Veteranen des Afrikakorps
kämpften für die Moslembruderschaft in Palästina.
Gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann das siegreiche aber
schwer angeschlagene Großbritannien damit, sich aus seinen Kolonien
und Mandatsgebieten zurückzuziehen. Besonders schwierig gestaltete
sich das in Palästina. Dorthin waren bereits seit Anfang des Jahrhunderts
zunehmend jüdische Siedler gekommen, die vor den Verfolgungen in Europa
geflohen waren. Nach 1933 hatte sich diese Zuwanderung dann noch einmal
gewaltig gesteigert. Die Briten, die aus traditionellen und wirtschaftlichen
Gründen mehr an guten Beziehungen mit den arabischen Staaten interessiert
waren als einer der problematischen Gründung eines "Judenstaates",
hatten zum Teil mit drastischen Maßnahmen versucht diese Zuwanderung
zu stoppen. Nachdem jedoch nach Kriegsende immer mehr über den Holocoust
bekannt geworden war, wurde langsam klar, dass der Anspruch der Juden auf
ein eigenes Siedlungsgebiet nicht mehr zu verhindern war. Wie dieses jedoch
aussehen sollte - ein gemeinsames Land mit den Palästinensern, eine
Föderation oder gar ein eigener Staat - oder wie die Grenzen gezogen
werden sollten war höchst umstritten.
Während in der UNO die Teilung des Landes diskutiert wurde und
die Briten versuchten die Zustrom jüdischer Flüchtlinge zu bremsen,
wollten jüdische und arabische Aktivisten Fakten schaffen, in der
Hoffnung, dass diese dann später von der UNO akzeptiert werden würden.
Durch Terrorakte versuchten beide Parteien ethnisch reine Gebiete zu schaffen.
Zudem wurden Truppen ausgebildet und Waffen gehortet, um für den Abzug
der Briten gerüstet zu sein. Obwohl die Araber in diesem Konflikt
zahlenmäßig weit überlegen waren und mit der Unterstützung
der Anrainerstaaten rechnen konnten, waren die Juden sicher weit besser
organisiert und nach ihren jüngsten Erfahrungen auch hoch motiviert.
Auf arabischer Seite konnte es durchaus vorkommen, dass reiche Großgrundbesitzer
laut die arabische Sache priesen aber heimlich ihr Land an Juden verkauften,
und auch Ägypten, Syrien und Jordanien verfolgten in Palästina
jeweils eigene Interessen. Dazu kamen der Großmufti von Jerusalem
und diverse lokale Potentaten und Freiheitskämpfer, die alle versuchten
ihr eigenes Süppchen zu kochen.
Obwohl die Briten ihr bestes taten, um die Sache unter Kontrolle zu
behalten, explodierten in Palästina fast täglich Bomben oder
Zivilisten wurden von Heckenschützen ermordet. In dieser Situation,
für die der deutsche Massenmord an den Juden ja die Hauptursache war,
berichtete die Presse plötzlich von deutschen Söldnern auf arabischer
Seite. Journalisten hörten, wie in den Kneipen von Beirut und Damaskus
"Die Fahne hoch" gesungen wurde. Auch in Ägypten machte die deutsche
Gemeinde von sich reden. Vom Sender Kairo wurden deutsche Werbeaufrufe
für die arabische Befreiungsarmee gesendet und nachts um 12 Uhr das
Horst-Wessel-Lied gespielt. Die internationale Presse sah überall
alte Nazis am Werk und sprach von tausenden deutschen Freiwilligen in Ägypten,
die sogar zu eigenen Brigaden zusammengefaßt worden seien. Stilgerecht
ausgerüstet mit einigen 8.8-Batterien sollten Teile des bereits legendären
Afrikakorps zum Sturm auf Palästina angetreten sein. Es passte dabei
gut ins Bild, dass der arabische Freiheitskämpfer Fauzi el Kaukji,
der in Syrien Freiwillige für einen Heiligen Krieg gegen die Juden
sammelte, und der Großmufti von Jerusalem bereits mit den Nationalsozialisten
gegen die Briten konspiriert hatten. Auch unter Kaukjis Truppen sollen
sich zahlreiche ehemalige Angehörige des Afrikakorps befunden haben,
die aus alliierten Gefangenenlagern geflohen waren, dazu Russen der Wlassow-Armee,
skandinavische SS-Angehörige und - wie könnte es anders sein?
- einige Deserteure der Fremdenlegion.
Das war natürlich alles maßlos übertrieben. Letztlich
handelte es sich wahrscheinlich nur um einige hundert, die eher schlecht
als recht ihr Leben fristeten. Trotz ihres martialischen Gebarens, waren
die meisten sicher froh, den Krieg überstanden zu haben. Es war außerdem
nicht leicht als geflohener Kriegsgefangener illegal im nahen Osten zu
überleben. Die große Geste bildete von jeher die Geschäftsgrundlage
der Abenteurer, und so versuchten sich viele den Arabern als Fachleute
für Blitzkriege und Geheimwaffen zu verkaufen. Man liest nichts von
Heldentaten deutscher Freiwilliger, dafür von Gefreiten, die sich
als Fliegerhelden ausgaben, Mechanikern, die Wunderwaffen bauen wollten,
und von Scharlatanen, die mit erfundenen Adels- und Doktortiteln protzten.
Einen regelrechten Traumjob fanden einige dieser arbeitslosen Veteranen
als ein reicher Beiruter Geschäftsmann, der eine Jacht Hitlers gekauft
hatte, eine standesgemäße Besatzung für diese suchte und
mit ihnen auf Weltreise ging.
Auch der ehemalige Panzergeneral und Ritterkreuzträger Hyazinth
Graf Strachwitz, der Anfang 1949 mit einigen Dutzend deutschen Beratern
Syriens Panzerwaffe reformieren sollte, war nur von geringem Nutzen. Seine
Auftraggeber verärgerte er durch seine preußischen Herrenreitermanieren.
Arrogant forderte er hunderte moderne Panzer, um damit Israel zu überrollen.
Bereits nach einem halben Jahr wurde er wieder verabschiedet und zog weiter
nach Argentinien. Typischer und auf seine Art auch erfolgreicher war ein
gewisser Karl Dieterle, ein ehemaliger Offizier des Afrikakorps. Dieterle
ein angeblicher Baumwollhändler war bereits in den späten Vierzigern
in den Luxushotels Kairos zu sehen. Die eigentliche Quelle seines Reichtums
soll allerdings der Handel mit minderjährigen schwarzen Sklavinnen
gewesen sein, die im Sudan gejagt und dann nach Saudi-Arabien weiterverkauft
wurden. Dieterle soll einige dieser Expeditionen in einem gepanzerten Opel
selbst geleitet haben, der wie einige seiner Mitarbeiter aus den alten
Beständen des Afrikakorps stammte. Daß Dieterle in seinem neuen
Gewerbe außergewöhnliche Fähigkeiten entwickelte, belegt
daß sich noch 1955 eine UNO-Kommission zur Bekämpfung des Sklavenhandels
mit seinen Unternehmungen beschäftigte - allerdings ohne Erfolg. Obwohl
man Dieterle und seine Kollegen, unter denen sicher auch immer wieder einige
ehemalige Fremdenlegionäre anzutreffen waren, nicht wirklich als Söldner
bezeichnen kann, so stehen sie doch durchaus in der Tradition skrupelloser
Abenteurer und verraten eine wesentlich typischere Söldnermentalität
als der ostelbische Junker Strachwitz, der mit Gattin und großem
Gepäck in Syrien ankam und eine Stellung als Feldherr erwartete.
Dennoch gab es einige wenige, die sich, aus dem Kriegsgefangenlager geflohen,
jahrelang als Schmuggler und Schwarzhändler durchschlugen und dann
schließlich in der Arabischen Legion landeten. Typisch ist hier vielleicht
die Geschichte von Herbert P. aus Berlin, der allerdings nicht von großen
Heldentaten sondern von einer Flucht ohne Ende in den Wirren der Nachkriegszeit
berichtet. Herbert P. war als Arzt in Italien in Gefangenschaft geraten
und saß nun mit vielen Angehörigen des Afrikakorps in Camp 307
bei Fanara in der Kanalzone. Der Krieg war seit über einem Jahr vorbei
und er hätte wie die anderen PoWs bei relativ ruhigem Dienst auf seine
Entlassung warten können. Dummerweise hatte er jedoch vorher einen
Fluchtversuch unternommen und sollte deshalb einige Monate in dem berüchtigten
Straflager "Cage 6" bei "Homosexuellen und Kameradendieben", wie er sich
ausdrückt, absitzen. Er hatte deshalb eine Krankheit vorgetäuscht
und sich auf die Krankenstation von Camp 307 überweisen lassen, um
von dort noch einmal die Flucht zu versuchen. Das schwierigste an der waren
der weite Weg durch die Wüste bis zum Süsswasserkanal Ismailia-Kairo
und die arabischen Banden, die Flüchtlinge oft ausraubten und dann
für ein gutes Kopfgeld wieder den britischen Behörden auslieferten.
Das Lager selbst wurde so lange nach Kriegsende nur noch schwach bewacht,
am gefährlichten waren die vielen Spitzel und die deutsche Lagerwache,
mit Knüppeln bewaffnete Fallschirmjäger, die für 30 Pfennig
am Tag für Ordnung sorgten.
Aus dem Lager kam P. in der Abenddämmerung leicht, dennoch wäre
er bei seinem Marsch durch die Wüste fast verdurstet. Zum Glück
wurde er von ein paar Beduinen gefunden, die ihm Wasser gaben. Anschließend
nahmen sie ihn mit in ihr Dorf und übergaben ihn ihrem Scheich. Mit
seinen paar Brocken Arabisch versuchte er diesem dann zu erklären,
dass er Deutscher sei. Zum Test gab ihm der Scheich eine zerlegte Parabellum
und ließ ihn die zusammensetzen. Mit dem Ergebnis anscheinend zufrieden
erhielt P. nun den Namen "Salameh Suleiman" und die Erlaubnis im Dorf zu
bleiben. Die Beduinen lebten von Schmuggel und Schwarzhandel und bald durfte
sich auch Salameh auf diesem Gebiet nützlich machen. Aus den zahlreichen
britischen Depots verkauften korrupte britische Soldaten und deutsche PoWs
Waffen und Medikamente. Als es bei einem dieser Geschäfte zu einer
Schießerei kam, konnte Salameh erstmals seine Fähigkeiten als
Arzt unter Beweis stellen und erhielt daraufhin von dem Scheich ein eigenes
Zelt, in dem er eine Praxis betreiben konnte.
Nach einigen Monaten erhielt er dort dann eine Nachricht von "Helmut
Schneider, Obergefreiter a. D.". Schneider war zu dieser Zeit bereits als
Ausbrecher und Geschäftemacher eine kleine Legende. Salameh beschreibt
ihn als schlank, drahtig und gebräunt. In grauer Flanellhose, weißem
Seidenhemd und der Pistole im offenen Halfter vermittelte er den Eindruck
des echten Abenteurers. Schneider sprach Arabisch so gut wie Deutsch und
wohnte in einer Lehmhütte in einem Dorf, dort handelte er mit Waffen,
Medikamenten, falschen Papieren, Drogen und was sonst noch gefragt war.
Seine Situation beschrieb er folgendermaßen: "Da wir beide zu Rommels
Afrikakorps gehört haben, kennst du ja die Lebensumstände vor
und nach der Gefangennahme. Wie man in einen Beruf wie den meinen hineinwächst,
dürfte dir nicht fremd sein. Mit etwas Unterwäsche oder ein paar
Uniformstücken fängt es an. Man findet Käufer..."
Schneider wollte nun mit Salamehs Hilfe ein richtig großes Geschäft
machen. Ein britischer Sergeant hatte ihm günstig 10.000 Röhrchen
Morphiumtabletten aus deutschen Beständen angeboten, und mit dem Gewinn
hätten sich gute Papiere und die Heimreise nach Deutschland finanzieren
lassen. Mit den von Schneider organisierten Passierscheinen und Uniformen
kamen sie gut in das Depot und und die Übergabe klappte problemlos.
Als sie jedoch bei der Fahrt aus dem Lager kontrolliert wurden, schoss
Schneider zwei Kolonialsoldaten nieder und wurde selbst tödlich verwundet.
Bei dem allgemeinen Chaos gelang es Salameh in der Menge unterzutauchen
und sich anschließend in sein Dorf durchzuschlagen.
Damit waren seine Pläne für die Heimreise wieder einmal erledigt.
Er beteiligte sich nun eher unfreiwillig an den Schmuggelfahrten seines
Scheichs. Nachts wurde der Suezkanal überquert, dann ging es mit dem
Jeep weiter bis Khan Jonis am Mittelmeer, dort wurde dann Haschisch aus
dem Libanon übernommen und zurück nach Ägypten transportiert.
Diese Schmuggeltouren verliefen ohne große Zwischenfälle, da
der Scheich die britischen Posten am Kanal betochen hatte und auch die
ägyptische Polizei ihren Anteil erhielt. Salameh war nun ein angesehenes
Mitglied der Gemeinde, seine Praxis lief ganz gut und seine gelegentlichen
Anfälle von Heimweh bekämpfte er mit Haschisch.
Schließlich raffte er sich doch noch einmal zu einem Versuch auf.
Von den Schmuggeltouren hatte er eine gute Portion Haschisch abgezweigt,
das er bei einem der Großabnehmer des Scheichs in Kairo absetzen
wollte. Mit dem Gewinn wollte er sich dann neue Papiere und eine Schiffspassage
nach Europa kaufen. Es gelang ihm zwar diesen Geschäftsmann in Kairo
zu finden, dort kam es dann aber zu einem wüsten Streit über
den Preis und Salameh musste Hals über Kopf durch Kairos Gassen flüchten.
Um sich etwas zu essen zu besorgen brach er dann nachts in ein Haus ein
und wurde dort von dem Besitzer erwischt. Dieser behandelte ihn jedoch
äußerst freundlich, denn er hatte seine eigenen Vorstellungen,
was man mit einem deutschen Ex-Soldaten ohne Papiere anfangen konnte.
Schon am nächsten Tag wurde Salameh in ein Haus der Moslembruderschaft
gebracht. Dabei handelte es sich um eine moslemische Sekte, die mit diskreter
Unterstützung König Faruks Freiwillige für den Kampf um
Palästina anwarb. Um was für eine Art Krieg es sich dabei handelte
wurde Salameh schon bei seinem "Einstellungsgespräch" klar. "Können
Sie mit Dynamit umgehen? Sind Sie Scharfschütze?" wurde er gefragt.
Man suchte keine Panzerfahrer oder Artilleristen, sondern Spezialisten
für den schmutzigen Terrorkrieg in den Städten. Obwohl er unter
diesen Gesichtspunkten nicht viel zu bieten hatte, wurde er für die
in Palästina kämpfenden Einheiten rekrutierte und erhielt "ein
Handgeld von 25 Pfund, wie es bei der Söldnerwerbung nun einmal so
üblich ist." Nach dem Sieg sollte er einen Pass und Geld für
die Ausreise erhalten. Dann wurde er mit dem Taxi ins Hauptquartier des
Großmufti von Jerusalem in Helmije gebracht. Dort lernte er seine
Kameraden kennen. Unter ihnen befanden sich sechs ehemalige Mitglieder
des Afrikakorps, die wie er aus einem Gefangenenlager geflohen waren und
12 moslemische Jugoslawen, die in der SS für das Reich in Italien
gekämpft und sich anschließend nach Ägypten durchgeschlagen
hatten. Alle benutzten inzwischen konsequent ihre moslemischen Namen, so
dass man von den Deutschen manchmal nur die Heimatstadt erfährt.
Im Dezember 1947 wurden sie dann nach Ramlah einem Vorort von Jaffa
gebracht, um dort an den Kämpfen teilzunehmen. Diese wurden nur mit
leichten Infanteriewaffen ausgetragen, die Artillerie ersetzten selbstgebaute
Minen und Bomben, die meistens mit Lastwagen im feindlichen Lager deponiert
wurden. Ein gewisser Kamal aus Wien, ein ehemaliger Sprengstoffchemiker,
baute aus alten Pakgranaten und Chemikalien Raketen, die auf Tel-Aviv abgeschossen
wurden. Kamal hatte im Krieg seine Familie verloren und dadurch anscheinend
etwas die Balance verloren, denn Salameh bezeichnet ihn als "schizophrenes
Genie". Von militärischem Wert war eigentlich nur die "Freiheitsarmee",
die aus Freiwilligen rekrutiert worden war. Zu ihr gehörten in Jaffa
sieben Deutsche, 150 Jugoslawen, 30 Ägypter, 40 Iraker und 200 Libanesen
und Syrer. Die Palästinenser dienten lieber als "haris al watani"
(vaterländischer Wächter). "Er meldete sich zum Dienst, wann
und wo es ihm gefiel, stand manchmal Wache, schoß und plünderte
ein wenig, legte vielleicht auch einmal eine Mine, und wenn er genug Beute
gemacht hatte, ging er wieder nach Hause." Viele verkauften auch ihre Waffen
und meldeten sich wieder bei einer anderen Einheit, wo sie das gleiche
Spiel wiederholten.
Das Oberkommando in diesem Frontabschnitt hatte Scheich Hasan Salameh,
der zwar ein Parteigänger des Großmufti war, aber auch vor allem
daran interessiert war sich selbst zu bereichern. Dass er dabei allerdings
keine besondere Ausnahme war illustriert folgendes Ereignis. Eines Tages
kam ein britischer Leutnant mit einem Panzerspähwagen ins Hauptquartier
des Scheichs. Während die Deutschen noch fürchteten verhaftet
zu werden, begann der Leutnant schon mit den Verkaufsverhandlungen. Da
er den Panzerspähwagen als verwendungsunfähig gemeldet hatte,
sollte dieser beim Abzug seiner Einheit gesprengt werden, und so bot ihn der
Leutnant für 500 Pfund zum Kauf an. Da dies dem Scheich zu teuer war,
verkaufte er ihn in Tel-Aviv an die Haganah.
Als die Deutschen kurz darauf nachts drei gepanzerte Wagen der Haganah
mit Handgranaten zerstörten, war auch dieser Panzerspähwagen
dabei und einer der Deutschen musste mit seinem Leben bezahlen. Bei der
Beschreibung dieser Aktion wird das grundlegende Dilemma der deutschen
Söldner deutlich. Einerseits scheinen sie einfach Spaß am Abenteuer
und an ihrer Professionalität gehabt zu haben, andererseits wurde
ihnen zumindest manchmal klar, dass ihre ganze Existenz völlig sinnlos
war, wie es der Nachruf auf Hussein zum Ausdruck bringt: "Der Hamburger
mit Namen Hussein wurde am nächsten Tag mit militärischen Ehren
auf dem mosleminischen Friedhof von Jaffa begraben. So wie seine Frau und
sein Kind irgendwo als anonyme Tote unter den Trümmern von Hamburg
geblieben waren, ging auch er unter, mit dem die Familie ausgelöscht
war. Seinen Namen hatte er ja schon nicht mehr gehabt."
Einigen, wie dem "blonden Hüne Said", den Salameh bevorzugt als
"alten Landsknecht" bezeichnet, der sich nie lange mit seinem Gewissen
belastete und ständig überlegte wie ein neues Bombenattentat
durchzuführen sei, hat diese Art der Kriegsführung offensichtlich
Spaß gemacht. Zu Hause erwartete sie nichts und so taten sie einfach
das, was sie in langen Kriegsjahren gelernt hatten, ohne viel darüber
nachzudenken. Es ist bezeichnend, dass niemals ein Wort über die Judenvernichtung
oder aber über die Sache der Palästinenser verloren wird. An
den Juden schätzten sie einfach die bessere Organisation und die Professionalität,
und bei den Arabern störten sie Disziplinlosigkeit, Ignoranz, Mißtrauen,
Eifersucht und Besserwisserei. Und mit der Zeit wurden sie einfach "Söldner,
die recht und schlecht ihre Pflicht taten, den Krieg als persönliches
Abenteuer nahmen und sich, wann immer es ging, einen guten Tag machten.
Daß es dem Augenblick abgestohlene gute Tage waren, deren Ende sich
vorausberechnen ließ, wußten wir nur zu gut."
Ende April 1948 war es dann so weit. Die arabischen Verbände der
Jaffafront befanden sich in völliger Auflösung, plünderten
die Stadt und die Bevölkerung floh. "Die Furcht vor der Willkür
und Grausamkeit der eigenen Landsleute war mindestens ebenso bestimmend,
Haus und Habe zu verlassen, wie die nahende Besetzung der Stadt durch die
israelischen Belagerer." In dieser Situation beschlossen Salameh, der Landsknecht
Said, Kamal aus Wien und die vier anderen Deutschen in Jaffa sich ebenfalls
abzusetzen. Es gelang ihnen sich zu einem Schiff im Hafen durchzuschlagen.
Der Kapitän nahm gerne ihre Maschinenpistolen in Zahlung und brachte
sie mit anderen Flüchtlingen sicher nach Beirut.
Dort trafen sie dann im Hauptquartier ihren Feldherrn Scheich Hasan
Salameh, der sich schon vorher abgesetzt hatte. Bald wurden sie wieder
auf neue Kommandos verteilt. Vier der Deutschen gingen wieder an die Front,
der Chemiker Kamal produzierte in den libanesischen Bergen Minen und Molotow-Cocktails,
und Salameh ging an ein Kriegslazarett in Beirut. Nachdem im Mai 1948 die
Arabische Liga in den Palästinakrieg eingriff, leistete er dort Fließbandarbeit.
Dennoch lebte er sich in Beirut ein, die Stadt und die Lebensart der Libanesen
gefielen ihm ausnehmend gut. Sein Heimweh hatte sich verflüchtigt.
Bald übernahm er die Leitung eines Krankenhauses in Saudi-Arabien.
Von dort hätte er dann heimkehren können, doch Deutschland und
Berlin waren inzwischen zu blassen Erinnerungen geworden, und so tat er,
was so viele Abenteurer schon vor ihm getan hatten, er blieb in der neuen
Heimat. 1952 kehrte er nach Beirut zurück, nahm die libanesische Staatsbürgerschaft
an und ließ sich als Arzt nieder.
Trotz des Medienrummels, den sie zu ihrer Zeit auslösten, handelte es sich bei den deutschen
Legionären auf arabischer Seite um einige vereinzelte. Die meisten von ihnen scheinen sogenannte
"Ausgebombte" gewesen zu sein, also Soldaten, die ihre Familien durch Bombenangriffe verloren hatten,
oder sie waren noch zu jung, um Familienbindungen zu haben. Nach der Flucht aus den Lagern und einem längeren
Leben in der Illegalität, waren sie bereit für Schutz und Nahrung ihrer alten Beschäftigung
weiter nachzugehen. Etwas zahlreicher scheinen dagegen die bosnischen SS-Angehörigen gewesen
zu sein. Da sie auf keinen Fall in ihre Heimat zurück konnten, blieb ihnen nichts anderes übrig
als wieder einmal für eine Sache zu kämpfen, die nicht die ihre war. Allerdings scheinen auch
ihre Glaubensgenossen nicht viel von ihnen gehalten zu haben, denn sie wurden im Gegensatz zu
den Deutschen, die alle Offiziersdienstgrade erhielten, als einfache Mannschaften rekrutiert und verheizt.