war froh sie
für seine Expedition nach Sizilien in Dienst nehmen zu können,
wo sie bei allen Kämpfen unter seiner Führung erfolgreich waren.
Als aber die großen Gefahren überstanden waren, schickte er
sie zum Entsatz oder zur Verteidigung verschiedener Plätze, wo sie
weit weg von ihm verschwanden und vernichtet wurden, nicht alle auf einmal,
sondern in kleinen Gruppen, als die Rache, die ihnen bestimmt war."
Söldnerschicksal eben. Nach Plutarch bekamen sie, was sie verdienten,
dennoch räumt er auf der selben Seite ein, dass die Karthager Timoleons
griechische Söldner als "die besten Soldaten der Welt bewunderten"
und nun selbst damit begannen möglichst viele in Dienst zu nehmen.
Der Dritte Heilige Krieg war sicher ein Extremfall und sogar ein
moderner Historiker spricht noch von dem dort verwendeten "Söldnergesindel".
Dennoch war er nur die logische Konsequenz einer Entwicklung. Bei der überwiegenden
Mehrheit der Griechen, die im 4. Jahrhundert in der Fremde dienten, handelte
es sich um den absoluten Bodensatz der Gesellschaft, um die "Wanderer",
deren Schicksal Isokrates beklagt, die oft gezwungen waren für ihr
"tägliches Brot" als Söldner zu dienen. Es überrascht deshalb
nicht, wenn man immer wieder liest, dass die Tyrannen Siziliens ihren
Söldnern ganze Städte übergaben, damit sie sich dort niederlassen
konnten. In Ägypten oder Persien erhielten sie oft Land. Für
viele war so etwas die einzige Möglichkeit, ihrem Schicksal zu entkommen.
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