Die Schotten
Englands Gegner und Reservoir.
Unter vielen Gesichtspunkten bot Schottland lange sozusagen ideale Voraussetzungen
für ein Söldnervolk. Eine starke Zentralgewalt war praktisch
nie vorhanden. Das Land war karg und bergig, die Bevölkerung bettelarm,
an Entbehrungen gewohnt und vor allem äußerst kriegerisch. Zumindest
einige der vielen Adligen und zahllosen Clans waren immer mit irgendeiner
Fehden beschäftigt. Überfälle, Raubzüge aber auch Blutrache
waren so weit sich die Menschen zurückerinnern konnten keine Seltenheiten.
In einigen wichtigen Dingen kann man Schottland mit der Schweiz vergleichen,
nur dass das Land sicher noch rauer und auf jeden Fall viel abgelegener
war. Die Schotten hätten deshalb bereits im Mittelalter jene Rolle
für England übernehmen können, die die Schweizer lange für
Frankreich spielten.
Doch genau hier lag das grundlegende Problem des schottischen Söldnermarktes.
Während die Schweiz zwischen den Großmächten Habsburg und
Frankreich manövrieren konnte, wurde Schottland allein schon durch
seine geographische Lage zum Objekt englischer Außenpolitik. Deshalb
mussten sich die Schotten über Jahrhunderte gegen die Engländer
wehren, anstatt an diese ihre überzähligen Söhne zu vermieten.
Nach dem Verlust ihrer Unabhängigkeit wurde England dann wie zu erwarten
zum Hauptkunden; doch jetzt warb man keine fremden Söldner mehr, sondern
rief "Briten" zu den nationalen Fahnen.
Ein weiteres Hindernis bildete bis weit ins 14. Jahrhundert die ökonomische
und daraus resultierende militärische Rückständigkeit. Im
Gegensatz zum normannischen Adel in England verfügten die Schotten
nur in seltenen Ausnahmen über Panzerhemden, Rüstungen und die
dazu gehörenden schweren Pferde. Sie kämpften meistens "nackt",
wie Chroniken berichten, das heißt ohne jeden Körperpanzer,
lediglich mit Schild, Schwert und Wurfspeeren. Bei den zahlreichen Kriegen,
die die englisch-normannischen Könige im Hochmittelalter gegen ihren
rebellischen Adel und oft sogar ihre eigenen Söhne führen mussten,
verwendeten sie deshalb lieber Söldner vom Festland, bevorzugt aus
der Bretagne, Flandern oder Brabant, wie z.B. die bekannten Brabanzonen.
Den Bedarf an gepanzerten Kriegern unterstreicht auch die Verwendung
der ersten größeren Einheiten schottischer Söldner - der
Gallowglass (aus dem Irischen "gallocaich" für "fremder Krieger").
Der normannische Adel hatte bald nach der Eroberung Englands Irland als
lohnendes Ziel entdeckt. Die Iren waren wahrscheinlich noch schlechter
bewaffnet als die Schotten und benötigten deshalb eine Art schwerer
Infanterie, die es zur Not mit den Normannen aufnehmen konnte. Die passenden
Leute fanden sie an der westschottischen Küste und den vorgelagerten
Hebriden, wo sich vor Generationen viele norwegische Wikinger niedergelassen
hatten. Deren Nachkommen kämpften immer noch mit Panzerhemden und
langen zweischneidigen Äxten. Diesen Gallowglass fiel nun meistens
die Aufgabe zu, bei den üblichen Raubzügen den Rückzug gegen
die verfolgenden Reiter zu decken. Sie bewährten sich anscheinend
ganz gut, denn bald hatten mehrere irische Kleinkönige eigene Formationen
aus Gallowglass. An eine richtige Bezahlung war bei der Geldmangel der
Zeit und in Irland im besonderen natürlich nicht zu denken. Die Gallowglass
erhielten deshalb Land und Bezirke, in denen sie zum eigenen unterhalt
Abgaben eintreiben durften. Die meisten blieben deshalb als Immigranten
im Land und gingen mit der Zeit in der irischen Bevölkerung auf.
In Schottland selbst übernahm der Adel relativ schnell Sitten und
Bewaffnung der benachbarten Normannen. Zahlreiche Heiraten und Grundbesitz
auf der anderen Seite förderten zumindest in diesen Kreisen die Übernahme
der fremden Sitten. Schottische Ritter zogen wie ihre südlichen Kollegen
zum Kreuzzug ins Heilige Land und später nach Preußen. Doch
zu dieser Zeit war in England mit Edward I. (1272-1307) ein mächtiger
Herrscher auf den Thron gekommen. Zielstrebig eroberte Edward Wales und
begann dann mit der Unterwerfung Schottlands. Damit waren die Schotten
für die folgenden Generationen gezwungen, die englischen Herrschaftsansprüche
abzuwehren. Als Bündnispartner offerierte sich Frankreich, dessen
Dauerkonflikt mit der englischen Krone um die Herrschaft von Aquitanien
mit dem Ausbruch des Hundertjährigen Krieges (1339-1453) auf einen
neuen Höhepunkt zusteuerte.
Das lange Bündnis mit Frankreich - oft als "Auld Alliance" (altes
Bündnis) bezeichnet - besteht aus einer ganzen Reihe von Verträgen,
die immer wieder erneuert wurden. In der ersten Phase des Hundertjährigen
Krieges unterstützte Frankreich mit Geld, Waffen und manchmal auch
Männern schottische Einfälle an der englischen Nordgrenze, um
dort Kräfte zu binden. Obwohl schottische Söldner vereinzelt
auf beiden Seiten - es gab immer einige, die wegen persönlicher Differenzen
ihr Glück auf englischer Seite suchten - zu finden sind, hatte
man zu dieser Zeit in Frankreich noch wenig Verwendung für sie. Man
warb hauptsächlich schwere Reiter aus dem Reich oder Italien und zu
Tausenden die bewährten Armbrustschützen aus Genua.
Die große der Zeit der Schotten in französischen Diensten
begann mit der vernichtenden Niederlage bei Azincourt (1415). Diese hatte
Frankreich so schwer getroffen, dass verzweifelt nach Ersatz im Ausland
gesucht wurde. Durch Azincourt war die Königsgewalt völlig zerfallen
und der interne Adelskonflikt zwischen Burgundern und Armagnacs wurde zum
offenen Krieg. Während die Burgunder das Bündnis mit England
suchten, fanden die Armagnacs Schottland. Natürlich wurde auch mit
einem gewissen Erfolg in Spanien und besonders Italien geworben, doch die
Schotten hatten einen entscheidenden Vorteil: sie waren am billigsten.
Theoretisch erhielten sie zwar den gleichen Sold, aber der König von
Kastilien oder die italienischen Condottieri, mit denen die Armagnacs in
Kontakt traten, wollten gutes Geld sehen, bevor sie mit den Werbungen begannen.
Den Schotten dagegen genügten schon kleine Anfangszahlungen und große
Versprechungen.
Bald stellten die Schotten den Löwenanteil der fremden Söldner
und auch einen großen Anteil der französischen Armeen. 1424
wurden z.B. 2.500 Men at Arms und 4.000 Bogenschützen gemustert. Das
war enorm, wenn man bedenkt das Schottland bei seiner geringen Volksgröße
maximal 20.000 Mann aufstellen konnten. Zusätzlich wurde ständig
Ersatz benötigt. Bei Beaugé gelang ihnen zwar eine englische
Armee zu schlagen, wobei der Bruder des englischen Königs fiel. Doch
bald kamen verlustreiche Niederlagen. Zuerst bei Cravant und dann in der
blutigen Schlacht von Verneuil (1424). Dort hielten die Schotten zu Fuß
das Zentrum und mussten schließlich von allen anderen Truppenteilen
verlassen mit Tausenden für ihre Tapferkeit bezahlen.
Nach Verneuil zerfiel der große Krieg wieder in zahlreiche kleine
Konflikte, in denen die unbezahlten Söldner das schutzlose Land vorwiegend
auf eigene Faust beraubten. Es war die Zeit der Écorcheur, der Schinder,
wie sie das Volk treffend bezeichnete. Auch die Schotten waren an diesen
neuen Freien Kompanien stark beteiligt. Sie waren berüchtigt für
ihre Habgier und Grausamkeit und überfielen auch französische
Adlige der eigenen Fraktion. Doch was konnte man auch von Söldnern
erwarten, die in einem fremden Krieg kämpften und außer warmen
Worten nicht viel erhalten hatten. Überall fand man Schotten; bei
der Verteidigung von Orleans, oder als man versuchte die Écorcheur
mal wieder in die Schweiz abzuschieben. Sogar die Engländer gingen
mit der Zeit dazu über gefangene Bogenschützen mit Zwang zu rekrutieren;
schließlich galten sie als Untertanen. Henry V. hatte sie noch als
Verräter hängen lassen. Schottische Bogenschützen bildeten
inzwischen auch die Leibwache des französischen Königs Karl VII.,
was zumindest eine halbwegs geregelte Bezahlung mit sich brachte.
Als Karl VII. 1445 als Grundlage eines stehenden Heeres die Ordonanzkompanien
schuf, um dem wilden Rauben der Écorcheur ein Ende zu setzen, wurden
auch zwei schottische gebildet. Dennoch ging die Zahl der schottischen
Söldner in Frankreich nun langsam in dem Tempo zurück, wie Frankreich
die Oberhand gewann und der Krieg in geregeltere Bahnen kam. Wie so oft
in der Söldnergeschichte kehrten aber auch viele der Schotten nicht
in ihre Heimat zurück, sondern blieben als Immigranten in Frankreich.
Vor allem die Hauptleute hatten statt Geld oft Landbesitz für ihre
Dienste erhalten, andere hatten Französinnen - sicher auch nicht immer
ohne Besitz - geheiratet.
Dennoch dienten auch weiterhin einige hundert Schotten in den Ordonanzkompanien
und der königlichen Leibwache. Vor allem die Garde wurde zu einer
äußerst beliebten Institution. Manche Familien dienten dort
über mehrere Generationen und beim Adel war es beliebt die Kinder
auf diese Art zur Erziehung nach Frankreich zu schicken. Die schottischen
Bogenschützen kämpften so unter Ludwig XI. wieder einmal gegen
ihre englischen Kollegen im Sold Karls des Kühnen und sogar noch in
den italienischen Kriegen. In der Schlacht von Ravenna (1512) stürmten
sie gemeinsam mit den deutschen Landsknechten die spanischen Stellungen.
"Bogenschütze" war aber zu dieser Zeit wahrscheinlich mehr eine formale
Bezeichnung, denn es wird berichtet, dass sie sehr gut mit langen Äxten
gekämpft hätten. Die Garde bestand bis Ende des 16. Jahrhunderts
zum Großteil aus Schotten, danach überwogen Franzosen. Währenddessen
war ihr alter Ruhm jedoch längst auf die neuere Schweizergarde übergegangen.
Die Ausweitung der Kriege während der Frühen Neuzeit und natürlich
auch die konstant verbesserten Möglichkeiten zum Seetransport, verhalfen
den Schotten aber zu genug neuen Auftraggebern. Der erste wichtige Kunde
war König Christian von Dänemark, gegen dessen Herrschaft sich
die Schweden erhoben hatten. Zur Niederschlagung fiel er 1520 mit einem
großen Söldnerheer aus Deutschen, Franzosen und Schotten. Die
Schweden wurden geschlagen und die Sieger hielten ein furchtbares Strafgericht
in Stockholm. Doch Christian konnte seine Söldner nicht sehr lange
bezahlen und so ging Schweden dann doch verloren. In den sich hinziehenden
Kämpfen wurden noch mehrmals Schotten geworben, die dadurch auch zuerst
mit Schweden, dann mit Polen und Russland kamen, so dass man am Ende des
Jahrhunderts im ganzen Ostseeraum Gruppen schottischer Söldner findet.
Einige verschlug es sogar bis in die Dienste Iwans des Schrecklichen.
Zum Haupteinsatzgebiet schottischer Söldner wurde aber der Freiheitskampf
der Niederlande. Bereits 1570 wurde die berühmte "Scots Brigade" gegründet,
die fast 250 Jahre bestehen sollte. Im Kampf gegen die übermächtigen
spanischen Tercios, die als die beste Infanterie ihrer Zeit gefürchtet
wurden, mussten die Schotten schmerzhafte Niederlagen einstecken. Doch
in den Niederlanden handelte es sich um keinen begrenzten Feldzug, sondern
um einen permanenten Krieg, der über Jahrzehnte geführt wurde.
Die Oranier und Moritz von Nassau revolutionierten die Kriegsführung.
Belagerungen wurden zu einer Wissenschaft und die Soldaten wurden erstmals
einem geregelten Drill unterworfen. Der Krieg in den Niederlanden wurde
zur hohen Schule der Berufssoldaten. Viele der Schotten, die man später
auf den Schlachtfeldern Westeuropas antreffen sollte, hatten ihr Handwerk
dort gelernt. Vorher waren die Schotten sicher tapfere Krieger gewesen,
doch jetzt wurden sie Profis, die auf der absoluten Höhe ihrer Zeit
waren.
Doch diese moderne Art der Kriegsführung kostete enorme Verluste.
Dabei waren es viel weniger die seltenen Schlachten als die endlosen Belagerungen,
der Hunger, die Kälte und die Lagerkrankheiten. Ständig musste
neuer Nachschub in Schottland rekrutiert werden, der in den Lagern und
Laufgräben Flanderns verschwand. 1624 kamen 11.000 Mann Nachschub
aus England. Mangels Unterkünften ließ man sie lange in den
engen Transportschiffen. "Der größte Teil von ihnen starb Elend
an Kälte und Hunger". Unter den zusammen gepferchten Soldaten wütenden
Seuchen. Schließlich gab es so viele Tote, dass niemand wusste, was
man mit ihnen anfangen sollte. So stapelte man die Leichen zu Tausenden
am Strand von Seeland, wo sie von Hunden und Schweinen angefressen wurden.
Wahrscheinlich hatte fast jede schottische Familie Angehörige, die
irgendwo in Flandern verscharrt worden waren, wie einem alten Volkslied
zu entnehmen ist:
Oh, woe unto these cruell wars
That ever they began!
For they have reft my native isle
Of many a pretty man.
First they took my brothers twain
Then wiled my love frae me:
Oh, woe unto these cruell wars
In low Germanie!
Gefördert wurde der geregelte Nachschub dadurch, dass Elizabeth
I. von England nicht nur die Niederlande offiziell unterstützte, sondern
im Gegensatz zu ihrem Vater an guten Beziehungen zu Schottland interessiert
war. Am Ende ihrer Regierungszeit erklärte sie sogar den Sohn ihrer
einstigen Rivalin Maria Stuart, der inzwischen als Jacob VI. Schottland
regierte, zu ihrem Nachfolger. Durch diesen Geniestreich wurde bereits
das spätere Großbritannien vorgezeichnet. Für die Versorgung
mit Söldnern bedeutete dies, dass sich England nun um einen guten
Teil der logistischen Probleme kümmerte und manchmal auch mit Geld
aushalf. Schottland war also fast dort angekommen, wozu es durch seine
geographische Lage bestimmt war: dass seine Söhne für englische
Interessen ins Feld zogen.
Aber der Freiheitskampf der Niederlande war nur ein Vorspiel für
den ganz großen Menschenfresser, den Dreißigjährigen Krieg.
Heute würde sagen, dass die Schotten als Lieferanten für diesen
Konflikt sehr "gut aufgestellt" waren. Sie hatten bewährte Geschäftsbeziehungen
zu Dänemark und den Niederlanden, und seit 1611 schickten sie auch
- sehr zum Ärger Dänemarks - Regimenter nach Schweden, wo sie
zuerst von Gustav Adolf im Krieg gegen Polen verwendet wurden. Die Schotten
hatten zu dieser Zeit einen guten Stamm an erfahrenen Offizieren und Mannschaften.
Dennoch schätzten die Kunden offensichtlich vor allem ihre Härte
und Anspruchslosigkeit, wie es ein 1631 in Stettin erschienenes Flugblatt
zum Ausdruck bringt: "Es ist ein starkes, dauerhaftiges Volk, behilft sich
mit geringer Speis, hat es nicht Brod, so essen sie Wurzeln, wenn’s auch
die Notdurft erfordert, konnen sie des Tags über die 20 teutsche meil’
laufen."
Die große Masse der Schotten - insgesamt zwischen 20.000 und 30.000
- kamen in schwedischen Diensten ins Reich. Gustav Adolf hatte allein 13
schottische Regimenter, die zu seinen besten zählten. Unter seiner
Führung kämpften sie bei Breitenfeld, nahmen an dem triumphalen
Siegeszug durch Süddeutschland teil und hatten grausame Verluste beim
Sturm auf Wallensteins Lager vor Nürnberg. Die großen Schlachten
und die zahlreichen kleinen Gefechte forderten schwere Opfer. Viel mehr
starben aber auf dem Marsch und an den Seuchen in den Winterlagern. Fachleute
schätzen diese Verluste auf das Zehnfache vom dem, was die grausamen
Schlachten kosteten. Kompanien verschwanden und Regimenter schmolzen zusammen.
Von dem berühmten Mackay-Regiment sollen nach drei Jahren von 2.000
nur noch 300 übrig gewesen sein.
Da reichte es nicht mehr, wenn man in der Heimat an Abenteuerlust oder
an die Verpflichtung zum Kampf für die Religion appellierte. Viele
Schotten hatten sich ohnehin nie so völlig frei entschieden. Als Abhängige
hatten sie oft keine andere Wahl gehabt, als dem vom Clanchef bestimmten
Offizier in den Krieg zu folgen. Durch die hohen Verluste wurde der Krieg
aber auch immer mehr zu einem beliebten Mittel mit dessen Hilfe sich die
Autoritäten unerwünschte Elemente vom Hals schafften. So schickte
die Regierung 1627 150 Männer eines besonders unruhigen Clans in den
Krieg, in der Hoffnung sie mögen alle dort umkommen. Zwei Regimenter
setzten sich ausschließlich aus "Ehebrechern, Frauenschändern,
Dieben, Mördern, Trunkenbolden und Sabathstörern" zusammen, die
die Pfarrer den Werbern gemeldet hatten. Manchmal wurden auch Schwerverbrecher
aus den Gefängnissen geholt. Diese mussten dann bei der Einschiffung
schwören, dass sie "unter Androhung der Todesstrafe niemals in das
Königreich zurückkehren würden."
Das Ende des Dreißigjährigen Krieges brachte bestenfalls
eine kurze Atempause. Wenn auch nun nicht mehr so große Zahlen schottischer
Söldner zum Einsatz kamen, boten doch die Kriege Ludwigs XIV. und
die Schwedens gegen mehr als genug Möglichkeiten. In schwedischen
Diensten kämpften noch viele der alten Veteranen und Polen, während
bereits die nächsten Generationen in den großen Nordischen Krieg
(1700-21) zogen und irgendwo in Karelien, der Ukraine oder als Gefangene
im fernen Sibirien verschwanden. In den Niederlanden hatte die alte Scots
Brigade neuen Zulauf und schlug sich in den blutigen Schlachten Spanischen
Erbfolgekrieges bei Ramillies, Oudenarde und Malplaquet, wo sie auch ihren
Landsleuten in französischen Diensten gegenüber standen.
Nach und nach wurde das schottische Potential aber zunehmend von England
absorbiert. 1707 wurde offiziell die Union mit Schottland als Großbritannien
vollzogen. Für einen gewissen Zulauf in anderen Ländern sorgten,
die Aufstände gegen die englische Vorherrschaft, die in Schottland
immer noch mit steter Regelmäßigkeit ausbrachen. Jede niedergeschlagene
Rebellion - vor allem die der Jakobiten 1715, 1719 und 1745 - füllte
die Emigrantenregimenter in Frankreich. Es gab aber auch andere Gründe
um ins Ausland zu gehen: Fehden zwischen einzelnen Clans, Probleme mit
dem Gesetz und nicht zuletzt die Religion. Da Angehörige der katholischen
Minderheit in der Heimat kaum Karriere machen konnten, versuchten viele
von ihnen in den Armeen Frankreichs, Spaniens oder Österreichs. Dennoch
litten die Emigrantenregimenter, die in Schottland nicht werben durften,
meistens an Personalmangel. Als dann nach der Niederlage der Jakobiten
bei Culloden (1745) der letzte große Schwung an Flüchtlingen
absorbiert war, nahmen sie immer mehr Söldner anderer Nationalität
auf um ihre Stärke zu halten.
Viel charakteristischer als die traditionellen Fremdenregimenter sind
für den Absolutismus deshalb die schottischen Offiziere, die in allen
europäischen Armeen anzutreffen waren. Einige dienten sogar als Militärberater
in der Türkei, Persien oder Indien. Oft stammten sie aus alten Soldatenfamilien
und hatten ihr Handwerk unter verschiedenen Herren gelernt. Viele mussten
sicher aus politischen Gründen die Heimat verlassen, andere lockten
Geld und Abenteuer, und nicht wenige wurden zu diesem Schritt von Verwandten
ermuntert, die in der Fremde bereits Karriere gemacht hatten. Die meisten
von ihnen dienten in Russland, wo durch die Reformen Peters des Großen
ein riesiger Bedarf an fremden Offizieren bestand. Die Schotten William
Bruce, Patrick Gordon und Alexander Leslie leisteten dort Grundlegendes.
Sie reorganisierten die Struktur der Armee, die Versorgung, die Artillerie,
errichteten Gießereien und gründeten Schulen. Dazu kamen zahlreiche
andere, bis hinunter zum einfachen Drillmeister.
Diese Offiziere waren wie gesagt Profis, die oft ohne große Sentimentalitäten
den Arbeitgeber wechselten, wenn sie ein besseres Angebot erhielten oder
ihnen die Aufgabe reizvoll erschien. Ein relativ bekanntes Beispiel ist
der preußische Feldmarschall James Keith. Auch er hatte als Jakobit
fliehen müssen und hatte dann in Spanien und Russland gedient bevor
er nach Preußen gekommen war, wo er für Friedrich den Großen
zu einer Art väterlichem Freund wurde und dann bei Hochkirch fiel.
Die siegreichen österreichischen Truppen auf der anderen Seite standen
unter dem Kommando von Ernst Gideon v. Laudon, der zwar in Litauen geboren
aber schottischer Abstammung war. Laudon hatte zuerst in Russland gedient,
war dann aber nach Preußen gegangen um dort eine Stelle zu bekommen.
Als sein Gesuch von Friedrich dem Großen abgelehnt wurde, zog er
weiter nach Österreich, wo er wahrscheinlich der fähigste Heerführer
des Siebenjährigen Krieges wurde.
Aber auch diese Abenteurer wurden gegen Ende des Jahrhunderts immer
seltener. Viele so genannte Schotten stammten wie Laudon aus Familien,
die manchmal schon seit Generationen im Ausland lebten. Das neue Großbritannien
hatte mit seinem Kolonialreich einfach zu viel zu bieten. Außerdem
waren die Engländer intelligent genug die Schotten für ihre Sache
zu rekrutieren, anstatt sie ins feindliche Ausland laufen zu lassen. So
wurden bereits im Siebenjähriger Krieg (1757-1763) gezielt Hochländer
zur britischen Armee einberufen. Die Schotten dienten nun gewissermaßen
"nationalen" Interessen. Die große Zeit des Fremdendienstes war für
sie damit vorbei. Lediglich als nach der großen Demobilisierung von
1815 noch einmal eine größere Zahl britischer Söldner auf
den Markt kam, waren auch wieder viele Schotten dabei, die dann in Südamerika
für Simon Bolivar kämpften.
Interessant an den Schotten ist aber auch, dass sie noch weit mehr als
z.B. die Schweizer im Ausland blieben. Trotz aller Verbundenheit zur Heimat
ließen sich viele alte Veteranen in den Ländern, in denen sie
als Söldner gedient hatten dauerhaft nieder. Oft wurden die Söhne
dann auch wieder Soldaten. So findet man hohe Offiziere schottischer Herkunft
noch bis weit ins 19. Jahrhundert in Russland, Dänemark oder Schweden.