Kommandotruppen der CIA
SS-Veteranen für den Kalten Krieg.
Amerikas zur Zeit wohl bekannteste Eliteeinheit im Krieg gegen den
Terror, die Special Forces - auch bekannt als Green Berets - wurden 1952
von Colonel Aaron Bank gegründet. Bank war ein erfahrener Offizier,
der während des Zweiten Weltkriegs im OSS Kommandounternehmen in Zusammenarbeit
mit der Résistance geplant und organisiert hatte. Danach hatte er
in Vietnam Ho Chih Minh im Kleinkrieg gegen die Japaner beraten. Durch
diese Erfahrungen hatte er die zunehmende Bedeutung von Guerillakrieg und
Sabotage im Hinterland des Gegners erkannt. Ihm war auch bewusst, dass
dabei Kenntnisse des Terrains und der Landessprache - er selbst sprach
fließend Französisch und Deutsch - von entscheidender Bedeutung
waren. Für einen eventuellen Krieg gegen die Sowjetunion suchte er
also die passenden Spezialisten.
Charles Simpson der Haus- und Hofhistoriker der Green Berets schreibt
über die Situation der Gründungsphase: es habe eine große
Gruppe von Männern gegeben, für deren spezielle Fähigkeiten
die Special Forces Verwendung hatten. "Alle war geborene
Ausländer. Die meisten waren unter dem so genannten Lodge Bill, der
eine Möglichkeit bot durch Militärdienst die Staatsbürgerschaft
zu erwerben, in die U.S. Army gekommen. In der Anfangszeit der Special Forces gab
ihnen die hohe Konzentration solcher Männer den Anschein einer Fremdenlegion.
Die Besprechungszimmer waren voller fremder Akzente und die Namenslisten
lasen sich wie die großer Footballclubs."
Da war Paul Ettman aus Polen, der nach dem Krieg heimgekehrt war, aber dann wegen
der Kommunisten über Prag geflohen war. Das Lager für Diplaced
Persons in Deutschland war ihm wie ein Gefängnis erschienen, weshalb er
zum Labour Service gegangen war. Von hier meldete er sich freiwillig zur US-Army
und kam nach einem Spezialtraining für Fallschirmjäger automatisch zu
den Special Forces. Ein anderer war Stefan Mazak ein Tscheche, der den Guerillakrieg
in der Tschechoslowakei organisieren sollte. Er hatte in der Resistance und in
der Fremdenlegion gekämpft, sprach Tschechisch, Französisch, Deutsch
und schrecklich Englisch. Er galt als Spezialist für Sprengstoffe und
Einsätze weit hinter den feindlichen Linien. Später fiel er bei solch
einem Einsatz in Südostasien. Edald Duttlinger war ein österreichischer
Schilehrer und Bergführer. Der Tscheche Julius Reinitzer war aus einem
kommunistischen Straflager geflohen. Sully Fontaine, ein Belgier, war für
den britischen SAS im Zweiten Weltkrieg hinter den feindlichen Linien abgesprungen.
Henryk Szarek, ein Pole, hatte unter vier verschiedenen Fahnen gedient (welche
waren wohl darunter zu verstehen?). Jan Novy, ein Tscheche, hatte als Fluchthelfer
gearbeitet, bevor er selbst hatte fliehen müssen. Aito Keravouri war
ein ehemaliger finnischer Bataillonskommandeur. Usw.
Man sieht ein buntes Gemisch erfahrener Krieger, von denen viele vor
den Kommunisten geflohen waren und einige zudem schon vorher gegen die
Nazis gekämpft hatten. Was Simpson dabei leider geschickt übergeht,
ist dass ein guter Teil dieser Freiwilligen einst in den Reihen der Waffen-SS
gekämpft hatte und nun sicher manchmal in der Army diente, um den
Kampf gegen den Kommunismus fortzusetzen aber auch um der Strafverfolgung
zu entgehen. Die Special Forces waren nur eine winzige damals kaum beachtete
Einheit, so dass es sich nicht um sehr viele gehandelt haben kann. Innerhalb
der gesamten US-Streitkräfte war ihr Anteil zwar wesentlich geringer,
dennoch gab es dort mehrere Tausend ehemalige Angehörige der Waffen-SS,
in Westdeutschland wurde sogar eine heimliche Partisanenarmee unterhalten,
die fast ausschließlich aus Ausländern rekrutiert worden war.
Der Ursprung dieser später oft peinlich verschwiegenen Ereignisse
liegt in den Ostlegionen des Dritten Reiches. Bald nach dem deutschen Einfall
in die UdSSR hatten deutsche Stellen damit begonnen unter der einheimischen
Bevölkerung nach Kollaborateuren zu suchen und aus diesen eigene Einheiten
zusammenzustellen. Trotz des Widerstands Hitlers, der aus rassistischen
Gründen gegen eine Verwendung dieser "Untermenschen" war, wurden diese
Projekte langsam ausgeweitet. Als sich die militärische Lage im Osten
dann zunehmend verschlechterte, wurden in immer schnellerem Rhythmus neue
Ostlegionen gebildet. Schließlich war es trotz straffer ideologischer
Ausrichtung gerade die Waffen-SS, die in ihrem unstillbaren Hunger nach
neuen Menschenreserven den Großteil dieser Einheiten vereinnahmte.
Man schätzt, dass bis Kriegsende etwa eine Million ehemaliger Sowjetuntertanen
auf deutscher Seite dienten.
Die Deutschen machten sich dabei geschickt nationalistische Unabhängigkeitsbewegungen
und antikommunistische Gruppierungen zunutze. Zu einem guten Werber wurde
auch das unglaubliche Elend in den Gefangenenlagern, wo man Millionen russische
Soldaten gezielt dem Hungertod preisgab. Aus einigen Tausend, die diesem
Ende entkommen wollten, wurde die so genannte Wlassow-Armee gebildet. Natürlich
führten die Deutschen nicht überall die Regie. Vor allem in der
Ukraine gab es schon lange eine starke Nationalbewegung (OUN). Deren militärischer
Arm die UPA kämpfte zwar auch gegen die deutschen Besatzer, hauptsächlich
jedoch gegen die Rote Armee. Die Deutschen unterstützten die OUN und
UPA immer wieder mit Geld und Waffen; eine dauerhafte Zusammenarbeit scheiterte
aber am Streit um einen selbständigen ukrainischen Staat.
Es wäre nun sicher falsch all diese osteuropäischen Nationalisten
und Antikommunisten, selbst wenn sie in SS-Verbänden dienten, generell
unter dem Begriff "Nazi" zu subsumieren. Oft ging es ihnen nur um die Befreiung
ihrer Heimat und die Kollaboration mit den Deutschen war ihnen dabei ein
notwendiges Mittel. Das Problem ist allerdings, dass die aus Osteuropäern
gegründeten Milizen und Polizeieinheiten vorwiegend zum Bandenkrieg,
zur Partisanenbekämpfung und zum Mord an den Juden herangezogen wurden.
Oft überließ man ihnen sogar Arbeiten, die den Deutschen zu
schmutzig schienen. Viele, die eigentlich nur für ihre Freiheit hatten
kämpfen wollen, wurden auf diese Weise in einen Sumpf aus Verbrechen
und Gewalt gezogen. Eine der schlimmsten SS-Einheiten war z.B. die Brigade
Kaminsky, die berüchtigt für ihre Mordlust und Grausamkeit war.
Als sich die deutschen Armeen geschlagen aus Osteuropa zurückzogen,
folgten ihnen zwar viele der von ihnen aufgestellten Freiwilligeneinheiten
- zum Teil mit ihren Frauen und Kindern -, ein guter Teil aber blieb zurück.
Manche waren von der schnell vorrückenden Roten Armee überrollt
und abgeschnitten worden, andere wollten ihre Familien nicht zurücklassen
und für alle die, die zumindest nicht offen kollaboriert hatten, waren
die Wege ohnehin versperrt. Auf sich allein gestellt und ohne Aussicht
auf Pardon zogen sie sich in unwegsame Gebiete zurück und setzten
von dort aus den Widerstand fort. Die Deutschen hatten bei ihrem Rückzug
zwar nach Möglichkeit dafür gesorgt, dass zurückgelassenes
Kriegsmaterial den Partisanen in die Hände fiel, dennoch war es ein
aussichtsloser Kampf. Nur weil diese Ereignisse in den Geschichtsbüchern
vom Zweiten Weltkrieg völlig überlagert sind, sollte man nicht denken,
dass die Rote Armee leichtes Spiel hatte. Die "Waldbrüder" in Litauen
und die UPA in den Karparten führten einen äußerst zähen
Guerillakrieg, der hunderttausende von Menschenleben forderte und den Rote
Armee und KGB erst gegen Ende der Fünfziger Jahre niederschlagen konnten.
Amerikaner und Briten waren nach ihrem Sieg an diesem heimlichen Krieg
weitgehend uninteressiert, sie hatten mit den Russen auf der Konferenz
von Jalta die Interessenssphären abgegrenzt und gleich nach Kriegsende
sogar Teile der Wlassow-Armee an die Sowjets ausgeliefert. Es gab aber
auch andere Kreise innerhalb der verschiedenen Geheimdienste, die von einem
kommenden Konflikt mit der UdSSR ausgingen. Für die hielt General
Reinhard Gehlen mit seiner Org den Kontakt zum Widerstand in Osteuropa
aufrecht. Gehlen hatte vorher in der deutschen Abwehr die Abteilung Fremde
Heere Ost geleitet und war praktisch sofort nach der Kapitulation in amerikanische
Dienste getreten. Gehlens Wert für die Amerikaner lag in seinen Karteikarten
und dem Wissen in den Köpfen seiner "bewährten" Mitarbeiter.
Bei denen, die nun hauptsächlich für die Arbeit im Osten zuständig
waren, handelte es sich um die hohen SS-Offiziere Franz Six und Emil Augsburg.
Beide hatten persönlich Mordkommandos im Osten geleitet und wurden
inzwischen als Schwerkriegsverbrecher gesucht. Man kann sich vorstellen,
welches Personal sie bevorzugt rekrutierten.
Obwohl die alten Spionagenetze der Abwehr in Osteuropa längst zerschlagen
waren, hielt die Org immer noch Kontakt zu hunderten von Agenten und Kollaborateuren,
die zurückgeblieben waren. Dazu hatte sie Informationen über
ehemalige Mitarbeiter, die dadurch erpressbar waren. Doch in den Lagern
für Displaced Persons (DPs), die sich ständig mit neuen Flüchtlingen
füllten, konnte die Org zunehmend neue Mitarbeiter rekrutieren. Noch
während des Zweiten Weltkriegs hatte die deutsche Abwehr ausgewählte
Partisanen für Attentate und Sabotageakte ausgebildet und dann mit
dem Fallschirm hinter der Front abgesetzt. Zu dieser Taktik kehrte die Org
jetzt wieder zurück. Bereits im Winter 1945/46 wurden die ersten Saboteure
von der Org hinter die russischen Linien gebracht. Dass dies nur mit amerikanischen
Flugzeugen möglich war, versteht sich von selbst.
Zum Hauptkriegsschauplatz der Org und ihrer Agenten wurden jedoch die
Flüchtlingslager. Die große Masse der dort ankommenden Osteuropäer
waren sicher keine Nazis, viele waren sogar überzeugte Antifaschisten.
Hier galt es nun die führenden Emigrantenzirkel zu dominieren und
deren Kommunikationsmittel besonders die Zeitschriften zu kontrollieren.
Natürlich versuchten auch osteuropäische Geheimdienste mit ihren
Agenten über die Lager diese Kreise zu infiltrieren. Politische Morde
waren deshalb dort an der Tagesordnung. Allein in dem Lager in Mittenwald
sollen ehemalige ukrainische Nazi-Kollaborateure mindestens zwanzig Personen
ermordet haben. Zu einem der wichtigsten Projekte wurde Radio Free Europe,
mit dem nicht nur die Emigranten im Westen beeinflusst wurden, sondern
auch die Bevölkerung im Osten zum Widerstand ermuntert wurde.
Weiteres Personal lieferte die Arbeit der katholischen Kirche, die bereits
vor Kriegsende damit begonnen hatte, die Flucht osteuropäischer Nazi-Helfer
zu organisieren. Aus der Sicht des Vatikans war der Nationalsozialismus
nur eine kurze Episode in der ganz großen Auseinandersetzung zwischen
christlichem Abendland und atheistischem Bolschewismus. Deshalb brachte
die katholische Kirche zehntausende Deutsche, Kroaten, Slowaken und Ukrainer
in Sicherheit. Berüchtigt war die Rettung führender Mitglieder
des kroatischen Ustascharegimes, darunter der Ustaschaführer Ante
Pavelic und der Polizeiminister Andrija Artukovic, die für die Ermordung
hundertausender Serben und Juden verantwortlich waren. Am spektakulärsten
war die Rettung der gesamten 14.SS-Division "Galizien", die sich noch etwa
11.000 Mann stark nach Rimini durchgeschlagen hatte, dort von den Briten
interniert worden war und an die UdSSR ausgeliefert werden sollte. Durch
die Intervention des Papstes gaben ihnen die Briten 1948 den Status von "freien
Kolonisten", der es ihnen erlaubte nach Kanada, Australien etc zu emigrieren.
Unter diesen traf dann auch die CIA ihre Auswahl.
In den ersten Nachkriegsjahren war es dennoch nicht einfach für
die Org und ihre US-Förderer. Teile des CIC machten immer noch Jagd
auf Kriegsverbrecher und einige Spitzenkräfte wie Klaus Barbie oder
Alois Brunner mussten diskret nach Südamerika oder den Nahen Osten
abgeschoben werden. Der Massenmörder Franz Six wurde wegen Kriegsverbrechen
von einem US-Militärgericht 1948 sogar zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Allerdings wurde er bereits nach vier Jahren begnadigt und konnte seine Arbeit
für Gehlen wieder aufnehmen.
Das größte Hindernis für die Zusammenarbeit amerikanischer
Geheimdienste und ehemaliger Nazi-Kollaborateure war aber, dass für
die Angehörigen aller Streitkräfte, die mit den Deutschen verbündet
gewesen waren, die Einwanderung in die USA strikt verboten war. Ein winziges
Schlupfloch bot lediglich das neue Hundert-Personen-Gesetz, das es "im Interesse
der nationalen Sicherheit" erlaubte bis 100 Personen jährlich in die
USA zu bringen, ohne dass Fragen gestellt werden durften. Doch dieses Kontingent
wurde fast völlig für deutsche Raketentechniker und Ingenieure
gebraucht. Lediglich wenn es sich um wirklich hochkarätige Personen
handelte, konnte sie in dem Programm unterkommen.
Eine dieser Ausnahmen war der OUN-Führer Mykola Lebed. Er war im
Exil von der Gestapo geschult worden, dann im Gefolge der Wehrmacht in
die Ukraine zurückgekehrt und hatte es dort in der von den Deutschen
installierten Regierung zum Innenminister gebracht. Obwohl er heute noch
von vielen Ukrainern als Nationalheld verehrt wird, besteht kein Zweifel,
dass es sich bei ihm um einen sadistischen Schlächter handelte. Unter
anderem organisierte er in Krakau Folterung und Ermordung von Juden, um
seine Männer "abzuhärten". Vor der Roten Armee floh er zuerst
nach Rom und führte eine eher bescheidene Existenz, bis das CIC erkannte,
dass seine Listen und Beziehungen Gold wert waren. Anschließend arbeitete
er für die Amerikaner in München und als es dort zu heiß
wurde, schaffte man ihn mit dem Hundert-Personen-Gesetz 1949 in USA. Wo
er zu einer dominierenden Person in ukrainischen Emigrantenkreisen, schließlich
sogar zum Außenminister der Exilregierung aufstieg.
Zum besten Fürsprecher ehemaliger Kriegsverbrecher wurden aber
die Kommunisten selbst. In Osteuropa hatten sie die Macht bereits vollständig
an sich gerissen, in Griechenland unterstützten sie die Rebellen,
in Italien und Frankreich die kommunistischen Parteien, und in China waren
Maos Armeen auf dem Vormarsch. Unter diesen Eindrücken verschwanden
auch die letzten Zweifel und Skrupel und man begann mit der gezielten Anwerbung
von Emigranten zur Destabilisierung der UdSSR. Die erste große Werbeaktion
wurde 1948 unter dem Namen "Operation Bloodstone" gestartet. Ihr erklärtes
Ziel waren Erkenntnisse, Propaganda und Sabotage im Osten.
An potentiellen Rekruten herrschte kein Mangel. Die Lager für DPs
waren immer noch gut gefüllt und ständig kam neuer Nachschub
an Flüchtlingen. In den ersten Jahren gelang es manchmal sogar ganzen
Kampfgruppen der UPA so genannten "Banderovici" - nach ihrem Führer
Stepan Bandera - sich durch Polen und die Tschechoslowakei in den Westen
durchzuschlagen. In einem deutschen Zeitungsartikel von 1947 ist darüber
zu lesen: "Sie trugen polnische, russische und deutsche Uniformen. Sie
waren mit Waffen aus aller Herren Länder ausgerüstet. Ihre Zungen
redeten nahezu alle Sprachen Europas.[...] Es war ein buntes Sammelsurium
ehemaliger Soldaten: Hlinka-Gardisten, Wlassow-Truppen, deutsche SS. Berufsverbrecher
vieler Nationalitäten [...] 'Wir wollen Euch beim kommenden Krieg gegen
Russland helfen', erklärten die von den Amerikanern internierten."
Ab Ende der 40er Jahre begannen US-Dienststellen gezielt mit der Anwerbung
von ehemaligen Nazi-Kollaborateuren und SS-Veteranen für den Widerstand
in der Ukraine und im Baltikum. Denn aus Sicht der Amerikaner waren es
genau die Leute, die man dort brauchte. Die Aufständischen vor Ort
wurden mit Waffen und Sprengstoff versorgt und von Radio Free Europe zum
Durchhalten ermuntert. Dazu wurden immer wieder kleine Teams von Spezialisten
mit Fallschirmen abgesetzt, die für Propaganda, Sabotage und Attentate
ausgebildet waren. Ein Oberst erzählte später noch mit einer
gewissen Begeisterung: "Einige dieser Männer waren die besten Berufskiller,
die ich je kennengelernt habe." Man sollte wie gesagt nicht denken, dass
es sich bei diesem vergessenen Krieg um eine Kleinigkeit gehandelt hat.
Der CIA-Leiter für Geheimoperationen Frank Wisner schätzte, dass
allein in der Ukraine bis 1960 etwa 35.000 sowjetische Kader durch Guerillas
ermordet wurden. Dass die Zahl derer, die durch die Unterdrückung
des Aufstandes ums Leben kamen, um ein Vielfaches höher lag, versteht
sich von selbst.
Allerdings wurden die meisten Agenten, die heimlich ins Baltikum
und die Ukraine gebracht wurden, oft nach wenigen Tagen verhaftet und hingerichtet.
Das war zu einem guten Teil Gehlens Org zu verdanken, in der einige der
führenden Leute wie Ex-Hauptsturmführer Hans Clemens und Ex-
Obersturmführer Heinz Felfe längst auf der Gehaltsliste des KGB
standen und die Partisanen skrupellos ans Messer lieferten. Auch der britische
Geheimdienst, der sich an diesen Operationen aktiv beteiligte, war bis
in die höchsten Reihen infiltriert. Der Skandal um Kim Philby machte
dann gewaltige Schlagzeilen. Von den eingesetzten Agenten kamen deshalb
nur ganz wenige zurück und erhielten später neue Identitäten
in den USA.
Es blieb jedoch nicht bei der aktiven Unterstützung des Guerillakrieges
im Osten. Die Planer im Pentagon entwarfen bereits fleißig Szenarien
für einen kommenden Atomkrieg. Man ging davon aus mit etwa 70 Atombomben
einen Großteil der sowjetischen Streitmacht und Infrastruktur zerstören
zu können, hielt es aber für unwahrscheinlich, dass die anschließend
vorrückenden westlichen Streitkräfte als Befreier begrüßt
werden würden. Um den restlichen Widerstand zu schwächen, sollte
nach dem Atomschlag erst eine Guerillaarmee das Terrain vorbereiten. Speziell
ausgebildete Kadereinheiten sollten mit dem Fallschirm über den radioaktiv
verstrahlten Gebieten abspringen und mit den überlebenden Widerstandskämpfern
vor Ort eine Armee mobilisieren - man ging von 370.000 Mann aus.
Zur Aufstellung dieser nach Tausenden zählenden Kadereinheiten
benötigte man nun wesentlich mehr Personal und Material als für
die bisherigen Agenteneinsätze. Einige komplette B-29 Geschwader wurden
speziell zu diesem Zweck abgestellt. Bei der Rekrutierung spielte Gehlens
Org dann wieder eine Schlüsselrolle, die speziell für die Führungsschicht
die bewährten Veteranen von Walssow-Armee und Waffen-SS lieferte.
Mit dem Umfang des Projekts stellte sich natürlich die Frage, wo man
in Europa - vor den USA standen nach wie vor die Einwanderungsgesetze -
diese Geheimarmee verstecken konnte. Als Lösung fand man hier die
Arbeitskompanien der US-Army, die allgemein unter Namen wie "Labour Service"
oder "Industriepolizeikorps" bekannt waren.
Diese paramilitärischen Formationen waren bereits 1946 gegründet
worden und sollten bei Aufräumungsarbeiten, Transport, Sicherung aber
auch der Unterdrückung von Aufständen abziehende US-Einheiten
ersetzen. Beim Labour Service fanden viele deutsche Ex-Soldaten eine erste
Stelle, wie zum Beispiel der später als "Kongo-Müller" bekannte
Siegfried Müller. Hauptsächlich wurden aber Flüchtlinge
und Displaced Persons rekrutiert, die dem Elend in den Lagern entkommen
wollten. Natürlich hatten viele mit den Nazis nichts zu tun gehabt,
dennoch ergab sich durch die Art der Rekrutierung und der geplanten Verwendung,
dass wichtige Stellen bevorzugt mit SS-Leuten besetzt wurden, die dann
wieder das entsprechende Personal nachzogen. So sollen die sechs höchsten
Offiziere der ersten lettischen Arbeitskompanie alle bei der Waffen-SS
gewesen sein. Der Führer der nächsten lettischen Einheit war
hatte lange als Offizier in einem KZ gedient.
Die Russen lieferten natürlich Informationen über besonders
gesuchte Kriegsverbrecher im Labour Service, aber viele Amerikaner gingen
einfach davon aus: "Wenn jemand von den Kommunisten denunziert wurde, dann
konnte man annehmen, dass er für uns der Richtige war." Bis 1950 hatte
der Labour Service etwa 30.000 Mann, die alle mit leichten Infanteriewaffen
ausgerüstet waren. Davon wurden 5.000 Freiwillige für den postatomaren
Guerillakrieg ausgebildet. Diese Spezialisten, die selten darüber
informiert waren, worum es wirklich ging, kamen alle aus Osteuropa und
waren mit Sprache und Geographie vertraut. Die zahlreichen verschiedenen
Einheiten des Labour Service erlaubten es bestimmte Kompanien einheitlicher
Nationalität für Spezialaufgaben zusammenzustellen. So gab es
neben Ukrainern und Letten auch eine Arbeitskompanie von etwa 250 Albanern,
die für aktuelle Sabotageeinsätze in Albanien ausgebildet wurden.
Diese Einsätze wurden jedoch fast vollständig über den daran
beteiligten britischen Geheimdienst verraten, so dass die eingeschleusten
Agenten alle hingerichtet wurden.
Mit der Zeit erschien es jedoch notwendiger die Freiwilligen und die
Ausbildung in die USA zu verlagern. In Deutschland hatte eine im Rahmen
dieses Programms finanzierte Einheit , die zum Großteil aus ehemaligen
deutschen Angehörigen der Wehrmacht und Waffen-SS bestand, in ihrem
Übereifer die Ermordung "linker" deutscher Politiker, das hieß
auch SPD-Abgeordnete und Gewerkschaftsfunktionäre, geplant und war
damit aufgeflogen. Zudem hatte der Koreakrieg begonnen und die US-Army
benötigte dringend Menschenmaterial für die Front. Deshalb entwarf
die CIA bereits 1950 einen Plan, der die Einwanderung von 150.000 Wunschkandidaten
im nationalem Interesse vorsah, "weil sie im Kampf gegen den Kommunismus
eine hervorragende oder aktive Rolle gespielt haben." Leider lehnte der
Kongress ab, und die CIA fand nur für die dringendsten Fälle
andere Kanäle.
Als sich die Lage in Korea aber verschlimmerte, war man bereit die Sache
noch einmal zu überdenken. Zusätzlich machten die Emigrantenorganisationen,
in denen die CIA Leute an den entscheidenden Stellen platziert hatte,
politischen Druck. So wurde dann entschieden, dass baltische SS-Leute nicht
an Verbrechen teilgenommen hätten und deshalb als gute Antikommunisten
von den restriktiven Einwanderungsgesetzen nicht mehr betroffen seinen.
Schließlich wurde 1950 der "Lodge Act" verabschiedet. Er erlaubte die
Einwanderung von bis zu 12.500 Personen, die nach fünf Jahren Militärdienst
die US-Staatsbürgerschaft erhalten sollten. Sehr viele dieser Rekruten
kamen aus dem Labour-Service. Unter den besonders Fähigen warben dann
auch die Green Berets ihre Freiwilligen.
Die große Masse der etwa 500.000 osteuropäischen Immigranten,
die in den 50er Jahren in die USA kamen, hatten zwar nie mit den Nazis
zusammengearbeitet, durch die große Zahl schätzt man aber den
Anteil ehemaliger NS-Kollaborateure auf etwa 10.000. Wesentlich fataler
waren die Auswirkungen auf die inneren Strukturen der CIA. Der US-Journalist
Christopher Simpson, der sich am ausgiebigsten mit diesem dunklen Kapitel
beschäftigt hat, zieht den Schluss, dass der Geheimdienst zwar schon
immer schmutzige Methoden verwendet habe, aber die systematische Verwendung
von politischem Mord, Subversion und Staatsstreich von Seiten der USA erst
begann, als sie nach dem Zweiten Weltkrieg in großem Stil mit den
Nazis zusammenarbeiteten.