Kriegsreisende

 die Sozialgeschichte der Söldner

Tim Spicer und Sandline

Gründung und Probleme einer PMC.

Unter der kaum noch überschaubaren Anzahl so genannten PMCs (Private Military Companies) bietet die inzwischen geschlossene Firma Sandline dem interessierten Betrachter gleich mehrere Vorteile: bei ihr handelte es sich weder um eine der lediglich mit Überwachungsaufgaben befassten Kleinen, noch um eine der Großen, die aber nur den verlängerten inoffiziellen Arm des Pentagon bilden, sondern um eine relativ selbständige Gruppierung, die von militärischen Machbarkeitsstudien über aktives Eingreifen in Bürgerkriege bis hin zum Staatsstreich alles im Angebot hatte. Zudem war Sandline eine der ersten großen Söldnerfirmen, die sich in direkter Nachfolge von Executive Outcomes sozusagen noch als Trendsetter betätigte, bevor das Geschäft durch den Irakkrieg in völlig neue Dimensionen eintrat. Nicht zuletzt sind es aber die Skandale, in die Sandline verwickelt wurde, die den Fall so interessant machen. Natürlich möchten wir hier nicht einfach effekthascherisch Söldner mit Skandalen gleichsetzen, sondern viel mehr das dadurch reichlich vorhandene Material nutzen, die Entstehung und die problematische Arbeit einer solchen PMC etwas genauer zu beschreiben.

Tim Spicer Wenn man wissen möchte, wie es zu Sandline kam, muss man sich etwas mit der Person ihres Gründers Tim Spicer beschäftigen. Wie viele dieser neuen Kondottieri lernte Spicer seinen Beruf bei der britischen Armee. Dort bekam er bei den "Scots Guards" einem der Eliteregimenter nicht nur eine solide Sandhurst-Ausbildung als Offizier, sondern auch die notwendigen personellen Kontakte. Bei zahlreichen Einsätzen in Nordirland sammelte er Erfahrungen bei der modernen Terrorismusbekämpfung, den Verwicklungen von Krieg und Politik und der dabei grundlegenden Bedeutung der Medien. Obwohl begeisterter Soldat beschränkten sich seine realen Kriegserlebnisse wie bei den meisten seiner Kameraden auf ein besseres Scharmützel während des Falklandkrieges. Er "vermisste es", wie er in seiner Autobiographie betont, und wurde dennoch von denen beneidet, "die ohne eigene Schuld die Kämpfe verpasst hatten". Danach diente er wieder mehrmals in Belfast und dann am Ende seiner Karriere als Presseoffizier beim britischen UNO-Kontigent in Bosnien. Bereits in dieser Zeit erkannte er, dass das Ende des Kalten Krieges seiner Karriere nicht gerade dienlich war. Die so genannte "Friedensdividende" führte in ganz Europa zu einer Verkleinerung der Armeen, wodurch die Aussichten auf Beförderungen immer geringer wurden.

Spicer war inzwischen 42, hatte Familie, und seine Kinder wollten auf gute Schulen geschickt sein, was in England noch nie billig war. Als ihm ein Bekannter eine Stelle bei einer Investmentgesellschaft der Londoner City anbot, griff er zu. Er selbst behauptet, man habe ihn wegen seiner Nahost-Erfahrungen eingestellt. Allerdings ist von eben diesen in seiner gesamten Autobiographie nichts zu lesen. Man kann also eher annehmen, dass der ehemalige Oberstleutnant die Position eines "Frühstücksdirektors" hatte, der potentiellen arabischen Investoren gute britische Solididät vermitteln sollte. Er langweilte sich, vermisste das Militär und bezeichnete sich selbst als "Idle Civvy", was man wohl am besten mit "nutzloser Zivilist" übersetzt.

Rettung in der Not kam durch seinen alten Regimentskameraden Simon Mann. Nach einem ersten Anruf im Oktober 1995 traf man sich auf ein paar Drinks, und Simon erzählte von seinem Freund Tony Buckingham und dessen Firma Executive Outcomes, die in Angola so hervorragende Arbeit geleistet hatte. Man sprach über die neue Weltlage, aus der sich der große Krieg zwar verabschiedet hatte, der Frieden aber nun durch ethnische Konflikte, Streit um schwindende Ressourcen, Bürgerkriege und Terrorismus bedroht wurde. Die UN waren oft unwillig oder unfähig einzugreifen, und wenn sie es dennoch taten waren ihre Truppen zu schwerfällig und zu teuer. Spicer hatte da seine Erfahrungen aus Bosnien und Mann konnte über Angola und Sierra Leone berichten. Sicherheit war auf jeden Fall ein ganz besonders zukunftsträchtiger Markt, dessen Bedürfnisse zu guten Teilen private Anbieter befriedigen müssten. Bald darauf folgte ein Treffen mit Buckingham, der zwar mit der Geschichte von Executive Outcomes nicht unzufrieden war, aber einen Neuanfang unter neuem Namen und Firmensitz für angebracht hielt. In letzter Zeit war die Firma an ihrem Hauptsitz in Südafrika immer mehr unter Druck geraten, schließlich musste sie unter dem Einfluss der USA auch aus Angola abziehen, da dort die amerikanische MPRI zum Zug kommen sollte. Spicer und Buckingham wurden sich schnell einig. Sie wollten allerdings keine einfache Sicherheitsfirma gründen, die sich auf Bewachungsaufgaben oder Ausbildung beschränkte, sondern etwas im Stil von Executive Outcomes, das auch den Einsatz von Kampfhubschraubern und Kommandotruppen im Angebot haben sollte.

Dass diese Dienste gefragt waren, zeigte sich schon Anfang 1996 als Spicer gerade sein neues Büro in London bezogen hatte. Dort erhielt er einen Anruf von DSL (Defence Systems Limited) einer Sicherheitsfirma, die von zwei anderen Scots Guards Kameraden betrieben wurde. DSL hatte eine Anfrage aus Papua Neu Guinea bezüglich des Einsatzes von Kampfhubschraubern. Da aber DSL so weitgehende Dienste nicht offerierte, gab man den Tipp an Spicer weiter, der daraufhin mit Mathias Ijape dem Verteidigungsminister von Papua Neu Guinea Verbindung aufnahm.

BRA-Kämpfer: bad guy! Papua Neu Guinea war als deutsche Kolonie nach dem Ersten Weltkrieg zuerst australisches Mandatsgebiet und dann 1975 unabhängig geworden. Wie viele dieser Exkolonien war der junge Staat allerdings kein politisch stabiles Gebilde. Vor allem die an der östlichen Peripherie liegende Insel Bougainville gehört sowohl geographisch wie auch ethnisch und kulturell mehr zu den Salomonen, die aber als ehemalige britische Kolonie einen eigenen Staat bilden. Der Einfluss der alten Mandatsmacht Australien ist nach wie vor groß, und so wurde auch von einem australischen Tochterunternehmen des weltgrößten Bergbaukonzerns "Rio Tinto Zinc" 1972 auf Bougainville mit dem Abbau von Kupfer begonnen. Diese gigantische Mine erwirtschaftete zwar bald fast die Hälfte des gesamten Exports, führte aber für die Insel zu einem ökologischen Desaster. Stämme wurden enteignet und von ihrem Land vertrieben, Flüsse vergiftet und der Wald abgeholzt. Man muss wahrscheinlich nicht betonen, dass die Eingaben und Schadensersatzforderungen der in ihrer Existenz bedrohten Einwohner bei den Politikern im fernen Port Moresby auf taube Ohren stieß.

Nach langen Jahren erfolgloser Proteste begannen die Einheimischen schließlich mit Sabotageakten, die bald zur Schließung der Mine führten. Die Regierung antworte mit der Armee. Doch den PNGDF (Papua New Guinea Defence Forces) gelang es nicht, die lediglich mit mit Pfeil und Bogen und aus Wasserrohren gebastelten Schrotflinten bewaffneten Aufständischen zu besiegen. Ganz im Gegenteil trieb sie durch ihre Grausamkeiten einen Großteil der Bevölkerung der BRA (Bougainville Revolutionary Army) in die Arme und musste sich 1990 ganz von der Insel zurückziehen. Erst als sich die Kämpfer der BRA nun ihrerseits ausreichend unbeliebt gemacht hatten, gelang es der Armee in Zusammenarbeit mit dörflichen Selbstschutzgruppen einen Teil der Insel zurückzuerobern. Australien, das veritable Interessen in diesem Konflikt hatte, versorgte die PNGDF mit Waffen, Munition und Schnellbooten, bildete viele ihrer Soldaten aus und unterhielt auch Militärberater vor Ort, so dass die Medien schon von Australiens heimlichem Vietnam sprachen. Ein offizieller Befehl der PNGDF von 1996 lautete: "Alle Zivilisten, die verdächtigt werden, der BRA Unterschlupf zu geben, müssen ohne Frage getötet werden. ...Vertreibt die Rebellen. Lasst keinen zurück; löscht sie aus. Zerstört alle Nahrung, Gärten, Häuser und alles, was ihr im Dschungel findet."

Als die Kämpfe fast zehn Jahre angedauert und 15-20.000 Tote gekostet hatten, sank aber auch in Australien die Bereitschaft diesen äußerst unpopulären Krieg weiter zu unterstützen. Das war dann der Punkt, an dem Sandline ins Geschäft kam. Spicer war zwar auch der Ansicht, dass militärische Unterstützung eigentlich eine Angelegenheit der Schutzmacht Australien gewesen sei. Da sich die aber aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen weigerte, sah er genau die Lücke, die eine PMC füllen konnte. An Stelle der gewünschten Helikopter, offerierte Sandline nun eine Komplettlösung, um den Krieg zu gewinnen. Dazu gehörten jeweils zwei Kampf- und zwei Transporthubschrauber, ein mit Elektronik gespicktes Flugzeug, um die Kommunikation der Rebellen zu überwachen, mehrere Tonnen Infanteriewaffen, und ungefähr 70 Mann, die die Soldaten der PNGDF für Kommandoeinsätze nicht nur ausbilden, sondern in diesen auch führen sollten. Das alles sollte für 36 Millionen Dollar zu haben sein.

Mobutu: good guy!? Das war für das Krisen geschüttelte Land eine enorme Summe, und so zogen sich die Verhandlungen in die Länge. General Singirok der Oberbefehlshaber der PNGDF kam zwar nach London, geriet aber schnell in den Verdacht dort auf Spesen eines anderen Waffenhändlers zu leben. Spicer bereiste in dieser Zeit Afrika auf der Suche nach neuen Kunden. Er knüpfte Kontakte mit dem Präsidenten von Sierra Leone Ahmed Tejan Kabbah, um dort bei Bedarf die Nachfolge von Executive Outcomes anzutreten. Anschließend flog er nach Kinshasa, wo er über Hilfe für den bedrängten Mobutu verhandelte. Bei dieser Idee war ihm zwar selbst nicht ganz wohl, da aber Mobutu ein allgemein anerkannter Tyrann und von keinem UN-Embargo betroffen war, gab es für Spicer keinen Grund, sich die Sache nicht zumindest einmal anzusehen. Er kam allerdings schnell zu dem Schluss, dass Mobutu nicht mehr zu retten war, und so musste sich dieser mit Taverniers "Weißer Legion" zufrieden geben.

Wieder in London erfuhr Spicer, dass die letzte große Offensive der PNGDF auf Bougainville in einem schrecklichen Desaster geendet hatte. Kurz darauf erhielt er einen Anruf von Verteidigungsminister Ijape: "You’re on." Nachdem die Verträge unterzeichnet waren und die Hälfte der vereinbarten Summe bezahlt worden war, begann Sandline mit der Lieferung der Ausrüstung und der Rekrutierung des notwendigen Personals. Da die Bevölkerung von Papua Neu Guinea ziemlich dunkelhäutig ist, wollte man nicht durch allzu viele weiße Söldner auffallen. Hier waren dann wieder die Kontakte von Executive Outcomes äußerst hilfreich, wodurch man einen guten Teil der Söldner in Südafrika anwerben konnte.

Obwohl die australische Presse von den Waffenlieferungen Wind bekam und große Schlagzeilen über Söldner auf Bougainville produzierte, lief dennoch alles wie geschmiert. Spicer folgte seinen Männern nach Port Moresby, um dort mit der konkreten Arbeit zu beginnen, und ... wurde verhaftet. General Singirok hatte anscheinend tatsächlich größere Summen von einem Konkurrenzunternehmen erhalten. Nun nutzte er die von den australischen Medien angeheizte Stimmung. Auf den Straßen demonstrierten Studenten und die Soldaten wollten sich auch unter der Führung von Sandline nicht weiter auf Bougainville verheizen lassen. Der Militärputsch war keine große Sache; es fiel kein einziger Schuss. Spicer und seine Mannen wurden ohne Gegenwehr verhaftet und kurz darauf des Landes verwiesen.

Das ganze Unternehmen war sicher kein Ruhmesblatt in der Firmengeschichte. Dennoch war Sandline mit einem blauen Auge davongekommen. Den Anwälten der Firma gelang es in den kommenden Jahren die noch ausstehenden 18 Millionen Dollar vor internationalen Gerichten einzuklagen; dass dafür keine Leistungen erbracht werden mussten, war allein das Problem von Papua Neu Guinea. Zudem kümmerte sich eine ausgezeichnete PR-Abteilung darum, den Imageverlust möglichst klein zu halten. Es hätte also langsam bergauf gehen können, bis dann die Sache in Sierra Leone passierte.

Rebellen-Milizen: bad guys! Das an Bodenschätzen (Bauxit, Rutil und Diamanten) reiche Land war seit einem Militärputsch 1992 über Jahre von einem Bürgerkrieg verwüstet worden. Dabei kämpften Milizen, marodierende Jugendbanden, Generäle und Regierungen in wechselnden Allianzen um die Kontrolle der verschiedenen Rohstofffelder. Dazwischen agierten die UN mit einem Truppenkontingent unter nigerianischer Führung (ECOMOG), das jedoch hauptsächlich die nigerianischen Interessen in der Region wahren sollte. Viele der Minen, die noch weiter von ausländischen Konzernen betrieben wurden, wurden von Söldnerfirmen wie DSL, Lifeguard oder Gurkha Security Guards bewacht, die dann wieder zum Teil mit Schürfrechten bezahlt wurden. Unbestrittener Marktführer war hier Executive Outcomes, mit deren massiver Schützenhilfe 1997 Präsidentschaftswahlen abgehalten werden konnten, die Präsident Kabbah an die Macht brachten. Als dieser dann jedoch den Einfluss des Militärs zu Gunsten der ihm ergebenen Kamajor-Milizen beschnitt, wurde er durch einen neuen Militärputsch aus dem Land vertrieben. Da Kabbah der Wunschkandidat Nigerias und des Westens gewesen war, griff nun ECOMOG auch ohne UN-Mandat in die Kämpfe ein, konnte aber gegen die inzwischen vereinten Rebellen und Putschisten nicht viel ausrichten.

Sandline unterhielt zu dieser Zeit im benachbarten Guinea ein Eingreifteam, um Mitarbeiter der Firma Lifeguard unterstützen zu können, die Minen in Sierra Leone bewachten. Spicer und seine Kollegen hätten Kabbah sicher gerne geholfen; das Problem war nur, wie ein von seinen Ressourcen abgeschnittener Präsident ihre Dienste bezahlen sollte. Die Lösung kam in Person des indischen Geschäftsmannes Rakesh Saxena, der im Namen einer kanadischen Bergbaugesellschaft umfangreiche Schürfrechte für Bauxit und Diamanten von Kabbah erworben hatte. Diese Schürfrechte waren nun natürlich wertlos, und deshalb war Saxena bereit einiges zu investieren, um Kabbah wieder im Amt zu sehen. Also bat er Sandline um eine Machbarkeitsstudie. Wie er selbst schreibt, sah sich Spicer damit vor einem großen Dilemma. Eines der Grundprinzipien von Sandline war, nur für legitime Regierungen zu arbeiten. Sie konnten also schlecht für Saxenas Diamantminen in den Krieg ziehen. Wenn aber Kabbah als gewählter Präsident den Einsatz absegnen würde, dann schon. Man fragt sich an dieser Stelle unvermeidlich, für wie naiv Spicer oder sein Ghostwriter die Leser halten. Sollte Kabbah vielleicht "nein" sagen? Sollte er sagen: "Ich möchte nicht an die Macht zurück, wenn Sandline die Arbeit macht und Saxena die Spesen zahlt."

Kamajor-Milizen: good guys! Natürlich sagte er ja, und Sandline begann mit der Planung des Projekts. Neben einigen Söldnern für Spezialeinsätze und zwei bis drei Helikoptern sollten vor allem Kabbahs Kamajor-Milizen bewaffnet werden, um dann die Hauptlast der Kämpfe zu tragen. Dass die UNO inzwischen ein Waffenembargo über Sierra Leone verhängt hatte, störte nicht weiter, da man bei Sandline ja der Ansicht war auf Seiten der "Guten" zu kämpfen und das Embargo nur für die anderen gelte. Als wesentlich schwereres Problem erwies sich, dass Saxena inzwischen in Kanada verhaftet worden war - Thailand hatte seine Auslieferung wegen Betruges beantragt - und damit der Geldfluss versiegte. Bei Sandline reduzierte man daraufhin die Unkosten. Man hielt lediglich einen Mi-24 Hind Helikopter im Einsatz, der ohnehin schon vor Ort war, und organisierte günstig in Bulgarien 35 Tonnen Infanteriewaffen für die Kamajor-Milizen, deren Verteilung ECOMOG übernahm, nachdem Sandline geliefert hatte. Anscheinend reichte auch dies, denn im Februar 1998 war Präsident Kabbah wieder an der Macht.

Bei Sandline in London war man zufrieden, man wartete nun auf etwas Anerkennung und die Dankbarkeit des Präsidenten, die sich in einigen lukrativeren Folgeaufträgen hätte äußern können. Doch nichts davon. Statt verhaltener Zustimmung begann der so genannte "Sandline-Skandal" immer höhere Wellen zu schlagen. Die Presse berichtete, dass eine Söldnerfirma im Dienst diverser Bergbaukonzerne das UN-Waffenembargo unterlaufen habe. Sandline hatte vorher in ständigem Kontakt zu Beamten des britischen Foreign Office wie auch des US State Departments gestanden, die ebenfall an einer Regierung Kabbah interessiert waren; auf einem britischen Kriegsschiff war Sandlines Helikopter repariert worden, und ECOMOG hatte die Waffen in Sierra Leone in Empfang genommen und verteilt. Was war also falsch gelaufen?

Tatsache war, dass das Embargo umgangen worden war. Dies war zwar im Interesse der USA, Großbritanniens und Nigerias geschehen, doch nun wuschen die zuständigen Behörden ihre Hände in Unschuld und wollten von keinerlei Absprachen wissen. Natürlich wussten das auch die Medien, doch um die Regierung Blair anzugehen, schlugen sie auf Sandline ein. Das funktionierte, denn nun berief sich Sandline auf konkrete Telefonate und Treffen mit namentlich genannten Beamten, so dass die britischen Behörden auf rechtliche Schritte verzichteten, da diese nicht im öffentlichen Interesse seien.

Nach diesen Ereignissen arbeitete Spicer als Lobbyist hauptsächlich daran, das Bild der PMCs aufzupolieren. Er hielt Vorträge, trat im Fernsehen auf und schrieb ein Buch, um die Widerstände der Öffentlichkeit gegen die Verwendung von Söldnerfirmen abzubauen. Die PMCs präsentiert er dabei im Gegensatz zu den individualistischen Söldnern von gestern als moderne Dienstleistungsunternehmen von morgen, die schnell und flexibel humanitäre und militärische Aufgaben lösen, die die nationalen Regierungen oder die UNO nicht übernehmen wollen: "the condottiere of yesterday armed with the weapons of tomorrow."

Das grundlegende Problem beim Einsatz dieser PMCs ist sicher die Frage, für wen und unter welchen Bedingungen sie arbeiten. Spicer macht es sich hier sehr einfach, indem er lapidar erklärt, dass Sandline nur für legale Regierungen arbeite und für diese auch keine illegalen Aktionen durchführe. Was allerdings "legal" ist, darauf geht er nicht ein. War es legal die Regierung von Papua Neu Guinea in einem Bürgerkrieg zu unterstützen, als dieser sogar der Schutzmacht Australien zu schmutzig geworden war? Wäre eine Unterstützung Mobutus legal gewesen? Ist es legal, einen gestürzten Präsidenten wieder ins Amt zu bringen, wenn es ein Konzern bezahlt? Wer sind die Guten, wer die Schlechten? Wir glauben Spicer gerne, dass er ein überzeugter britischer Patriot ist. Sind die Guten also die, für die sich die britische Regierung entscheidet - natürlich im Geheimen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit? Spicer löst diese Fragen sehr einfach, indem er schlicht behauptet, es sei ein Grundprinzip von Sandline nur für die "good guys" zu kämpfen. Das illustriert er dann mit folgendem Beispiel: "Wenn Sandline z. B. während des Zweiten Weltkrieges schon existiert hätte, hätten wir für die französische Resistance, den Maquis gekämpft, aber nicht für die de facto Regierung von Vichy unter Marschall Pétain." Tja, auch wir wissen heute, dass die Resistance die "good guys" waren, aber die legale Regierung waren sie doch wohl nicht? Oder haben wir da etwas nicht mitbekommen?

© Frank Westenfelder  


 
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