Soldritter und Knechte
Die deutschen Reiter in Italien.
Das 14. Jahrhundert brachte den großen Durchbruch des Soldrittertums.
Man trifft auf die gepanzerten Reiter von Schottland bis Byzanz, von Schweden
bis Nordafrika. Während des Hundertjährigen Krieges wurde Frankreich
für Generationen von ihnen verwüstet. Es gab wohl kaum ein Land,
das zu entlegen, keinen Fürsten, der zu unbekannt und keinen Krieg,
der zu schäbig war, dass man dort nicht den einen oder anderen Ritter
aus fremden Landen getroffen hätte. Unter all diesen Zielen war Italien
jedoch das gelobte Land. Irland und Schottland hatten z. B. allein schon
wegen der Armut ihrer Bewohner einen ausgesprochen schlechten Ruf; es gab
dort außer dem Sold einfach wenig zu verdienen. Auf der iberischen
Halbinsel ließ sich zwar gute Beute machen, dafür wurde aber
nur sporadisch Krieg geführt. Frankreich, das sich zwar auch zum großen
Söldnermagneten entwickelte, war zum Teil so kriegsmüde und verwüstet,
dass viele der Parteien oft keinen Sold bezahlten, und die Truppen auf
eigene Faust ihr Glück suchen mussten.
In Italien dagegen war nach dem Ende der Staufer ein Machtvakuum entstanden,
das auch deren alte Gegner der Papst, Karl von Anjou und die norditalienischen
Städte nicht ausfüllen konnten. So verstrickten sich die Anjou
nach dem als "Sizilianischen Vesper" bekannten Aufstand 1282 in einen langwierigen
Krieg mit dem Haus Aragon, wodurch sie als Ordnungsmacht auf der Halbinsel
weitgehend ausschieden. 1305 zogen sich dann auch noch die Päpste
nach Avignon zurück, was zu einer ganzen Anzahl neuer Herrschaften
in der Romagna führte. Gleichzeitig befanden sich die kommunalen Freiheiten
der alten Stadtrepubliken allgemein im Niedergang. In vielen Städten
drängten die so genannten Signorien, d.h. Herrscher auf Lebenszeit,
an die Macht: die Scaliger in Verona, die Della Torre und Visconti in Mailand,
die Este in Ferrara, die Gonzaga, Montefeltro, Malatesta und viele andere.
Diesen Tyrannen konnte gar nicht daran gelegen sein, sich auf Bürgermilizen
zu verlassen. Für sie waren fremde Söldner die idealen Werkzeuge.
England und Frankreich rafften sich während des Hundertjährigen
Krieges mehrmals zu großen Aktionen auf, bei denen dann gewaltige
Armeen in spektakuläre Schlachten geführt wurden. Wenn mit diesen
Schlachten nichts erreicht wurde - der Regelfall -, verwüsteten die unbezahlten Söldner
anschließend das Land. In Italien kam es zwar am Anfang der Entwicklung
zu ähnlichen Erscheinungen, dann lief das Geschäft jedoch in
geregelteren Bahnen. Die Heere waren kleiner als in Frankreich und die
Schlachten unbedeutender, dafür gab es allerdings fast konstant Arbeit
und regelmäßige Bezahlung. Italien war sogar mehrmals in der
Lage größere Söldnergruppen aus Frankreich aufzunehmen,
wenn diese dort nach einem Waffenstillstand "arbeitslos" geworden waren.
Natürlich hatte auch Italien unter den Söldnern grausam zu leiden,
vor allem das ungeschützte Land wurde immer wieder geplündert.
Die Städte mussten riesige Summen für Sold ausgeben, oder sich
zu ähnlichen Preisen den Abzug feindlicher Kompanien erkaufen.
Man hat die Militärausgaben der Städte auf 30 bis 50% ihrer Haushalte
geschätzt, und das reiche Siena, das allerdings das Pech hatte an
mehreren strategischen Durchzugsstraßen zu liegen, verlor sogar 1399
seine Unabhängigkeit an Florenz, weil es wegen dieser Schutzgelder
völlig bankrott war.
Dennoch blieben Italien die katastrophalen Verwüstungen und der
damit verbundene Niedergang Frankreichs erspart. In Italien entwickelte
sich das Söldnertum zu einer festen Institution. Der Condottiere,
der typische spätmittelalterliche Söldnerführer, der mit
einer kompletten Armee seine Dienste anbietet, ist in Italien in dieser
Zeit entstanden. Vieles, was Rekrutierung, Bezahlung oder Bewaffnung betraf,
wurde auch für die Armeen anderer Länder wegweisend. Die Entwicklung
fand erst dann ihr Ende, als sich am Ende des 15. Jahrhunderts die neuen
Großmächte Frankreich und Spanien in die italienischen Angelegenheiten
mischten. Denn mit ihnen betraten Armeen die Bühne, die von einem
Condottiere nicht mehr zu finanzieren waren.
Unter den Söldnern dominierten lange die Ausländer. Zu den
seit den Staufern zurückgebliebenen Deutschen kamen mit Karl von
Anjou Franzosen und dann mit Friedrich von Aragon Katalanen, die geographische
Nähe lockte Provencalen und Savoyarden ins Land, in einen
Krieg um die Thronfolge von Neapel folgten zahlreiche Ungarn ihrem König
und blieben, in den Ruhephasen des Hundertjährigen Krieges kamen dann
Gascogner, Bretonen und Engländer und schließlich die Armagnaken.
Von dieser bunten Mischung, die je nach den politischen Verhältnissen
in den Anrainerstaaten in ihrer Zusammensetzung schwankte, stellten die
Deutschen im 14. Jahrhundert mit ca. 50% den Löwenanteil. So lassen
sich allein im Staatsarchiv von Pisa 2.000 Namen deutscher Reiter nachweisen.
Zwischen 1320 und 1370 sollen über 700 deutsche Ritter mit mehr als
10.000 Mann im Dienst des Papstes gestanden haben und auf der ghibellinischen
Gegenseite mindestens genauso viele.
Das lag zum Teil an den guten alten Traditionen und Familienverbindungen
noch aus staufischer Zeit, und natürlich daran, dass es im Reich im
Gegensatz zu Frankreich und England für professionelle Krieger
relativ wenig Verwendung gab. Richtig in Schwung kam das Geschäft
allerdings durch die erfolglosen Romzüge der deutschen Könige.
1310 machte sich Heinrich VII. von Luxemburg auf den Weg, um sich in Rom
zum Kaiser krönen zu lassen. In seinem Heer befanden sich kaum große
Fürsten dafür umso mehr Abenteurer und Verbannte, die damit rechneten
nach den erwarteten großen Siegen in Italien entsprechend belohnt
zu werden. Als Heinrich dann bald nach der Kaiserkrönung an einer
Krankheit starb, blieben gerade diese Glücksritter zum Großteil
in Italien. Viele erwartete zu Hause nichts, und andere hatten sich hoch
verschuldet, um Heinrich mit einigen Knechten zuziehen zu können.
Allein in den Dienst von Pisa traten über 1.000 Reiter. 1313 schlugen
sie das Aufgebot von Lucca vernichtend und plünderten im nächsten
Jahr nach einem neuen Sieg die Stadt. Zwei Jahre später fegten sie
bei Montecatani das Aufgebot von Florenz aus dem Feld.
An diesen in ihrer Zeit spektakulären Siegen hatten deutsche Reiter
einen entscheidenden Anteil und förderten dadurch ihren Ruf, und so
erstaunt es nicht, dass 1317 sogar Karl von Anjou versuchte über die
Habsburger deutsche Söldner zu werben. Die Bürgermilizen, die
den Staufern so lange zähen Widerstand geleistet hatten, waren den
Söldnern nicht mehr gewachsen. Obwohl die Panzerung immer noch hauptsächlich
aus Kettenhemd und Topfhelm bestand, war sie im Durchschnitt doch verbessert
worden. Unter den Staufern hatten viele noch mit Eisen beschlagene Lederpanzer
getragen, bei den berittenen Kriegsknechten waren Helm und eiserner Schulterschutz
die Mindestanforderung, was darauf schließen lässt, dass einige
keine vollständige Rüstung besaßen. Nun begann man damit
die Kettenpanzer mit Brustplatten und Schienen zu verstärken. Wahrscheinlich
hatte sich gerade unter den Berufskriegern auch die Taktik verbessert,
so dass mehr Manöver in geschlossener Formation möglich waren.
Die neuere Forschung zur mittelalterlichen Militärgeschichte ist sich
weitgehend einig, dass die frühen Siege der Infanterie bei Courtrai
1302 und Morgarten 1315 als Ausnahmen zu werten sind, und am Anfang des
14. Jahrhunderts die schweren gepanzerten Lanzenreiter die Schlachtfelder
uneingeschränkt dominierten.
Nachdem die Florentiner 1325 in der Schlacht von Altopascio durch ein
Söldnerheer noch einmal geschlagen worden waren, war es mit dem Selbstvertrauen
seiner Bürger endgültig vorbei. Als zwei Jahre später die
Bürger für den Reiterdienst gemustert wurden, meldeten sich nicht
mehr als hundert, und der Stadt erschien es klüger, sich ihren Schutz
fortan zu mieten. Florenz war kein Einzelfall. Die meisten Städte
gingen in dieser Zeit dazu über, ihre Kriege mit Söldnern zu
führen. Gleichzeitig wurden durch die deutschen Könige immer
wieder neue Reserven nach Italien gebracht. Nach Heinrich von Luxemburg
kam 1327 Ludwig von Bayern und schließlich 1354 und 1368 Karl IV.
Alle zogen nach der Kaiserkrönung schnell wieder ab und ließen
größere Gruppen unbezahlter Söldner zurück.
Die meisten kamen aus Süddeutschland - dem alten Herzogtum Schwaben
- aber auch viele aus der Schweiz, dem Rheinland und aus Reichsstädten.
In Italien kämpften sie für den einen oder anderen Potentaten,
oder sie schlossen sich zu selbständigen Kompanien zusammen und boten
ihre Dienste dem Meistbietenden an, oder raubten auf eigene Rechnung. Verwandtschaftliche
Bande sorgten, wie bei den Normannen, für neuen Nachschub aus der
Heimat. Dass es in Italien nicht nur Sold, sondern auch reichlich Beute
gab, hatte sich im Reich längst herumgesprochen. Kamen nun Nachrichten
von neuen Konflikten und Werbungen, lieh man sich Geld, rüstete die
kräftigsten Knechte als Sergeanten aus und zog zusammen mit Verwandten
und Freunden los. Gerechnet wurde nach Helmen und das bedeutete jeder gepanzerte
Reiter, der mit seinen Waffen umgehen konnte, zählte. Oft sprach man auch
einfach von "Reisigen", d.h. reisefertigen im Sine von gerüsteten Kriegern.
Die Ritterwürde hatten allerdings die wenigsten, bis um 1330 lediglich
die Mehrzahl der Fähnleinführer, danach noch nicht einmal die.
Da aber jeder Anführer einfache Reiter zum Ritter schlagen konnte,
wurden auch Bürger- und einige Bauernsöhne auf dem Schlachtfeld
in die exklusive Adelskaste aufgenommen. Letzten Endes war es der Reiterdienst,
der adlig machte. Wer sich die teure Ausrüstung leisten konnte und
sich im Kampf bewährte galt schließlich auch als Ritter. So
weit man dies heute noch feststellen kann, stammten viele aus dem niederen
Dienstadel, dazu kamen die Söhne von Patriziern und Großbauern.
Stark vertreten waren auch uneheliche Söhne von Adligen, die so genannten
Bastarde, die auf diese Weise ihr Glück suchen sollten, und Exkleriker,
bei denen es sich zum Großteil auch um überzählige Söhne
des Adels handelte, denen das Klosterleben zu langweilig gewesen war. In
den Urkunden werden viele Reiter nach einer Stadt oder Region genannt,
z. B. "de colonia" oder "de swabia", was ebenfalls auf eine nichtadlige
Herkunft deutet.
Natürlich schlossen die italienischen Städte nicht mit jedem
einzelnen Reiter einen speziellen Vertrag. Sozusagen als Mittler dienten
hier die Fähnleinführer oder Bannerherren. Ein Banner bestand
aus etwa 20 "Helmen", d. h. ritterlich Bewaffneten, die allerdings noch
oft einen gerüsteten Knecht bei sich hatten. Die Bannerherren siegelten
nun für ihre Fähnlein den Vertrag, der als "Condotte"
bezeichnet wurde. Dabei wurden sie recht schnell zu den wichtigsten Personen.
Sie vermittelten den Städten nicht nur die begehrten Söldner,
sondern traten bei diesen gelegentlich in Vorschuss und verliehen sogar
manchmal Waffen und Pferde. Bei größerem Bedarf wandte sich
eine Stadt vielleicht auch an einen deutschen Grafen, der dann als kleiner
Codottiere 100 Helme oder mehr vermittelte. Aber auch diese Truppenführer
schlossen dann normalerweise Subkontrakte mit einzelnen Bannerherren.
Diese Bedeutung spiegelt sich auch in den Soldsätzen. Ein einfacher
Fußknecht verdiente mit 2,5-3 Fl. (Gulden) ungefähr so viel
wie ein Handwerker, d.h. mit diesem Geld konnte man wahrscheinlich recht
und schlecht eine Familie ernähren. Die Einkünfte des schwäbischen
Adels lagen in dieser Zeit bei ca. 200 Fl. jährlich, bei vielen jedoch
deutlich darunter. D. h. mit 10 Fl. im Monat gehörte man auf jeden
Fall zur Oberschicht. Ein mit einem schweren Schlachthengst (equus) ausgerüsteter
Reiter erhielt 9 Fl. im Monat, wenn er außerdem noch einen Wallach
(ronzinus) mitführte, erhielt er dafür 3 Fl. extra. Ein Bannerherr
bekam mit 20 Fl. im Monat ungefähr das doppelte, und die Führer
größerer Einheiten, die Condottieri konnten mehrere hundert
Fl. im Monat verdienen, bei Vertragsabschluss wurden oft sogar einige tausend
bezahlt.
Wollte ein Adliger mit etwas "Betriebskapital" also ins Geschäft
kommen, so musste er zumindest ein Banner von 20 Helmen aufstellen. Dabei
war es dann sogar besser, eigene Knechte auszurüsten als sich nur
mit konkurrierenden Adelsgenossen zusammenzutun. Den Knechten konnten dann
später die Unkosten für Bewaffnung und Pferde vom Sold abgezogen
werden. Das Problem dabei war lediglich, dass nicht viele Adlige über
ausreichend Kapital verfügten, um eine größere Anzahl an
Knechten auszurüsten. Für andere, die gar kein Geld hatten, war
es oft die einzige Chance sich einem Reiter als Knappe anzubieten. Ein
zeitgenössischer Autor riet armen adligen Söhnen, dass
sie zu einem Werbeplatz gehen und sich einer guten Truppe anschließen
sollten. Als Pagen müssten sie Abfälle essen und auf dem Boden
schlafen, bis ihnen ihr Herr irgendwann das Reservepferd überließ,
dann bekämen sie Sold, und wenn sie damit sparsam umgingen, könnten
sie sich irgendwann selbst ein Schlachtross und Waffen anschaffen.
Bleibt die Frage, ob sich die Arbeit denn lohnte. Mit etwa dem drei-
bis vierfachen eines Fußknechtes oder dem doppeltem Einkommen eines
gut bezahlten Handwerkers und Familienvaters, sollte man eigentlich denken,
dass sogar ein einfacher Reiter etwas auf die Seite legen konnte. Doch
die Quellen erzählen etwas anderes. Es existieren zahlreiche Kreditverträge
mit denen sich Söldner Geld für über 30% Zinsen liehen.
Immer wieder gab es Klagen von Söldnern, die sich von Wucherern ausgeplündert
fühlten. Die zahlreichen Verordnungen, die es verboten Waffen und
Pferde als Sicherheiten anzunehmen, deuten darauf hin, dass die Söldner
häufig ihre Ausrüstung versetzten, was dann im Krieg zu ernsten
Problemen führen konnte. Die Gründe dafür waren vielfältig. Oft wurde
der Sold mit großer Verspätung ausbezahlt, und dann mussten
sich die Reiter Geld zu horrenden Zinsen leihen. Zudem lebte jeder nach
Möglichkeit wie ein "Herr", d. h. mit mindestens einem Pagen, oft
noch mit anderen Bediensteten. Einige mussten sicher auch noch ihre Ausrüstung
abstottern. Sehr teuer waren auch die Pferde nicht nur in der Anschaffung,
sondern auch im Unterhalt. Ein gutes Schlachtross konnte zwischen 50 und
100 Fl. kosten. Die Forschung geht deshalb davon aus, dass zumindest die einfachen
Reiter von ihrem Sold kaum etwas zurücklegen konnten. Der französische
Historiker Philippe Contamine ist sogar der Ansicht, dass ein Ritter mit
Helfer, Pagen und Pferden von seinem Sold kaum leben konnte.
Die große Chance und die Hoffnung aller Söldner war deshalb
die Beute und hier vor allem die menschliche. Man konnte natürlich
auch bei der Plünderung einer Stadt seinen Schnitt machen, doch das
mit Abstand beste Geschäft wurde mit Lösegeldern gemacht. Sie
entsprachen in der Regel einem Jahreseinkommen des Gefangenen. Das heißt
ein Ritter wurde auf 100 bis 200 Fl. "geschatzt", aber ein hoher Adliger
konnte durchaus einige tausend wert sein. In manchen Kriegen dienten Söldner
nur für die Aussicht auf Lösegelder. Natürlich durfte nicht
jeder von jedem Lösegeld nehmen. Auch das wurde in den Soldverträgen
genau geregelt. Ganz hohe Gefangene mussten gegen eine entsprechende Abstandszahlung
an den Kriegsherren abgegeben werden. Dennoch konnte man mit einem Schlag
reich werden. Für 5.000 Fl. erhielt man im Reich schon eine ganz
ansehnliche Herrschaft mit einer Burg und einer kleinen Stadt.
Auch hier ist von Ritterlichkeit wenig zu lesen. Um möglichst schnell
zu möglichst viel Lösegeld zu kommen wurden die Gefangenen oft
sehr brutal behandelt, in Eisen geschlossen und oft genug sogar gefoltert.
Als 1349 die Große Kompanie aus Ungarn und Deutschen das Aufgebot
von Neapel bei Meleto schlug, meinte ein italienischer Chronist, dass man
das eigentlich keine Schlacht nennen könne, sondern eher eine "Falle
um Barone und Ritter mit großem Reichtum zu fangen". Die Gefangenen
wurden anschließend brutal gefoltert, bis schließlich allein
die fünf reichsten Grafen zusammen 100.000 Fl. Lösegeld bezahlten.
Die Deutschen, die hier einen besonders grausamen Ruf hatten, waren untereinander
jedoch so solidarisch, dass sie gefangene Landsleute meistens ohne Lösegeld
allerdings auch ohne Waffen und Pferde freiließen. Dabei konnte es
natürlich auch vorkommen, dass arme Reiter in den Dienst des siegreichen
Bannerherren wechselten, der ihnen dann ihre alte Ausrüstung auf Kredit
wieder zur Verfügung stellte.
Die Lösegelder für wohlhabende Gefangene, die auch bei den
Fehden im Reich das einträglichste Geschäft waren, verdeutlichen,
für wen der Kriegsdienst wirklich interessant war. Ein wohlhabender Graf
hatte mehr zu verlieren. Für ihn lohnte es sich nur, wenn er als Condottiere
mehrere hundert Helme bei einer entsprechenden Provision vermittelte. Ein
einfacher Knecht dagegen konnte durch einen guten Fang sein Glück
machen.
Allerdings beschränkte man sich bei den Lösegeldern nicht
nur auf adlige Gefangene. Kaufleute, Frauen und Kinder wurden entführt
und dann ihren Familien zur Auslösung angeboten. Manchmal nahmen die
Söldner sogar die Bauern eines ganzen Dorfes mit, und verlangten dann
von ihrem Herrn, der sicher in seiner Burg oder der nächsten Stadt
saß, eine entsprechende Summe. Da dieser nicht wollte, dass man ihm
seine Bauern ohne Hände zurückschickte und deshalb niemand mehr
seine Felder bearbeite, zahlte er meistens. Wenn man über die großen
Schlachten und reichen Gefangenen spricht, sollte man nicht vergessen,
dass bei den Kriegszügen selten ein Gefangener oder ein Beutestück
zu arm oder zu schäbig waren. Was die Ritter liegen ließen,
nahmen ihre Pagen oder die Fußknechte, und was auch die nicht mehr
wollten, wurde vom Tross mitgenommen.
Neben den Lösegeldern für Personen wurden ähnliche
Geschäfte mit ganzen Städten und Regionen gemacht. Da
größere Städte kaum erobert werden konnten, verlegte man sich darauf
diese durch die Verwüstung des umliegenden Gebietes zu schädigen,
bis die Stadt dann den Abzug ihrer Feinde erkaufte. Gegen einen entsprechenden
Aufpreis konnte man die Söldner vielleicht sogar dazu motivieren in
das Gebiet eines Gegners abzuziehen. Man sollte in diesem Zusammenhang
daran denken, dass das Wort "Brandschatzung" nicht davon kommt, dass beim
Plündern alles abgebrannt wurde, sondern davon, dass ein Dorf oder
eine Stadt wie ein Gefangener auf einen bestimmten Wert geschatzt und
dann nach Entrichten dieses Betrages verschont wurde. So schrieb der Söldnerführer
Konrad von Landau einem Kardinal als er sich zu einem Raubzug in päpstliches
Land aufmachte: "Es ist unser Brauch diejenigen zu plündern, zu berauben
und zu töten, die Widerstand leisten. Unser Einkommen kommt aus den
Provinzen, in die wir einfallen. Derjenige, der sein Leben schätzt,
bezahlt uns für seinen Frieden und seine Ruhe einen hohem Preis."
Unter den Söldnern des 14. Jahrhunderts war viel von Ritterlichkeit,
adligen Titeln und Ehre die Rede, entscheidend war jedoch der Erfolg, und
der wurde in barer Münze gemessen. Ein guter Kämpfer mit einer
gehörigen Portion Verschlagenheit, einer robusten Gesundheit und dem
Glück auf seiner Seite konnte hoch steigen. Über die Herkunft
von Albert Sterz, der die Weiße Kompanie aus Frankreich nach Italien
führte, ist nichts bekannt. Sein Nachfolger, der legendäre Engländer
John Hawkwood war der Sohn eines Gerbers. Konrad von Landau nannte sich
zwar Graf, doch seine Herkunft ist genau so dunkel wie die von Sterz. Dennoch
heiratete sein Sohn Lutz wie Hawkwood eine illegitime Tochter Bernabò
Viscontis und wurde damit Teil des einheimischen Adels. Hüglin von
Schöneck der Sohn eines Malers aus Basel wurde päpstlicher Marschall
in Spoleto. Die steilste Karriere machte sicher Jacobo Attendolo der Sohn
eines Bauern aus der Romagna. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Körperkräfte
erhielt er den Beinamen "Sforza" und sein Sohn Francesco machte sich zum
Herzog von Mailand.
Andere dagegen, die in einem unglücklichen Feldzug Pferde und Waffen
verloren, konnten sich vielleicht auf Kredit noch einmal ausrüsten.
Doch dann wurde es schon eng und es konnte gut sein, dass sie im Schuldturm
endeten. Wer weder Geld noch Kredit hatte, dem nützte auch die edelste
Ahnenreihe nichts, er konnte sich bestenfalls noch als Fußknecht
verdingen, oder zusehen, wie er zurück über die Alpen kam und
dort der Verwandtschaft auf der Tasche liegen.