Die Schwarze Legion
Das Söldnerheer von Matthias Corvinus.
Der Ausbau der Landesherrschaft und die damit verbundenen Verbesserungen
in der Verwaltung und im Finanzwesen, erlaubten es den Mächten des
Spätmittelalters zwar die wilden Söldnerbanden nach und nach
zu disziplinieren, erhöhte aber andererseits den Bedarf an Söldnern
ständig. Der Adel mit seinen Ritterfähnlein und Cleven konnte
diesen Bedarf schon lange nicht mehr stillen. Fand sich irgendwo in Europa
ein kriegsgewohntes Völkchen oder die Städte brachten eine neue
Waffengattung hervor, so saugten die zahllosen Kriege und das Geld sie
auf. Die Pyrenäenstaaten lieferten immer neue Generationen von Speerwerfern,
England Bogenschützen, der Niederrhein Spießer, Italien Armbrustschützen,
Ungarn und der Balkan leichte Reiter, hinzu kamen Krieger aus der Bretagne,
Schottland, Irland und anderen Ländern, in denen das Leben hart und
armselig war. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts kamen dann
mit den Hussiten sogar vom Papst verfluchte Ketzer hinzu.
Ihr geistiger Ziehvater Jan Hus war 1415 auf dem Konzil von Konstanz
verbrannt worden. Der Papst hatte alle Hussiten mit dem Bann belegt und
als sie sich nicht einsichtig zeigten zum Kreuzzug gegen sie aufgerufen.
Mit Ketzern und Rebellen pflegte man kurzen Prozeß zu machen. Doch
die Hussiten schlugen nicht nur die gegen sie geschickten Kreuzritterheere,
sondern unternahmen auch ausgedehnte Vergeltungs- und Plünderungszüge
ins Reich, nach Polen und Ungarn. Ihre Siege verdanktem sie zu guten Teilen
ihrem militärisch außergewöhnlich begabten Führer
Jan Zizka, der das hoch motivierte Fußvolk in einer neuen Technik
schulte. Da die Hussiten nur über relativ wenige Ritter verfügten,
benötigte Zizka einen Halt für sein Fußvolk. Im Südosten
Europas benützte man im Kampf gegen die Reiternomaden seit langem
Wagenburgen, hatte sie wahrscheinlich sogar von diesen übernommen.
Unter Zizkas Anleitungen entwickelten die Hussiten die Wagenburg zu einer
schwer bewaffneten Festung - dem Tabor. Jedem Wagen wurden mehrere mit
Armbrüsten, Handrohren, Dreschflegeln, Hellebarden und Pavesen ausgerüstete
Fußkämpfer zugeordnet. Zusätzlich wurde die Wagenburg mit
Kanonen verstärkt. Dieser Ring war für die Kreuzritter nicht
zu durchbrechen. Hatten sie sich in mehreren Angriffen erschöpft gingen
die hussitischen Ritter und das Fußvolk zum Gegenangriff über.
Der Ruf der hussitischen Schützen und Dreschflegelschwinger war bald
so furchtbar, daß einmal sogar ein großes Ritterheer schon
bei ihrem Herannahen die Flucht ergriff. Auf den Kriegszügen der Hussiten
wurden die Wagenburgen zu wandernden und unbezwingbaren Festungen.
Mit ihren Erfolgen avancierten die Hussiten vor allem in Osteuropa schnell
zu äußerst beliebten Söldnern. Nach Zizkas Tod vermieteten
einzelne Hauptleute ihre erprobten Scharen an jeden, der Geld hatte. In
den Kriegen des deutschen Ordens mit Polen stellten sie auf beiden Seiten
das größte Söldnerkontingent. Ein Teil von ihnen besetzte
wegen Soldrückständen sogar die Marienburg und verkaufte sie
an Polen. Aber auch die deutschen Fürsten stützten sich gerne
auf die böhmischen Condottieri, wenn sie es sich leiten konnten. So
zum Beispiel 1447 Landgraf Wilhelm III. von Thüringen bei seinen
Zug gegen Soest. Beim Kriegsruhm der Hussiten konnte es nicht ausbleiben,
daß ihnen bald "die Bösen aus allen Ländern zuströmten",
wie es ein deutscher Chronist formulierte. Angelockt von der Beute kamen
Abenteurer aus ganz Europa, die meisten aus Polen, Ungarn und den angrenzenden
Gebieten des Reichs. Die Kämpfe gegen die Kreuzritterheere und untereinander
hatten große Lücken gerissen, die die Fremden ausfüllten.
Bereits um 1430 sollen sie die Mehrzahl der hussitischen Rotten gestellt
haben.
Diese gemischten Söldnerbanden nannten sich selbst "Brüder",
ihre Feinde dagegen bezeichneten sie als "Zebraken" (Buben oder Bettler).
Sie bildeten nach Art der Hussiten freie, halbdemokratische Kriegerbünde,
sogenannte Bruderrotten. Zwar führten sie immer noch Kanonen und eine
große Anzahl von Schützen mit sich, aber die einfachen Dreschflegelschwinger
waren durch erfahrene, mit Hellebarden und Lanzen ausgerüstete Fußkämpfer
ersetzt worden. Charakteristisch für das Fußvolk waren die großen
Setzschilde oder Pavesen, die in den Boden gesteckt und aneinandergehakt
werden konnten. Damit ließen sich bei Bedarf schnell schützende
Schildwälle errichten. Die fremden Abenteurer hatten den Anteil der
ritterlich bewaffneten Reiterei erhöht. Die Heimat dieser freien Bruderrotten
war der Tabor mit seinen schweren Kriegswagen. Dort befanden sich die Familien
der Krieger, die sich im Gefecht an der Verteidigung der Wagenburg beteiligten
und andere Hilfsdienste übernahmen. Während ihrer jahrzehntelangen
Existenz waren die Zebraken zu Halbnomaden geworden. Mit ihren wandernden
Festungen folgten sie den Kriegen in Böhmen, Mähren, Polen, Österreich
und Schlesien. Fanden sie keine ausreichende Beschäftigung, machten
sich vor allem in den Grenzregionen immer wieder größere Gruppen
selbständig, besetzten Burgen, erpreßten Schutzgelder und raubten
das Land aus. Viele dieser Bruderrotten hielten untereinander Kontakt,
um sich gegenseitig beizustehen oder um sich bei lohnenden Raubzügen
zusammenzuschließen. Ihre Anführer waren ein ebenso internationales
Gemisch wie die Söldner selbst. Da waren die Böhmen Wenzel Wlak,
Franz von Hag und Johann Swehla, der Mährer Georg von Lichtenburg,
die Österreicher Konrad Weitracher und Hans Kling, die Brandenburger
Johann und Wilhelm von Tettau und Nicolaus von Haugwitz, der Schlesier
Christoph von Gersdorff und die Slowaken Blasius und Johann Podmanicky.
Nachdem sich in Böhmen die Verhältnisse wieder stabilisiert
hatten, versuchte man dort des Problems Herr zu werden, indem man die Zebraken
in Dienst nahm und gegen die Türken schickte. Kaiser Friedrich III.
blieb dennoch nichts anderes übrig, als sich 1441 ihren Abzug gegen
eine beträchtliche Summe zu erkaufen. Danach wurde Ungarn zu ihrem
Haupteinsatzgebiet. Dort beteiligten sie sich an den Kämpfen Friedrich
III. mit seinem Bruder dem Erzherzog Albrecht und wechselten je nach Kriegsglück
und Kassenstand ihrer Auftraggeber mehrmals die Fronten. Ein Gedicht des
Meistersingers Michael Beheim befaßt sich mit diesen Ereignissen:
wer ihnen gab am meisten
dessen Dienst waren sie bereit zu leisten.
Hätte unser Herr im Himmelreich
mit dem Teufel Krieg geführt desgleich
und der Teufel hät ihnen gegeben mehr
sie wären zu ihm gezogen her.
Nach den Habsburgern unterstützen sie Matthias Corvinus Wahl zum
König von Ungarn. Doch auch dieser sah sich bald genötigt, gegen
sie Krieg zu führen. Er vernichtete einige kleinere Banden und eroberte
die von ihnen besetzten Burgen. Im Herbst 1466 ging er dann gegen Johann
von Swehla, Franz von Hag und Johann von Lichtenburg vor, die sich mit
einigen tausend Zebraken in der Burg Kostolan in der Nähe der österreichisch
mährischen Grenze verschanzt hatten. In einer mörderischen Schlacht,
in der Hag und Lichtenburg gefangen genommen wurden, gelang es die Zebraken
in die Burg zu treiben. Jetzt rächten sich die Raubzüge, die
die Zebraken in der gesamten Region unternommen hatten. Die Österreicher
unterstützten die Ungarn mit Truppen und der König von Polen
verhinderte, daß die Rotten aus seinem Land ihren belagerten Brüdern
zu Hilfe kamen. Kostolan war zwar stark befestigt, aber für die Tausenden
von Eingeschlossenen wurde die Verpflegung schnell knapp. Nachdem die Lage
immer verzweifelter geworden war, entschloß sich Swehla zum Ausbruch.
Wieder kam es zu einem harten Kampf, aber nur wenige konnten den ungarischen
Reitern entkommen. Über 2.000 sollen erschlagen worden sein, mehrere
hundert wurden gefangen und 700 flohen zurück in die Festung. Swehla
selbst konnte sich zwar durchschlagen, wurde aber auf der Flucht erkannt
und ebenfalls gefangen. Mathias Corvinus ließ darauf am nächsten
Tag 70 der Gefangenen vor den Burgmauern hängen. Swehla hing am höchsten
Galgen, rechts von ihm sein hussitischer Priester, zur Linken sein Waffenträger.
Nach dieser Machtdemonstration ergaben sich die Zebraken auf Gnade und
Ungnade. In der Festung fand man neben der üblichen Beute auch 400
Frauen von außergewöhnlicher Schönheit, die die Zebraken
auf ihren Zügen geraubt hatten. Matthias verteilte sie an seine Gefolgsleute
als Gattinnen. Einen Teil der Gefangenen legte man in den Tsonkaturm bei
Ofen. Ob der dortige Burgherr besonders grausam war, oder ob ihm die Gefangenen
nur zu teuer und zu gefährlich schienen, läßt sich heute
nicht mehr entscheiden. Es ist auch gut möglich, daß er persönlich
guten Grund zur Rache an den Zebraken hatte. Jedenfalls ließ er Nacht
für Nacht kleine Gruppen der Gefangenen frei aber vor dem Tor wieder
festnehmen und anschließend mit einem Stein um den Hals in der Donau
versenken.
Nicht alle der Gefangenen hatten so viel Pech. Matthias Corvinus gilt
vor allem wegen seiner Reformen als einer der bedeutendsten ungarischen
Könige. Er beschränkte die Macht des Hochadels und der Stände,
ordnete Verwaltung und Finanzwesen und stellte ein stehendes Heer auf.
Die Mittel dazu kamen aus regelmäßigen Steuern und Ungarns reichen
Goldfunden. Die Ungarn verfügten zwar über eine gute Reiterei,
ihre Infanterie, Kanoniere und schweren Reiter rekrutierten sie aber vorwiegend
im Ausland. Den Grundstock hierfür bildeten die überlebenden
Zebraken. Obwohl die Söldner durch Ungarn, Deutsche, Böhmen,
Serben, Polen und Weißrussen verstärkt wurden, waren ihre bedeutendsten
Führer die alten Veteranen der Bruderrotten: Johann und Wilhelm von
Tettau, Nicolaus von Haugwitz, Blasius Podmanicky und Franz von Hag.
Das Söldnerheer wurde als "Legio Nigra" - die schwarze Legion -
zur wichtigsten Stütze des Königs. Es begleitete ihn auf allen
seinen Kriegszügen und hielt den rebellischen Adel in Schach. Den
Namen erhielt es von der dunklen Farbe der Waffen und Rüstungen und
den gebräunten Gesichtern der alten Krieger. Man sagte ihnen nach,
daß sie Hitze und Kälte gewohnt waren, Hunger und Durst ertrugen
und nur ihren König als einzige Autorität anerkannten. Die schwarze
Legion erreichte in ihren besten Zeiten eine Stärke von 20.000 Reitern und
an die 9.000 Fußsoldaten. Die Kosten für dieses Heer waren immens
und der Sold konnte nicht immer bezahlt werden. In solchen Fällen
griffen die Söldner wie gewohnt zur Selbsthilfe und hielten sich an
den besetzten Gebieten schadlos.
Im großen und ganzen betrachtet aber war die Schwarze Legion ein
hervorragendes Instrument. Matthias konnte auf die Heeresfolge der unzuverlässigen
Magnaten verzichten, trotzdem den Vormarsch der Türken stoppen und
zugleich sein Reich durch beträchtliche Eroberungen vergrößern.
Mit Hilfe der Schwarzen Legion behauptete er 1474 Schlesien gegen Polen.
Im Krieg gegen Österreich erstürmte sie 1487 die Wiener Neustadt.
Im nächsten Jahr kämpfte sie siegreich unter Tettau und Haugwitz
gegen die Böhmen in Schlesien.
Doch das Söldnerheer stand und fiel mit dem König. Das Volk
litt unter den erzwungen Abgaben und Plünderungen. Der Adel fühlte
sich an den Rand gedrängt und entmachtet. Als die Schwarze Legion
nach Matthias Tod 1490 aus Schlesien und Böhmen zurückkehrte
wurden ihr bereits auf dem Marsch von Bürgern und Bauern schwere Verluste
zugefügt. Doch die Söldner wurden noch gebraucht. Um die ungarische
Krone stritten sich der deutsche König Maximilian, der König
von Böhmen Wladislaw und dessen Bruder Johann Albert von Polen. Der
Abgesandte des Königs von Böhmen war der erste. Er verteilte
100.000 Dukaten an die Legion und gewann dadurch ihre Unterstützung.
Doch die Söldner hatten es nicht eilig. Wegen des letzten Krieges
waren gewaltige Soldrückstände offen und sie erwarteten, daß
der neue König diese übernahm. Da Wladislaw aber verständlicherweise
knapp bei Kasse war, plünderten sie hemmungslos im Land. Sie vergriffen
sich jetzt nicht nur an Dörfern und Viehherden, sondern auch an Kirchen
und Klöstern. Endlich hatte Wladislaw durch die Verpfändung von
Krongütern eine ausreichende Summe beisammen und die Legion bewährte
sich in alter Weise. Sie beteiligte sich an der Eroberung von Stuhlenweißburg
und schlug bei Kaschau im Januar 1492 Johann Albert von Polen so vernichtend,
daß er seinen Thronansprüchen entsagte. Doch als auch mit Habsburg
Frieden geschlossen wurde, stand ihr Ende bevor. Die großen Magnaten
intrigierten gegen das Heer, das ihre Macht beschränkte. Es ist möglich,
daß sich auch Wladislaw dieses unsicheren Instruments entledigen
wollte, auf jeden Fall konnte er nicht bezahlen. Er schuldete den Söldnern
immer noch große Summen und sie hatten mehrfach bewiesen, zu was
sie fähig waren, wenn ihre Geduld zu Ende ging.
Zeuge dieser letzten Phase der Schwarzen Legion war ein deutscher Reiter,
dessen Autobiographie überliefert ist. Der Verfasser bleibt anonym,
man kann aus den Angaben nur schließen, daß er ungefähr
1474 in Sachsen geboren wurde. Es gibt eine Reihe von Irrtümern in
der kleinen Schrift und vieles ist äußerst knapp beschrieben,
aber dennoch gibt sie einen einzigartigen Einblick in das Selbstverständnis
spätmittelalterlicher Söldner. Der Verfasser gibt an bereits
mit acht Jahren von Zuhause weggelaufen zu sein. Er diente zuerst unter
einem Hauptmann im österreichischen Heer, wahrscheinlich als Page
oder Troßbube. In dieser Zeit war er auch an Kämpfen gegen die
Schwarze Legion in Österreich und Ungarn beteiligt. Wie er nun selbst
in die Schwarze Legion kam, ob in einer Gruppe abgedankter Söldner,
ob als Gefangener oder Deserteur, darüber schweigt er sich aus. Aber
Verbindungen unter den Söldnern der verschiedenen Armeen gab es wie
immer genug. Nach 1490 kämpfte er jedenfalls als Reiter in ihren Reihen
für König Wladislaw. Vom Zug gegen die Polen im Januar 1492 vor
der Schlacht von Kaschau überliefert er ein Stück Kriegsgeschichte,
das man in den Chroniken vergeblich sucht: "und (wir) hatten einen schweren
harten Zug; und es gab viel Schnee, und wir mußten Tag und Nacht
im Felde liegen und litten großen Hunger, denn die Polen hatten alles
vor uns verbrannt und weggenommen. Fleisch hatten wir genug aber kein Brot
dazu. Da starben viele am Hunger oder erfroren, und litten große
Not."
Um sich der teuren Söldner zu entledigen, oder sie mindestens zu dezimieren schickte man sie nach Bosnien gegen die Türken. "Der König befahl, daß überall im Land, wo man uns zu fassen bekäme, man keinen von uns leben lassen sollte. So wollten sie uns also bezahlen, wie sie es dann zuletzt auch taten. Darum ist kein Vertrauen in die Fürsten. Wie David sagt: wenn sie ihre Sachen ausrichten und Frieden machen, dann bezahlen sie auch ihre Knechte. Das hab auch ich erfahren, denn hätten sie uns über das Wasser schicken können, wären wir von den Türken erschlagen und dadurch bezahlt worden. [...] An diese Geschichte sollte ein jeder denken, damit er nicht zuviel Geld bei einem König oder Fürsten anstehen lasse, denn er wird nicht anders bezahlt." Klagte der deutsche Reiter und die Söldner weigerten sich über die Sawe zu gehen und gegen die Türken zu kämpfen. Statt dessen plünderten sie in gewohnter Weise das Land. "Da lagen wir vor der Sawe und taten unseren Leuten großen Schaden. Denn wir hatten kein Geld und konnten weder Hände noch Füße fressen und wollten auch nicht über das Wasser. Wir hatten kein Geld und nahmen es von Freunden und Feinden." Die Ungarn zogen darauf ein großes Aufgebot zusammen und zerschlugen die Schwarze Legion in einer zweitägigen blutigen Schlacht. Von den flüchtenden Resten sammelte sich noch einmal eine beträchtliche Gruppe, zog an die österreichisch ungarische Grenze und nahm dort das alte Räuberleben wieder auf. Doch ihre Macht war gebrochen; die Habsburger und Ungarn stürmten vereint ihr Lager, erschlugen dabei viele und richteten die Gefangenen hin. Hunderte wurden bei Wien gehängt, einige sollen sogar in Kalköfen verbrannt worden sein.
"Dann sind wir 2.000 Mann stark bis an die Emms gezogen. Da haben wir einen Tabor aufgeschlagen und haben beim römischen und beim ungarischen König geraubt und genommen, was wir haben wollten. Zu einer bestimmten Zeit sind wir mit 500 Mann ausgezogen, um Beute und Küchenspeise zu holen. Da sind die beiden Könige mit viel Volk gekommen und haben den Tabor eingenommen. Und alle die sie darin gefunden haben ließen sie bei Wien in einem Wald aufhängen, alle an einem Tag. Und alles damit die Könige kein Geld ausgeben mußten, und die armen guten Edelleute und Knechte um ihren sauren Sold (betrogen wurden), deren Blut von ihren eigenen Herren vergossen wurde. Es war alles redliches ritterliches Volk, das den Königen lange Zeit nachgezogen war, manch gute Burg, Stadt und Land gewonnen hatte; und ihnen ward das alles so übel belohnt. Das bedenke ein jeder Kriegsmann und lasse es sich zu Herzen gehen, wie diese Fürsten so unredlich mit diesem Volk umgegangen sind, wie ich es gar nicht alles beschreiben kann. Obwohl ich mit dabei und daneben gewesen war. Denn ich war in dem Heerhaufen von Reitern, die auf Beute waren, und alle, die da mit mir waren, kamen davon. Die anderen im Tabor wurden alle aufgehängt, es waren an die Elfhundert."
In Ungarn hatten die Thronwirren und die Macht des Adels die kurze aber erfolgreiche Geschichte des stehenden Heeres beendet. Mit der Macht und der Selbständigkeit Ungarns war es bald darauf vorbei. Das Land wurde zur umstrittenen Beute von Türken und Habsburgern; Mächten, die immer stärker auf Söldner setzten. Polen, wo der Adel ähnlich erfolgreich seine militärische Monopolstellung behütete, sollte ein ähnliches Schicksal erleben. Diese Zusammenhänge waren dem Reiter natürlich unbekannt. Ihn interessierte weder woher das Geld kam, noch das Elend der ausgeplünderten Bevölkerung. Für ihn war es ganz natürlich, zu rauben wenn der Sold ausblieb. Seine Sicht der Welt beschränkt sich rein auf die Leiden der Kriegsknechte - Hunger, Kälte und Tod. Immer wieder betont er ihre Treue, die man ihnen so übel belohnt hatte, daß man sie zum Schluß "aus der Scheide" bezahlen wollte. Unrecht ist seiner Ansicht nach einzig den Söldnern geschehen. Man hatte sie verraten, obwohl sie es mit dem Teufel aufgenommen hätten, wenn man sie nur bezahlt hätte: "So ist das Schwarze Heer umgebracht und vertilgt worden, obwohl es dem König von Ungarn 40 Jahre gedient hatte, getreu im Winter und Sommer. Und wenn man ihnen Geld gegeben hätte, wären sie vor die Hölle gezogen, wenn es möglich gewesen wäre."