Sebastian Schertlin
Landsknecht und Kriegsunternehmer.
Landsknechte sind nur ganz selten reich geworden, obwohl sie mit vier
Gulden im Monat deutlich mehr als ein Handwerker (2,5-3 Gulden) verdienten.
Das lag zum Teil daran, dass sie meisten überhöhte Kriegspreisen
bezahlen mussten, oder daran, dass der Sold sehr unregelmäßig
oder gar nicht gezahlt wurde, vor allem aber an ihrer geradezu sprichwörtlichen
Verschwendungssucht. Dennoch gab es einige wenige, die zu Reichtum und
Besitz kamen. Die Voraussetzung dafür war aber, sein Geld etwas zusammen
zu halten und Karriere zu machen. Mit Helm und Brustpanzer gerüstete
Landsknechte oder Schützen dienten bereits als Doppelsöldner.
Spielleute, Fähnriche, Feldwebel und andere Funktionsträger erhielten
noch etwas mehr. Der Hauptmann eines Fähnleins zwischen 300 und 500
Mann verdient bereits um die 50 Gulden, musste aber sicher lesen und schreiben
können, und vor allem in der Lage sein, diesen wilden Haufen zu organisieren.
Das richtige Geld winkte jedoch den Obristen. Ihr Monatssold betrug zwar
"nur" zwischen 300 und 400 Gulden, sie waren aber für Werbung, Versorgung
und Besoldung ihres Regiments selbständige Unternehmer und wie echte
Condottieri das Bindeglied zwischen Auftraggeben und Söldnern. Unregelmäßige
aber bedeutende Einkünfte waren die Prämien und Geschenke bei
Vertragsabschluß und nach erfüllten Aufgaben.
Richtig große Gewinne machte ein Oberst aber durch Betrug, sowohl
an seinem Auftraggeber wie auch an den Knechten. Zwischen zwei Musterungen
erhielt er Oberst Sold für alle Gemusterten. Natürlich wurden
Verstorbene und Deserteure nur mit Verspätung oder gar nicht gemeldet.
Ihr Sold blieb in der Kasse des Obersts. Bei Musterungen war es äußerst
beliebt sich Landsknechte von anderen Regimentern auszuborgen oder Trossknechte
mit antreten zu lassen. Es war Kleinkram, aber es summierte sich. Bei Pavia
schätzte Franz I. die Stärke seiner Armee um 30% höher ein,
als sie tatsächlich war. Weiterer Profit winkte bei der Truppenversorgung.
Ein Oberst war auch Heereslieferant und versorgte seine Knechte mit Verpflegung
und Waffen. Viele verkauften überteuert verdorbenes Essen und schadhafte
Waffen. Auch an allen anderen Geschäften im Lager, dem Aufkauf der
Beute, der Prostitution und dem Ausschank war der Oberst meistens irgendwie
beteiligt.
Allerdings bargen diese Geschäfte enorme Risiken. In der Regel
wurde dem Oberst bei der Bestallung zwar ein kleiner Vorschuss bezahlt,
dann aber warb er aber auf eigene Rechnung. Der erste Sold wurde normalerweise
erst am Einsatzort bezahlt. Danach traten ständig Verzögerungen
ein. Da dem Oberst an seinem Auftrag gelegen war, musste er seine Männer
mit allen Mitteln bei der Fahne halten und meistens weiter in Vorlage treten.
Als Frundsberg seinen Schlaganfall hatte, waren seine Güter, Familienschmuck
und Tafelsilber längst verpfändet. Oft bezahlten die Fürsten
ihre Schulden ratenweise über Jahre. Ein umfangreicher Schriftverkehr
und Besuche bei Hofe waren vonnöten, um wenigsten einen Teil des Geldes
zu erhalten. Manchmal bemühten sich noch die Erben der Söldnerführer
um die Außenstände - nicht immer mit Erfolg. Die Bankrotterklärungen
der Habsburger rissen große Bankhäuser ins Verderben, wen kümmerten
da die Forderungen eines Landsknechtsobristen. Zu diesen immer drohenden
immensen Verlusten kamen die kleineren aber dafür alltäglichen.
Knechte hatten Handgeld erhalten und erschienen nicht zur Musterung oder
desertierten anschließend mit geliehener Ausrüstung.
Dazu kam als nicht unbeträchtliches Berufsrisiko der Tod in der
Schlacht. Bis weit ins 17. Jahrhundert war es die Aufgabe der Offiziere
in kritischen Situationen an vorderster Front zu kämpfen, wo die Verluste
am höchsten waren. Schwarz, Fuchs, Slentz und die Führer der
Schwarzen Bande waren so gefallen. Von allen namhaften Landsknechtshauptleuten,
die beim Sacco di Roma und den anschließenden Kämpfen um Neapel
dabei waren, sind nur zwei bekannt, die zurückgekommen sind. Von den
zwölf spanischen Obristen bei Ravenna fielen elf. Als die Schweizer
bei Bicocca von den Spaniern und Landsknechten unter furchtbaren Verlusten
zurückgeworfen wurden schrieen sie: "Wo sind die ganzen Offiziere,
Pensionäre und Doppelsöldner? Sie sollen sich ihr Geld verdienen
und in der ersten Reihe kämpfen." Die Offiziere gehorchten dem Ruf
der Knechte und fielen fast alle. Man hat versucht die durchschnittliche
Lebenserwartung von allen bekannten Obristen im frühen 16. Jahrhundert
zu recherchieren: Nur wenige erreichten ein Alter von 40 Jahren.
Einer der beiden Hauptleute, die den Sacco di Roma und die Belagerung
Neapels überlebten, war Sebastian Schertlin von Burtenbach, der seine
Karriere als einfacher Landsknecht begonnen hatte und schließlich
zu einem der bedeutendsten Söldnerführer seiner Zeit aufsteigen
sollte. Seine in äußerst knappen Worten gehaltene Autobiographie
vermittelt einen guten Eindruck von den Wertvorstellungen und der Brutalität
der Landsknechte, von der gleichgültigen Grausamkeit und dem Berufsethos
mit denen sie ihr Handwerk ausübten. Vor allem aber zeigt sie das
Bild eines nüchternen Geschäftsmannes, der genau Gewinn und Verlust
berechnet. Neben einer Menge Glück und einer äußerst robusten
Gesundheit war die Fähigkeit, mit Geld umzugehen sicher die Hauptursache
seines Erfolges.
Sebastian Schertlin wurde 1496 in Schorndorf bei Stuttgart geboren.
Sein Vater war zwar nicht adlig, aber als Forstmeister anscheinend so wohlhabend,
dass er seinem Sohn ein Studium in Tübingen ermöglichen konnte.
Das Studium war sicher nicht unbedeutend für seinen späteren
Erfolg, denn schreiben und rechnen waren auch für eine Landsknechtskarriere
wichtigere Voraussetzungen als der Umgang mit Spieß und Hellebarde.
Schorndorf war zu dieser Zeit ein Zentrum der schwäbischen Landsknechtswerbung,
und man kann annehmen, dass in den Wirtshäusern die Veteranen mit
ihren Abenteuern prahlten und die Werber goldene Berge versprachen. Schertlin
versuchte jedenfalls nicht lange als Magister in irgendeiner Kanzlei zu
arbeiten, sondern ließ sich mit 22 Jahren als Landsknecht anwerben.
Seine ersten Erfahrungen sammelte er im kaiserlichen Dienst in Flandern
und der Picardie und bei einem Feldzug gegen die Türken in Bosnien.
Dabei machte er nicht nur Beute, sondern auch Karriere. Wahrscheinlich
warb er schon bald für die verschiedenen Regimenter Landsleute in
seiner näheren Heimat. Denn bereits 1523 wurde er von dem geflüchteten
Dänenkönig Christian II. beauftragt, ihm zur Wiedergewinnung
seiner Länder 6.000 Landsknechte am Bodensee zu werben. Für diesen
Großauftrag war Schertlin sicher nicht die erste Wahl, da es sich
um ein äußerst dubioses Unternehmen handelte, das schon kurz
darauf mit Christians Gefangennahme endete. Dennoch hatte Schertlin offenbar
genug Laufgeld erhalten, so dass er die geworbenen Knechte ohne Einbußen
wieder entlassen konnte.
Währenddessen kamen aus Italien gute Nachrichten; dort hatten die
Kaiserlichen die Franzosen bei Bicocca geschlagen und waren im Vormarsch.
Schertlin dachte, dass man ihn dabei wohl brauchen könne und zog "auf
eigene Kosten" nach Mailand, wo er sich dem kaiserlichen Heer anschloss.
Er war dabei als die Franzosen aus Norditalien vertrieben wurden, wo beim
Abzug sicher manches gute Beutestück zu machen war. Unter dem Herzog
von Bourbon wurde dann Marseille zwei Monate belagert. Als der französische
König wieder ein starkes Heer gesammelt hatte, mussten sich die Kaiserlichen
wieder nach Italien zurückziehen und wurden in Pavia eingeschlossen.
Die Belagerten wehrten über vier Monate zahlreiche Angriffe ab und
unternahmen Ausfälle. Aber die Lebensmittel wurden immer knapper,
so dass sie ihre "eigenen Pferd, Esel und Hund gegessen" hatten, bis endlich
Pescara und Frundsberg mit dem Entsatzheer eintrafen. Über die Schlacht
bei Pavia im Februar 1525 und das Ende der Schwarzen Bande - der Landsknechte
in französischem Sold - berichtet Schertlin in der für ihn typischen
Art: Wir haben den König "nach harten Kämpfen geschlagen, ab
zehntausend Personen in der Tessin ertränkt, mehrenteils Schweizer,
die schändlich geflohen sind; aber die Knechte, die sich tapfer gewehrt
haben, wurden erstochen." Die Schlacht war nicht nur ein triumphaler Sieg,
sondern brachte auch eine Menge Beute. Schertlin profitierte von beidem.
Er wurde für seine Tapferkeit vom Vizekönig von Neapel zum Ritter
geschlagen und brachte 1.500 Gulden mit nach Hause. Das waren immerhin
30 Jahresgehälter eines Landsknechts!
Doch auch zu Hause war keine Ruhe. Die Bauern hatten sich erhoben und
wurden nun zu Zehntausenden erschlagen. Da wurde ein Mann wie Schertlin
natürlich dringend benötigt. "So bin ich nit mehr als vier Tag
daheimgeblieben," schreibt er dazu. Er beteiligte sich im Dienst des Schwäbischen
Bundes an dem Gemetzel. Allzu leicht scheint es dennoch nicht gewesen zu
sein, denn er wurde mehrmals dabei verwundet. Danach unterstützte
er einen fränkischen Adligen bei einer Privatfehde gegen Rothenburg.
Solche Raubritterstreiche machten ihm bis ins hohe Alter viel Spaß.
Allerdings versuchten die Reichsstädte nach Möglichkeit den Unruhestiftern
das Handwerk zu legen. Und so hielt es Schertlin bald für besser,
für einige Zeit das Land zu verlassen. Als inzwischen erfahrener Landsknechtsführer
zog er nach Trient, wo Georg von Frundsberg gerade wieder Truppen sammelte.
Damit kam er gerade recht für den chaotischen Feldzug von 1526-29.
Es war Winter, die Versorgungslage war schlecht und gleich am Anfang gab
es verlustreiche Scharmützel mit den Reitern von Giovanni delle Bande
Nere. Der Kaiser hatte wieder einmal kein Geld, um seine Söldner zu
bezahlen. Diese versorgten sich aus dem Land und Frundsberg musste sie
immer wieder aufs neue vertrösten. Als es dann doch zur Meuterei kam
und ihn die aufrührerischen Knechte bedrohten, wurde er vom Schlag
getroffen. Das Heer aus Deutschen, Spaniern und Italienern wälzte
sich nur noch unter der losen Führung nach Rom und stürmte die
Stadt. Es kam zum berüchtigten Sacco di Roma. Schertlin erwähnt
die folgende monatelange Gewaltorgie kaum. Sicher nicht aus Scham, sondern
viel mehr, weil er wahrscheinlich solche Vorgänge für allgemein
bekannte Banalitäten hielt. Dennoch konnte auch er viel wertvolle
Stücke erbeuten. Über die Gefangennahme des Papstes und der Kardinäle
schreibt er lapidar: "Es war ein großer Jammer unter ihnen und sie
weinten sehr; wurden wir alle reich."
Da sich aber niemand um die Beseitigung der zahlreichen Leichen kümmerte,
forderten bald Seuchen die ersten Opfer. Als schließlich noch die
Pest hinzukam, wurden die Landsknechte völlig unregierbar. Sie forderten
ihren ausstehenden Sold und griffen die Offiziere an, von denen einige
ihr Leben nur durch Flucht retten konnten. Auch Schertlin wurde bei diesen
Unruhen mehrmals angegriffen, tat aber sein bestes, um einen Rest an Ordnung
aufrecht zu erhalten. Im Juni verließ das dezimierte Heer die pestverseuchte
Stadt und plünderte unter Schertlins Führung Narni. Da sich die
Einwohner verzweifelt gewehrt und auch die Frauen "durch Zugießen
von heißem Wasser großen Schaden" getan hatten, wundert man
sich bei Schertlin nicht mehr, dass "tausend Personen darin zutot geschlagen,
Weib und Mann."
In diesen Monaten waren die verbliebenen Hauptleute mehr Getriebene,
die von dem aufrührerischen Mob mitgespült wurden. Im September
zogen noch einmal nach Rom, um vom Papst ihren Sold zu erpressen und nach
versteckten Schätzen zu suchen. Dort blieben sie dann mordend und
vergewaltigend über den Winter. Die Stadt wurde erst erlöst,
als der französische König eine neue Armee nach Süditalien
schickte. Plötzlich erinnerte sich der Kaiser wieder seiner vergessenen
Landsknechte, und es trafen ausreichende Gelder ein, damit die Verbliebenen
dazu bewegt werden konnten, nach Neapel zu ziehen. Dort wurden sie von
der weit überlegenen französischen Armee belagert. Die Versorgung
mit Lebensmitteln war äußerst schlecht und bald trat auch hier
die Pest auf. Zum Glück für die Belagerten wütete die Seuche
vor allem im feindlichen Lager, so dass sie deren dezimierten und geschwächten
Reste im Herbst bei einem großen Ausfall aufreiben konnten.
Danach machte sich Schertlin endlich auf den Heimweg. Unterwegs erkrankte
er selbst schwer, ob an der Pest oder einer der anderen zahlreichen Krankheiten
ist nicht klar. Er überlebte auch das und kam im Mai 1529 mit einem
guten Teil seiner Beute wieder nach Schorndorf. Die Erleichterung darüber
ist in seinem Bericht deutlich spürbar: "und hatt in demselben Krieg
überkommen 15000 Gulden und gute Kleider und Kleinod. Dem Allmächtigen
sei Lob! Ich hab’s wohl erarnet." Damit war er ein gemachter Mann. 1532
kaufte er sich für 17.000 Gulden die Herrschaft Burtenbach und nannte
sich fortan "Ritter von Burtenbach."
Die nächsten Jahre ließ er es ruhiger angehen. Er warb Söldner
für den Türkenkrieg und nahm eine Stelle als Kriegshauptmann
der Stadt Augsburg an, die ihm sozusagen als Ruhegehalt 200 Gulden jährlich
brachte. Ansonsten widmete er sich dem Ausbau von Burtenbach und den üblichen
kleinen Fehden und Rechtsstreitigkeiten, die so ein Besitz mit sich brachte.
Erst 1536 beteiligte er sich wieder als Hauptmann eines Fähnleins
Landsknechte im Dienst des Kaisers an dem erfolglosen Feldzug gegen Marseille.
"Ist ein jämmerlicher Zug Hungers halb gewest und kein Feind nie an
uns gekommen," schreibt er. Dennoch scheint er gute Beute gemacht zu haben,
denn er brachte 5.000 Gulden mit nach Hause, und das bei einem Monatssold
von 100! Auf diese Art ging es weiter. Bei jedem Krieg gegen Türken
oder Franzosen und einigen Fehden im Reich war er dabei und verdiente sein
Geld. Er muss sich aber auch als Stratege und Organisator bewährt
haben, denn er machte Karriere. 1544 wurde er kaiserlicher Großmarschall,
erhielt für sich 300 Gulden monatlich und den Sold für ein umfangreiches
Gefolge. "In Summa, ich bin gehalten worden wie ein Fürst," schreibt
er stolz. In dieser Position begann er dann damit, seinen ältesten
Sohn Hans Bastian unter seinem Kommando zu verwenden.
So hätte es eigentlich weitergehen können, wenn Schertlin
nicht plötzlich mehr auf die Überzeugung als auf das Geld geachtet
hätte. Aber 1546 wurde er Protestant und geriet dadurch in die große
Auseinandersetzung zwischen Karl V. und den protestantischen Reichsfürsten.
Als erfahrener Kriegsmann wurde er zu einem der wichtigsten Hauptleute
des Schmalkaldischen Bundes. Nicht dass er es umsonst gemacht hätte.
Er erhielt jetzt sogar 400 Gulden im Monat und hatte 12 Leibwächter,
zwei Planwagen, 14 Pferde, Trommler, Pfeifer und 35 Personen Gesinde. Dennoch
hätte er sich einfach heraushalten können, oder geschickt zwischen
den Fronten lavieren. Im Gegensatz zu vielen protestantischen Fürsten,
die den offenen Kampf vermeiden wollten und lieber heimlich verhandelten,
bemühte sich Schertlin - allerdings vergeblich - um eine offensive
Kriegsführung. Nach der vernichtenden Niederlage der Protestanten
1547 in der Schlacht bei Mühlberg traf ihn deshalb der ganze Zorn
des Kaisers. Schertlin, der den Krieg in Süddeutschland geführt
hatte, musste sich deshalb mit seiner Familie und dem, was er an Hausrat
mit sich führen konnte, nach Basel absetzen.
Er war nicht lange dort, als Gesandte des neuen französischen Königs
Heinrich II. mit ihm Kontakt aufnahmen, ihm Geschenke überbrachten
und anfragen ließen, "wieviel Kriegsleut er ihm wisse zuführen."
Schertlin war inzwischen im Reich geächtet und sein Besitz beschlagnahmt.
Zudem brauchte er auch in der Schweiz etwas Protektion, da vor allem die
katholischen Städte an seiner Ausweisung arbeiteten. Und so trat Schertlin
wie viele Protestanten im Exil in die Dienste Frankreichs Seinen Sohn Hans
Bastian beschäftigte er als Hauptmann, und den jüngeren schickte er
nach Orleans "zu studieren und die Sprach zu lernen."
Anfangs waren seine Aufgaben hauptsächlich diplomatischer Art.
Als Kenner der protestantischen Szene im Reich, sollte er versuchen möglichst
viele Fürsten und Städte für ein Bündnis mit Frankreich
zu gewinnen. Erst als Frankreich 1552 offen in den Krieg eintrat, waren
wieder seine Fähigkeiten als Landsknechtsführer gefragt. Allerdings
brachte die Werbung aus dem Ausland eine Menge Probleme mit sich. Empört
stellte er fest: "Ich habe mein Regiment nur mit solcher Mühe und
Arbeit zusammengebracht, wie es mir mein Leben lang nie geschehen ist,
weil mir die Österreichischen im Elsaß, Sundgau, Breisgau, Hegau
und in Württemberg alle Pässe dermaßen verlegt, bewacht
und versperrt hatten, daß ich mit aller Marter nur acht schwache
Fähnlein Knechte aufbringen konnte. Acht Hauptleute und etwa 3.000
Knechte sind mir gefangen genommen worden, und wollte ich acht Fähnlein
aufrichten, so mußte ich etliche hundert Eidgenossen nehmen." Mit
den Knechten waren Werbegeld, Laufgeld und Ausrüstung verloren. Aber
Schertlins Ruf folgten immer wieder genügend Knechte über die
Grenzen nach Frankreich, die er dann erfolgreich gegen die Habsburger führte.
Die Beschreibung seiner Kriegstaten in Lothringen und Flandern in französischen
Diensten ist eine Reihung grausamer Schlächtereien: "hab die Feind
gesucht, alle Kirchhöf gestürmt, die besetzt waren, und alle
Dörfer und Häuser geplündert, totgeschlagen und verbrannt.
[...] Wir haben vollends alle Dörfer verbrannt und das Land gar verderbt.
[...] Wir han die Stadt zu Pulver verbrannt."
Der Krieg lief für den Kaiser katastrophal, und da auch Schertlin
mit der Bezahlung in Frankreich nicht richtig zufrieden war, war bald beiden
an einer Aussöhnung gelegen. Man muss Schertlin allerdings zu gute
halten, dass er die Forderung des Kaisers, sofort gegen Frankreich zu kämpfen,
ablehnte: "Dieweil mich die Kron Frankreich in meinen Nöten conserviert,
mir Gutes getan, viel geschenkt und gegeben hätt, wollte ich mich
in dem nächstfolgenden Jahre nit darwider gebrauchen lassen; es stünde
mir nit ehrlich an." Man wurde sich dennoch einig. Schertlin wurde voll
amnestiert und erhielt auch Burtenbach zurück. Der König von
Frankreich gab ihm einen ehrenvollen Abschied und natürlich eine gute
Abfindung. Sein Landsknechte blieben aber in Frankreich und dienten dort
unter dem Rheingrafen.
Zu Hause widmete sich Schertlin wieder dem Ausbau seiner Güter
und der Karriere seiner Kinder. Höhere militärische Ämter,
die ihm angetragen wurden, lehnte er aus Gesundheitsgründen ab. Er
hatte zwar weiterhin einige "Händel" mit anderen Adligen, die Kriege
überließ er aber seinen Söhnen, von denen der jüngere
1568 in den Niederlanden fiel. "Er ist ritterlich umkommen," schreibt er
dazu. In hohem Alter diktierte er dann zufrieden auf eine ruhmreiche Vergangenheit
zurückblickend, seine Erinnerungen diktierte. Man sucht darin vergeblich
nach Bedenken, gegen den Kaiser Krieg geführt zu haben, oder nach
Anzeichen von Mitgefühl mit seinen Opfern. Schertlin berichtet mit
geradezu erschreckender Nüchternheit von einem Handwerk, das er voll
Stolz auf seine Tüchtigkeit aber ohne weitere Emotionen ausführte.
Aber auch die eigenen Leiden und Entbehrungen sind ihm nicht viele Worte
wert, denn sie gehörten ebenfalls zum Geschäft. So schreibt er
zum Beispiel lediglich, dass bei einem Feldzug der "halbe Haufe" - das
waren immerhin 12.000 Mann - am Hunger gestorben sei. Viel wichtiger war
ihm das Geld. In weiten Teilen gleicht seine Autobiographie einem Rechnungsbuch.
Immer wieder listet er auf, wie viel Gulden er bei einem Feldzug "erworben",
"verdient" oder "erarbeitet" hatte, seine Beute und seine Geschenke, seine
Bewirtungskosten, Ausgaben und Verluste. Als er später seine beiden
Söhne beschäftigte, kam natürlich noch ihr Verdienst hinzu,
und man erkennt deutlich den Stolz des Vaters auf das Geld, das sie "erobert"
hatten. Schertlin war zwar auch ein beinharter und eiskalter Krieger, aber
in erster Linie war er Geschäftsmann.