Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Händler, Söldner und Renegaten

Die Portugiesen in Südostasien

Immer wenn neue, bessere Waffen und Kriegstechniken erscheinen, sind Söldner, die darüber verfügen, besonders gesucht. Als Elitekämpfer und Vermittler neuer Technologien können sie weit mehr als den üblichen Sold erwarten. Die Geschichte dieser Spezialisten reicht von antiken Streitwagenkämpfern und Elefantenführern über abendländische Ritter und Feuerwerker bis zu modernen Piloten und Raketentechnikern. Ein besonders gutes Beispiel sind hier die Portugiesen, die als erste Europäer Asien auf dem Seeweg erreichten und dort umgehend als Söldner heiß begehrt waren.

Karacke im Kampf mit Galleeren Bei den ersten Zusammenstößen waren die schweren und hohen portugiesischen Karacken indischen und chinesischen Schiffen weit überlegen. Als besonders vernichtend erwiesen sich dabei die Bordkanonen, mit denen Gegner oft schon aus der Distanz versenkt werden konnten. Obwohl Inder und Chinesen ebenfalls über Feuerwaffen verfügten, scheinen diese sowohl technisch wie auch in der Verwendung nicht gleichwertig gewesen zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass portugiesische Gießer und Kanoniere – oft Deutsche, Flamen und Italiener – von asiatischen Herrschern wahre Traumgehälter für ihre Dienste erwarten konnten.

Aber portugiesische Renegaten dienten nicht nur als Gießer, Schiffsbauer, Seeleute oder Arkebusiere. Einige Herrscher hatten hunderte - manchmal angeblich sogar über tausend - in ihrem Sold. Man kann deshalb davon ausgehen, dass manchmal auch die europäische Kampfform geschlossener Formationen erfolgreich verwendet wurde. Außerdem wurden Portugiesen gerade in Südostasien als Leibgarden geschätzt. Wie so oft in der langen Söldnergeschichte vertrauten Könige oft eher einer kleinen Gruppe exotischer Fremder als dem eigenen Adel oder gar der Familie.

Man hat die Zahl portugiesischer Renegaten im Dienst asiatischer Herrscher auf an die 5.000 geschätzt. Verglichen mit asiatischen Armeen ist dies sicher nicht beeindruckend. Denkt man aber daran, dass dem gesamten portugiesischen Kolonialreich auf dem Höhepunkt seiner Macht zwischen Ostafrika und Japan maximal 10.000 Mann zur Verfügung standen, so ist der Aderlass gewaltig.

Von den niederländischen, englischen und französischen Ostindien-Kompanien, die den Portugiesen folgten und diese teilweise aus dem Geschäft verdrängten,wechselten zwar auch immer Söldner in den Dienst einheimischer Fürsten, ihre Zahl war jedoch wesentlich geringer. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Portugiesen als erste Kolonialmacht in wenigen Jahren ein gigantisches Imperium erschlossen hatten und weder über die notwendige Erfahrung, noch die finanziellen oder humanen Ressourcen verfügten, um dieses Reich mehr als notdürftig zu verwalten. Die Grenzen und Kontrollmechanismen des Reichs waren mehr als porös.

Ayutthaya Vor allem aber waren portugiesische Soldaten und Seeleute alles andere als sesshafte Naturen. Die gefährliche und strapaziöse Reise nach Indien unternahmen normalerweise nur die Ärmsten, die auf diese Weise versuchten ihr Glück zu machen. Da diese nicht ausreichten, leerte man Waisenhäuser und Gefängnisse (die Unterschiede werden nicht sehr groß gewesen sein). Der Dienst in den Kolonien war hart und schlecht bezahlt. Oft blieb der Sold monatelang aus. Da sich die Soldaten selbst versorgen und ausrüsten mussten, blieb ihnen deshalb manchmal gar nichts anderes übrig als sich nach neuen Geldquellen umzusehen. So sollen 1565 über 2.000 Männer in den Dienst asiatischer Herrscher geflohen sein, nachdem der Vizekönig über Monate weder Sold noch Verpflegungsgeld bezahlt hatte. Dazu kamen die in Garnisonen weit verbreiteten Motive: Streit mit Vorgesetzten, Furcht vor Strafen oder einfach Langeweile.

Viele versuchten ihr Glück auch als selbstständige Händler oder als Piraten. Die Übergänge waren hier wie immer fließend, und der Solddienst war nur eine weitere Erwerbsmöglichkeit. Fernão Mendes Pinto, der sich um 1545 als Händler in Ayutthaya aufgehalten hat, berichtet von so einem Tätigkeitswechsel. Als der König von Siam zum Krieg gegen das rebellische Chiengmai rüstete, forderte er die im Land anwesenden portugiesischen Händler auf, sich seinem Heer anzuschließen. Als Belohnung versprach er ihnen Handelsprivilegien und freie Religionsausübung. Andererseits müssten sie das Land verlassen. Von den 130 in Siam lebenden Portugiesen waren 120 bereit den König auf seinem Feldzug zu begleiten, nach dessen erfolgreichen Ende sie dann alle reichlich belohnt wurden.

Die portugiesische Renegaten breiteten sich mit den Entdeckungen in ganz Asien aus, manchmal kamen sie sogar in Regionen, die noch auf keiner Landkarte verzeichnet war. Am stärksten war ihr Einfluss dabei im Golf von Bengalen, in Burma (Myanmar) und den angrenzenden Staaten. Dort rangen mehrere Mächte um die Vorherrschaft, weshalb Söldner von vielen Parteien umworben waren.

Als Seeleute und Händler zog es die Portugiesen in Städte, die über Seehäfen verfügten und am profitablen Handel zwischen Ostasien und Indien beteiligt waren. So findet man bereits Anfang des 16. Jahrhunderts Portugiesen in Ayutthaya, kurz darauf in den selbstständigen Mon-Königreichen Martaban und Pegu und schließlich in Mrauk-U der Hauptstadt von Arakan. Die Herrscher dieser Reiche hatten ihre traditionellen Heere bereits seit längerem mit indischen und türkischen Arkebusieren und Kanonieren verstärkt. Die Portugiesen waren deshalb nur ein Teil des multiethnischen Söldnerangebots im Golf von Bengalen. Trotzdem hatten sie schnell den Ruf einer Elite. Erste Zusammenstöße hatten gezeigt, dass ihre Feuerwaffen und ihre Schiffe den türkischen, indischen und chinesischen technisch weit überlegen waren.

Die Portugiesen lieferten Waffen und ließen sich als Söldner für einzelne Feldzüge anwerben, waren aber auch bald in den Leibgarden einzelner Fürsten anzutreffen. Außerdem halfen sie bei der Modernisierung der Festungsanlagen. Da alle wichtigen Hafenstädte oft viele Kilometer vom Meer entfernt lagen waren bei Belagerungen die schweren portugiesischen Schiffe entscheidend, um die Flusszufahrt zum Hafen zu blockieren oder zu durchbrechen. Zahl und Bedeutung der Portugiesen wuchsen dabei schnell. Dies wurde deutlich, als durch den Aufstieg der Toungoo-Dynastie im Bereich des heutigen Burmas die Kriege eine neue Größenordnung erreichten.

Burma um 1530 Tabinshwehti der König von Toungoo (1531–1551) hatte damit begonnen die anderen Kleinkönigreiche im Inneren Burmas zu unterwerfen und unter seiner Herrschaft zu vereinigen. Für seine expansive Großmachtspolitik war jedoch ein Zugang zum profitablen Seehandel und damit auch zu den Söldnern und Feuerwaffen des Golfs von Bengalen entscheidend. Sobald er sich stark genug fühlte, griff er deshalb die alte Mon-Kapitale Pegu (heute: Bago) an, da sie über.einen bedeutenden Seehafen verfügte.

Dank dieses Hafens dienten in Pegu auch indische, türkische und portugiesische Söldner, mit deren Hilfe mehrere Angriffe abgeschlagen werden konnten. Erst als sich Tabinshwehti selbst auf Umwegen einige Feuerwaffen besorgt und sein Heer weiter verstärkt hatte, konnte er Anfang 1540 Pegu erobern. Er verlegte kurz darauf seinen Regierungssitz dorthin und begann in großem Stil Feuerwaffen zu kaufen und fremde Söldner zu werben. Nach Mendes Pinto hatte er kurz darauf zahlreiche Söldner aus vielen Nationen im Dienst. Am meisten schätzte er davon die Portugiesen, die schnell zu entscheidenden Positionen aufstiegen.

So verstärkt wandte er sich als nächstes gegen die Hafenstadt Martaban. Doch dort hatte man ebenfalls Portugiesen im Sold, die vor allem mit ihren schweren Schiffen die gefährdete Zufahrt zum Hafen verteidigten und dabei den Angreifern schwere Verluste zufügten. Acht Monate konnte sich die Stadt halten. Erst als es gelang die portugiesischen Schiffe mit Brandflößen zu vertreiben, musste Martaban schließlich kapitulieren.

Nachdem Tabinshwehti die Küste unter seiner Kontrolle hatte, rüstete er weiter auf und begann damit seine Machtbasis im Hinterland auszudehnen. Die Königreiche dort verfügten zwar kaum über Feuerwaffen, dafür aber über große Menschenreserven. Bei der Belagerung der mächtigen Stadt Prome hatten auch seine portugiesischen Söldner schwere Verluste. Mendes Pinto schreibt (wahrscheinlich etwas übertreibend) von über 500 toten Portugiesen, „denen kein anderes Grab zu Theil wurde, als der Bauch der Geier, Raben und anderer Raubvögel.“ Vor allem dank der Feuerwaffen wurde Prome schließlich doch erobert und außerdem zwei große Angriffe der nördlich lebenden Shan abgeschlagen.

Anstatt jedoch nun weiter ins Landesinnere zu expandieren und die anderen unabhängigen burmesischen Königreiche zu unterwerfen, richtete Tabinshwehti seine Angriffe gegen Mrauk-U, die Hauptstadt von Arakan und gegen Ayutthaya in Siam. Sein Ziel war es alle wichtigen Hafenstädte der Region zu kontrollieren und damit eine Monopolstellung im Seehandels zu erreichen.

Das Problem dabei war allerdings, dass diese Städte gerade wegen ihrer Häfen seit einiger Zeit portugiesische Söldner in ihren Diensten hatten. In Mrauk-U hatten Portugiesen außerdem Kanonen gegossen, die Flotte ausgebaut, vor allen Dingen aber die Stadtbefestigungen verstärkt und modernisiert.

Zwischen 1545 und 1547 versuchten die Heere von Toungoo mit drei Großangriffen Mrauk-U einzunehmen und scheiterten aber jedes mal im Labyrinth der Kanäle, den Befestigungen und den portugiesischen Schiffen, die den Hafen sicherten. Gleichzeitig schnitt ihnen die Flotte von Mrauk-U den Nachschub ab, so dass sie sich immer wieder unter schweren Verlusten zurückziehen mussten.

Da sich Mrauk-U momentan als zu stark erwiesen hatte, warb Tabinshwehti erneut Söldner und rüstete ein neues Heer aus und führte es persönlich gegen Ayutthaya. Doch auch dort trugen portugiesische Söldner entscheidend dazu bei, dass die Stadt gehalten werden konnte. Eine kleine Truppe von etwas 50 Portugiesen verteidigte die schwächste Stelle der Stadtwälle. Nachdem viele Angriffe gescheitert waren, versuchte Tabinshwehti die Portugiesen der Gegenseite mit einer großen Summe zu bestechen, doch diese verhöhnten ihn nur. Die Burmesen mussten schließlich wieder abziehen. Auf dem Rückweg versuchten sie dann noch die Stadt Kamphaeng Phet zu plündern, aber auch hier wurden ihre Angriffe unter entscheidender Mitwirkung einiger portugiesischer Söldner abgewehrt.

der König von Pegu Doch diese Misserfolge hatten auf die Bedeutung der Portugiesen in Tabinshwehtis Heer und an seinem Hof keinen Einfluss. Portugiesen und Inder stellten seine persönliche Leibgarde. Diogo Soares, der Kommandeur des unglücklichen Feldzuges gegen Ayutthaya, wurde Gouverneur von Pegu und erhielt den Titel “Königlicher Bruder” verbunden mit einem immensen Gehalt. Ein anderer Portugiese hatte den König auf dem Rückzug mit den tröstenden Wirkungen des Weins bekannt gemacht. Auch er wurde reich belohnt und der König wurde zum Alkoholiker, der sich an den Frauen seines Adels vergriff. Schließlich wurde er von einem Adligen ermordet.

Den Portugiesen tat auch diese keinen Abbruch. Bei den folgenden Kämpfen um den Thron standen sie als umworbene Elitetruppen im Dienst der meisten Fraktionen. Bayinnaung, Tabinshwehtis Schwager und fähigster General, hatte bereits früheren Feldzügen Portugiesen geführt war am erfolgreichsten bei ihrer Rekrutierung, da er Kontakt zu bewährten Hauptleuten hatte, die ihm nun mit ihren Kompanien zu Hilfe eilten. Dennoch zogen sich die Kämpfe über Jahre hin. Schließlich wurde der Kampf von einem portugiesischen Arkebusier entschieden, der Bayinnaungs wichtigsten Gegenkandidaten von seinem Elefanten schoss.

1554 hatte Bayinnaung seine Herrschaft konsolidiert und wurde in Pegu gekrönt. Anschließend begann er mit der Unterwerfung von Nordburma, um seine Machtbasis ausreichend zu erweitern, um später Ayutthaya und Mrauk-U zu unterwerfen. Die nördlichen Königreiche verfügten nur über wenige Feuerwaffen, so dass Bayinnaung sein Imperium in wenigen Jahren bis an die Grenzen Tibets und Chinas ausdehnen konnte. Die Masse seines Heeres bestand dabei aus lokalen Milizen, dazu kamen mehrere tausend mit Feuerwaffen ausgerüstete Söldner, meistens indische und türkische Moslems. Die Portugiesen stellten nur mit 400 Arbebusieren seine Leibwache und bedienten sicher auch den Großteil der Geschütze.

Erst nachdem er sein Reich so weit ausgedehnt hatte, dass er zehntausende Soldaten und hunderte Kriegselefanten ins Feld führen konnte, wagte Bayinnaung 1563 einen neuen Angriff auf Ayutthaya. Doch hier traf er wieder auf modern ausgebaute Festungsanlagen und portugiesische Schiffe verteidigten den Hafen. Es benötigte zwei verlustreiche Feldzüge bis Ayutthaya 1569 nach neun Monaten Belagerung endlich fiel. Die gefangenen Portugiesen wurden mit nach Pegu genommen. Dort wurden sie freigelassen und für ihre Treue gegenüber ihren ehemaligen Herren gelobt. Man kann annehmen, dass Bayinnaung die meisten von ihnen für sein eigenes Heer rekrutierte.

Doch Bayinnaungs Imperium war überdehnt. Ständig kam es in entlegenen Regionen zu Aufständen, mussten Rebellen in mühseligen Kleinkriegen im Dschungel bekämpft werden. Als Bayinnaung 1581 bei der Vorbereitung eines großen Feldzuges gegen Arakan plötzlich starb, weiteten sich die Aufstände aus. Ayutthaya rebellierte 1584 erfolgreich, was zu mehreren äußerst verlustreichen Feldzügen führte. Nach weiteren Aufständen zerfiel das Reich und die Teilstaaten bekämpften sich erbittert.

Portugiesische Söldner spielten in dieser chaotischen Zeit keine Rolle, obwohl sicher nach wie vor kleine Gruppen als Artilleristen oder auch Seeleute hier und da im Einsatz waren. Sie erschienen erst wieder als bedeutender Machtfaktor auf der Bühne, als das von jahrelangen ausgelaugte geschwächte Pegu von Arakan im Bündnis mit dem rebellischen Toungoo 1599 eingenommen und zerstört wurde.

In Arakan hatte die Verwendung portugiesischer Söldner Tradition. Sie hatten entscheidend zur Verteidigung der Hauptstadt Mrauk-U gegen burmesische Angriffe beigetragen. Sie hatten Artillerie und Schiffsbau reformiert. Viele dienten bei der Flotte oder beim Heer, andere hatten sich als Händler niedergelassen und manche widmeten sich auch der Piraterie. Ihre Ansiedlung in Chittagong wurde mit Handelsprivilegien gefördert, damit sie halfen die Grenze gegen das expandierende Mogulreich zu schützen. Man schätzt, dass zur der Zeit etwa 2.500 Portugiesen in Arakan gelebt haben.

Als Min Yazagyi, der König von Arakan, deshalb die Schwäche seiner alten Feinde ausnutzte, um zurückzuschlagen, befanden sich bei seinen Truppen auch viele Portugiesen. Einer ihrer wichtigsten Hauptleute war Filipe de Brito e Nicote. Aus einer adligen aber armen Familie war Indien für ihn die größten Chancen etwas aus seinem Leben zu machen. Wahrscheinlich begann er seine Karriere als Soldat in Goa, nach einigen Jahren tauchte er dann in Bengalen auf, wo er sich als Salzhändler betätigte. Schließlich wechselte er als Söldnerführer in den Dienst von Arakan, wo er schnell Karriere machte und das Vertrauen des Königs erwarb.

der Fall von Pegu Bei der langen Belagerung von Pegu kamen waren sicher auch Portugiesen als Artilleristen im Einsatz. Die meisten waren jedoch bei der Flotte, sicherten den eigenen Nachschub auf dem Seeweg und sperrten gleichzeitig Pegus Zugang zum Meer. Arakans Flotte hatte zu diesem Zweck in dem kleinen Ort Syriam (gegenüber des späteren Rangoon) einen Stüzupunkt errichtet. Nachdem Pegu schließlich gefallen, ausgeplündert und niedergebrannt war, beschloss Min Yazagyi, Syriam als dauerhaften Stützpunkt zu behalten.

Die Besatzung bildete ein portugiesisches Kontingent unter de Brito und eine stärkere Gruppe moslemischer Söldner unter einem eigenen Kommando. Min Yazagyi hatte mit portugiesischen Söldnern zu Sicherung seiner Nordgrenze gute Erfarungen gemacht und zur Kontrolle des Schiffsverkehrs waren sie praktisch unersetzlich. Dass er ihnen dennoch nicht vollständig vertraute, zeigt die Verwendung der Moslems. Es war sicher ganz in seiner Absicht, dass sich beide Gruppen gegenseitig in Schach hielten. De Brito konnte den König dann noch davon überzeugen, in Syriam eine Zollstation zu errichten, um von hier aus den gesamten Handel Südburmas zu kontrollieren.

Wie zu erwarten kam es nach der Abreise des Königs bald zum Konflikt zwischen den beiden Söldnergruppen. Es kam zu bewaffneten Zusammenstößen in Syriam; außerdem diffamierten beide am Königshof in Mrauk-U die jeweilige Gegenpartei. De Brito scheint dabei erfolgreicher gewesen zu sein, da er relativ schnell hohe Zolleinnahmen schicken konnte. Denn als es den Portugiesen schließlich gelang ihre Gegner gewaltsam aus Syriam zu vertreiben, wurde dies in Mrauk-U erst einmal hingenommen.

Mit seinen Schiffen kontrollierte de Brito nicht nur den Handel durch das Delta ins Landesinnere, sondern große Teile der Andamanensee und des Golfs von Bengalen, was natürlich einer Einladung zum halblegalen Seeraub gleichkam, besonders dann wenn Schiffe keinen Zoll bezahlen wollten. Vor allem diente Syriam den Portugiesen selbst als sicherer Stapelplatz, an dem sie ein äußerst lukratives Monopol hatten. De Brito wurde auf diese Weise schnell reich und sein Erfolg zog andere Portugiesen nach Syriam, entweder als freie Händler oder in seine Dienste.

De Brito arbeitete nun zielstrebig an der Unabhängigkeit von Arakan. Er befestigte Syriam, warb Verbündete unter den Mon-Fürsten des Deltas und suchte die Anerkennung anderer Kleinkönige. 1603 machte er sich dann auf die Reise nach Goa um dem portugiesischen Vizekönig eine neue Kolonie anzubieten, natürlich mit sich selbst als Gouverneur. Syriam ließ er unter dem Kommando von Salvador Ribeyro zurück, einem erfahrenen Hauptmann, der viele Jahre in den portugiesischen Kolonialtruppen und der Flotte in Indien gedient hatte, bevor er als Söldner nach Arakan gewechselt hatte.

Inzwischen hatte aber Min Yazagyi von de Britos Intrigen erfahren und eine Flotte geschickt, um die Portugiesen aus Syriam zu vertreiben. Ribeyro, der drei große portugiesische Handelschiffe in Dienst genommen hatte, fing die Flotte an der engsten Stelle des Flusses ab. Hier waren die schweren, hochbordigen Karavellen mit ihrer Feuerkraft den kleineren arakanesischen Schiffen weit überlegen. Nach einem kurzen, harten Gefecht mussten sich die Arakanesen unter schweren Verlusten zurückziehen.

Nahkampf mit einer Karacke Da die Portugiesen mit Schiffen nicht zu besiegen waren, schickte der König von Arakan als nächstes ein großes Heer auf dem Landweg. Es kam zu einer langen Belagerung. Bei der Verteidigung von Syriam bewährten sich neben den Feuerwaffen vor allem eine Art Handgrananten, die in den Quellen als "Pulvertöpfe" bezeichnet werden. Noch wichtiger war aber eine große Zahl von Mon-Kriegern, die sich den Portugiesen – beeindruckt von ihren Erfolgen – angeschlossen hatten und nun das Gros der Kämpfer stellten. Ohne diese einheimischen Hilfstruppen hätten die Portugiesen die Wälle gar nicht bemannen können.

Trotzdem waren die Verteidiger fast am Ende ihrer Kräfte, als nach acht Monaten endlich Verstärkungen aus Goa eintrafen. Dadurch ermutigt schickten auch einzelne Mon-Fürsten neue Truppen. Dennoch waren lange, harte Kämpfe notwendig, bis die Arakanesen endlich geschlagen abzogen.

Durch diesen Sieg stieg die Popularität der Portugiesen im Süden Burmas gewaltig. Die Kleinkönige von Toungoo, Ava und sogar Chiengmai boten ihre Freundschaft an und schickten Geschenke. Einige tausend von den langen Kriegen entwurzelte Mon suchten den Schutz der neuen mächtigen Herren und siedelten sich in und um Syriam an. Ribeyro konnte mit ihnen seine Streitkräfte beträchtlich verstärken und einige seiner teuren portugiesischen Söldner entlassen. Außerdem nutzte er die neuen Arbeitskräfte um die Befestigungen von Syriam auszubauen. Neue, massivere Wälle wurden errichtet, dazu Bastionen und Artillerieplattformen, von denen aus der Hafen kontrolliert werden konnte.

Allerdings hatte Ribeyro selbst wenig von dem großen Sieg. Kurz darauf kam de Brito aus Goa zurück. Neben Söldnern, Schiffen und Kriegsmaterial brachte er auch beeindruckende Dokumente mit. Der Vizekönig hatte ihn zum Kommandeur von Syriam und zum General zur Eroberung von Pegu ernannt. Ribeyro reiste bald darauf nach Portugal zurück, wo er sich anscheinend jahrelang um Anerkennung seiner Verdienste bemühte, bis er in bescheidenen Verhältnissen starb.

Aber auch de Brito musste hart um den Besitz seines Reiches kämpfen. Bereits kurz nach seiner Rückkehr schlossen die alten Rivalen Arakan und Toungoo ein Bündnis um die Portugiesen aus Syriam zu vertreiben. Arakan schickte große Flotten und Toungoo Heere mit hunderten von Kriegselefanten und mehreren zehntausend Mann. Obwohl die Portugiesen mehrere Angriffe abschlugen, kam es 1607 erneut zu einer schweren Belagerung von Syriam. Es folgten zwei Monate blutiger Kämpfe, in denen sich die Portugiesen schließlich trotz schwerer Verluste behaupten konnten. Nach dieser Niederlage war Min Yazagyi, der König von Arakan, endlich bereit, sich mit der Unabhängigkeit von Syriam abzufinden.

Portugiesen Asien Erst jetzt konnte sich de Brito relativ ungestört dem Ausbau seiner Macht widmen. Von Syriam aus kontrollierte er mit seinen Schiffen den gesamten profitablen Handel von Burma mit Textilien, Gewürzen, Reis, Hölzern, Edelsteinen und vielem mehr. Für alle Güter die ein- oder ausgeführt wurden kassierte de Brito Zoll. Daneben betrieben die Portugiesen in Syriam natürlich Handel auf eigene Rechnung. Schiffe, die versuchten den Zoll zu vermeiden, wurden auf sozusagen legalem Weg beraubt.

Doch mit diesen Einnahmen war de Brito noch lange nicht zufrieden. Er nutzte seine militärische Schlagkraft zu Raubzügen ins Hinterland. Vor allem bei der Plünderung der buddhistischen Tempel und Klöster konnte reichte Beute an Gold und Edelsteinen gemacht werden. Sogar die großen Tempelglocken ließ er abtransportieren, um daraus Kanonen zu gießen. Gleich 1608 überfiel er die berühmte Shwedagon-Pagode, die als der heiligste Ort Burmas galt. Der größte Schlag dieser Art gelang ihm, als er 1612 im Bündnis mit Martaban Taungoo überfiel und plünderte.

Die Zerstörung buddhistischer Tempel war ihm ein besonderes Anliegen. Aus Goa hatte er einige Jesuiten und Dominikaner kommen lassen, die nun eifrig bemüht waren, aus seine Untertanen gute Katholiken zu machen. Allerdings kostete ihn die brutale Unterdrückung des Buddhismus viele Sympathien der Mon, die ja einer Großteil seiner Streitkräfte stellten.

De Britos erfolgreiche Karriere war durch die internen Kriege des politisch fragmentierten Burmas ermöglicht worden. Seine Situation wurde deshalb schnell kritisch, als mit König Anaukpetlun (1605-1628) von Ava wieder einmal ein erfolgreicher Herrscher damit begann, die verschiedenen Teilreiche zu unterwerfen und zu wieder zu vereinen.

Kein Herrscher konnte es auf Dauer dulden, dass eine fremde Macht einen Großteil seines Außenhandels kontrollierte. Deshalb mobilisierte Anaukpetlun, sobald er die wichtigsten Teilkönigreiche vereint hatte, ein gewaltiges Heer. Angeblich führte er 1613 120.000 Mann gegen Syriam, dazu 400 Schiffe und 6.000 mit Feuerwaffen ausgerüstete Moslemsöldner. De Brito soll zu der Zeit nur über gut 100 Portugiesen und etwa 3.000 Mon verfügt haben.

Bayingyi in Burma Von großem Vorteil war, dass die Angreifer über keine schweren Geschütze verfügten und deshalb versuchen mussten, die Mauern zu stürmen. Allerdings war bei den Verteidigern das Pulver knapp, so dass die Angriffe in blutigen Nahkämpfen abgeschlagen werden mussten. Möglicherweise hätte Syriam dennoch gehalten werden können, aber de Brito hatte mit seinem fanatischen Kampf gegen den Buddhismus viele Mon gegen sich aufgebracht und sie hatten ja die Hauptlast der Kämpfe zu tragen. Als die Lage immer aussichtsloser wurde, bot de Brito Verhandlungen an, doch Anaukpetlun weigerte sich seinen Abgesandten zu empfangen. Nach 34 Tagen Belagerung öffnete schließlich ein Mon-Fürst den Angreifern ein Tor.

Der siegreiche König ließ de Brito wie einen gemeinen Verbrecher pfählen; er soll zwei Tage gebraucht haben um zu sterben. Die gefangenen Portugiesen und ihre Familien ließ er aber weit ins Landesinnere schaffen, wo sie schließlich in der Nähe von Ava angesiedelt wurden. Sie wurden später noch durch weitere europäische und indische Gefangene, Schiffbrüchige und Deserteure verstärkt. Aus ihnen wurde ein Korps von Artilleristen und Musketieren gebildet, das den Königen von Burma bis ins 19. Jahrhundert als Elitetruppe diente. Ihre Nachkommen leben unter der Bezeichnung "Bayingyi" noch heute in der Region von Mandalay. Sie sind katholisch und stolz auf ihre portugiesischen Vorfahren.




Literatur:

Charney, Michael W.
Arakan, Min Yazagyi, and the Portuguese: The Relationship Between the Growth of Arakanese Imperial Power and Portuguese Mercenaries on the Fringe of Mainland Southeast Asia 1517-1617.
Diss 1993

Lieberman, Victor B.
Europeans, Trade, and the Unification of Burma, c. 1540-1620
in: Oriens Extremus, Vol. 27, No. 2 (1980), S. 203-226

Yimprasert,Suthachai
The Portuguese in Arakan in the Sixteenth and Seventeenth Centuries
in: MANUSYA: Journal of Humanities 7.2, 2004, S. 66-82

© Frank Westenfelder  


 
Kriegsreisende

Artikel
- Archetypen
- Völker
- Antike
- Mittelalter
- Renaissance
Neuzeit
- Absolutismus
- Imperialismus
- 20.Jahrhundert
- Gegenwart

Biographien

Medien
- Bücher
- Filme

Links

Disclaimer
Archetypen Völker Antike Mittelalter Renaissance Neuzeit Absolutismus Imperialismus 20. Jahrhundert Gegenwart