Sklavensoldaten
Die treuesten und teuersten Diener.
Auf den engen Zusammenhang zwischen Söldnern und Sklavensoldaten wurde
von Historikern bereits mehrfach hingewiesen. Am bekanntesten sind sicher
die ägyptischen Mameluken und die türkischen Janitscharen, aber
auch die Omajjaden in Spanien oder die Fatimiden in Nordafrika stützten
sich auf Leibgarden und Elitetruppen aus Fremden, für die bevorzugt
nubische oder europäische Sklaven, so genannte "saqaliba" rekrutiert
wurden. Sklaven dienten zwar schon seit Mohammed in den Heeren des Islam,
dabei handelte es sich aber um zwangsrekrutierte Kriegsgefangene oder um
das persönliche Gefolge einzelner Krieger. Zu einem festen Institution
wurden Sklavensoldaten erst um 830 unter dem Kalifen Al-Muetasim, der in
ganz großem Stil türkische Sklaven aufkaufen ließ und
aus ihnen ein stehendes Heer bildete. Zur gleichen Zeit verlegte er seinen
Regierungssitz von Bagdad ins nahe gelegene Samarra, wo seine Militärsklaven
- man spricht von 70.000 Mann! - in eigenen Stadtvierteln lebten.
Man sollte bei Sklavensoldaten allerdings nicht allzu sehr an normale
Arbeitssklaven denken. Sie dienten neben den normalen Söldnertruppen
und wurden wie diese regelmäßig besoldet. Eigentlich waren sie
Söldner, allerdings solche mit einem lebenslänglichen Kontrakt.
Denn auch nach dem Ende ihres aktiven Dienstes kehren sie nicht mehr in
ihre alte Heimat zurück. Nun hatte die Verwendung von Kriegsgefangenen,
die ja rechtlich Sklaven waren, gerade im Orient eine lange Tradition;
schon die Assyrer hatte auf diese Weise ihre Armeen aufgefüllt. Die
wirklich revolutionäre Neuerung unter Al-Muetasim war, dass Kinder
gekauft wurden, die dann im Laufe einer jahrelangen Ausbildung zu Elitesoldaten
erzogen wurden. Als ideales Eintrittsalter galt 12, 17 war das Maximum.
Denn man legte Wert darauf, dass die Rekruten bereits Erfahrungen in der
Kriegskunst ihrer Stämme hatten und an ein hartes und entbehrungsreiches
Leben gewöhnt waren. Die Türken Zentralasiens galten hier geradezu
als ideal. Sie waren nicht nur hervorragende Reiter und Bogenschützen,
sondern wurden von arabischen Autoren auch immer wieder wegen ihrer Härte,
Tapferkeit und Treue gelobt. Während ihrer Ausbildung, die 5-8 Jahre
dauerte wurden sie im Islam unterwiesen, lernten neue Kampftechniken und
wurden an den Dienst im disziplinierten Heer eines hoch entwickelten Staates
gewöhnt.
Das wichtigste aber war der Aufbau einer bedingungslosen Loyalität.
Bereits als Heranwachsende ihrer vertrauten Umgebung entrissen, in der
neuen Kultur isoliert und entwurzelt, erhielten sie eine neue Identität.
Die lange Ausbildung war gleichzeitig eine Prägung auf ihren neuen
Herrn. Als Sklaven waren sie nicht nur dessen Besitz, sondern gehörten
auch gewissermaßen zu seinem Haushalt, zu seiner Familie. Und die
Kalifen verstanden sich natürlich darauf dieses Loyalitätsgefühl
durch reiche Geschenke, prächtige Kleider und andere Privilegien zu
steigern. Sklavensoldaten gehörten im Islam zur gesellschaftlichen
Elite. Dieses System aus privilegierten Sklaven, die mit großem Aufwand
erzogen und ausgebildet wurden, wurde dann später in Ägypten,
Spanien und sogar von den Türken selbst kopiert. Es gab zwar Unterschiede,
doch dabei handelte es sich eher um Variationen. So kaufte man im Maghreb
und Spanien, wo Türken nur schwer zu bekommen waren, nubische Sklaven
aus Schwarzafrika oder Slawen vom Balkan und aus Mitteleuropa. Die Herkunft
war letzten Endes nicht so wichtig; nur abgehärtet, jung und formbar
sollten sie sein.
Die Sklavensoldaten wurden dann auch schnell ein integraler Bestandteil
des Systems und in den meisten islamischen Staaten stellten sie das Rückgrat
der Armeen oder mindestens die Leibgarden der Herrscher. Man findet keine
Hinweise auf Rebellionen, in denen die Sklaven um ihre Freiheit kämpften
oder gar versuchten in ihre Heimat zurückzukehren. Wenn sie rebellierten,
ging es ihnen ganz im Gegenteil um den Erhalt ihrer Position und den damit
verbundenen Privilegien. Dabei verhielten sie sich dann mehr wie die Prätorianergarde
im römischen Kaiserreich. Auch in Samarra waren die Nachfolger Al-Muetasims
bald völlig von ihren türkischen Garden abhängig, die Kalifen
nach ihrem Belieben einsetzte. In Ägypten rissen die Mameluken die
Macht um 1250 sogar völlig an sich und gründeten eigene Dynastien,
und in der Türkei wurde später mancher Sultan von den Janitscharen
gestürzt oder auf den Thron gehoben.
Sklaven dominierten aber nicht allein das Militär. Sie besetzten
auch viele Schlüsselstellungen am Hof und der Verwaltung. Besonders
Eunuchen drangen hier bis in die höchsten Positionen vor. Eunuchen
waren gewissermaßen Mameluken in Reinform. Sie waren nicht nur von
ihren alten Familien und Bindungen getrennt worden, sondern es war auch
gesichert, dass sie keine eigenen Familien gründen konnten. Dadurch
wurde der Nepotismus - eines der größten Probleme jeder Verwaltung
- von vornherein eingeschränkt. Sie mussten ihre Loyalität automatisch
auf ihren Herrn oder die Gruppe übertragen. Die Idee war in ihrer
brutalen Einfachheit so genial, dass sicher mancher Herrscher auch in der
Armee Eunuchen verwendet hätte. Allerdings galten Eunuchen generell
als unkriegerisch - unmännlich eben - und waren zudem sehr teuer,
da die Sterberaten bei der Kastration beachtlich waren. Dennoch versuchte
man manchmal eine Art Kompromiss zu finden, indem die Söhne von Sklavensoldaten
vom Dienst in diesen Einheiten ausgeschlossen waren. Während ihrer
mehr als 500 Jahre dauernden Herrschaft über Ägypten hielten
die Mameluken z.B. eisern an dieser Regel fest. In die elitäre Herrenschicht
konnte nur aufgenommen werden, wer als Sklave gekauft worden war; die eigenen
Söhne dagegen gingen in der normalen Bevölkerung auf, und der
angehäufte Besitz viel an die Gemeinschaft der Krieger. Bei den türkischen
Janitscharen galten ähnliche Regeln.
Die interessantesten Fragen in diesem Zusammenhang ist jedoch, warum
diese Art von Einheiten gebildet wurden, und warum sie fast ausschließlich
im Islam zu finden sind (mit der genaueren Geschichte der wichtigsten werden
wir uns noch in speziellen Artikeln beschäftigen). Es ist überraschend,
dass die Spezialisten auf diesem Gebiet sich ausgerechnet damit kaum beschäftigen,
oder völlig unzureichende Antworten darauf geben. So erwähnt
Patricia Crone nur am Rande einige andere Beispiele, geht aber mit keinem
Wort darauf ein, warum es im christlichen Abendland nicht dazu kam. Daniel
Pipes macht sich dagegen relativ viel Mühe nachzuweisen, dass sich
durch die inneren Kriege, die bald nach dem Tode Mohammeds einsetzten,
viele Moslems aus der Politik zurückzogen und oft nur noch aktiv wurden,
wenn der Islam nach außen verteidigt werden musste. Nun haben unseres
Erachtens nach Moslems in diesen und den zahllosen folgenden inneren Kriegen
mehr als genug bewiesen, dass sie keine Skrupel hatten, gegeneinander zu
kämpfen. Auch wenn wir eine gewisse Skepsis gegenüber dem Staat
nicht negieren wollen, müssen die Hauptursachen also an anderer Stelle
zu suchen sein.
Man sollte hier auch beachten, dass im Mittelalter mit Abstand die meisten
Kriege intern geführt wurden. Fast jeder europäische König
musste über Jahre gegen den rebellischen Adel im eigenen Land zu Felde
ziehen, oft sogar gegen die eigenen Söhne, die Brüder, manchmal
sogar gegen Schwestern oder die Gattin. Schon die Merowinger waren berüchtigt
für den Enthusiasmus, mit dem sie sich gegenseitig ausrotteten. Die
normannischen Könige Englands kämpften bevorzugt gegen ihre eigenen
Barone, und Heinrich II. musste zudem noch mehrere Aufstände seiner
Söhne niederwerfen. Im Reich kulminierte diese Konflikte in der großen
Auseinandersetzung zwischen Staufern und Welfen, die sich über Generationen
erstreckte. Kriege hatten im Mittelalter vorwiegend den Charakter von Bürgerkriegen.
Auch ein christlicher Herrscher hatte also gewichtige Gründe, ihm
persönlich ergebene Eunuchen oder Sklaven zur Stärkung der Zentralgewalt
zu verwenden.
Tatsächlich gab es einige Bemühungen, die genau in diese Richtung
gingen. Bereits unter Karl dem Großen und Ludwig dem Fromme gab es
Klagen des Adels über ehemalige Sklaven, die jetzt Berater des Königs
oder Bischöfe seien. Vor allem Karl der Große hatte durch die
vielen Aufstände das Vertrauen in den Adel weitgehend verloren und
einige Sklaven zu Grafen gemacht. In dieser Zeit wurde aus dem altnordischen
Wort "skalkr" für "Schuft", der "mareskalk", das dann als "Marschall"
ein äußerst wichtiges Hofamt bezeichnen sollte. Diese Sklaven
waren aber nicht zu diesem Zweck gekauft worden. Bei ihnen handelte es
sich um Unfreie, die sich seit Generationen im Besitz einer Familie befanden
und dort oft wichtige Funktionen in der Verwaltung der Güter ausübten.
Auf jeden Fall standen sie in einem besonders engen Loyalitätsverhältnis
zu ihrem Herrn und waren mit dem lokalen Adel in keiner Weise verschwägert.
Allerdings blieb es bei diesen zaghaften Versuchen, die mehr das Bedürfnis
an treuen Dienern demonstrieren. Bei den langen Nachfolgekriegen unter
Ludwig dem Frommen und seinen Söhnen wurde dann bei der Werbung um
militärische Unterstützung das Kronland der Karolinger dermaßen
verschleudert, dass um 880 fast nichts mehr vorhanden war.
In ihren Bemühungen die Macht des Kaisertums wieder zu stärken,
nahmen die Ottonen diese Versuche dann wieder auf, und übertrugen
den Bischöfen elementare Hoheitsrechte. Die Reichskirche wurde zur
wichtigsten Stütze der Krone in der Verwaltung und der Stellung von
Truppen. Das alles entscheidende Argument war hier die zumindest offiziell
zölibatäre - man könnte sagen eunuchenhafte - Lebensweise
des Klerus, die Verwandtschaftsbeziehungen mit dem ansässigen Adel
und die Vererbung von Besitz verhindern sollte. Militärisch stützten
sich die Herrschenden dabei zunehmend auf die so genannten "Ministeriales".
Anders als beim fränkischen Heerbann, der vom Adel und den Freien
gestellt wurde, wurden die Ministeriales unter den Unfreien des eigenen
Gesindes rekrutiert, die nun auf dem besten Weg waren als "Ritter", die
neue militärische Elite zu bilden. Der Historiker Karl Bosl, der sich
mit diesem Thema am ausführlichsten befasst hat, schreibt, dass die
salischen und staufischen Könige sich hauptsächlich auf Unfreie
stützten, da diese "die Gewähr boten, dass sie als abhängige
Werkzeuge des königlichen Willens zu jedem Dienst verwendbar, zu jedem
Einsatz bereit waren und deshalb auch nur das Interesse des Staates und
des Königs verfochten, der sie mit Dienstgut entlohnte." Dabei handelt
es sich aber in etwa um dieselben Eigenschaften, die die Kalifen an ihren
Sklavengarden zu schätzen wussten.
Die Probleme, die sich einem christlichen Herrscher bei der Stabilisierung
seiner Macht stellten, unterschieden sich nicht allzu sehr von denen seiner
orientalischen Kollegen. Deshalb versuchte man sie auch auf ähnliche
Weise anzugehen. Dennoch bleibt die Frage, warum im Abendland keine Garde
aus loyalen Militärsklaven aufgestellt wurde. Die Antwort ist ganz
einfach: diese Lösung überstieg die finanziellen Mittel der Staaten
um ein Vielfaches!
Im frühen Mittelalter war der Geldverkehr aus Mangel an Edelmetall
im Westen praktisch vollständig zum Erliegen gekommen. Die Herrscher
hatten also gar keine andere Möglichkeit als Kriegsdienste durch die
Vergabe von Grundbesitz oder Privilegien zu bezahlen. Der Islam war dagegen
bei seinen Eroberungen in den Besitz der wichtigsten Edelmetallquellen
der Antike gelangt. Silber wurde im Hindukusch, in Tunesien und Spanien
gefördert; vor allem aber kam das nubische Gold über die Handelsrouten
der Sahara. Arabische Münzen wurden dann auch vorwiegend als internationales
Zahlungsmittel im Abendland verwandt. Wenn europäische Herrscher zur
Repräsentation Münzen prägen ließen, mussten dazu
vorher byzantinisches oder arabisches Geld eingeschmolzen werden.
Neben Edelmetallen hatten Nordafrika und der Nahe Osten auch ein wesentlich
weiter entwickeltes Wirtschaftssystem als der während der Völkerwanderung
stark verwüstete westliche Teil des römischen Reiches. Dadurch
konnten nicht nur Luxusgüter für den Export produziert werden;
sondern auch Steuern in einem ganz anderen Maß als in Westeuropa
erhoben werden. Man weiß, dass die Kalifen von Bagdad im 10.Jahrhundert,
als bereits ganz Nordafrika ihrer Herrschaft entglitten war, über
einen Staatshaushalt von 14,5 Millionen Dinar verfügten. Da ein Dinar
4,25 Gramm Gold wog, waren das über 60 Tonnen Gold; etwa die Hälfte
diente dem Unterhalt der Armee. In Spanien hatte Abd-ar-Rahman III. im
Jahr 921 Staatseinnahmen von 20 Millionen Dinar (=85 Tonnen Gold). Sein
Nachfolger al Hakam II. soll diese dann 961 sogar auf 40 Millionen verdoppelt
haben. Mit diesem Geld konnte man nicht nur eine große Anzahl Söldner
bezahlen, sondern sich auch den Luxus leisten, Kinder zu kaufen und diese
dann über Jahre auszubilden.
Im fränkischen Reich war dagegen - wie in vielen ökonomisch
unterentwickelten Regionen - der Export von Sklaven eine der wenigen Möglichkeiten,
um überhaupt zu etwas Geld zu kommen. Finanzielle Vergleiche mit dem Orient
lassen sich deshalb erst für das Hochmittelalter anstellen, als auch im
Abendland die Edelmetallproduktion angelaufen war, und die Herrscher damit begannen
ihre Krieger mit Geld zu entlohnen. Man hat die Einnahmen Barbarossas aus
dem Reichsgebiet nördlich der Alpen auf 2.800 Kg Silber geschätzt;
das entsprach etwa 240 Kg Gold! Vor allem deshalb kämpfte er konstant
um den Besitz Norditaliens, denn dort waren Einnahmen von 10.000 Kg Silber
zu erwarten. Aber auch damit waren die berüchtigten Brabanzonen oder
gar Rittersöldner nur für ein paar Monate zu bezahlen. Kein Wunder,
dass sie meistens sehr schnell wieder entlassen wurden und sich selbst
versorgen mussten. In England, wo das Steuersystem wesentlich besser organisiert
war, verfügte Henry II. der zudem auch halb Frankreich regierte über ein
Einkommen von 66.593 Pfund (=23.000 Kg Silber = ca. 2.000 Kg Gold), womit er
hauptsächlich die berüchtigten Brabanzonen bezahlte, um mit ihnen
gegen seine aufständischen Barone und dann seine eigenen Söhne zu
Felde zu ziehen. Nur Dank dieser Söldner, d.h. Dank seines Geldes, konnte
er sich durchsetzen. Allerdings konnte er meistens nur einige hundert über
einen längeren Zeitraum besolden.
Aber auch er konnte nicht einmal im Traum daran denken,
ein stehendes Heer zu unterhalten. Die einzig fest besoldeten Truppen,
die sie sich ein Herrscher zu dieser Zeit dauerhaft leisten konnten, waren die
Mitglieder des königlichen
"Haushalts", deren Zahl normalerweise zwischen 30 und 100 schwankte, in
Krisenzeiten aber auch auf mehrere Hundert steigen konnte.
Der Absolutismus lag in Europa noch in weiter Ferne, und man sollte in diesem
Zusammenhang vielleicht auch daran denken, dass die Französische Revolution
nicht als Volksaufstand, sondern als Adelsrevolte begonnen hatte, als der König
bankrott war. Am Ende blieb ihm dann nur noch seine Schweizer Garde - die fremden Söldner.
Ein ritterlich Bewaffneter erhielt um 1240 in Italien 5 Goldunzen im
Monat (=ca.100 Gramm). Kaiser und Könige konnten also sicher manchmal
einige tausend Mann anwerben, vor allem wenn sie ihre Kreditmöglichkeiten
nutzten. Allerdings konnten diese dann bestenfalls wenige Monate regelmäßig
bezahlt werden. Außerdem sollte man bedenken, dass zudem Geld für
Festungsbau, Garnisonen, Flotte und die Hofhaltung aufgewendet werden musste.
Trotzdem versuchten die meisten Herrscher die unzuverlässigen Lehnsaufgebote
zumindest durch Söldner zu ergänzen oder nach Möglichkeit
ganz zu ersetzen. Diese kosteten zwar hohe Summen, forderten dafür
aber nicht ständig neue Privilegien oder Ländereien, standen
länger zur Verfügung und erwiesen sich auch im Kampf meistens
als die besseren Truppen. So verlange Richard Löwenherz für den
Krieg in Frankreich nicht die Heeresfolge seiner Lehnsleute, sondern den
Sold für 300 Ritter. Sein wichtigster Helfer und Freund war in dieser
Zeit der Brabanzonenführer Mercadier.
Mit der Entwicklung des Finanzwesens stieg dann auch der Anteil der
Söldner an den abendländischen Heeren kontinuierlich. Dennoch
konnten größere Söldnerheere bis ins 17. Jahrhundert meistens
nur für einige Monate finanziert werden. Erst als im Absolutismus
das Steueraufkommen ausreichend gewachsen war, wurde es möglich stehende
Heere von einigen zehntausend Mann zu unterhalten. Doch dann näherten
sich die Lebensverhältnisse der Soldaten schnell denen von Sklaven
an. Soldaten wurden verkauft, verschenkt oder vermietet. Der wesentliche
Unterschied zwischen europäischen Söldnern des 18. Jahrhunderts
und den Militärsklaven des Islam bestand darin, dass die Söldner
dann so miserabel bezahlt und behandelt wurden, dass Desertionen zum größten
Problem jedes Feldherren wurden. In der Türkei und Ägypten bemühten
sich dagegen immer wieder die führenden Schichten endlich zum Dienst
in den privilegierten Truppen zugelassen zu werden.
Möglichkeiten der Heeresorganisation
1. Lehnsaufgebote. Kriegsdienst erfolgt gegen Landvergabe.Vorteile: Kein oder nur wenig Geld nötig.
Nachteile: Zwang zur Eroberung, um das notwendige Land zu bekommen. Stärkung der zentrifugalen Kräfte, da das Kronland nach und nach an mächtige Adlige vergeben wird, die dazu tendieren sich selbständig zu machen. Längere Kriege sind fast unmöglich, da das Feudalrecht die Heeresfolge zeitlich sehr stark einschränkt.
Die Truppen sind zudem oft unzureichend ausgebildet.
2. Verstärkung der Lehnsaufgebote durch Söldner, die für einen gewissen Zeitraum geworben werden.
Vorteile: Der Herrscher macht sich teilweise vom renitenten Adel unabhängig, kann längere Kriege führen und verfügt über professionelle Truppen hoher Qualität.
Nachteile: Kriege werden teuer. Falls das Geld ausgeht, besteht die Möglichkeit, dass die Söldner meutern, abziehen oder eventuell sogar zum Gegner übergehen.
3. Stehendes Söldnerheer
Vorteile: Man verfügt über zuverlässige, professionelle Truppen, die jederzeit und beliebig lange zur Verfügung stehen.
Nachteile: enorme Kosten, da die Truppen auch im Frieden unterhalten werden müssen. Söldner werden aus diesem Grund oft sehr schlecht bezahlt, deshalb fast immer Mangel an Rekruten und zahlreiche Deserteure.
4. Militärsklaven. Diese werden als Kinder gekauft über Jahre ausgebildet und dann sehr gut bezahlt.
Vorteile: äußerst loyale Truppen, die zudem hervorragend ausgebildet sind.
Nachteile: Mit großem Abstand die teuerste Variante!
Weiterführende Literatur:
Crone, Patricia
Slaves on horses: the evolution of the Islamic polity
Cambridge 1980
Pipes, Daniel
Slave Soldiers in Islam: The Genesis of Military System
New Haven 1981
Bosl, Karl
Frühformen der Gesellschaft
München Wien 1964