Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Der Verkauf der Marienburg

Eine Episode aus dem Dreizehnjährigen Städtekrieg.

Obwohl sich an der Schlacht bei Tannenberg 1410 die patriotischen Gefühle ganzer Generationen deutscher und polnischer Historiker erhitzt haben, hat sie letzten Endes kaum etwas bewirkt. Der Deutsche Orden musste ein Jahr später im Frieden von Thorn lediglich eine Kriegsentschädigung zahlen und auf die gewaltsame Heidenbekehrung verzichten. Bald flammte der Krieg wieder auf und zog sich unterbrochen von einigen weiteren Friedensabkommen noch über Jahrzehnte hin. Die Sache stand für den Orden eigentlich gar nicht so schlecht, vor allem nachdem sich die polnische Außenpolitik ab 1439 zunehmend auf die Thronstreitigkeiten in Böhmen und Ungarn konzentrierte. Als dann noch ein großes polnisches Heer 1444 bei Varna vernichtend von den Türken geschlagen wurde, war von polnischer Seite kaum noch an eine Eroberung Preußens zu denken. Die Macht des Ordens wurde erst ein halbes Jahrhundert später (!) im so genannten Dreizehnjährigen Städtekrieg (1454-66) gebrochen, in dem sich die preußischen Stände gegen den Orden erhoben hatten und der letzten Endes allein durch Geld entschieden wurde.

Schlacht bei Tannenberg 1410

Es ist so gesehen schon erstaunlich, dass in vielen Lexika und Standardwerken immer noch die Schlacht von Tannenberg als Endpunkt der Geschichte des Deutschen Ordens betrachtet wird. Das liegt sicher zum Teil daran, dass es oft viel einfacher ist, sich auf ein einzelnes Ereignis zu konzentrieren als sich mit komplexeren Vorgängen auseinanderzusetzen. Vor allem aber widersetzt sich Geschichte oft dem Bild, das sich Patrioten von ihr machen. Für die Polen war Tannenberg einfach einer der größten Siege ihrer Geschichte, und so wollte dort kaum jemand etwas davon wissen, dass der Krieg hauptsächlich mit preußischem Geld und fremden Söldnern gewonnen wurde. Auf deutscher Seite wurde Tannenberg zum nationalen Mythos eines Abwehrkampfes gegen die "wilden Horden aus dem Osten" hochstilisiert und auch hier passte es nicht ins Bild, dass der Orden nicht zuletzt an seiner Reformunfähigkeit und im Kampf gegen die eigene Bevölkerung gescheitert war. Man sollte außerdem nicht übersehen, dass weder der deutsche Kaiser noch die Könige von Ungarn, Polen und Böhmen "national" dachten, sondern rein dynastisch. Sie hatten allein die Hausmacht ihrer Familien im Sinn; verwandt waren sie ohnehin fast alle miteinander. Es ist deshalb mehr als naiv, aus heutiger Sicht das Verhalten der preußischen Bürger und Ritter, des polnischen Adels oder gar das der fremden Söldner als "unpatriotisch" zu brandmarken.

Aber wir überlassen Tannenberg gerne den unverbesserlichen Patrioten und wollen uns statt dessen mit den Dreizehnjährigen Städtekrieg von der Schlacht bei Konitz bis zum Verkauf der Marienburg beschäftigen, den viele zwar als kriegsentscheidend aber eben auch für ein typisches Beispiel des materialistischen Verhaltens von Söldnern halten. Man sollte dabei aber nicht ganz vergessen, dass sich in diesem Krieg sowohl der Orden wie auch der polnische König nur selten an gegebene Zusagen hielten. Die preußischen Landstände hatten sich dagegen nicht nur gegen ihre Herren erhoben, sondern wechselten bei Bedarf auch gerne die Fronten.

Durch die langen Kriege gegen Polen hatte der Orden die Steuern in Preußen gewaltig erhöht. Das führte schließlich zu Protesten der Ritterschaft und der Städte, die ja nicht nur immer neue Abgaben aufbringen, sondern auch in Kämpfe ziehen mussten, deren Sinn sie schon lange nicht mehr akzeptierten. Sie waren zwar durchaus bereit die Lasten zu tragen, verlangten aber ein gewisses Mitbestimmungsrecht. Für diese Anliegen hatten nun die Herren im weißen Mantel absolut kein Verständnis; sie dachten nicht im Traum daran, sich von irgendwelchen kleinen Landadligen oder Kaufleuten in ihre Politik hineinreden zu lassen. Die Arroganz der Ordensbrüder verschärfte den Konflikt weiter, bis sich Städte und Ritter zum "Preußischen Bund" zusammenschlossen. Aber auch der Bund setzte noch lange auf Verhandlungen. Erst als alle politischen Vorstöße ohne Ergebnis blieben und eine Gesandtschaft an den Kaiser überfallen und zum Teil ermordet wurde, begann er mit der Werbung von Söldnern.

Die klassischen Werbegebiete für Preußen waren Meißen, Schlesien, die Lausitz und Böhmen. Durch die Hussitenkriege (1420-36) war Böhmen zu einer Art hohen Schule der Kriegskunst in Mitteleuropa geworden. Mit großem Erfolg waren dort neue Taktiken wie der Einsatz des Fußvolks gestützt auf Wagenburgen und Feuerwaffen erprobt worden. Es erstaunt deshalb nicht, dass die Hussiten nach dem Ende der Kämpfe in Böhmen auch bei ihren ehemaligen Gegnern als Söldner bald hoch geschätzt wurden. Ehemalige hussitische Heerführer entwickelten sich schnell zu echten Condottiere, die bei entsprechender Bezahlung die gewünschten Truppen lieferten. Bei der Professionalisierung der alten hussitischen Aufgebote stieg wieder die Bedeutung der schweren Reiterei. Geliefert wurden deshalb vor allem "Spieße", worunter normalerweise drei Berittene verstanden wurden: ein Reisiger, ein bewaffneter Knecht und ein Schütze. Dazu kam noch eine größere Menge Fußvolk, das als "Trabanten" bezeichnet wurde, und natürlich verfügte jede Truppe über eigene Trosswagen, aus denen bei Bedarf eine befestigte Wagenburg - der Tabor - gebildet werden konnte.

Reiter im Spätmittelalter Die ersten Werbungen des Preußischen Bundes müssen in aller Stille erfolgt sein, denn der Deutsche Orden ergriff keinerlei Gegenmaßnahmen. Nachdem die ersten Söldner eingetroffen waren, schlug der Preußische Bund Anfang Februar 1454 völlig überraschend los und nahm im Sturm die Ordensburg in Thorn, das sich in der Folgezeit zum Sammelpunkt für die neu ankommenden Söldner entwickelte. Mit diesen ging es dann Schlag auf Schlag und in wenigen Wochen waren fast alle Ordensburgen erobert. Erst jetzt griff auch Kasimir, der König von Polen ein. Da der polnische Adel aber an einem neuen Krieg gegen den Orden kein Interesse hatte, kam er nur mit einem kleinen Söldnerheer. Im Mai begannen die Verbündeten dann ernsthaft mit der Belagerung der Marienburg. In dem bunt gemischten Heer, bestehend aus preußischen Rittern, den Aufgeboten der Städte, deutschen, polnischen und böhmischen Söldnern, bildeten die Böhmen ohne Zweifel die Elite.

Die Söldner garantierten zwar die militärische Überlegenheit des Preußischen Bundes, wurden aber schnell zu einem dominanten Problem. Angelockt von den reichen Versprechungen, waren inzwischen über 12.000 zusammengekommen. Allein Danzig, das die Hauptlast der Verpflichtungen zu tragen hatte, musste täglich 400 Mark bezahlen. Da dieses Geld auch durch neue Steuern nicht so schnell aufgebracht werden konnte, bot man den Söldnern Waren zur Bezahlung an oder vertröstete sie. Unter diesen Umständen versahen die Söldner ihren Dienst entsprechend lustlos. Manche drohten damit, das Land zu verlassen, andere begannen mit dem Orden zu verhandeln, der ja noch über volle Kassen verfügte und eine Gruppe von über hundert Reitern desertierte sogar in die Marienburg. Die Städte taten, was sie konnten, erhoben neue Abgaben und versuchten bei der Hanse Geld zu leihen. Auch König Kasimir versprach Hilfe. Schließlich einigte man sich mit den Söldnern auf eine geschuldete Summe von 46.630 Mark. Falls der Preußische Bund das Geld nicht zum festgelegten Termin bezahlen würde, sollten die Söldner das Recht haben es selbst im Land einzutreiben. Es war sozusagen die offizielle Erlaubnis zum Plündern und bald verließen die ersten Gruppen das Lager vor der Marienburg und begannen damit, ihre Soldrückstände einzutreiben.

Während der Preußische Bund sich mit immer größeren Schwierigkeiten konfrontiert sah, begann der Orden seinerseits mit Werbungen. Da seine Abgesandten bei den deutschen Fürsten auf taube Ohren stießen, versuchte er es auch in Böhmen. Obwohl der Reichsverweser Georg Podiebrad als Verbündeter Polens galt, war er schnell bereit dem Orden mehrere tausend Reiter und 20.000 Mann Fußvolk zu liefern. Da jedoch die exorbitanten Forderungen dieses Söldnerfürsten die Mittel des Ordens bei weitem überstiegen, wandte sich dieser an die kleineren Anbieter in Böhmen und Schlesien, die zwar meistens nur einige Dutzend Spieße ins Feld führen konnte, dafür aber zumindest am Anfang bezahlbar waren.

Eine erste Gruppe von 600 Reisigen hatte Heinrich Reuß von Plauen geworben und mit ihnen die Stadt Konitz besetzt, wo er kurz darauf von einem überlegenen Heer böhmische und schlesischer Söldner eingeschlossen wurde. Plauen war zu dieser Zeit einer der bewährtesten Söldnerführer des Reichs. Obwohl oder gerade weil er sein Handwerk im Kampf gegen die Hussiten gelernt hatte, hatte er bei seinen späteren Kriegszügen immer zahlreiche böhmische Söldner in seinen Reihen. Während Plauen Konitz verteidigte, sammelte der Orden in der Neumark ein starkes Entsatzheer. Unter dem Oberbefehl des schlesischen Herzogs Rudolf von Sagan sollen dort etwa 9.000 Reisige und 6.000 Trabanten zusammengekommen sein. Das beste Kontingent soll ein gewisser Bernhard von Zinnenberg (auch Bernard von Szumborski oder Czimburg), ein böhmischer Adliger, geführt haben. Neben 500 Reisigen stellte er auch einen guten Teil der Kampfwagen und Karrenbüchsen der Wagenburg.

Nachdem König Kasimir von der Aufstellung des Entsatzheeres erfahren hatte, bewegte er den polnischen Adel durch erneute politische Zugeständnisse zum Aufgebot des Reichsheeres. Als sich die Polen vor Konitz einfanden, verfügten sie mit den Belagerern über mindestens 20.000 Mann und waren damit dem Ordensheer weit überlegen. Während das letztere aber überwiegend aus erfahrenen Söldnern bestand, bezogen viele Polen ihre Stärke immer noch aus dem Sieg von Tannenberg, den sie allerdings bestenfalls aus den Erzählungen ihrer Väter kannten. Sie waren sich sicher, "die Deutschen" einfach niederreiten zu können, und würfelten siegesgewiss darum, wer wie viele Deutsche erschlagen dürfe. Die mahnenden und sachverständigen Ratschläge einzelner böhmischer Hauptleute wurden dabei natürlich völlig ignoriert.

Handrohrschütze Als die beiden Heere schließlich am 18.9.1454 vor Konitz aufeinander trafen, schickten die Polen ihr unerfahrenes Fußvolk gegen die feindliche Wagenburg und ihre Reiterei blieb zu guten Teilen in sumpfigem Gelände stecken, das deshalb lange Zeit den Namen "Heerbruch" getragen haben soll. Nachdem die polnischen Angriffe abgeschlagen waren, verlagerte sich der Kampf auf die Wagenburg der böhmischen Söldner, die der Preußische Bund geworben hatte. Hier wurde nun erbittert gekämpft, wobei sich die Böhmen als Elitetruppen auf beiden Seiten gegenüber standen. Rudolf von Sagan fiel und Bernhard von Zinnenberg kam in Gefangenschaft, obwohl seine Böhmen alles taten um ihn wieder herauszuhauen. Allerdings scheint er auf der Gegenseite alte Bekannte getroffen zu haben, denn kurz darauf war er auf Ehrenwort wieder frei und brach mit einer Gruppe Reisiger nach Konitz durch. Dadurch ermuntert machte nun Plauen mit der Garnison einen Ausfall und griff die polnische Wagenburg von hinten an, was die Entscheidung brachte.

Der Sieg war bedeutend. Weniger als 100 Toten auf der Seite des Ordens standen über 3.000 auf polnischer gegenüber. Dazu kamen hunderte von hochrangigen Gefangenen und die reiche Beute des Feldlagers. Weitaus wichtiger war jedoch, dass das Gleichgewicht der Kräfte wieder hergestellt war. Auf dem Weg zur Marienburg eroberte Zinnenberg eine ganze Reihe von Ordensburgen zurück, deren Besatzungen sich entweder gegen freien Abzug ergaben oder schon vorher das Weite gesucht hatten. Auch das Aufgebot der Städte hatte bei der Nachricht von der Niederlage bei Konitz die Belagerung der Marienburg schnell abgebrochen. In den folgenden Wochen unterwarfen sich dann weitere Städte und Adlige dem Orden. Auch einige böhmische Söldnerführer des Preußischen Bundes, die seit längerem auf ihre Bezahlung warteten, boten einen Seitenwechsel an.

Doch bald befand sich der Orden in einer ähnlichen Situation wie seine Gegner. Die siegreichen Söldner wollten bezahlt werden. Außer einem Handgeld und reichen Versprechungen hatten sie bislang wenig erhalten. Das Gros von ihnen lagerte vor der Marienburg, wo sie immer lautstarker nach ihrem Sold verlangten. Nun versuchte auch der Orden alle möglichen Wertgegenstände zu Geld zu machen, neue Abgaben zu erheben oder Kredit zu bekommen. Allerdings reichten die Mittel bestenfalls zu kurzen Abschlagszahlungen.

Das Hauptproblem lag jedoch nicht in der unersättlichen Gier der Söldner, sondern in der Art und Weise, wie diese geworben wurden. So wären Ende 1454 sicher einige bereit gewesen mit einer Abschlagszahlung nach Hause zu ziehen, und der Orden hätte auf diese Weise die Zahl seiner Gläubiger auf ein übersichtliches Maß reduzieren können. Doch dort dachte niemand an eine solche Lösung. Ganz im Gegenteil, man wollte ja das ganze Land zurückerobern und dazu brauchte man Söldner und noch einmal Söldner. Und so sparte man nicht an Versprechungen, um die Rückkehrwilligen im Land zu halten, warb Überläufer beim Feind und ständig neue Truppen im Reich und Böhmen. Allerdings verhielten sich die Städte des Preußischen Bundes und der König von Polen genau so. Niemand scheint sich Gedanken darüber gemacht zu haben, wie er seine Truppen auf Dauer bezahlen sollte. Die Gelder dienten meistens nur zur Werbung und dann in kleinen Raten der Vertröstung. Wahrscheinlich scheint jeder damit gerechnet zu haben, nach einem schnellen Sieg den Feind zur Kasse bitten zu können. Und wenn sich der Krieg dennoch in die Länge ziehen sollte? Nun ja, Söldner starben ja auch nicht allzu selten und dann erledigten sich ihre Ansprüche von allein.

Reisige im 15.Jahrhundert So gesehen konnten die Söldner nur versuchen ihr Geld mit Hilfe von Drohungen und Erpressungen zu erhalten. Wenn sie lediglich auf alte Versprechungen und Soldbriefe verwiesen hätten, hätte man ihnen die leeren Kassen gezeigt und sie wieder in den Kampf geschickt. Die einzelnen Fähnlein- und Rottenführer standen bei ihren Männern im Wort und mussten deshalb bei ihren Verhandlungen mit dem Orden handfeste Ergebnisse erzielen. Ihr Hauptdruckmittel war dabei, mit ihrem Abzug zu drohen. Aber genau das wollte der Orden um jeden Preis verhindern und so versprach er den Söldnern alle Ordensburgen als Pfand wenn der Sold nicht bis Ende Februar bezahlt werden würde. Grundbesitz oder auch Herrschaftsrechte mit den zugehörigen Einnahmen als Sicherheiten abzutreten war eine in der Zeit durchaus übliche Rechtspraxis. Da man dadurch ihre Forderungen als rechtmäßig anerkannt und auch schriftlich besiegelt hatte, waren die Söldner bereit, noch etwas zu warten.

Bei den Gegnern des Ordens waren die Probleme allerdings nicht geringer. Der Konflikt zwischen Danzig und seinen Söldnern spitzte sich schließlich so weit zu, dass es zu gegenseitigen Überfällen kam. Die Söldner hatten sich in Stargard verschanzt, plünderten von dort im Land und konspirierten sogar mit dem Orden wegen eines gemeinsamen Handstreichs gegen Danzig. Selbst Polen hatte unter den ehemaligen Söldnern zu leiden. Vor Krakau lagerten böhmische Scharen aus Preußen und forderten lautstark ihren Sold. Als dieser nicht kam, errichteten sie bei Auschwitz ein festes Lager und verwüsteten die ganze Region. Erst durch die Einführung neuer Sondersteuern konnte man Teile von ihnen zum Abzug bewegen. Da sie aber ständig neuen Zulauf von Veteranen aus Preußen erhielten, gelang es erst 1462 nach einer großen Schlacht, sie völlig in die Karparten zu vertreiben, wo ihre Reste dann später von Mathias Corvinus zerschlagen wurden.

Inzwischen versuchte der Orden mit allen Mitteln die notwendige Summe zu beschaffen. Zinnenberg hatte in Verhandlungen noch einmal einen Aufschub erreicht. Die Schwertbrüder in Livland schickten Geld und neue Sonderabgaben wurden erhoben. Den Löwenanteil sollte jedoch der Verkauf der Ordensballeinen im Reich bringen. Dies wurde jedoch vom Kaiser und den Fürsten blockiert, die diese schon zu ihrem eigenen Besitz rechneten. Als der neue Termin im April dann ohne Zahlungen verstrich, kam es zu wilden Tumulten. Empörte Söldner drangen mit Gewalt in die Marienburg ein, besetzten sie und plünderten sie erst einmal auf das gründlichste aus. Da Zinnenberg mehr die Interessen des Ordens vertrat, etablierte sich nun neben ihm als Sprecher der Unzufriedenen der Böhme Ulrich Czerwenka von Ledec.

Viele Söldner waren dafür, dem König von Polen möglichst schnell ihre Burgen für die Auszahlung ihres Soldes zu verkaufen. Da aber auch Kasimir nicht über die notwendigen Gelder verfügte, erreichte Zinnenberg einen neuen Aufschub und man verhandelte weiter. Währenddessen schlossen sich andere Garnisonen den Rebellen an, so dass diese immer stärker wurden. Die Söldner begannen ihre Forderungen genau aufzulisten Sie vertraten jetzt 6.346 Reisige, von denen jeder noch zwei Trabanten hatte. Dazu kamen Extrazahlungen für die Pferde, für verlorene Waffen. Und so kamen sie auf die enorme Summe von 437.294 Gulden. So viel Geld hatte natürlich keiner der Verhandlungspartner und so zogen sich die Verhandlungen in die Länge. Die Deutschen tendierten eher dazu, das Geschäft mit dem Orden abzuschließen, da sie Repressalien bei ihrer Heimkehr fürchteten, und verlangten deshalb von Polen mehr Geld. Die Böhmen waren dagegen eher zu Kompromissen bereit, wenn dafür möglichst schnell bezahlt wurde. Zinnenberg vertrat vehement die Sache des Ordens, verlor aber zunehmend seinen Einfluss an Czerwenka.

Die Marienburg

Schließlich verschärfte sich der Konflikt so, dass alle, die nur an den Orden verkaufen wollten, die Marienburg verlassen mussten. Da dadurch der Preis auf weniger als die Hälfte gesunken war, gelang es relativ schnell mit König Kasimir zum Abschluss zu kommen, was die Söldner dann mit einem großen Freudenfest auf der Marienburg feierten. Der Verkauf der Marienburg ist später dann hauptsächlich den Böhmen angelastet worden, die zwar das größte Kontingent aber nicht die Mehrheit der Söldner stellten. Von den 70 Söldnerführern, die stellvertretend für 2.500 Reisige im August 1456 den Vertrag siegelten, waren etwa 30 Böhmen; der Rest kam aus Schlesien, Meißen, Österreich, der Lausitz oder Brandenburg. Es lassen sich also auch hier keine "nationalen" Motive nachweisen. Die "Deutschen" waren beim Verkauf der Marienburg eindeutig in der Mehrheit, während andererseits auch viele Böhmen wie Zinnenberg loyal im Dienst des Ordens blieben.

Der Verkauf der Marienburg war sicher eine Vorentscheidung des Krieges, denn damit verlor der Orden seinen wichtigsten Stützpunkt in Westpreußen, auf das er dann letztlich ja auch verzichten musste. Die Frage, ob es sich für die Söldner gelohnt hat, ist sicher weitgehend zu verneinen. Die große Masse erhielt maximal einen knappen Jahressold und damit weniger als der Orden ihnen schuldete. Die Rottenführer erhielten vielleicht das doppelte. Lediglich Czerwenka und einige der wenigen bedeutenden Hauptleute und Wortführer haben wahrscheinlich Prämien von einigen tausend Gulden erhalten. Allerdings sollte sich kaum jemand von denen, die nach Hause zogen, an seinem Gewinn erfreuen können. Der Orden hatte eine Heerschar von Juristen in Bewegung gesetzt, die in langen Gutachten demonstrierten, dass der Verkauf unrechtmäßig war. Das beeindruckte König Kasimir zwar wenig, für die heimkehrenden Söldner hatte es aber gravierende Folgen. Viele wurden an ihren Heimatorten gebannt und für friedlos erklärt. Als Vogelfreie wurden sie dann oft überfallen, ausgeraubt und manchmal auch getötet. In Magdeburg schnitt man einigen öffentlich die Ohren ab. Auch Czerwenka und seine Kollegen wurden in Böhmen verurteilt und in den Kerker geworfen, später aber auf Betreiben Kasimirs wieder freigelassen, da dieser ihre Dienste in Preußen zur Fortführung des Krieges dringend benötigte.

© Frank Westenfelder  


 
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