Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Die Verlobten des Todes

Alt- und Neonazis in Bolivien

Hollywood liebt Geschichten, in denen finstere Nazischergen und Terroristen als Söldner für korrupte Tyrannen arbeiten. Auch Journalisten und Verleger bemühen sich eifrig diesen Publikumsgeschmack zu bedienen. So war einst von ganzen SS-Einheiten in Indochina oder von Altnazis im Kongo zu lesen. Allerdings sind diese Storys eigentlich immer weit übertrieben oder gar vollkommen frei erfunden. Eine der wenigen Gelegenheiten, wo derartig schaurige Pulp-Fiction-Fantasien von der Realität eingeholt und sogar noch übertroffen werden, ist der so genannte Kokain-Putsch in Bolivien im Juli 1980.

Klaus Barbie Eine der zentralen Figuren dieser Ereignisse war der ehemalige Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie. Er hatte sich dort mit seinen besonders brutalen und grausamen Foltermethoden den Beinamen "Schlächter von Lyon" verdient. Nach dem Krieg war er in Deutschland untergetaucht, hatte dann aber bald damit begonnen für den amerikanischen Geheimdienst CIC zu arbeiten, der ihn im Gegenzug vor der Justiz versteckte. Als mit der Zeit Barbies Verbrechen nach und nach bekannt wurden und Frankreich verstärkt auf seine Festnahme drängte, hielten es die Amerikaner für angebracht diese problematische Altlast diskret nach Südamerika zu entsorgen. Über die gemeinsam mit dem Vatikan betriebene Rattenlinie wurde Barbie 1951 unter dem Namen Klaus Altmann nach Bolivien abgeschoben.

Am Anfang war das nicht leicht. Die ersten Jahre arbeitete er als Verwalter eines Sägewerks im Busch. Doch nach und nach begann er Kontakte zu knüpfen und sich ein Netzwerk aufzubauen. Deutsche saßen an vielen entscheidenden Stellen der Wirtschaft. Dazu kamen all die geflohenen und freiwillig emigrierten Nazis in Chile und Argentinien. Mit den wichtigsten stand Barbie in Verbindung. Aufgrund dieser Beziehungen und seiner alten Kontakte konnte er bald wieder Informationen an amerikanische und deutsche Geheimdienste verkaufen.

Auch beruflich ging es gut voran. Nach einigen Jahren eröffnete er eine Holzhandlung in der Hauptstadt La Paz. Von dort aus belieferte er den Pharmakonzern Böhringer in Mannheim mit der begehrten Chinarinde, aus der Chinin hergestellt wurde, das während des Vietnamkrieges einen außergewöhnlichen Boom erlebte. Barbie wurde wohlhabend, arbeite aber um so eifriger am Ausbau seiner politischen Beziehungen und wurde schließlich zum Berater des bolivianischen Geheimdienstes.

Seine große Stunde kam aber, als 1967 unter der Führung von Che Guevara eine kleine Gruppe kommunistischer Revolutionäre in Bolivien aktiv wurde. Die CIA war entschlossen mit allen Mitteln ein neues Kuba zu verhindern, und das bedeutete, dass erfahrene Nazis und Folterspezialisten wie Barbie für genau die richtigen Leute gehalten wurde, um mit dem Problem fertig zu werden. Mit offizieller Rückendeckung aus Washington begann er nun Boliviens Militär und Polizei im Antiguerillakampf zu unterrichten.

Glaubt man Barbies späteren Ausführungen, war er der leitende Kopf hinter der Jagd auf Che Guevara. Aber Geheimdienstleute vermarkten in erster Linie sich selbst und sind allein schon deshalb oft gewaltige Aufschneider. Man muss bezweifeln das ein Gestapo-Offizier aus Frankreich viel vom Guerillakrieg in Bolivien verstand. Natürlich konnte er den Soldaten und Polizisten Foltertechniken beibringen, von denen sie noch nie gehört hatten. Er konnte sicher auch so bewährte Tipps geben, dass auf die Zivilbevölkerung keine Rücksicht zu nehmen sei, oder dass man Geiseln nehmen und hinrichten solle. In diesen Dingen hatte er jede Menge praktische Erfahrung; im Buschkrieg dagegen keine.

Auch wenn Barbie zu Che Guevaras Ende so gut wie nichts beigetragen hatte, so war er danach dennoch ein gemachter Mann. Er war nun offizieller Sicherheitsberater der Regierung unter Präsident Barrientos und später unter dem Diktator General Bánzer. Er konnte der Polizei Befehle geben und verdiente nebenbei dicke Provisionen im Waffenhandel. Seine Beziehungen zu BND und CIA waren hervorragend, dazu zu deutschen und österreichischen Rüstungsbetrieben und natürlich zu seinen alten Kameraden in ganz Lateinamerika, Spanien und der BRD.

Ende der Sechziger Jahre begannen die Geheimdienste der wichtigsten südamerikanischen Staaten unter der Schirmherrschaft der CIA ihre Arbeit zu koordinieren, um den Kommunismus und im Gefolge verdächtige demokratische Bewegungen zu unterdrücken. In mehreren Ländern putschten sich Generäle an die Macht. Zu einer führenden Figur wurde General Augusto Pinochet. Nachdem er im September 1973 in Chile die Macht an sich gerissen hatte, wurde die grenzübergreifende Zusammenarbeit intensiviert und unter dem Namen "Operation Condor" bekannt. Zehntausende wurden ermordet oder "verschwanden" einfach.

Geheimdienstchef Oberst Luis Arce Gómez In diesem Klima prosperierten Barbie und sein Alte-Kameraden-Netzwerk. In Chile hatte der sadistische Päderast Paul Schäfer seine Siedlung "Colonia Dignidad" in ein Folterzentrum umgewandelt; Barbie unterhielt engen Kontakt und war mehrmals zu Besuch. Er traf dort SS-Standartenführer Walter Rauff, der die berüchtigten Gaswagen entwickelt hatte und ein guter Freund wurde. Rauff schulte inzwischen Pinochets Geheimpolizei DINA und arbeitete an einer chilenischen "Endlösung", die darauf abzielte, Folteropfer endgültig verschwinden zu lassen. Wenn man heute liest, dass manche zu Fischmehl verarbeitet wurden, erkennt man sofort die Handschrift erfahrener SS-Offiziere.

Barbie wurde nun richtig wohlhabend und einflussreich; seine Kontakte reichten in Südamerika bis in die höchsten Regierungskreise. Man weiß nicht, ob er und seine Freunde ein Viertes Reich planten; wahrscheinlich schwafelten sie nur im Suff davon. Sicher ist aber, dass sie sich sehr mächtig fühlten; sie konnten Menschen nach Gutdünken verschwinden lassen und hatten erfolgreich an mehreren Staatsstreichen mitgearbeitet. Der Kommunismus war in ganz Südamerika auf dem Rückzug, und die Amerikaner fraßen ihnen aus der Hand.

Doch mit der Zeit begannen die Amerikaner ihre Position etwas zu überdenken, und 1978 musste General Bánzer auf Druck der Carter-Regierung freie Wahlen genehmigen. Aber da das Volk trotz massiver Wahlmanipulationen nicht wählte, wie es sollte, folgten neue Putsche. Allerdings führten auch die zu keiner stabilen Regierung, da einerseits das Militär in verschiedene Fraktionen zerfallen war und andererseits die Gewerkschaften immer besseren Widerstand leisteten.

In dieser relativ chaotischen Zeit begann Barbie damit, selbst einen Putsch zu planen. Zu Militär und Polizei hatte er allerbeste Verbindungen. Mit der Unterstützung von Pinochets Geheimdienst DINA war ebenfalls zu rechnen. Boliviens reichster Bürger Roberto Suárez Gómez, der auch als "Kokainkönig" bezeichnet wurde, war bereit, die gesamte Operation zu finanzieren, da er hoffte dadurch seine Geschäfte mit staatlicher Unterstützung abwickeln zu können.

Möglicherweise hatte Barbie aber aus den letzten Putschversuchen des Militärs den Schluss gezogen, dass eine eigene Eingreiftruppe, sozusagen eine persönliche Todesschwadron, von großem Nutzen sein konnte. Außerdem war er von den militärischen Qualitäten der Bolivianer nicht besonders überzeugt. Bei der Suche nach geeigneten Kandidaten fiel sein Augenmerk auf den deutschen Neonazi Joachim Fiebelkorn.

Fiebelkorn hat später bereitwillig mit Magazinen und Filmemachern gesprochen, dabei aber nur an der eigenen Legende gearbeitet. Konkretes – über Straftaten konnte er ja nicht reden – ist dabei allerdings nur wenig zu erfahren. Er wurde 1947 geboren und ist im Raum Frankfurt aufgewachsen. Mit 19 ließ er sich bei er Reise nach Marokko von der spanischen Fremdenlegion anwerben. Man kann davon ausgehen, dass seine Welvorstellungen bereits als Jugendlicher stark vom Nationalsozialismus geprägt waren. Bei der spanischen Fremdenlegion wird er dann den letzten Schliff bekommen haben.

Fiebelkorn post in Uniform 1970 war er wieder in Frankfurt. Wahrscheinlich ein harter Knochen. Er wurde als Zuhälter tätig und hat angeblich dabei gut Geld verdient. Wegen unerlaubtem Waffenbesitz hatte er mehrmals Probleme mit der Polizei. Vielleicht war ihm dabei die Idee gekommen, in ein Land zu gehen, wo echte deutsche Männer noch geschätzt wurden, und manchmal sogar noch Jagd auf Kommunisten machen konnten. Ende 1977 ging er jedenfalls nach Paraguay, dessen Diktator Alfredo Stroessner man starke Sympathien für Nazi-Deutschland nachsagte. In der Hauptstadt Asunción scheint Fiebelkorn dann auch bald Kontakt zu den richtigen Kreisen gefunden zu haben. Er war regelmäßiger Gast in den besten Bordellen der Stadt, wo er auch alte Kameraden antraf. Im "Roten Pfeil" spielte er mit einem ehemaligen SS-Offizier im Suff Russisch Roulette und dieser schoss sich dabei in den Kopf. Leider zeigte die Polizei für so viel Männlichkeit kein Verständnis; Fiebelkorn wurde verhaftet und kurz darauf des Landes verwiesen. Er zog weiter nach La Paz in Bolivien.

In La Paz begann Fiebelkorn damit Gleichgesinnte um sich zu scharen. Da war der zweiundfünfzigjährige Herbert Kopplin, der noch kurz vor Kriegsende als SS-Mann an der Ostfront gekämpft hatte und später mit ihm in der Legion gewesen war. Dazu kamen Manfred Kuhlmann aus Rhodesien, der dort je nach Aussage Minentechniker oder Söldner gewesen sein soll, und Hans Jürgen ein ehemaliger Elektriker. Die Gruppe war davon überzeugt, dass die Mächtigen im Lande heimliche Faschisten waren. Bei der allgemeinen Krise musste also starkes Interesse an einer erprobten Einheit echter deutscher Nazis bestehen. Sie mussten nur noch die entsprechenden Kontakte finden.

Dabei sollte ihnen Barbie behilflich sein. Sie hatten bei ihren Streifzügen durch rechte Kneipen gehört, dass Barbie-Altmann ein ehemaliger SS-Offizier gewesen sein sollte, der nun über beste Kontakte zu Militär und Politik verfügte. Als Barbie jedoch erstmals im Café Club La Paz auf die Gruppe aufmerksam wurde, war er alles andere als angetan. Sie trugen Jeans und weit geöffnete Hemden, zeigten demonstrativ Goldketten, Hakenkreuze und Tätowierungen. Barbie hielt sie anfangs für ein als Backpacker getarntes jüdisches Kommando, das ihn entführen sollte.

Etwas später soll Fiebelkorn dann Barbies Leibwächter in sehr bescheidenen Spanisch angesprochen haben: "Entschuldigen Sie bitte. Wir wissen, dass Sie ein enger Mitarbeiter von Herrn Klaus sind. Wir möchten ihn treffen. Wir sind Nazis ... und haben Pläne für die Rechte und die Regierung." Angesichts ihres ungepflegten Äußeren blieb Barbie zwar misstrauisch, ließ sich dann aber bei späteren Treffen davon überzeugen, dass sie militärische Erfahrung hatten und zumindest theoretisch auf seiner ideologischen Linie lagen.

Barbie schickte sie erst einmal zu Oberst Luis Arce Gómez, dem Geheimdienstchef und gleichzeitig Vetter des Kokainkönigs Suárez Gómez, mit dem er in Sicherheitsfragen eng zusammenarbeitete. Arce Gómez ließ sich zwar ebenfalls von ihrer nationalistischen Gesinnung überzeugen, hatte aber erst einmal keine Verwendung für sie und schickte sie wieder weg.

das Bavaria in Santa Cruz Die Gruppe hatte nun anscheinend echte Geldprobleme und verlagerte ihre Aktivitäten deshalb nach Santa Cruz. Angeblich erhielt Fiebelkorn dort größere Summen von einer alten Freundin und Bordellbesitzerin in Deutschland. Man kann vermuten, dass etwas anderes dahinter steckte. Santa Cruz war damals die unbestrittene Kokainhauptstadt des Landes und Kokain war in Frankfurter Zuhälterkreisen gerade groß in Mode gekommen. Jedenfalls waren die Geldprobleme nach dem Umzug nach Santa Cruz bald vorbei. Fiebelkorn eröffnete den Club "Bavaria", in dem auch jede Menge Kokain umgesetzt wurde. Die Truppe versammelte sich gerne im Nebenzimmer des Bavaria, das von Fiebelkorn mit großen Hakenkreuzfahnen und anderen Nazi-Devotionalien dekoriert worden war.

Nachdem sie erst einmal fest installiert waren, erhielten sie schnell weiteren Zulauf; ein paar Deutsche der Nachkriegsgenration, alte Nazis wie der Ex-Gestapo-Mann Hans Joachim Stellfeld, Franzosen, die vorher bei der OAS gewesen waren und ultrarechte Italiener. Die Gruppe hortete Waffen und schmiedete Pläne. Fiebelkorn nannte sie nun "Die Verlobten des Todes" (novios de la muerte), wie sich auch die Legionäre der spanischen Fremdenlegion gerne bezeichnen.

Anscheinend hatte sich ihre gesteigerte Schlagkraft herumgesprochen. Denn als Suárez Gómez Schützenhilfe für seine Kokaingeschäfte benötigte, wurde ihm Fiebelkorns Truppe empfohlen. Ob von Barbie oder seinem Vetter Arce Gómez ist nicht ganz klar; wahrscheinlich von beiden zusammen. Suárez Gómez hatte Schwierigkeiten mit den Kolumbianern, die auf kleinen Pisten im Busch mit Flugzeugen sein Produkt abholten, aber oft nicht bezahlten. Fiebelkorn ließ daraufhin Bazookas entlang der Piste aufstellen, was die Zahlungsmoral der Kolumbianer entscheidend verbesserte.

Die Verlobten des Todes wurden schnell zur Prätorianergarde des Kokainkönigs und Fiebelkorn sein persönlicher Leibwächter. Natürlich mussten sie auch Flugzeuge beladen und andere Jobs erledigen, über die später geschwiegen wurde. Kopplin wurde später wegen Mordes angeklagt und Fiebelkorn soll ein Dienstmädchen mit brennenden Zigaretten gefoltert haben.

Die Novios de la muerte
Die Novios de la muerte. Fiebelkorn vorne 2.v. rechts. Neben ihm Hans Stellfeld

Doch der Dienst für den Drogenbaron lohnte sich. Für die Verlobten des Todes war im Bavaria alles gratis. Alkohol und Kokain gingen nie zur Neige, und Fiebelkorn ließ sogar Prostituierte aus Deutschland einfliegen, obwohl in Santa Cruz wirklich kein Mangel daran herrschte. Unter diesen Umständen wuchs die Truppe weiter, verfügte über eigene Fahrzeuge und übte sich im Umgang mit Waffen.

Es sollte aber noch viel besser kommen. Seit Bolivien ab November 1979 von einer linken Regierung unter Präsidentin Lidia Gueiler Tejada regiert wurde, liefen die Putschvorbereitungen auf Hochtouren. Das Militär verhandelte mit der Drogenmafia, formierte und bewaffnete paramilitärische Einheiten, Pinochet schickte eine ganze Einheit seines berüchtigten Geheimdienstes, und Barbie sprach immer offener darüber, dass man endlich handeln müsse um ein zweites Kuba zu verhindern. Die stark angewachsenen Verlobten des Todes wurden nun offiziell in den Staatsdienst übernommen. Fiebelkorn sagte dazu später: "Der General wollte, dass wir die Gruppe zusammenschließen und ich den Oberbefehl übernehme. […] Berühmt waren wir schon in der Suárez-Zeit. Jetzt hatten wir alle den Eindruck, als wären wir ein ganzes Bataillon. Schlagartig war die Gruppe stark geworden."

Am 17. Juli 1980 kam es dann zum "Cocaine Coup". In der Hauptstadt La Paz wurden dabei ein paar Dutzend Menschen erschossen. Die Verlobten des Todes konnten dagegen in Santa Cruz die Schlüsselstellungen ohne jede Gegenwehr besetzen. Ihre eigentliche Arbeit begann danach. Unter Barbies Leitung waren Listen von Gewerkschaftlern, kritischen Journalisten und linken Politikern und Sympathisanten erstellt worden, die mussten nun verhaftet, kurz verhört und dann an die Geheimpolizei übergeben werden, wo viele von ihnen endgültig verschwanden. SS-Veteran Kopplin soll sich hier einen Namen gemacht haben, weil er bei Verhören gerne den Gewehrkolben benutzte.

Feier im Bavaria Durch den Putsch war General García Meza Tejada an die Macht gekommen. Für die Verlobten des Todes war jedochh viel wichtiger, dass ihr alter Schutzherr Oberst Arce Gómez nun zum Innenminister aufgestiegen war. Unter seiner Regie brachen nun wahrhaft goldene Zeiten an. Nachdem die politische Opposition ausgeschaltet war, sollten Fiebelkorn und seine Mannen die nationale Konkurrenz im Kokaingeschäft erledigen und Suárez Gómez eine Monopolstellung verschaffen. Die Ausschaltung der kleineren Produzenten konnte Innenminister Arce Gómez dann den Amerikanern werbewirksam als seinen Beitrag zum "War on Drugs" verkaufen. Das bei diesen Operationen sicher gestellte Kokain ging zum Großteil direkt an Suárez Gómez. Die Verlobten des Todes unterschlugen aber einiges, das dann im Bavaria umgesetzt wurde. Stellfeld schmuggelte auch selbst größere Mengen in die USA und brachte dafür Waffen und Dollars zurück. Alle anderen Wertsachen, die ihnen bei ihren Razzien in die Hände fielen, konnten sie behalten.

Sie hatten Ausweise des Innenministeriums und waren für Polizei und Gerichte praktisch unantastbar. Ihr Kampf gegen die unabhängigen Kokainproduzenten war äußerst lukrativ und die Siegesfeiern im Bavaria wollten kein Ende nehmen. Bei einem Interview mit einem italienischen Magazin geriet Fiebelkorn noch Jahre später ins Schwärmen: "1981 waren wir die Herren von Santa Cruz [...] wir brachen in Häuser ein, verhafteten nach Belieben. Wir hatten 20 Luxuswagen requiriert und 300.000 Dollar kassiert."

Natürlich konnte das nicht lange gut gehen. Bald gab es die ersten Opfer. Fiebelkorns alter Weggefährte Herbert Kopplin wurde erschossen, allerdings nicht von den politischen Gegnern, sondern in dem "großen Durcheinander", wie Fiebelkorn später erzählte. Ex-Gestapo-Mann Hans Joachim Stellfeld starb an einer Überdosis Kokain, und der SS-Veteran Hans Jürgen Lewandowski wurde nach einigen Berichten von Fiebelkorn ermordet. Vor allen Dingen aber konnte es sich selbst eine schäbige Militärdiktatur wie die von García Meza nicht erlauben, dass eine wild gewordene Horde bekokster und besoffener Nazis mit ihren Polizeiausweisen und Maschinengewehren eine ganze Provinz terrorisierte.

Nachdem mit gutem Zureden und Drohungen nichts erreicht worden war, wurde schließlich das Militär eingesetzt und die Verlobten des Todes tauchten ab oder flohen über die Landesgrenzen. Eine größere Gruppe unter Fiebelkorn erreichte im Mai 1981 in einer Piper Campo Grande in Brasilien, wo sie erst einmal verhaftet wurden. Die Polizei stellte zahlreiche Waffen und Nazi-Devotionalien (man wundert sich wirklich, was Leute auf der Flucht so mit sich schleppen) sicher und bei Fiebelkorn allein 2,8 Kg Kokain. Dennoch schaffte er es anscheinend die Brasilianer mit seinem bolivianischen Papieren so zu beeindrucken, dass er in einem Hotel absteigen durfte, während seine Begleiter im Gefängnis landeten. Er nutzte die Gelegenheit, um sich umgehend nach Deutschland abzusetzen.

Doch auch dort holte ihn die Vergangenheit schließlich ein. Sozusagen als Fachmann der in Deutschland relativ neuen Modedroge Kokain begann er als V-Mann für BKA und DEA zu arbeiten. Möglicherweise lockten ihn die dicken Prämien, die bei Sicherstellungen bezahlt wurden, oder er vermisste einfach die "action” einer konspirativen Tätigkeit. Als jedenfalls einer seiner alten Kameraden, der Schweizer Rudolf Grob, mit einem Kilogramm Kokain nach Frankfurt kam, um es dort mit Fiebelkorns Hilfe abzusetzen, verpfiff ihn dieser ans BKA. Im Gefängnis begann Grob dann seinerseits detaillierte Aussagen über die Tätigkeiten seines alten Kommandeurs in Bolivien zu machen, woraufhin dieser Anfang 1983 verhaftet und vor Gericht gestellt wurde.

Zu dem folgenden Prozess reiste auch Manfred Kuhlmann aus Zimbabwe an und bestätigte im Wesentlichen Grobs Aussagen. Beide behaupteten von Fiebelkorn gezwungen worden zu sein tonnenweise Kokain zu verladen. Während dieser versuchte seine Verwicklungen in den Kokainhandel mit seiner geheimdienstlichen Tätigkeit zu erklären. Es nützte wenig, denn er wurde letztlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Fiebelkorn auf seiner Finca in Spanien In Bolivien hatten der Regierung die Auflösung von Fiebelkorns Truppe allerdings wenig genützt. Ihre enge Verwicklung in den internationalen Drogenhandel waren selbst der Reagan-Regierung zu viel – obwohl diese sonst für rechte Diktatoren viel Verständnis aufbrachte – und García Meza hatte Anfang August 1981 zurücktreten müssen. Das politische Klima änderte sich zwar nur langsam, aber 1983 wurde Klaus Barbie verhaftet und endlich nach Frankreich ausgeliefert, wo er zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.

Im Gegensatz zu Barbie, der 1991 verbittert im Gefängnis starb, setzte sich Fiebelkorn auf seine alten Tage im Süden Spaniens zur Ruhe. Er erwarb eine Finca in der Nähe von Alicante, die er mit Nazi-Devotionalien und solchen der spanischen Falange dekorierte. Er posiert dort gerne in der Uniform der spanischen Fremdenlegion und ist in der lokalen rechten Szene überaus populär. Zu seinen Festen, bei denen reichlich deutsches Bier ausgeschenkt wird, erscheinen auch gerne spanische Offiziere. Für diese Leute ist er eine Art Held, denn schließlich hat er persönlich an einem rechten Staatsstreich mitgewirkt und erzählt immer noch gerne davon.





Literatur:

Peter Hammerschmidt
Deckname Adler. Klaus Barbie und die westlichen Geheimdienste
2014

Peter McFarren und Fadrique Iglesias
The Devil's Agent_ Life, Times and Crimes of Nazi Klaus Barbie
2014

Tom Farer
Transnational Crime in the Americas
1999

Latin America Bureau
Narcotráfico y política: Militarismo Y Mafia En Bolivia
Madrid 1982


© Frank Westenfelder  


 
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