Die Söhne des Glücks
Ein Abenteurer macht sich zum König von Korsika.
Im 18. Jahrhundert verschärften sich die Standesunterschiede immer weiter. Während der Offiziersberuf zu einem exklusiven Privileg des Adels wurde, verkamen
die Söldner - die "Gemeinen" - immer mehr zur verachteten Canaille. Ein Aufstieg, wie früher zwar selten aber immerhin möglich, war nun praktisch ausgeschlossen.
Aber vielleicht gerade deshalb wollten nun viele von denen, die etwas überdurchschnittlich begabt waren, mit allen Mitteln nach oben. Der Stand wurde zwar
ständig als etwas Gottgegebenes legitimiert, aber kaum jemand schien noch daran zu glauben. Ganz im Gegenteil suchte man nach einer Chance seine "Fortune"
zu nutzen. Der übersteigerte Absolutismus hatte die Strukturen und Wertvorstellungen der Feudalgesellschaft völlig ausgehöhlt. Statt dessen blühte im
Merkantilismus, den Manufakturen und Handelsgesellschaften der Kapitalismus. Einzig der Erfolg zählte. Geld war dabei das wichtigste Hilfsmittel und Adel eine
zwar unverzichtbare aber immer hohlere Maske. Das Ancien Régime wurde zur ganz großen Zeit der Günstlinge, Scharlatane, Betrüger, Goldmacher, Spekulanten,
Abenteurer und Glücksritter. In den Salons gaben sich Wunderdoktoren, schmarotzende Künstler, Spione, verspätete Conquistadoren und abgesetzte Könige
die Klinke in die Hand. Liebesaffären, politische Skandale und Intrigen beschäftigten die Adligen und ihre Protegés bei Hofe. Im Spiel und bei den ersten
Börsenspekulationen wurden in wenigen Tagen Vermögen gemacht und noch schneller wieder verloren. Doch dies war nicht nur einer sinnlosen
Verschwendungssucht zuzuschreiben. Um kreditwürdig zu sein, mußte man mit Geld um sich werfen. Gerade einfache Offiziere lebten deshalb ständig über ihre
relativ bescheidenen Verhältnisse. Ein äußerst beliebtes Mittel zu Lösung ihrer Probleme war deshalb eine reiche Heirat. Für so manchen Offizier, der auf dem
Schlachtfeld erfolgreicher als an den Spieltischen war, arrangierte ein fürsorglicher Fürst eine Verbindung mit einer wohlhabenden Witwe oder der Tochter
eines Spekulanten.
Abenteurer sind immer Einzelgänger und Außenseiter, auf der Jagd nach ihrem ganz persönlichen Glück. Aber im Ancien Régime wurden sie durch ihre große
Anzahl und in all ihren Spielarten charakteristisch für die ganze Epoche. Männer wie der Frauenheld Casanova, der Betrüger und Magier Cagliostro oder der
Höfling Potemkin entfalteten ihre Talente erst richtig in dieser Welt des schönen Scheins und bereicherten sie durch ihre Auftritte. Sie spielten viele Rollen: heute
den Marquis, morgen den Abbé, dann den Offizier oder den Heereslieferanten. Zur Not schlugen sie sich als Sprachlehrer, Schankwirt oder Falschspieler durch.
An guten Tagen reisten sie sechsspännig und hielten groß Hof, an schlechten blieb ihnen bestenfalls ein Pferd, um vor ihren Gläubigern zu fliehen.
Nur die allerwenigsten erklommen die Höhen eines Beaumarchais, Struensee oder Potemkin. Die meisten schlugen sich durch und träumten von besseren
Tagen und phantastischen Geschäften. Fast alle dieser kleinen Abenteurer und verhinderten Glücksritter landeten immer mal wieder beim Militär. Die
Armeen waren sowohl Ausgangspunkte für große Karrieren, wie auch Sammelbecken für die Gescheiterten. Der deutsche Dichter Seume hatte als
gepresster hessischer Söldner auf seiner überfahrt nach Amerika einen alten französischen Offizier getroffen, der im Siebenjährigen Krieg in Deutschland
hängengeblieben und "der seit der Zeit abwechselnd gemeiner preußischer Dragoner und Füselier-Unteroffizier und Sprachmeister und Fechtmeister,
Unteroffizier und polnischer Revolutions-Hauptmann gewesen war, abwechselnd Gassen gelaufen, unter dem Galgen gestanden und im Felde Kanonen
genommen hatte, der in Frankfurt am Main und Kassel, Berlin und Warschau, Breslau und Jauer alle Winkel kannte, alles Gute und Schlechte wußte, wie
ein Achill focht und wie ein Heliogabal fraß und soff, wie Aristarchus sprach und wie Epikurs Küchenjunge lebte". Da er nun in hessischer Uniform
nach Amerika fuhr, können seine Geschäfte nicht mehr besonders gut gegangen sein. Trotzdem waren seine Leidensgenossen fasziniert von seinem
unsteten Leben, das nach Seumes Meinung den Stoff zu mehreren Romanen enthielt.
Scheitern und der Sturz aus großer Höhe gehörten ebenso zur Existenz des Abenteurers wie die Jagd nach einem eigenen Königreich. Viele beendeten ihr Leben
in Leben in Armut, in einer kleinen Dachkammer von ihren Gläubigern bedrängt oder im Schuldgefängnis. Struensee, Luckner, Trenck und einige andere der
Berühmtesten endeten auf dem Schafott. Von den Gemeinen und niederen Offizieren schlossen sich viele Räuberbanden an, um die schlechten Zeiten zu überbrücken.
Es war nur ein kleiner Schritt von den Freischaren zum Straßenraub. Als 1724 in Hamburg zwei ehemalige Offiziere als Diebe gehängt werden sollten, brachte einer
zu seiner Verteidigung vor: "Im Schwedischen und Polnischen Kriege ist es ihm allemal / seinem Geständnis nach / gar schlecht gegangen / und weil er darinnen
nichts vor sich gebracht / so ist auch seines Lebens=Art die folgende Zeit sehr unruhig und armseelig gewesen / indem er offt viele Tage hindurch weder Geld
noch Brodt gehabt / nicht arbeiten / und den Staat doch führen wolln".
Die wirklich Ehrgeizigen strebten jedoch wie schon zu Urzeiten nach einem eigenen Reich; denn nur der absolutistische Fürst befand sich wirklich im Zentrum
der Dinge. Im Chaos des Dreißigjährigen Krieges hatten sich die beiden letzten großen Condottieri Wallenstein und Bernhard von Weimar noch eigene
Herzogtümer mit dem Schwert erobert. Sie waren zwar gescheitert; doch wer sagte, daß sich ein solches Projekt nicht in dieser schnellebigen Zeit mit etwas mehr
Glück verwirklichen ließe. Moritz von Sachsen machte sich Hoffnungen auf die polnische Königskrone; Thürriegl sah sich während eines dubiosen
Siedlungsprojektes in Spanien schon als "Vizekönig von Sierra Morena" und der ungarische Graf Moritz August von Benjowsky brachte nach zahllosen
Abenteuern die französische Regierung dazu, ihn mit der Gründung einer Kolonie in Madagaskar zu beauftragen. Dort machte er sich immer mehr selbständig und
ließ sich sogar von den Eingeborenen zu ihrem Kaiser krönen; bis ein französisches Expeditionskorps schließlich seinem Traum ein Ende machte.
Für unablässigen Gesprächsstoff in der guten Gesellschaft Europas sorgten in der ersten Hälfte des Jahrhunderts Theodor von Neuhoffs Bemühungen um die
korsische Königskrone. Sein Vater diente als Hauptmann in der Leibwache des Bischofs von Münster, bis ihn die Folgen eines Duells aus der Heimat vertrieben.
Er versuchte sein Glück in vielen Staaten sogar beim Bey von Tunis, bis er in Lieselotte von der Pfalz eine mächtige Gönnerin am französischen Hof fand. Sie
versorgte ihn mit dem Kommando von Metz und nahm sich auch seiner beiden Kinder an, als er 1695 starb. Am Hof des Sonnenkönigs lernte der junge Neuhoff
das Intrigenspiel und die Bedeutung der Macht. Aber er lernte auch die Spieltische schätzen, und die besorgte Lieselotte schickte ihn in bayerische Dienste, um
ihn von den Verlockungen der Hauptstadt fernzuhalten. Dank der guten Empfehlungen wurde er Hauptmann, mußte aber bald vor neuen Spielschulden und
Liebesgeschichten wieder nach Frankreich fliehen. Dort wurde er Rittmeister und lebte wie ein Grandseigneur in Paris. Das notwendige Kleingeld verdiente er
beim Spiel. Doch sein Glück war nicht von Dauer, und wieder mußte er vor seinen Gläubigern das Weite suchen. Doch wohin jetzt? Armeen gab es genug, aber
für Offiziersstellen brauchte man Beziehungen.
Ein Vetter verhalf ihm in die schwedische Armee. Dort schien er richtig. Karl XII. war wie ein neuer Alexander über Osteuropa hereingebrochen und zog mit seiner
ruhmreichen Armee Abenteurernaturen geradezu magisch an. Der deutsche Freiherr Görz war zum mächtigsten Minister im Staat geworden und versuchte auf
diplomatischem Weg die antischwedische Koalition zu zerbrechen. Seine Augen fielen bald auf den jungen Weltmann aus Paris, der seine Talente im Krieg
vergeudete. Neuhoff wurde in geheimer Mission nach Spanien geschickt, um dort mit dem italienischen Kardinal Alberoni ein Komplott zum Sturz des englischen
Königs vorzubereiten. Obwohl der Anschlag mißglückte, hatte sich Neuhoff in allen Lagen bewährt und konnte zu recht auf eine glänzende Laufbahn hoffen. Doch
da fiel der junge Schwedenkönig bei der Belagerung einer norwegischen Festung. Nach seinem Tod endete Görz am Galgen und mit ihm Neuhoffs Aussichten im
schwedischen Dienst. Er wandte sich nach Spanien, wo Alberoni an ihm Gefallen gefunden hatte. Der Kardinal besorgte ihm eine Stelle als Oberst und vermittelte
eine Ehe mit einer häßlichen aber reichen irischen Emigrantin, die sich zudem der besonderen Gunst der Königin erfreute. Damit war Neuhoff seiner finanziellen
Sorgen enthoben. Aber am spanischen Hof bewegte sich wenig, und die Intrigen gegen England verliefen im Sand. Mit dem beschaulichen Leben als Höfling
und Ehemann wollte sich Neuhoff nicht zufrieden geben; er suchte Herausforderungen. Also packte er heimlich sein Bündel - unter anderem mit dem Schmuck
der schwangeren Gattin - und wandte sich wieder nach Frankreich.
Dort war gerade ein Genie nach seinem Geschmack am Werke. Der Schotte John Law verwandelte wie einst König Midas alles zu Gold und machte jeden, der ihm
vertraute, zum Millionär. Law hatte Handelsgesellschaften gegründet, eine Ostindiengesellschaft, eine Senegal-Kompanie und zuletzt eine Missisippigesellschaft.
Mit bedrucktem Papier scheffelte er gigantische Vermögen, und seine Missisippi-Aktien stiegen in kurzer Zeit von 500 auf 10.000 Livre. Neuhoff gewann seine
Freundschaft und legte sein ganzen Vermögen und noch einiges mehr in den begehrten Aktien an. Paris war wie im Taumel und Neuhoff schwamm ganz oben auf
der Woge mit. Stündlich verdiente er, wurde reicher und dehnte wie sein Lehrmeister seinen Kreditrahmen aus, um noch mehr Geld zu machen. Bis der Schwindel
eines schönen Tages platzte. Große und kleine Vermögen hatten sich über Nacht in Luft aufgelöst und dem großen Magier Law gelang es nur mit Mühe, sein Leben
zu retten. Aber auch hinter Neuhoff waren die Gläubiger her. Eine kurze Zeit konnte er sie hinhalten, bis er wieder einmal die Flucht ergreifen mußte.
Jetzt vagabundierte er ziellos durch Europa. Trotz oder wegen allem war er bekannt, hatte Beziehungen und schaffte es immer wieder, Kredit zu bekommen. In
England, Holland, Portugal und Italien schmiedete er Pläne, übernahm diplomatische Aufträge und lieh sich Geld. Bis er während eines Aufenthalts in Livorno
von den Schwierigkeiten auf Korsika erfuhr. Korsika wurde von Genua wie eine Kolonie ausgebeutet. Die Willkür und Korruption der genuesischen Beamten
übertraf sogar das im Ancien Régime übliche Maß und führte immer wieder zu Aufständen der geknechteten Bevölkerung. In Livorno machte Neuhoff nun die
Bekanntschaft einiger korsischer Emigranten. Das war eine Aufgabe für den nicht ausgelasteten Intriganten. Er hielt flammende Reden, erteilte Ratschläge, wußte
über die Interessen der Großmächte Bescheid und darüber, wo eventuell Unterstützung zu erwarten war. Die Korsen waren begeistert. Endlich versprach ihnen
jemand Hilfe und zeigte ihnen eine Perspektive, die über das Erstechen einzelner genuesischer Beamter hinausging. Und so gab es bald keinen Zweifel mehr, daß
Neuhoff ihren Aufstand anführen und anschließend als König ihr befreites Land regieren sollte.
Das war endlich eine Aufgabe, die seinem unruhigen Geist entsprach. Doch er war kein Amateur. Er vertröstete seine Anhänger und begab sich auf eine
diplomatische Rundreise, um Unterstützung zu finden. Neider hatte Genua genug, doch die italienischen Kleinstaaten wollten dem Hasardeur weder Geld noch
Truppen anvertrauen. Also warb er beim Kaiser, in Frankreich und in Madrid, leider vergeblich. Neuhoff kam zu dem Schluß, daß die Kaiser und Könige weder
Risikobereitschaft noch Phantasie hatten und begab sich nach Istanbul. Dort traf er auf zwei Brüder im Geiste: den vor den Habsburgern geflohenen Fürsten
Rakoczy, der sich immer noch Hoffnungen auf die ungarische Königskrone machte, und den französischen Renegaten Bonneval, der jetzt als Achmed Pascha
das türkische Heer befehligte. Begeistert schmiedeten die drei Pläne. Die Türken sollten noch einmal gegen Wien marschieren und mit ihrer Flotte Italien und
Korsika angreifen; Schweden würde mitmachen, Korsika und Ungarn sich erheben; Grenzen wurden neu gezogen, Länder und Kronen verteilt.
Siegessicher eilte Neuhoff nach Tunis. Doch dort gab es weder Mannschaften, noch Geld, Waffen oder Schiffe. Mittlerweile war Korsika in offenen Aufruhr, und
die Rebellen eilten von Sieg zu Sieg. Ihm brannte die Zeit unter den Nägeln, denn ihm war klar, daß ihm wohl kaum der Thron freigehalten werden würde. Da stellte
ihm endlich der englische Konsul ein altes Handelsschiff mit einigen Waffen und Uniformen zur Verfügung. Nachdem er noch etwas Geld aufgetrieben hatte,
landete er 1736 auf Korsika. Den mißtrauischen Korsen präsentiert er sich in einer Phantasieuniform und mit einem prächtigen Hofstaat. Während seiner Laufbahn
hatte er es gelernt, zu beeindrucken, zu schmeicheln und zu täuschen. Wie ein begnadeter Regisseur inszenierte er nun sein eigenes Königtum, verteilte Geschenke
und Posten, gewährte huldvoll Audienzen und ließ seine Truppen paradieren. Die Korsen waren hingerissen und wählten ihn zu ihrem König.
Aber Neuhoff verstand sich nicht nur aufs Zeremoniell. In einem kühnen Angriff brachte er den Genuesen eine schwere Niederlage bei und eroberte kurz darauf
die Hafenstadt Porto Vecchio, wo große Beute gemacht wurde. Währenddessen entfalteten seine Agenten eine fieberhafte Tätigkeit im Ausland, und da sein
Unternehmen einen gewissen Erfolg versprach, fanden sich erste Geldgeber. Aus Livorno trafen Waffen und Munition ein. Mit einer großen Armee zog er gegen
Bastia und ließ auch die anderen wichtigen Städte belagern. Doch vor Bastia kam sein Siegeslauf zum stehen. Die Wälle waren zu stark für seine wenigen Geschütze,
und Genua pumpte Verstärkungen in die Stadt. Neuhoff mußte sich zurückziehen und stieß an anderer Stelle wieder vor. Der Krieg wurde von beiden Seiten mit
gnadenloser Erbitterung geführt. Während der Elan der Korsen langsam abflaute, arbeiteten Genuas Agenten, streuten Geld und Gerüchte aus. Die ersten Gruppen
fielen von ihm ab. Neuhoff bettelte, intrigierte und versprach Hilfe. Jeden Tag konnte die von Bonneval versprochene türkische Flotte eintreffen. Als statt dessen
die Nachricht von einem russisch-türkischen Krieg kam, war seine Sache verloren. Unter rührenden Szenen nahm er Abschied von seinem Volk und versprach
baldmöglichst wiederzukehren.
Vorerst war er aber wieder auf der Flucht. Kein italienischer Staat wollte den Unruhestifter, auf dessen Kopf Genua einen hohen Preis ausgesetzt hatte, in seinen
Grenzen dulden. Neuhoff versetzte sein königliches Tafelsilber und reiste in Verkleidungen, immer die Mörder Genuas auf den Fersen. Von Italien kam er nach
Frankreich. Doch dort hatte Genua schon seine Auslieferung beantragt. Er floh weiter nach Amsterdam, wo er aus alten Verschwörertagen noch gute Beziehungen
hatte. Aber statt genuesischer Meuchelmörder bedrängten ihn jetzt alte Gläubiger. Doch das war eine seiner leichteren übungen. Er trat jetzt als Herrscher eines
Landes auf und versprach den Kaufleuten Handelsmonopole und glänzende Gewinne. Tatsächlich gelang es ihm, bei einer holländischen Handelsgesellschaft
fünf Millionen Gulden locker zu machen. Nach zweijähriger Abwesenheit kehrte er mit einer kleinen Flotte im Triumph nach Korsika zurück.
Doch inzwischen waren französische Truppen auf Korsika gelandet. Die Verhandlungen zogen sich in die Länge, und irgendwann segelte Neuhoffs holländische
Flotte ab, da von den versprochenen Landesprodukten kein einziger Käse geliefert worden war. Neuhoff entkam seinen Häschern in einer kleinen Barke nach
Neapel. Gehetzt von genuesischen Meuchelmördern floh er wieder durch Italien, Tunis, Deutschland, Holland, dabei unermüdlich für sein Projekt werbend. Auf
Korsika änderte sich derweilen wenig. Die Franzosen benahmen sich nicht besser als die Genuesen, und die Korsen setzten ihren Kleinkrieg fort. Neuhoff schickte
jetzt seinen Neffen Friedrich, um sich selbst ganz der Geldbeschaffung zu widmen. Friedrich hielt sich lange in den unzugänglichen Bergen, mußte dann aber auch
vor der übermacht nach Livorno weichen. Noch einmal schien sich das Schicksal zu wenden, als Frankreich seine Truppen wegen des österreichischen
Erbfolgekrieges abziehen mußte. Neuhoffs Pumpgenie war es gelungen, in England Geld aufzutreiben. Mit einem Schiff erschien er 1743 in Livorno und sammelte
seine Getreuen unter den Exilanten. Doch in Korsika glaubte niemand mehr seinen Versprechungen, und er mußte unverrichteter Dinge abziehen. Er gab nicht auf,
spann weiter Intrigen, gründete Handelsgesellschaften und versuchte Unterstützung zu finden. Jahre vergingen bis sich die Großmächte im Frieden von Aachen
einigten. Damit war Korsika für den Glücksritter endgültig verloren.
Von seinen Feinden verfolgt fand er schließlich Asyl in England. Dort war er zwar vor Auslieferung sicher, aber Genua mobilisierte seine Gläubiger. Zu müde und
zu erschöpft, um weiter zu fliehen, landete er auf seine alten Tage im Schuldturm. Sechs Jahre verbrachte er in den verkommenen Gefängnissen, bis er halb erblindet
entlassen wurde. Alte Freunde unterstützten ihn mit Geld und ein bekannter Schauspieler gab eine Wohltätigkeitsveranstaltung zu seinen Gunsten. So verbrachte
er seine letzten Jahre relativ angenehm, von der Gesellschaft belächelt, immer noch an seinem Traum von einem eigenen Königreich spinnend.