Für Kaiser Maximilian
Das österreichische Freiwilligenkorps in Mexiko.
Als der österreichische Erzherzog Ferdinand Max, am 10 April 1864
dem Ruf des mexikanischen Volkes folgend, - zumindest machte es ihm die
ausgesandte Delegation glauben, - nach Mexiko ging, um als Kaiser Maximilian
I. zu regieren, folgte ihm dorthin auch eine Schar von mehreren tausend
Österreichern, die als Freiwillige in seine Dienste getreten waren.
Die Bereitstellung eines Freiwilligenkorps, war auch das einzige Zugeständnis,
das Kaiser Franz Josef seinem Bruder Maximilian zu machen bereit war, nachdem
dieser sogar genötigt war, auf sämtliche Rechte als Erzherzog
und Thronerbe zu verzichten.
Auch die Öffentlichkeit, die Maximilians Engagement als "Mexikanisches
Abenteuer" bezeichnete, - ein Terminus den der österreichische Gesandte
in Washington erstmals gebrauchte, um Kaiser Franz Josef vor diesem "Abenteuer,
das man nicht ernst nehmen könne" zu warnen, sparte nicht mit Kritik und
Ironie. Sosehr der tragische
Ausgang dieses Abenteuers und das Schicksal Maximilians die Anteilnahme
aller Bevölkerungsschichten der österreichischen Monarchie mobilisiert
und weltweite Empörung ausgelöst hatte, sind seine Gefolgsleute
mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Vor allem aber gilt es, den
von der damaligen Öffentlichkeit verliehenen Ruf Als Abenteurer und
Glücksritter zu korrigieren.
Die Anwerbung und Aufstellung des Korps
Als die "Convention zwischen Österreich und Mexiko vom 19. Oktober
1864 über der die Anwerbung eines Freiwilligenkorps für den mexikanischen
Militärdienst." Zur öffentlichen Verlautbarung kam, waren Kaiser
Maximilian und seine Gattin Charlotte bereits in Mexiko. Damit aber die
Werbeaktion unverzüglich anlaufen konnte, hatte Kaiser Franz Josef
in einem Handschreiben, den Wortlaut des Übereinkommens vorwegnehmend,
bereits am 1. April 1864 die Aufstellung des Freiwilligenkorps in der Gesamtstärke
von etwa 6500 genehmigt. Im Einzelnen sollten 3 selbständige Jägerbataillone
zu 6 Kompanien, 1 Regiment Husaren und 1 Regiment Ulanen zu jeweils 5 Eskadronen
zur Aufstellung kommen. An Artillerie waren 3 Batterien, auf Tragtiere
verlastbare, 3-pfündige Gebirgsgeschütze vorgesehen, mit 2 Pionierkompanien
sollte den schlechten Verkehrsverhältnissen im Einsatzgebiet Rechnung
getragen werden, zur selbständigen Herstellung der Munition war eine
komplette Ausstattung technischer Artillerie vorgesehen. Als Indiz für
den Optimismus, mit dem das ganze Unternehmen in Angriff genommen wurde,
kann die ca. 60 Mann starke Militärkapelle gewertet werden.
Aus den Standesübersichten im Österreichischen Kriegsarchiv
ist ersichtlich, dass von den 7211 aufgenommenen Personen, - die Zahl der
abgewiesenen Bewerber ist unbekannt, - 232 Personen aus gesundheitlichen
oder familiären Gründen und 86 "wegen Inkorribilität" wieder
entlassen wurden. Weitere 52 Personen waren noch vor der Einschiffung desertiert
und 29 während der Aufstellungszeit verstorben. Abgewiesen, - und
zwar auf Wunsch Franz Josefs persönlich, - wurden auch jene Offiziere,
die ihren Dienst in der k.k. Armee quittiert hatten, weil sie mit den Standespflichten
in Konflikt geraten waren. Bewerber, die aus dem Aktivstand des Heeres
direkt übertreten wollten, oder jene, die schon gedient hatten, mußten
schriftlich um ihre Aufnahme ansuchen Diese Gruppe, vor allem die Offiziere,
konnte sich die meisten Vorteile ausrechnen, da ihnen neben den ausgezeichneten
Besoldungs- und Beförderungsmöglichkeiten, der Wiedereintritt
in die Armee nach Ablauf ihrer 6-jährigen Verpflichtungszeit sicher
war. Dass die Auslandsdienstzeit nicht angerechnet wurde, nahm man in Kauf,
was ebenfalls auf den Optimismus der Bewerber schließen läßt.
Aber auch für die aus dem Zivilstand kommenden Bewerbern waren die
Besoldungsangebote verlockend genug, den Pferdefuß der sich in jener
Klausel befand, die den österreichischen Staat von der Verpflichtung
entband, für die im Ausland erlittenen gesundheitlichen Schäden
aufzukommen. Warum hier auf eine Rückversicherungsklausel verzichtet
wurde, läßt ebenfalls auf zuviel Optimismus aller Beteiligten
schließen.
Dafür aber waren den Freiwilligen alle staatsbürgerlichen
Rechte gesichert, wenn sie nach Ablauf der Verpflichtungsdauer zurückkehren,
bzw. nicht vom Angebot des Landerwerbs in Mexiko gebrauch machen wollten.
Diese Möglichkeit, sich eine neue Existenz aufzubauen, dürfte
vorwiegend die vielen, aus den böhmischen und ungarischen Notstandsgebieten
stammenden Arbeitslosen motiviert haben, wie auch jene polnischen Emigranten,
die wegen ihrer Beteiligung am Aufstand gegen die russische Herrschaft,
ihre Heimat verloren hatten. Aus jenen 472 polnischen Asylanten, wurde
das Ulanenregiment gebildet. Für die Gliederung, Ausrüstung und
Bewaffnung waren die Führungsgrundlagen der Heeresreform von 1851
maßgebend, wobei dem modernen, selbständigen Jägerbataillon
der Vorzug vor der klassischen Regimentsgliederung gegeben wurde. Ebenso
war das den Jägern eigene Exerzier- und Ausbildungsreglement für
den Feuerkampf in der "zerstreuten Ordnung" die zweckmäßigere
Taktik, für den Kleinkrieg, mit dem zu rechnen war. Die sich daraus
ergebende Forderung nach Beweglichkeit war auch richtungweisend bei der
Bildung der Kavallerie- und Artillerieeinheiten. Eine Schwachstelle, wie
sich später herausstellen sollte war die unzureichende Feuerkraft
bei den Ulanen und Husaren, da nur 16 Mann je Eskadron mit Karabinern ausgerüstet
waren.
Die Uniformierung entsprach im Schnitt weitgehend dem Vorbild des 1860
neu aus Freiwilligen gebildeten Ulanenregimentes Nr. 13, Graf Trani: blaue
Feldbluse, weite, rote Hosen mit rohledernen Gamaschen, bzw. Schaftstiefel
der Offiziere. Die Kavallerieeinheiten trugen zusätzlich ihre nationalen
Uniformstücke, wie Ulanka und Attila, dazu hatten einheitlich alle
den grauen Jägerhut, den eine Adlerfeder zierte, zu tragen.
Bald nach dem Eintreffen in Mexiko wurde über eine Reihe von Mängeln
berichtet, dass den klimatischen Verhältnissen nicht genügend
Rechnung getragen wurde. Das meiste davon fällt unter die Kategorie
Verbesserungsvorschläge und das allgemeine Unvermögen europäischer
Uniformschöpfer in der Wahl tropentauglicher Textilien. So gesehen
waren die französischen Truppen nicht besser dran als die Österreicher.
Gravierend aber war die schlechte Qualität des Schuhwerks als sich
zeigte, dass der Hauptlieferanten Valerio Schuhe geliefert hatte, die er
aus Armeebeständen angekauft hatte obwohl die Schuhe bereits ausgeschieden
waren. Sie fielen den Infanteristen schon nach den ersten Märschen
förmlich von den Füßen. Diese betrügerischen Machenschaften
und andere an Betrug grenzende Liefermängel, lassen vermuten, dass
so manche Lieferanten mit der durch den Zeitdruck bedingten oberflächlichen
Abnahme spekulierten. Im Endeffekt waren sie aber doch die Geprellten,
als sie wegen der bald eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Mexikanischen
Staates auf ihren offenen Forderungen sitzen blieben.
Trotz des anfänglich schleppenden Anlaufs der Werbung, entsprach
der Zulauf zu den Werbestellen, die in der gesamten Monarchie eingerichtet
waren, durchaus den Erwartungen. Bis Herbst 1864 hatten sich aus allen
Teilen der Monarchie kommend, über 7000 Menschen in Laibach versammelt,
um in die Dienste ihres neuen Kriegherrn zu treten. Gemäß Artikel
21 der schon erwähnten Konvention mußten sie schwören,
der mexikanischen Fahne treu zu sein und dem Kaiser von Mexiko als oberstem
Kriegsherrn gehorsam zu sein. Dieser Fahneneid war noch auf österreichischen
Bode zu leisten, womit auch die disziplinäre und militärstrafrechtliche
Jurisdiktion der mexikanischen Armee in Kraft trat. Mit diesem Fahneneid
wurde die kriegsrechtliche Stellung des österreichischen Freikorps
bewußt hervorgehoben, um einen deutlichen Unterschied, zu den französischen
Interventionstruppen zu setzen, was im Übrigen auch für das belgische
Freikorps gelten sollte.
Mag es die unvergleichlich höhere Löhnung bei den Mannschaftsgraden
gewesen sein, oder die Aussicht auf eine glänzende Offizierskarriere,
das Geld spielte jedenfalls immer eine Rolle. Das galt auch für zahlreiche
Sprößlinge aus Adelsfamilien, wie der von Graf Khevenhüller
oder kleinen Geschäftsleuten als einzige Möglichkeit der Schuldenfalle
zu entkommen.
Über die Begleiterscheinungen der Truppenaufstellung, - man stelle
sich Wallensteins Lager in einer Kleinstadt von etwa 20 000 Einwohnern
vor, - waren Behörden und Geschäftswelt oft geteilter Meinung.
Während das Landespräsidiums von Krain im Kriegsministerium vorstellig
wurde, die aus allen Teilen der Monarchie zusammengebrachten, größtenteils
abenteuerlustigen Leute beschleunigt aus Laibach abzuziehen und weiteren
Zuzug zu vermeiden, bedauert es die Geschäftswelt, als im März
1865 der letzte Transport abging. Allerdings mußte der Rücklaßkommandant
Oberstleutnant Zach verschiedene Unternehmer ersuchen: ". mir schriftlich
jene Beträge. anzuzeigen, welche Sie vom Freiwilligen Korps zu fordern
haben."
Der Medienrummel
Nachdem Maximilians Ambitionen für Mexiko in der Öffentlichkeit
bekannt waren, - das war übrigens bedeutend früher als die Werbeaktion
bekannt wurde, kam es zu einem Medienrummel, der für die damaligen
Verhältnisse, - es gab ja nur Printmedien wie Zeitungen und Flugblätter,
- eine ungewöhnliche Breitenwirkung hatte, deren Ursache nicht zuletzt
auf die außergewöhnliche Beliebtheit des Erzherzogs zurückzuführen
war. Vor allem geben sich die Medien, erdenkliche Mühe, das fremde
Ambiente Mexikos einer Öffentlichkeit nahe zu bringen deren allgemeiner
Bildungshorizont auf die bescheidenen geographischen Schulkenntnisse beschränkt
war, was im Wesentlichen auch für die Berichterstatter galt. Das Ergebnis
war eine Mischung aus exotischer Romantik und Desperadomilieu, wie die
zahlreichen, mehr oder weniger gelungenen zeitgenössischen Karikaturen
bezeugen.
Diese Zerrbilder zu entkräften, versucht die amtliche "Wiener Abendpost"
mit einem Bericht der im wesentlichen zusammenfaßt, dass die "Pazifikation"
Mexikos stetig weitere Fortschritte mache und die Truppen der Republikanischen
Gegenregierung von Benito Juarez vor dem Zusammenbruch stünden. Tatsächlich
hatten die etwa 30.000 Mann starke französische Invasionsarmee von
Marschall Bazaine, die Provinzen um Mexiko-City bis zur Küstenregion
mit der Hafenstadt Vera Cruz unter Kontrolle bringen können, während
Benito Juarez, dessen Amtszeit abgelaufen und eine Wiederwahl aus begreiflichen
Gründen nicht möglich war, um sein militärisches und politisches
Überleben bangen mußte. Auch waren die ihn und seine republikanische
Politik unterstützenden Vereinigten Staaten noch mit sich selbst beschäftigt,
da der Ausgang ihres eigenen Bürgerkriegs noch offen war.
Die durchwegs skeptisch bis negativ eingestellte Berichterstattung folgte
damit der allgemeinen Ablehnung der Interventionspolitik Napoleons III.
die im Übrigen viele Parallelen zur heutigen US-Politik in Irak und
Afghanistan aufweist. Der ursprünglich von England, Spanien und Frankreich
1862 zum Eintreiben mexikanischer Auslandsschulden begonnene Interventionskrieg,
war nach dem Ausscheiden von England und Spanien zu einem äußerst
fragwürdigen Alleingang der Franzosen verkommen. Erst nach Aufbietung
aller militärischen Kräfte, - es wurden Verstärkungen von
über 30.000 Mann erforderlich, - konnten die republikanischen Regierungstruppen
in der Schlacht um Puebla zwar zur Kapitulation gezwungen werden, nicht
aber der Präsident Benito Juarez. Dieser war mit seinen Anhängern
nach El Paso del Norte geflüchtet, wo er unter dem Schutz der USA
warten konnte, bis seine Zeit gekommen war.
In der Hautstadt hatten die Franzosen die "Junta superior del gobierno"
mit General Almonte an der Spitze eingesetzt und die Einberufung einer
aus 215 Personen bestehenden Notabelnversammlung veranlaßt. Diese
beschloß am 8. Juli 1863 die Einführung einer absoluten, erblichen
Monarchie und proklamierte den von der Regierung vorgeschlagenen Erzherzog
Ferdinand Max von Österreich zum Kaiser.
Der Kampf um das Land
Nicht mehr, denn eher weniger bescheid wußte auch der Großteil
jener Menschen über dieses Land, für das zu kämpfen sie
sich entschieden hatten, was ihnen da bevorstand, konnten sie sich mehr
oder weniger ausrechnen. Als erster mußte gleich der Kommandant des
Korps die Erfahrung machen, dass hier die Uhren anders gestellt waren.
Obwohl Maximilian wissen mußte, dass das Ablaufdatum der französischen
Intervention bereits fest stand und Bazaine gedanklich bereits mit dem
Rückzug beschäftigt war, überließ er ihm weiterhin
die uneingeschränkte Befehlsgewalt über sämtliche eingesetzten
Truppen.
Bereits nach der ersten, von Thun geplanten und erfolgreich ausgeführten
Operation, - die Erstürmung von Tezuitlan durch das 1. Jägerbataillon,
hatte auch im Ausland aufsehen erregt, führte Bazaine beim Kaiser
Beschwerde. In einem persönlichen Schreiben gibt Maximilian Graf Thun
höflich aber unmißverständlich zu verstehen, er "halte
es für gut, dass Marschall Bazaine das operativ-militärische
Oberkommando über alle diese Truppen führe. Unter ihm werden
Sie das vereinte belgisch-österreichische Korps kommandieren."
Diese an und für sich logische Maßnahme der Regelung klarer
Kommandostrukturen, hatte zur Folge, dass zu der bereits bestehenden Rivalität
zwischen Franzosen und mexikanischen Offizieren, noch die der Österreicher
und Belgier hinzukam. Abgesehen davon, dass Bazaine darauf bestand, dass
ihm jeder Operationsbefehl zur Genehmigung vorzulegen sei, wurde es zur
gängigen Praxis, auch bei kleineren Vorhaben in die Einheiten hineinbefohlen.
Die Bildung eines Stabes, in dem alle nationalen Elemente vertreten waren,
kam dem als eitel und von sich eingenommen beschriebenen Bazaine nicht
in den Sinn.
Auf diese Weise konnten die erfolgreichen Kämpfe in der Sierra
del Norte nicht genützt werden, weil die vorgelegten Operationspläne
durch Bazaine verworfen wurden. Hierzu stellt Thun in einem Schreiben an
Hauptmann Schauer resignierend fest: "Sie werden mein heutiges Telegramm
erhalten und daraus entnommen, dass es nicht die Absicht seiner Exzellenz
Marschall Bazaine ist, Sie länger draußen zu lassen. Der Feind
ist sehr stark und man setzt zuviel aufs Spiel, wenn man sich dort zu sehr
einläßt."
Die immer lauter werdende Kritik am Führungsstil Bazaines, in der
Fachliteratur vielfach als Ergebnis der Rivalität österreichischer
und französischer Stellen zugesprochen, bekommt eine neue Qualität,
als Bazaine es vorzog, anstatt die Operationen in der Sierra del Norte
selbst zu leiten, sich in die Flitterwochen mit seiner frisch angetrauten
Gattin zu begeben.
Dass es auch ohne Bazaine ging, beweist der nun mit der Führung
der Operation betraute Oberst Paul Zach mit seiner Erfolgsmeldung an Maximilian,
dass wir in ein bis zwei Monaten Herren dieses Landes sein werden. Im selben
Schreiben muß er dem Kaiser auch den schlechten Teil der mitteilen,
indem er auf die katastrophalen finanziellen Verhältnisse hinweist.
Dieser Lagebericht, verfasst am Jahresende 1865. Dass es aber nicht nur
an der Finanznot, sondern auch am Verhandlungsgeschick lag, beweisen die
völlig ins Leere gegangenen Verhandlungen über einen 30tägigen
Waffenstillstand mit dem republikanischen General Lukas. Ob auf dessen
Forderungen auf Steuerbefreiung für das gesamte Gebiet und eine Kriegsentschädigung
von einer halben Million Pesos, näher eingegangen wurde, ist nicht
bekannt, die vereinbarte Entwaffnung der Truppe erwies sich allerdings
als ausgesprochener Flop: Die 300 abgelieferten Gewehre erwiesen sich als
unbrauchbarer Schrott, was Lucas mit der Feststellung kommentierte, dass
seine Leute sich weigerten, ihre Waffen abzugeben. Derartige Waffenstillstandsangebote
gehörten zur Hinhaltetaktik der Guerillaführer, die auch in den
meisten Fällen aufging.
Weniger erfolgreich verlief das Jahr 1866, das von den Niederlagen von
Soyaltepec im. April und Carbonera im Oktober gezeichnet war. Beide Gefechte
haben gemeinsam, dass die Angriffe gegen einen Feind, der sich in taktisch
hervorragend gewählten Stellungen verteidigte, praktisch ohne Artillerieunterstützung,
- die Feuerkraft der 3-Pfünder Gebirgsgeschütze war nicht ausreichend,
- geführt wurden. Auffallen muß außerdem die völlige
Absenz französischer Truppen, so dass sich Khevenhüllers Verdacht
bestätigen dürfte, Bazaine ließe die Österreicher
absichtlich die hängen. Wenn man noch in Betracht zieht, dass ab dem
1. Mai 1866 beide Freikorps, das belgische wie das österreichische
mit den französischen Einheiten der Fremdenlegion zur "Division auxiliaire
etrangere" zusammengelegt wurden, trifft die eigentliche Verantwortung
für das Desaster von Carbonera den französischen Divisionär
Baron Neigre.
Der Grund für die Eingliederung der beiden Freikorps in die französische
Armee, lag einzig und allein in der Tatsache, dass der mexikanische Staat
zahlungsunfähig war und den schon längst ausständigen Sold
nicht mehr bezahlen konnte. Obwohl nun die Franzosen für den Unterhalt
der Österreicher und Belgier zuständig waren, blieben die Zahlungen
weiterhin aus. Anfangs August kam es dann zur offenen Rebellion, die nur
durch das Einschreiten besonnener Offiziere nicht zur Meuterei ausartete.
Dass fast das gesamte österreichische Korps in Puebla versammelt war,
geschah eigentlich zur Verabschiedung von General Thun, der resignierend
über die Zustände und zweckwidrige Verwendung seiner Truppe den
Dienst für den Kaiser quittiert hatte.
In dieser Zeit trägt man sich bereits mit dem Gedanken die Korps
aufzulösen und daraus den Kern der Mexikanischen Nationalarmee zu
formen, eine Maßnahme, die eigentlich die ursprüngliche Zielvorstellung
bei der Aufstellung war. Da hierzu aber die Mittel fehlten, bewegte sich
das Ganze in einem Teufelskreis, der schließlich nur mehr die Möglichkeit
bot sich dem Abzug der Franzosen anzuschließen. Mit Maximilians Handschreiben
vom 26. Dezember galt das österreichische wie das belgische Korps
für aufgelöst. Am 5. Februar verließen 26.000 Franzosen,
etwa 1.000 Belgier und 3.600 Österreicher die Hauptstadt in Richtung
Vera Cruz, wo die Einschiffung nach Europa unmittelbar nach dem Eintreffen
begann. Dabei sollen einige Kommandeure, - laut Khevenhüller auch
österreichische, - Waffen und Ausrüstung verscherbelt haben.
Was irgendwie für den Transport zuviel Ballast bedeutete, hatten die
Franzosen schon vor dem Abmarsch aus der Hauptstadt vernichtet: Lafetten,
Protzen und der überflüssige Fuhrpark wurden verbrannt, die Kanonenrohre
in den umliegenden Sümpfe geworfen, das Pulver unbrauchbar gemacht.
Was das private Hab und gut war man nicht so verschwenderisch, wie zum
Beispiel Marschall Bazaine, der sich das Palais, das ihm Kaiser Maximilian
geschenkt hatte, vom Staat abkaufen ließ. Während die Masse
der Freiwilligen für die Repatriierung, - die Kosten für die
Überfahrt übernahm der französische Staat, - entschlossen
sich 1011 und einige hundert Belgier, zu bleiben und in die mexikanische
Nationalarmee einzutreten.
Was diese Leute zum Bleiben veranlaßt hatte, müssen die verschiedensten
Beweggründe berücksichtigt werden. Die Behauptung des Gesandten
Lage, es habe regelrechte Pressungen gegeben, dürfte ebenso der Wahrheit
entsprechen, wie die Tatsache, dass die Husaren des Grafen Khevenhüller
fast ausnahmslos geblieben sind. Sie sollten neben dem neuen Infanterieregiment,
das Baron Major Hammerstein aufzustellen gedachte, den harten Kern der
kaiserlichen Kavallerie bilden. Ob Khevenhüllers "Colorados", wie
die nun völlig in Rot uniformierten Husaren von den Einheimischen
genannt wurden oder Hammersteins Jäger, die endgültige Niederlage
Maximilians konnten auch sie nicht abwenden. Im Gegenteil; er ließ
sie nicht einmal daran teilhaben, nachdem er sich, ausschließlich
auf mexikanische Truppen gestützt, in Queretaro dem Endkampf gestellt
hatte.
Nachdem sich die weltweite Empörung über die Hinrichtung Maximilians
gelegt, und die letzten Ovationen an die glücklicheren Heimkehrer
ausgeklungen waren, blieb es nun den Behörden überlassen, das
"Mexikanische Abenteuer" aufzuarbeiten. Die letzten Heimkehrer, - es waren
dies diejenigen, die bei Maximilian ausgeharrt hatten und die Nachzügler
aus der mexikanischen Gefangenschaft, - fanden in Österreich kaum
mehr Beachtung, außer jener Wiener Zollbehörde, die eine Kiste
Havannazigarren konfisziert hatte. Die aktiven Offiziere und Soldaten traten
wieder ihren Dienst in der Armee an, die übrigen versuchten im Zivilleben
Fuß zu fassen, die Invaliden aber blieben der Barmherzigkeit der
Gesellschaft überlassen. Für die Öffentlichkeit war das
"Mexikanische Abenteuer" bald abgeschlossen, nachdem man sich ausgiebig
mit dem Für und Wider einschließlich der dazugehörenden
Polemik, beschäftigt hatte.
Schlußbetrachtung und Nachlese
Wenn man sich heutzutage für das Thema wieder zu interessieren
beginnt, dann sind es nicht zuletzt die auffälligen Parallelen mit
jenen Krisengebieten, in denen sich die europäische Sicherheitspolitik
engagiert hat. und die damit verbundene Problematik, wenn die Grenzen zwischen
der vom Mandat festgelegten Hilfestellung und militärischer Intervention
zu verschwimmen drohen, wie das im heutigen Afghanistan der Fall ist.
Wenn wir schon Vergleiche ziehen, waren die beiden Freikorps eher als
Schutztruppe Maximilians, denn als Interventionsverband anzusehen. So kann
auch angenommen werden, dass die Masse der Freiwilligen nicht zuletzt aus
Sympathie zur Person Monarchen in seine Dienste getreten sind, wozu vor
Allem jene zu zählen sind, die nach Auflösung der Korps in Mexiko
geblieben sind. Weiters muss ausdrücklich festgestellt werden, dass
hier kein Freiheitskampf geführt wurde, wie etwa die USA als Verfechter
Monroedoktrin glauben machen wollten. Die als Rebellen, Guerilleros oder
Dissidenten bezeichneten Formationen, die das weite Umland der größeren
Siedlungen kontrollierten, waren eher Räuberbanden den militärische
Formationen, die vorwiegend auf eigene Rechnung operierten und die Bevölkerung
ausplünderten. Ähnlicher Praktiken bedienten sich auch die Provinz
Behörden, gleich ob vom Kaiserreich oder von der Republik eingesetzt.
Wer aber am nachhaltigsten geschröpft wurde, das war der Staat selbst,
da seine Einnahmen zur Gänze an die Franzosen verpfändet waren.
Maximilian, der sich selbst leichtfertig in diese Lage versetzt hatte,
indem er neben allen Auslandsschulden auch die kompletten Besatzungskosten
übernommen hatte, war praktisch vom Anfang an nicht in der Lage, eine
eigene Armee aufzubauen, geschweige denn die beiden Freikorps zu unterhalten.
Die mexikanischen Truppen bestanden de facto aus Überläufern,
gepreßten Rekruten oder den Indios, die dem General Meja, - selbst
ein Indio aus dem Stamm der Otomi, - ergeben waren. Im Gegensatz zu diesen
Rahmenbedingungen steht die unbedingte Befehlstreue, mit der auch von vornherein
aussichtslose Operationen zur Ausführung kamen. Dieser traditionellen
Haltung entspringt auch der Wortlaut der Meldung über die Niederlage
von Carbonera: "Alles verloren, nur die Ehre gerettet" Ein stetiges Sorgenkind
der Führung war die Aufrechterhaltung der Disziplin. Viele, die mit
allzu großen Erwartungen gekommen waren, sahen sich bald mit einer
Realität konfrontiert, der sie körperlich und psychisch nicht
gewachsen waren. Ihr Scheitern wurde nur in wenigen Fällen aktenkundig,
wie jene 30 vollstreckten Todesurteile, 10 Entlassungen und 34 Selbstmorde.
Auch die Zahl der 407 Deserteure ist mit Vorsicht zu genießen, da
nicht erwiesen werden kann, wer aus freien Stücken oder gezwungener
Massen übergelaufen war.
Bereits im Februar 1865, nachdem eine organisierte Massendesertion vereitelt
werden konnte, mußten 2 Österreicher standrechtlich erschossen
werden. Ein Gutteil dieser Exzesse ist auf die Sprachenvielfalt zurückzuführen.
Während die Regimenter der k.k. Armee weitgehend sprachlich homogene
Verbände waren, konnte das im Freikorps außer bei den ungarischen
Husaren Khevenhüllers kaum berücksichtigt werden. Vor allem aber
waren es die unregelmäßigen Soldzahlungen, die mit zunehmender
Verschlechterung der militärischen Lage zu Exzessen führten,
die hart an der Grenze zur Meuterei lagen.
Trotzdem wird die Disziplin der Truppe besonders im Kampfeinsatz immer
wieder gelobt und auch von der Bevölkerung anerkannt. Von Übergriffen
oder gar Kriegsverbrechen seitens der Österreicher und Belgier ist
nichts bekannt, sofern die Vollstreckung des "Schwarzen Erlasses", mit
dem Maximilian die standrechtliche Erschießung ergriffener Rebellen
verfügt hatte, nicht als Kriegsverbrechen zu werten ist. Nach heutigen
Gesichtspunkten fiele diese Verordnung allerdings in dieselbe Kategorie
wie Hitlers berüchtigter "Kommissarerlaß". Es gibt jedenfalls
Aussagen, wonach republikanische Truppen sich lieber den Österreichern
ergaben, weil sie dort eine menschliche Behandlung erfuhren.
Die widersprüchlichsten Aussagen finden wir, wenn es um die Beurteilung
der militärischen Leistungen und des Kampfwertes geht. Die herrschenden
Spannungen innerhalb der kaiserlichen Armee, die Rivalität zu den
Belgiern, aber ganz besonders das gestörte Verhältnis zu den
Franzosen, lassen keinerlei objektive Aussagen aufkommen. Es bleibt daher
allein die Würdigung durch den Gegner, der dies in der ehrenvollen
Behandlung nach der Kapitulation der Garnison von Mexiko-City zum Ausdruck
brachte.
Das war auch der erste Schritt eines Versöhnungsprozesses, der
Mexiko und Österreich über die Vergangenheit hinaus näher
gebracht hatte. Wer heute in Mexiko den Namen Maximilians erwähnt,
oder Fragen über das Kaiserreich stellt, wird merken, dass hier ein
bemerkenswerter Prozeß an Vergangenheitsbewältigung stattgefunden
hat. Als 1938 die Republik Österreich ausgelöscht und Hitlerdeutschland
einverleibt wurde, war Mexiko das einzige Land im Völkerbund, das
dagegen massiven Protest einlegte.
Walter Klinger ist Oberst i.R. des österreichischen Bundesheeres. Mehrere Auslandseinsätze im Rahmen von UN-Missionen haben bei ihm das Interesse an österreichischen Kriegsreisenden geweckt.
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