Die schwarzen Reiter
Das Comeback der Kavallerie.
Während der langen Auseinandersetzung zwischen Frankreich und dem
Haus Habsburg war die Infanterie auf den Schlachtfelder Italiens und Flanderns
zur entscheidenden Waffe geworden. Im Gegensatz zu den englischen Bogenschützen
oder den Hussiten, die der Adelsreiterei einige schwere Niederlagen zugefügt
hatten, gingen diese Spieße starrenden Gewalthaufen wie einst die
griechische Phalanx auch offensiv vor. Die Schweizer galten nach ihren
spektakulären Siegen über Burgund als die Erfinder und absoluten
Meister dieser Taktik und wurden vor allem von Frankreich geworben, das
darüber lange den Aufbau einer eigenen Infanterie vernachlässigte.
Da die Habsburger traditionell im Streit mit den Schweizern lagen, schufen
sie nach deren Vorbild die deutschen Landsknechte und die spanischen Tercios,
in denen sich Schweizer Taktik und Erfahrungen des Granadakrieges mischten.
Was war aber in dieser Zeit aus der Adelsreiterei geworden? Sie war
durchaus nicht verschwunden und spielte auch weiterhin eine wichtige Rolle.
Zum Schutz gegen Pfeile und Armbrustbolzen waren zuerst die Plattenpanzer
konsequent verstärkt worden, so dass sie im Spätmittelalter einen
relativ zuverlässigen Schutz boten. Da die Schützen aber zunehmend
auf die Pferde zielten, mussten auch diese mit einem Rossharnisch geschützt
werden. Gegen die Spieße des Fußvolks verlängerte man
die Lanzen ein gutes Stück, was durch die Einführung von Rüsthaken
ermöglicht wurde. Eine größere Gruppe derartig ausgerüsteter
Reiter war durchaus noch ein ernstzunehmender Gegner für die Infanterie
und konnte deren Gewalthaufen zumindest durch Flankenangriffe aufhalten
oder sogar beim geringsten Anzeichen von Schwäche sogar zersprengen.
Das große Problem dabei war, dass die verbesserte Panzerung von
Ross und Reiter natürlich immer mehr Geld kostete. Vor allen Dingen
benötigte man aber außergewöhnlich kräftige Pferde,
die entsprechend teuer waren. Diese Pferde benötigten außerdem
viel Extrafutter und verendeten deshalb auf den strapaziösen Feldzügen
oft zuerst. Dazu kam, dass jeder Gendarmes (auch Gens d'Armes) als Führer
einer Lanze von mehreren anderen Bewaffneten und Dienern begleitet ins
Feld zog. Durch die Kosten für Ausrüstung, Hilfspersonal und
Pferdeersatz wurden manche Adlige an den Rand des Ruins getrieben, und
die große Masse des Adels konnte sich diesen Aufwand einfach nicht
mehr leisten und diente deshalb als so genannte "Deminlances". Das heißt,
sie verzichteten auf den schweren und teuren Rossharnisch und einen Großteil
des Gefolges, trugen leichtere Lanzen und konnten sich deshalb mit billigeren
Pferden zufrieden geben. Im Reich nannte man sie auch oft "Einspänner"
und sprach von "Ringerpferden" (geringeren Pferden).
Am Ende des 15. Jahrhunderts konnten nur noch Frankreich und Burgund,
dessen Erbe dann die Habsburger antraten, durch ihre fest besoldeten Ordonanzkompanien
eine größere Anzahl voll gerüsteter Gendarmes mustern.
Vor allem aber im Bereich des freien Söldnertums, wo hart kalkuliert
werden musste, setzte sich zunehmend das billigere Modell durch. Schließlich
wurde sogar auf die volle Rüstung verzichtet, und man beschränkte
sich auf den leichteren Trabharnisch. Durch die steigende Bedeutung der
Feuerwaffen experimentierte man gleichzeitig mit berittenen Arkebusieren,
die zum Teil auch mit gewissem Erfolg eingesetzt wurden. Für eine
regelrechte Revolution sorgte dann die Erfindung der Radschlosspistole
(angeblich 1520 in Nürnberg), durch die es nicht nur möglich
wurde feuerbereite Waffen mit sich zu führen, sondern diese auch während
des Reitens zu laden und abzufeuern.
Es dauerte zwar einige Zeit, bis sich die neue Bewaffnung durchgesetzt
hatte, doch dann wurde sie vor allem in Deutschland zum Standard der Reiterei.
Frankreich und Burgund - d.h. die habsburgischen Niederlande - setzten
dagegen weiterhin auf ihre Gendarmes, Spanien auf seine Tercios und England
mietete unter Heinrich VIII. ohnehin fremde Söldner, wenn es auf dem
Kontinent Krieg führen wollte. Um 1540 waren die mit zwei Pistolen
und einem Schwert bewaffneten deutschen Reiter auch für die Spießerhaufen
zu einem gefürchteter Gegner geworden. Im Gegensatz zu den Gendarmes
griffen sie nicht in einer breiten Linie sondern in einem tief gestaffelten
Block an. Kurz vor dem Gegner feuerten sie dann ihre Pistolen ab, schwenkten
zur Seite und gliederten sich wieder hinten in die Formation ein. Dieses
Manöver nannte man Karakole oder karakolieren, und es sorgte dafür,
dass um die Jahrhundertmitte die Reiterei wieder zur überlegenen Waffe
wurde.
Als sich der große Landsknechtsführer Sebastian Schärtlin
bereits zur Ruhe gesetzt hatte aber immer noch die kriegerischen Ereignisse
in Europa mit Interesse verfolgte, berichtet er mehrfach von Reitern auf
Ringerpferden. Von der Schlacht in der Lüneburger Heide (1553) in
der Kurfürst Moritz von Reitern erschossen wurde schreibt er: "In
dieser Schlacht haben die Schützen zu Roß großen Schaden
getan". Von den Knechten dagegen sei nicht viel gutes zu hören gewesen.
Im Ausland kämpften die Reiter zuerst für die Spanier in Flandern
und in Nordfrankreich. Doch bald standen die ersten Überläufer
in französischem Sold, wo sie schnell als "Reitres" so bekannt wurden,
dass man auch heute noch mit "Reitre" diesen speziellen Typus des Kavalleristen
bezeichnet. Auch in England warb man gerne die begehrten "swart reiters".
500 von ihnen unter dem ehemaligen Hamburger Kaufmann Thomas Lightmaker
stellten die Leibwache Heinrichs VIII. 1563 führten die Söldnerführer
Georg von Holle, Hilmar von Münchhausen und Günther von Schwarzburg
mit einem großen Landsknechtsheer auch einige tausend Reitres für
den König von Dänemark in einen neuen erfolglosen Krieg um Schweden.
Im Gegensatz zu den Landsknechten kamen die Reitres mehr aus den nördlichen
und östlichen Gebieten des Reichs, aus Brandenburg, Sachsen, Hessen,
Magdeburg oder Pommern, wo es genug verarmte Adlige gab und wo die Pferdezucht
eine lange Tradition hatte. Der Kriegsdienst als Reitre wurde schnell zu
einer unverzichtbaren Erwerbsquelle des niederen Adels und seiner zahlreichen
Söhne. Wenn die Landesherren aus politischen Überlegungen Werbeverbote
erließen, wurden sie auf den Landtagen vom Adel immer wieder gezwungen,
diese aufzuheben. Der Krieg war für viele die einzige Möglichkeit,
einen gewissen Lebensstandard aufrecht zu erhalten.
Dem gesteigerten Bedarf der Zeit entsprechend entwickelten sich die
Reitres wie die Landsknechte - wenn auch nicht in so großer Zahl
- bald zu einem Massenprodukt. Der Adel stellte zwar einen guten Teil der
Reitres, zog aber wieder mit seinen Dienstmannen in den Krieg und warb
in seiner Region. Sehr oft mussten die Geworbenen natürlich auch ausgerüstet
werden. Da man deshalb viel preisgünstige Rüstungen benötigte,
wurden die Reiterharnische aus minderwertigem Stahl gefertigt, der dann
geschwärzt wurde damit er nicht so schnell rostete. Aus dieser typische
Rüstung entstand schließlich die Bezeichnung "Schwarze Reiter".
Ihre größten Erfolge aber auch ihre schwersten Verluste hatten
die Reitres in den Hugenottenkriegen (1562-1598) in Frankreich. Wie die
Landsknechte erwiesen sie sich dabei schnell als Landplage und wurden für
ihre Grausamkeit und Beutegier berüchtigt. Dennoch wurde keine Schlacht
geschlagen, an der sie nicht entscheidenden Anteil hatten - oft kämpften
sie sogar auf beiden Seiten. In erster Linie unterstützten natürlich
die protestantischen deutschen Fürsten die Werbungen der Hugenotten
in ihren Gebieten und führten diesen manchmal sogar ganze Heere aus
Landsknechten und Reitres zu. Doch das Reich war in zahllose Territorien
zerfallen, und den Hugenotten standen nur selten ausreichende Mittel zur
Verfügung. Deshalb hatten auch Protestanten manchmal keine Bedenken,
das spanische Gold der Katholiken zu nehmen. Zudem wurden deren Werbungen
ja wiederum durch den Kaiser gefördert. Das heißt, zur Not konnte
es sich protestantische Reiterführer einfach aussuchen, ob sie es
lieber mit dem Kaiser oder mit der Religion halten wollte. Für Katholiken
war die Sache ohnehin klar.
Bereits in der ersten Schlacht der Hugenottenkriege 1562 bei Dreux bewiesen
die Reitres, dass sie eine gefährliche Waffe waren. Die Katholiken
waren mit 19.000 Mann deutlich überlegen. Davon stellten die Schweizer
mit etwa 6.600 den größten Teil. Dazu kamen Landsknechte, Spanier
und französische Infanterie. Die 2.500 Mann starke Kavallerie bestand
hauptsächlich aus schwer bewaffneten französischen Gendarmes
und einigen hundert deutschen Reitres. Die Hugenotten konnten dem nur etwa
8.500 Mann Infanterie - etwa jeweils zur Hälfte Franzosen und Landsknechte
- und 4.500 Kavalleristen - etwa 2/3 deutsche Reitres - entgegenstellen.
Das Heer der Hugenotten bestand also zur Mehrzahl aus deutschen Söldnern,
die der hessische Oberst Friedrich von Rolshausen im August nach Frankreich
geführt hatte. Die Hugenotten waren vorher gegen Paris gezogen, hatten
sich dort mit der Garnison einige Scharmützel geliefert und ein wenig
die Vorstädte geplündert. Als die Katholiken aber immer mehr
Truppen sammelten, zogen sie sich Anfang Dezember in Richtung Normandie
zurück, da dort Hilfsgelder der Königin von England eingetroffen
waren. Vor allem die Deutschen wurden immer aufsässiger, da sie seit
langem keinen Sold erhalten hatten. Aber auch unter den Franzosen häuften
sich die Desertionen.
Bei Dreux wurden die äußerst sorglos marschierenden Hugenotten
dann überraschend von den Katholiken gestellt. Die Schlacht begann
an einem kalten Dezembertag nach langem beiderseitigen Zögern mit
einem vehementen Kavallerieangriff der Hugenotten auf den linken Flügel
der Katholiken. Sie schlugen nach kurzem harten Kampf die katholische Kavallerie
in die Flucht; die französische Infanterie floh sofort und wurde dabei
fast völlig aufgerieben. Es gelang den hugenottischen Lanzenreitern
sogar die Phalanx der Schweizer an mehreren Stellen zu zerbrechen. Damit
befand sich fast der gesamte linke Flügel der Katholiken in Auflösung.
Lediglich die Schweizer hatten sich zu mehreren kleineren Blöcken
formiert und hielten einsam aus. Sie wurden nun von den Reitres attackiert,
die ohne Unterbrechung ihre Pistolen in ihre dicht gedrängten Reihen
abfeuerten.
Da jedoch viele der Hugenotten bei der Verfolgung der Katholiken den
feindlichen Tross weit hinter der Front erreicht hatten und dort sofort
mit dem Plündern begannen, schlossen sich diesem lohnenden Geschäft
immer mehr Reitres an. Deshalb schickten die Hugenotten nun ihre Landsknechte
gegen die angeschlagenen Schweizer. Doch die Schweizer warfen sich
mit solchem Ingrimm auf die Landsknechte,
dass diese nach kurzem Gefecht in ein nahe liegendes Dorf flohen. Daraufhin
griffen die Hugenotten die Schweizer wieder mit ihrer verbliebenen Kavallerie
an. Diese konnte die Schweizer weiter zersprengen und zum Rückzug
zwingen. Als die Schweizer langsam zurückwichen, hielten die Reitres
die Schlacht bereits für gewonnen. Sie wollten nun auch endlich an
der Plünderung des katholischen Lagers teilhaben und entfernten sich
zunehmend vom Schlachtfeld.
Nachdem die hugenottische Reiterei fast vollständig verschwunden
waren und die Schweizer immer noch ihre Stellung behaupteten, setzte sich
langsam der rechte katholische Flügel in Bewegung. Ihm standen nun
nur noch die französische Infanterie und die Landsknechte der Hugenotten
gegenüber. Die französische Infanterie floh nachdem die Spanier
ein paar Salven auf sie abgegeben hatten. Danach zogen sich auch die Landsknechte
zurück, ohne den geringsten Versuch eines Widerstandes. Eine vollständige
Niederlage der Hugenotten wurde nur durch die Reitres verhindert, die langsam
zurückkehrten und nun um ihren eigenen Tross fürchteten. Sie
zwar zu schwach, um den Gegner noch zu schlagen, ermöglichten aber
noch mit einigen Attacken einen geordneten Rückzug der Hugenotten.
Die Verluste waren sehr schwer. Die Katholiken hatten viele hochrangige
Adlige bei den Gendarmes verloren, und auf beiden Seiten war die zum Einsatz
gekommene französische Infanterie auf der Flucht fast vollständig
aufgerieben worden. Aber auch Schweizer hatten ihre Standhaftigkeit teuer
bezahlt. Vor allem die Pistolenkugeln der Reitres, hatten einen enormen
Blutzoll gefordert. An den Verletzungen, die im Gegensatz zu Hieb- oder
Stichwunden die meistens tödlich endeten, starben in den nächsten
Tage noch viele.
Das Resultat von Dreux war, dass die Katholiken in Zukunft auf Landsknechte
verzichteten, deren Feigheit von allen beklagt wurde. Die französische
Infanterie war zwar noch viel schlechter, aber das war man ja gewohnt.
So blieben zumindest die Hugenotten auf Landsknechte angewiesen, wenn sie
den Schweizern etwas entgegenstellen wollten. Erfolg hatten sie damit keinen.
Die Hugenotten sollten erst Schlachten gewinnen, als die Schweizer auf
in großen Zahlen ihrer Seite kämpften. Allerdings war auch bei
den Schweizern zumindest ein gravierendes Defizit deutlich geworden. Da
sie durch ihren sturen Konservatismus immer noch weitgehend auf Arkebusen
verzichteten, waren sie dem Feuer der Reitres ziemlich hilflos ausgeliefert.
Wesentlich besser angepasst waren da die Spanier, die sich durch einen
Anteil von 20-30% Schützen die Reitres ganz gut vom Hals halten konnten.
Sehr gut hatten sich die Gendarmes bewährt, die mit ihren Lanzen
und gepanzerten Pferden mehrfach die Phalanx der Schweizer durchbrochen
hatten. Allerdings standen gut gerüstete Gendarmes nur in sehr begrenztem
Umfang zur Verfügung. Ein eher unerwarteter Erfolg war der Einsatz
der relativ neuen Reitres, die durchaus die Schlacht hätten gewinnen
können, wenn sie sich nicht aus Beutegier bei der Verfolgung und der
Plünderung des feindlichen Trosses zerstreut hätten. Beide Parteien
warben deshalb künftig so viele Reitres, wie sie bekommen konnten.
Dass man sich dabei über eine geregelte Bezahlung nicht den Kopf zerbrach,
versteht sich von selbst. Irgendwie war wohl jeder der Ansicht, dass sich
das leidige Geldproblem nach einem schnell gewonnen Krieg von selbst erledigen
würde. Aber die Hugenottenkriege wurden nicht schnell gewonnen, und
so kamen immer neue Wellen deutscher Söldner nach Frankreich, die
sich zunehmend selbst entschädigen mussten.
Das Problem verdeutlicht das Schicksal der bei Dreux geschlagenen Hilfstruppe
unter Rolshausen. Nach der Schlacht sammelten sich die überlebenden
Reitres und Landsknechte langsam wieder und setzten ihren bereits seit
Monaten andauernden Raubzug durch Frankreich fort. Ungefähr jeweils
zehn Mann teilten sich einen Wagen, auf dem sie Proviant, Zelte und Beute
mitschleppten. Da die Hugenotten ständig mit dem Sold im Rückstand
waren, überließen sie den Deutschen ganze Landstriche und Städte
zur Plünderung. Wein, Stoffe und Kirchenschätze füllten
die Wagen. In der Hoffnung auf englische Hilfsgelder marschierte das Heer
weiter in die Normandie. Da die englischen Schiffe aber ausblieben, beschäftigte
und entlohnte man die Söldner durch die Eroberung von Caen. In kleinen
Trupps durchzogen die Reitres die Normandie und verwüsteten sie auf
das Barbarischste. Auch als das Geld aus England endlich kam, und ihnen
ein Teil ihres Soldes ausgezahlt wurde, waren sie davon nicht mehr abzuhalten.
Die Katholiken machten mit ihren Söldnern übrigens ähnliche
Erfahrungen. Als es endlich zum Frieden kam, wollten beide Parteien vor
allem ihre deutschen Söldner aus dem Land schaffen, bevor sie sich
zusammenschließen konnten, um den Krieg auf eigene Rechnung weiterzuführen,
wie allgemein befürchtet wurde. Die Hugenotten, die noch große
Außenstände hatten, brauchten alle Überredungskünste
um Rolshausens Reitres auf den Empfang ihres Goldes jenseits der Grenze
zu vertrösten. Trotz des fehlenden Solds hatte sich für diese
der Feldzug gelohnt. In 2.000 schwer beladenen Wagen schleppten sie ihre
Beute mit sich. Viele Reitres hatten ihre Satteltaschen prall gefüllt
und führten Packpferde mit sich. Trotzdem wollten sie das Land noch
nicht verlassen. Manche schlugen vor, den spanischen Niederlanden einen
Besuch abstatten, andere wollten gegen Paris ziehen. Erst nach einer Abschlagszahlung,
Bürgschaften und nachdem sie einen königlichen Kammerherrn als
Geisel genommen hatten, zogen sie über den Rhein. Frankreich atmete
auf "endlich befreit zu sein von den deutschen Reitres, welche überall
auf ihrem Wege ein Trauergedächtnis zurückgelassen hatten".
Der chronische Geldmangel und die zum Teil dadurch verursachten Plünderungen
wurden symptomatisch für die folgenden sieben Hugenottenkriegen. In
Frankreich wüteten Landsknechte, Wallonen, Spanier, Engländer
und viele andere, aber am schlimmsten waren die Reitres. Leicht gerüstet
und auf schnellen Pferden waren sie für Raubzüge wie geschaffen.
In der französischen Sprache wurde Reitre zu einem Synonym für
brutale Kriegführung, und der "Havresac", in den die Reitres alles
Kostbare stopften, als Lehnwort übernommen. Oft bezeichnete man sie
wegen ihrer Grausamkei auch als "diables noirs" - als schwarze Teufel.
Aber auch sie versuchten bald aus dem Schrecken ihrer Gegner Nutzen zu
ziehen. So wird berichtet, dass sie sich bevorzugt schwarz kleideten und
manchmal sogar ihre Gesichter mit Ruß färbten.
Trotzdem erwiesen sie sich im Einsatz als so effektiv, dass bald keine
Seite mehr auf sie verzichten konnte. Während die Landsknechte nach
und nach an Bedeutung verloren, stieg das Ansehen der Reitres. Alle französischen
Parteien hatten Abgesandte im Reich, die ständig auf Reichstagen und
bei einzelnen Fürsten warben. Mit der Zeit schickten sogar französische
Adlige ihre Söhne an deutsche Höfe, um die neue Kriegskunst zu
lernen. Dabei konnte es nicht ausbleiben, dass deutsche Reitres auf dem
Schlachtfeld aufeinander trafen. Durch die Art des Geschäftes konnte
es dann dazu kommen, dass sich Veteranen, die früher in der selben
Einheit gedient hatten, nun gegenüber standen. Von Landsknechten und
Schweizern -trotz der Reislaufverbote dienten meistens auch welche bei
den Hugenotten - wird mehrfach berichtet, dass sie in solchen Fällen
in die Luft schossen, sich auf Drohgebärden beschränkten oder
einfach den Angriffsbefehl verweigerten. Auch die Reitres sollen manchmal
in die Luft geschossen haben, allerdings eher die in katholischen Diensten,
da sie dann doch nicht richtig bei der Sache waren.
Dennoch konnte es passieren, dass sich die Reitres ohne Rücksicht
gegenseitig abschlachteten. Ein besonders eklatantes Beispiel ist hier
die Schlacht von Montcontour (1569), in der auf der Seite der Hugenotten
etwa 4.500 Reitres kämpften, die Herzog Wolfgang von Zweibrücken
nach Frankreich gebracht hatten. Bei den Katholiken standen 3.000 Reitres
unter dem Markgrafen von Baden und dem Rheingrafen. Über ihren Zusammenstoß
schreibt ein zeitgenössischer französischer Chronist: "Die Reitres
und Hugenotten griffen zuerst die französischen Gendarmen und Arkebusiere
mit einer solchen Wucht an, dass diese zurückweichen mussten; aber
dessen ungeachtet führte sie die Tapferkeit ihrer Führer zweimal
in den Kampf zurück. Dann bekamen diese erprobten Truppen von beiden
Seiten her durch die königlichen Reitres Unterstützung, so dass
jetzt Deutsche mit Deutschen handgemein wurden. Sie wurden auf beiden Seiten
von einem Mansfeld befehligt; aber verschieden nach Glauben und Fahne ließen
sie ihren Zorn und Ingrimm an dem Leibe ihrer nächsten Verwandten
aus. Man kann es nicht glauben, mit welcher Hitze und Wut sie kämpften;
oft stieß der Bruder auf den Bruder, der Freund auf den ehemaligen
Freund, der jetzt zum Feind geworden war, jeder aber auf einen Landsmann.
[...] Während so die Deutschen einander zerfleischten, lassen die französischen
Lanzenreiter der Aufrührer ihre Verbündeten mitten im Kampf im
Stich. Da ergreifen auch die Reitres mutlos die Flucht".