Mit fünf Dukaten um die Welt.
Die Reise des Christoph Carl Fernberger von Egenberg.
Christoph Carl Fernberger von Egenberg wurde kurz vor 1600 geboren. Als zweiter Sohn eines nicht
besonders begüterten österreichischen Adligen hatte er zu Hause nicht viel zu erwarten.
Wie viele seiner Standesgenossen beschloss er deshalb sein Glück als Söldner zu versuchen.
Obwohl er Protestant war, schloss er sich 1620 der spanischen Armee in den Niederlanden an.
Möglicherweise erhoffte er sich dort als Österreicher bessere Karrierechancen oder oder
er hatte Verwandte oder Bekannte in dem betreffenden Regiment.
Kurz darauf geriet er jedoch in holländische Gefangenschaft, konnte sich aber bald für 300
Gulden freikaufen. Man kann annehmen, dass das Geld von seiner Familie geschickt worden war. Danach
bot ihm der niederländische Kommandeur eine Fähnrichsstelle, wenn er in seine Dienste treten
würde. Aber Fernberger war nun ein freier Mann und wollte zurück zu den Spaniern. Damit
begannen allerdings seine Probleme. Da ein Wechsel zwischen den Fronten ohne größere
Eskorte nicht möglich war, machte er sich auf den Weg nach Amsterdam, um von dort per Schiff
nach Antwerpen zu kommen. Doch als er in Amsterdam ankam, war der Seeverkehr zwischen den beiden
Landesteilen eingestellt worden. Da er inzwischen völlig abgebrannt war, zögerte er nicht
lange und heuerte als Küchengehilfe auf einem holländischen Kauffahrer an, der nach Venedig
wollte. Dass man unterwegs noch ein paar Sklaven an der westafrikanischen Küste einhandeln wollte,
nahm er dabei gerne in Kauf.
Am 18. Dezember ging die Reise nach einigen Vorbereitungen endlich los, und Fernberger sammelte
Erfahrungen auf dem Schiff und dann auch bei ersten Landgängen in Afrika auf der Höhe von
Sierra Leone. Bald darauf geriet das Schiff jedoch in einen schweren Sturm und sank. Fernberger konnte
sich mit einem Teil der Besatzung auf eine kleine Felseninsel retten. Dort litten die Schiffbrüchigen
furchtbar unter Hunger und Durst. Als bereits die ersten den Strapazen erlegen waren, kam eine
niederländische Flotte mit fünf Schiffen in Sicht. Auf Magellans Spuren sollte sie Seerouten
erkunden, den spanischen Überseehandel stören, die Kolonien in Südamerika plündern
und schließlich die Garnisonen der VOC in Ostindien verstärken.
Es war eine Fahrt ins Ungewisse, und es spricht Bände, dass es trotz ihrer erbärmlichen Situation
ein guter Teil der Schiffbrüchigen ablehnte, sich daran zu beteiligen. Wahrscheinlich waren es gerade
diejenigen, die etwas von Seefahrt verstanden und wussten, was eine solche Reise um den halben Erdball mit
sich brachte. "Einer sagt, er wolle lieber hier Todes sterben, als dort soviel Unglück ausstehen. Andere
sagen: wenn sie die ärgsten Buben wären, so wollten sie nit mit". Schließlich war nur die
Hälfte bereit, das Risiko auf sich zu nehmen - unter ihnen Fernberger. Da er bereits als Soldat gedient
hatte, trat er als Adelspursch oder Gefreiter die große Reise an.
Die Zurückbleibenden sollten Recht behalten. Zu Anfang klagte Fernberger noch darüber, dass er keine
eigene Trinkkanne besaß, weshalb er seine ganze Wasserration gleich morgens trinken musste und dann
tagsüber schrecklichen Durst litt. Er wünschte deshalb oft "es möge ein Sterben ins Schiff
kommen", nur um in den Besitz einer Kanne zu kommen. Dieses Problem war bald gelöst. Als die Schiffe
wochenlang in der windstillen Zone festlagen und das Wasser rationiert wurde, verbreitete sich der Skorbut,
und innerhalb von zehn Tagen starben allein auf Fernbergers Schiff 109 Mann. Auch auf den anderen waren die
Verluste nicht viel geringer, und nachdem die südamerikanische Küste erreicht worden war, musste
ein Schiff verbrannt werden, da die Besatzung nicht mehr für alle ausreichte. Später geriet ein
Schiff durch Unvorsichtigkeit in Brand. Doch das war kein dramatischer Verlust. Denn nachdem Kap Horn umrundet
war, musste bereits das nächste versenkt werden, da die Besatzung wieder nicht mehr für alle
ausreichte.
An der chilenischen Küste plünderten sie dann einige spanische Niederlassungen. Aber sie fanden
nur wenig Silber und das große Sterben unter den Seeleuten ging weiter, so dass schließlich nur
noch ein einziges Schiff bemannt werden konnte. Damit waren sie nun zu schwach, um die schwer befestigten
Städte Panama und Acapulco angreifen zu können, wo das Silber für den König von Spanien
verladen wurde. Es wurde immer schwieriger zu landen, um Proviant und Wasser zu laden. Schließlich
wurde sogar Leder gekocht und verzehrt. Als ein großes spanisches Schiff in Sicht kam, hatte der Admiral
leichtes Spiel. "Er ließ einen Sack Brot herauftragen und schwur, dass dieser der letzte wär." So
motiviert kämpfte die halb verhungerte Besatzung wie "hungrige Wölf". Dieses mal machten sie reiche
Beute, aber vor allem erhielten sie so viel Proviant, dass sie die Überquerung des Pazifik wagen konnten.
Fernberger entdeckte in der Kapitänskajüte sogar mehrere Edelsteine, die er für sich behielt.
Nach einer langen Seereise durch die Südsee, erreichten sie die Philippinen, dann die Molukken und
schließlich das niederländische Batavia. "Da war eine solche Freude, die unaussprechlich war, denn
wir hatten, durch fünfzehn Monate zwischen Himmel und Wasser, Tag und Nacht keine Freude, nit viel zu essen
und wenig zu trinken, teils große Kälte, aber mehr noch große Hitz erlitten," schreibt
Fernberger. Von den 1.300 Mann, die ursprünglich aufgebrochen waren, waren noch 318 am Leben, und selbst
von diesen war die Hälfte krank und viele starben anschließend im Spital. Fernberger hatte damit
vorerst genug vom Soldatenleben. Nachdem er sich erholt hatte und seinen Dienst in den niederländischen
Kolonialtruppen beginnen sollte, erkaufte er sich mit einem der erbeuteten Edelsteine seine Freiheit.
Da er bei seiner Entlassung die Auflage erhalten hatte, sich noch fünf Jahre im niederländischen
Kolonialbereich aufzuhalten, begann er ein Leben als Kaufmann. Dabei war auch ihm ein ehemaliger schweizer
Söldner behilflich, der sich in Batavia niedergelassen und eine einheimische Frau geheiratet hatte. Im
fernen Asien war der Schweizer für Fernberger ein "Landsmann". Er wohnte bei ihm, lernte die notwendigen
Geschäftspraktiken und von seiner Frau die Landessprache. Als Kaufmann bereiste er nun mit wechselnden
Erfolg einen Großteil der asiatischen Küsten zwischen der arabischen Halbinsel und Japan.
Man merkt Fernbergers Bericht deutlich an, dass ihn die fremde Welt und ihre Kulturen faszinierten. Er konnte
sich neben Niederländisch zumindest gut in Portugiesisch und Malay verständigen. Anstatt vom sicheren
Batavia aus seine Geschäfte zu betreiben unternahm er weite Reisen nach China, Japan, Siam, Indien und
Persien, wo er sogar Isfahan im Landesinneren besuchte. Er handelte dabei vorwiegend mit Pfeffer, Gewürznelken
und Stoffen. Allerdings scheinen die Geschäfte für ihn eher zweitrangig gewesen zu sein, denn er
berichtet hauptsächlich von fremden Sitten, exotischen Tiere und auch den politischen Verhältnissen.
Natürlich waren diese Handelsreisen riskante Unternehmungen. Einmal geriet er mit einem VOC-Schiff in ein
schweres Gefecht mit zwei spanischen Galeonen. Der Kampf dauerte viele Stunden, und die Geschützkugeln
richteten unter Deck das übliche Massaker an. Als die Spanier endlich abzogen, wurde zur Belohnung
großzügig Arrak ausgeschenkt, und Fernberger schreibt lapidar: "Da wurde der gmeine Mann wieder
lustig, und sie sungen und sprungen, wiewohl es doch noch ziemlich einem Fleischhackersladen bei uns gleichsah."
Dass die Handelsprivilegien der Europäer oft auch mit militärischer Hilfe verbunden waren, zeigen
seine Erlebnisse im Sultanat Patani an der Südgrenze von Siam. Patani war damals ein kleiner
selbstständiger Staat, der von der Tochter des verstorbenen Sultans regiert wurde (Fernberger nennt sie
"Königin"). Als er sich dort Anfang 1624 aufhielt, fiel die Armee des Königs von Siam ins Land. Die
Königin wandte sich an die ansässigen portugiesischen Kaufleute um Hilfe. Doch die lehnten ab, da sie
angeblich im Kampf unerfahren waren. Da bot Fernberger seine Hilfe an und verlangte dafür 24 Niederländer,
die als Schiffbrüchige im Gefängnis gelandet waren.
Nachdem er die Niederländer erhalten und bewaffnet hatte, schlossen sich ihm auch die Portugiesen an, so
dass er schließlich 66 Mann als Musketiere und Pikeniere ins Gefecht führen konnte. Sie stellten damit
zwar nur einen kleinen Teil des ca 3.000 Mann starken patanischen Heers, sollten sich aber dank der überlegenen
europäischen Waffen und Disziplin als entscheidend im Gefecht erweisen. Fernberger, der auf seine Erfahrungen
in den Niederlanden zurückgreifen konnte, ließ sie abwechselnd Salvenfeuer geben und trieb damit das
siamesische Heer schnell in die Flucht.
Fernbergers Bericht illustriert sehr anschaulich, welche Möglichkeiten sich waffenkundigen Europäern in
Asien boten. Die meisten Herrscher in Indien und Südostasien hatten europäische Deserteure und Abenteurer
an ihren Höfen, wo diese als Geschützgießer, Ausbilder oder einfache Musketiere ein vielfaches von
dem verdienten, was sie als Söldner bei den Handelskompanien zu erwarten hatten. Das bekannteste Beispiel war
zu dieser Zeit der Portugiese Filipe de Brito, der im südlichen Burma als "König von Pegu" herrschte.
Auch Fernberger und seine Truppe wurden reich belohnt. Sein Ehrgeiz ging aber nicht dahin sich in Patani als
Berater der Königin zu installieren. Er nahm seine Reisen wieder auf und besuchte in den folgenden Jahren
Persien und Macau. Im Herbst 1627 verkaufte er dann seinen Besitz und begann am 1. Oktober die lange Seereise nach
Europa. Wieder starben zahlreiche Seeleute – vor allem an Skorbut - , bevor sie im Juni 1628 endlich Seeland
erreichten. Von dort reiste Fernberger dann langsam über Amsterdam, Hamburg und Prag nach Wien.
Fernbergers Weltreise entnommen dem Artikel der
Wikipedia
Abschließend stellte er fest, dass er mit fünf Dukaten in der Tasche sein Vaterhaus verlassen und die
Welt umrundet hatte. Sein kostbarstes Reiseandenken war ein sprechender Papagei, der in Malay folgenden Satz sagen
konnte: "Wann ihr dem Vogel nit werdt zu essen geben, so wird er Hungers sterben!" Er hatte ihn unter wesentlich
kostbareren Geschenken ausgewählt, die ihm der Sultan von Ternate für einen portugiesischen Harnisch
angeboten hatte. Man kann darüber spekulieren, warum er sich ausgerechnet für den relativ wertlosen
Vogel entschied und warum er den Satz wortwörtlich überliefert hat. Wahrscheinlich belegt der Vogel
nur, dass Fernberger an fremden, exotischen Dingen viel mehr Interesse hatte als an materiellem Gewinn.
Aber wie viele weit gereiste Abenteurer wurde er sicher auch oft aufgefordert von seinen Abenteuern zu erzählen.
Anscheinend wurde er sogar an den kaiserlichen Hof geladen, denn er berichtet, dass er den Papagei der Kaiserin am
19. August 1628 als Geschenk überreichte. 1642 erhielt er dann als Oberst ein Regiment, das er im
Dreißigjährigen Krieg führte. 1653 ist er relativ jung gestorben.