die Anfänge
Nach der Eroberung von Mexiko waren die Spanier auch langsam nach Norden vorgedrungen. Da jedoch weder Gold noch Silber gefunden wurde, das Land wild und karg war, ging die Eroberung nur sehr schleppend voran. Man stieß entlang des Rio Grande vor, gründete Haciendas zur Viehzucht und Missionen, um aus den “Wilden” gute Untertanen zu machen. Beschützt wurde das praktisch grenzenlose aber äußerst dünn besiedelte Reich von einigen wenigen Presidios, wie die kleinen Forts aus Adobeziegeln genannt wurden.
Das langsame Vordringen der Spanier wurde gestoppt, als es Ende des 17. Jahrhunderts zum Zusammenstoß mit den Apachen kam, die ihrerseits von den stärkeren Comanchen aus den Great Plains verdrängt worden waren. Von der Bisonjagd weitgehend abgeschnitten, dafür aber durch Pferde wesentlich mobiler, verlegten sich die Apachen zunehmend darauf die sesshaften Stämme und natürlich auch spanische Niederlasungen in Neu Mexiko zu berauben.

Es wurde einer dieser kleinen, dreckigen Grenzkriege, die sich über viele Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte ausdehnen. Die Apachen überfielen kleine Siedlungen und abgelegene Haciendas, erschlugen die Männer und raubten Frauen und Kinder als Sklaven, natürlich auch Lebensmittel und Werkzeuge. Besonders begehrt waren Pferde und Maultiere. Manchmal gelang es den Spaniern eine Gruppe Apachen abzufangen oder eine erfolgreiche Strafexpedition durchzuführen. Gefangene Apachen landeten dann als Sklaven auf den Haciendas oder in den Minen weiter im Süden.
Möglicherweise hätten die Apachen die Spanier leicht aus Neu Mexiko vertreiben können. Doch das lag gar nicht in ihrem Interesse. Ihre jährlichen Raubzüge waren ja nur möglich, so lange die Sesshaften Waren und Nutztiere produzierten. Dennoch dehnten sie mit der Zeit ihre Raubzüge immer weiter nach Süden aus, so dass schließlich auch große Teile von Sonora und Chihuahua darunter zu leiden hatten. Dadurch kamen aber die ertragreichen Silberminen dort zum Stillstand, was die Regierungen in Mexiko-Stadt und im fernen Madrid langsam zur Erkenntnis brachte, dass etwas unternommen werden müsste.
In den 1770er Jahren wurde die Grenze durch eine Kette neuer Presidios verstärkt und energische Gouverneure unternahmen regelmäßig Strafexpeditionen. Gleichzeitig versuchte man einige Stämme durch Geschenke zur Zusammenarbeit zu bewegen. Entscheidend wurde ein Bündnis mit den Comanchen, die durch Zugang zu den Märkten in Neu Mexiko und Waffenlieferungen dazu bewegt wurden, gegen ihre alten Feinde vorzugehen. Gegen 1790 hatten die meisten Stämme der Apachen Frieden geschlossen und viele hatten sich bei den Presidios niedergelassen, wo sie durch Geschenke dazu ermutigt wurden, sich der Landwirtschaft zu widmen.
Es gab natürlich immer noch Spannungen und Zwischenfälle. Einige Apachen blieben in den Bergen und verübten weiterhin Überfälle, und die Spanier versorgten ihre Bergwerke mit Gefangenen oder Unbequemen. Dennoch war es relativ ruhig, bis es im Gefolge der napoleonischen Kriege zur Unabhängigkeit Mexikos kam.

Während der jahrelangen Kämpfe (1810-1823) war die militärische Sicherung der entlegenen Nordgrenze für keine Fraktion von besonderer Bedeutung, was zu einer starken Reduzierung der Truppen führte. Dadurch stieg die Zahl der Überfälle sicher etwas, die große Wende kam aber erst, als die neue Regierung 1831 die Lebensmittellieferungen an die halbwegs sesshaft gemachten Apachen einstellte. Um nicht zu verhungern blieb diesen nun gar nichts anderes übrig, als ihr halbnomadisches Räuberleben wieder aufzunehmen.
Bald stand ganz Neu Mexiko in Flammen. Die kleinen Garnisonen in den Presidios waren absolut nicht in der Lage die Überfälle zu verhindern. Die Soldaten, die oft in Gefängnissen zwangsrekrutiert worden waren, hatten kaum gute Pferde und waren vorwiegend mit Lanzen und einigen uralten Musketen bewaffnet; ihren Sold erhielten sie nur sporadisch, dafür waren sie den Launen tyrannischer Vorgesetzter ausgeliefert. Dem Großteil der Bevölkerung war der Besitz von Schusswaffen verboten, da die Regierung Unruhen befürchtete. Auf richtigen Widerstand stießen die Apachen nur bei den großen Haciendas.
Die Apachen dehnten ihre Raubzüge immer weiter aus und drangen tief in die Provinzen Sonora und Chihuahua ein, wo sie ungeniert durch die Straßen in den Randbezirken der Hauptstadt streiften. Zahlreiche kleine Niederlassungen wurden zerstört, die Bevölkerung getötet oder als Sklaven verschleppt. Zudem begannen viele Leute aus Furcht das Land zu verlassen; sie flohen in den sicheren Süden. Die Provinzregierungen versuchten verzweifelt Geld aufzutreiben, um neue Soldaten zu werben. Zusätzlich wurden die größeren Siedlungen befestigt. Doch das half alles nur wenig. Im freien Land konnten sich die Apachen fast ungestört bewegen. Verschlimmert wurde die Situation als von Texas aus auch die Comanchen wieder verstärkt ins Land einfielen. Allerdings hatte hier der Bundesstaat Coahuila die Hauptlast zu tragen.
In dieser verzweifelten Situation sorgte es deshalb für außergewöhnliches Aufsehen, als 1837 eine Gruppe Nordamerikaner ein größeres Massaker unter den Apachen anrichtete. Sie wurden von der geschundenen Bevölkerung gefeiert, und der Gouverneur von Chihuahua sah möglicherweise eine Methode mit der er gegen das Apachenproblem vorgehen konnte.
Die ersten Nordamerikaner waren seit den 1820er Jahren vom Missouri aus über den so genannten Santa Fe Trail nach Neu Mexiko gekommen. Dort erzielte man gute Preise für Textilien und Werkzeuge. Im Gegenzug kauften sie Maultiere, Felle oder gleich Edelmetalle. Die Geschäfte gingen gut und so ließen sich einige als Händler nieder. Andere begannen Biber zu jagen, für deren Felle im Osten hohe Preise gezahlt wurden. Als Händler machten sie natürlich auch mit Apachen und Comanchen gute Geschäfte, bei denen sie gerne Waffen und Alkohol gegen Maultiere und Pferde tauschten.

Einer von ihnen war John Johnson aus Kentucky. Er hatte sich in Sonora in dem Ort Moctezuma (Oposura) als Händler niedergelassen und eine einheimische Frau geheiratet. Als Anfang 1837 eine größere Gruppe aus Missouri nach Moctezuma kam, um dort Maultiere zu kaufen, mussten sie feststellen, dass die Apachen kurz vorher alle verfügbaren Tiere im Umland geraubt hatten. Sie wandten sich daraufhin um Rat an Johnson, und dieser schlug ihnen vor, einfach ein Lager der Apachen zu überfallen, da dort genug Maultiere zu finden seien.
Johnson mobilisierte einige der Nordamerikaner in Moctezuma, so dass mit den Maultierkäufern schließlich eine Truppe von gut 20 Mann zusammen kam. Anschließend besorgte er sich noch eine Genehmigung der mexikanischen Behörden um gegen die Apachen vorzugehen. Dabei wurde ihm allerdings keine Prämie für Skalps zugesagt; er sollte lediglich die Hälfte der Beute behalten dürfen.
Da Johnson mit den Apachen bereits öfter Handel getrieben hatte, gelang es ihm schließlich das Lager einer größeren Gruppe zu finden. Sie näherten sich dem Lager und begannen mit dem Häuptling zu verhandeln, um mit Waffen und Alkohol zu handeln. Bei einem neuen Treffen wurde anscheinend großzügig Alkohol an die Apachen ausgeschenkt, dann schoss Johnson überraschend mit einer kleinen Kanone in die Menge. Anschließend begannen seine Männer mit dem Gemetzel. Durch die Kanone und in dem folgenden Kampf wurden angeblich 16 Krieger getötet – darunter der Häuptling – und viele verwundet, dazu mehrere Frauen und Kinder. Die Nordamerikaner hatten keine Verluste, mussten sich aber wegen der verbleibenden Übermacht schließlich zurückziehen. Johnson nahm jedoch einige Skalps, um sie den Behörden als Beweis vorlegen zu können.
Zurückgekehrt wurde Johnson und seine Männer wie Helden gefeiert. Sie erhielten vom Gouverneur eine Prämie von 100 Pesos; in der Region wurden Balladen (corridos) über die Ereignisse gesungen, und in Zeitungsartikels wurden die Ereignisse immer mehr aufgebauscht, so dass schließlich von hunderten getöteter Apachen zu lesen war.
Obwohl es sich bei dem berühmt-berüchtigten “Johnson-Massaker” eigentlich nur um ein kleines Gefecht gehandelt hatte, hatte es dennoch demonstriert, dass eine motivierte, gut bewaffnete und gut berittene Truppe mehr ausrichten konnte als die Garnisonen der Presidios, die oft noch nicht einmal über genug Pferde verfügten, um die Apachen zu verfolgen. Johnson hatte gewissermaßen die Tür geöffnet, durch die dann James Kirker die Bühne betrat.
Kirker stammte aus Nordirland und war 1810 siebzehnjährig nach New York gekommen, wahrscheinlich um den britischen Zwangsrekrutierungen dieser Zeit zu entgehen. 1817 zog er dann wie viele, die ihr Glück machen wollten, weiter nach Westen. Er kam nach St. Louis, das damals das große Tor zum noch weitgehend unerschlossenen Wilden Westen bildete. Kirker versuchte sich erst als Einzelwarenhändler, und lernte dabei, dass die großen Profite viel weiter im Westen zu holen waren.
Vorreiter auf diesem Gebiet waren die McKnights, die das Gechäftsleben in St. Louis dominierten und seit kurzem damit begonnen hatten, Handelskarawanen nach Santa Fe zu schicken. Im Dienst der McKnights kam er dann nach Neu Mexiko, wo er manchmal weiter für sie arbeitete aber zunehmend auch selbst Handel trieb und sich der sehr ertragreichen Biberjagd widmete.

1832 ließ sich Kirker auf einer großen Hacienda bei Janos im Norden von Chihuahua nieder. Von dort aus kümmerte er sich vorwiegend um die Sicherheit der reichen Kupferminen von Santa Rita, an denen inzwischen auch die McKnights beteiligt waren. Die Apachen waren zwar nicht an den Minen interessiert dafür aber um so mehr an den Maultieren, mit denen das Kupfererz zur Weiterverarbeitung nach Corralitos transportiert werden musste.
Mit einer eigenen Truppe organisierte Kirker den Schutz der Maultierkarawanen. Dabei setzte er aber nicht nur auf Feuerkraft, sondern er begann mit den Apachen der Region gute Beziehungen zu pflegen. Für Waffen, Textilien, Alkohol und andere Dinge erhielt er von ihnen geraubte Pferde und Maultiere, die er mit hohem Gewinn nach Missouri exportierte. Der blutige Kleinkrieg zwischen Mexiko und den Apachen nützte ihm gleich mehrfach. Einerseits hatte das mexikanische Militär andere Sorgen als sich um die illegale Biberjagd zu kümmern, andererseits hatten die Apachen eine Menge Beute abzusetzen und zahlten für Waffen und Munition Höchstpreise. Das Geschäft florierte so, dass die Apachen ihn schließlich zum Ehrenhäuptling ernannten.
Kirker war nicht der einzige aber wahrscheinlich der wichtigste amerikanische Waffenhändler der Region. Sie versorgten die Apachen nicht nur mit verbotenen Waffen und Munition, sondern motivierten sie durch den Aufkauf der Beute dazu, ihre Raubzüge immer weiter auszudehnen. Der Transport von Erz und Versorgungsgütern mit Maultierkarawanen über ein riesiges Gebiet war natürlich ideal, um dabei Waffen und geraubte Maultiere zu verschieben. Dennoch konnte es nicht ausbleiben, dass Kirker irgendwann ins Visier der mexikanischen Behörden geriet. Er war davon jedoch nicht besonders beeindruckt, da er seinen Geschäften nun bereits seit vielen Jahren nachging. Deshalb traf es ihn völlig unvorbereitet, als Anfang 1836 eine große Ladung seiner Biberfelle beschlagnahmt und auf ihn selbst ein Kopfgeld ausgesetzt wurde.
Als gesuchter Gesetzloser setzte sich Kirker nach Bent’s Fort ab, das jenseits der Grenze auf dem Territorium der USA lag. Von dort aus jagte er mit anderen “Mountain Men” im nördlichen Neu Mexiko, wo die mexikanischen Behörden praktisch keinen Einfluss hatten. Während dieser Zeit machte er die Bekanntschaft von Spybuck, einem Shawnee-Halbblut, den es mit einigen anderen Shawnees und Delawares hier an die äußerste Grenze verschlagen hatte, wo sie als Trapper ihr Auskommen suchten. Shawnees und Delawares stammten ursprünglich von der Ostküste und waren über Generationen von einem Reservat ins andere umgesiedelt worden. Von ihren Stämmen war nicht mehr viel übrig, und man kann sie durchaus als die letzten Mohikaner bezeichnen.

Doch Kirkers Exil war von relativ kurzer Dauer. Anfang 1837 wurde der Gouverneur, der das Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hatte, ermordet und etwas später kam es zum “Johnson-Massaker”, das alle Apachen der Region als Kriegserklärung auffassten. Bald brannten überall in Neu Mexiko, Chihuahua und Sonora Siedlungen und Haciendas. Die Menschen flüchteten in die größeren Orte und die Presidios. Wirtschaft und Handel kamen fast vollständig zum Erliegen. Das traf Kirkers alte Geschäftspartner die McKnights besonders hart, da die zum Betrieb der Santa Rita Mine notwendigen Maultierkarawanen nicht mehr durchgeführt werden konnten.
Da die Santa Rita Mine täglich 2.000 Dollar abgeworfen hatte, ging es für die Minenbesitzer um viel Geld. Sie schickten hastig Boten nach Bent’s Fort, um Kirker dazu zu bewegen, sich wieder um die Sicherheit des Minenbetriebs zu kümmern. Das Angebot scheint überzeugend gewesen zu sein, denn Kirker rekrutierte umgehend ein kleine Truppe von kampferfahrenen Mountain Men, von denen Spybucks Delawares den größten Teil stellten.
Mit dieser Truppe machte er sich auf den Weg und überfiel völlig überraschend ein Lager der Apachen im Süden von New Mexiko. Bei dem folgenden Gefecht wurden 55 Krieger getötet und 9 Frauen gefangen genommen. Kirkers Männer hatten lediglich einen Toten und einige Verletzte. Zusätzlich erbeuteten sie zahlreiche Pferde und Maultiere.
In Chihuahua wurden Kirker und seine Männer mit Jubel empfangen. Es gab Paraden und Glückwünsche vom neuen Gouverneur. Kirkers wichtigstes Ziel war jedoch gewesen, den Apachen deutlich zu machen, dass sie die Santa Rita Mine in Frieden lassen sollten, und es scheint, dass die Botschaft verstanden worden war. Denn während die Apachen weiterhin ganz Nordmexiko terrorisierten, wurden die Transporte der Santa Rita Mine, die natürlich von Kirkers Männern eskortiert wurden, nicht behelligt.
Auf Dauer führte das zu Protesten der anderen Minenbesitzer beim Gouverneur in Chihuahua. Sie wollten nicht akzeptieren, dass der Staat nicht den gleichen Schutz wie Kirkers Truppe bieten konnte. Als jedoch immer deutlicher wurde, dass die Armee nicht in der Lage war, gegen die Apachen vorzugehen, beschlossen einige Minenbesitzern einen Fond von 100.000 Dollar zu schaffen, mit dem Kirker bezahlt werden sollte. Kirker sollte mit dem Geld eine private Truppe aufstellen und damit die Apachen wirkungsvoll bekämpfen.

Kirker und Spybuck begannen umgehend mit der Rekrutierung weiterer Männer, denen 1 Dollar pro Tag geboten wurde plus zusätzlicher Prämien und Beuteanteile. Im September hatten sie gut 50 Männer beisammen und kurz darauf ihr erstes größeres Gefecht in der Nähe von Taos, das wie gewohnt siegreich verlief.
In den folgenden Monaten erhöhten Kirkers Männer den Druck auf die Apachen und drängten sie in einigen Regionen langsam in die Defensive. Obwohl es dabei zu keinen schweren Zusammenstößen kam, so gab es doch immer wieder kleinere Scharmützel und es gelang ihnen den Apachen einiges von ihrer Beute abzujagen. Die Minenbesitzer und der Gouverneur waren begeistert und drängten Kirker, mehr Leute anzuwerben.
Chihuahua wurde jetzt zum Zentrum der Truppe. Hier wurde der Sold ausbezahlt und ein guter Teil der den Apachen abgenommenen Tiere verkauft. Außerdem gab es natürlich auch die üblichen Bars, Bodegas und Spielhöllen, wo die Männer ihr Geld wieder loswerden konnten. Der Erfolg hatte sich schnell herumgesprochen und so trafen von Norden immer wieder kleinere Gruppen potentieller Rekruten ein. Es waren meistens abgerissene Gestalten, denen das Geld für die Weiterreise nach Kalifornien fehlte oder die Biberjagd zu mühselig erschien.
Das führte zu Problemen mit den Einheimischen, denen sich die Neuankömmlinge allein schon als Nordamerikaner weit überlegen fühlten. Dazu kam es zum Streit um die erbeuteten Pferde und Maultiere, die oft von den ursprünglichen Besitzern zurückgefordert wurden. Es wurde – sicher nicht immer zu Unrecht – behauptet, dass Kirkers Männer, die Tiere oft von Mexikanern gestohlen hätten und nicht von den Apachen. Aber auch das mexikanische Militär ging zunehmend auf Distanz. Wahrscheinlich bekamen sie die rassistische Arroganz der Gringos fast täglich zu spüren; die von den USA unterstützte Texanische Revolution lag ja nur wenige Jahre zurück, und der Mexikanisch-Amerikanische Krieg stand praktisch vor der Haustür.
Im Juli 1840 kündigte der Gouverneur den Vertrag mit Kirker mit der Begründung, dass es unpatriotisch sei sich von Fremden beschützen zu lassen. Der hatte jedoch bald ein neues Angebot, von ein paar Briten, die ganz im Süden der Provinz bei Guadalupe y Calvo ein paar Minen betrieben. Mit einem Teil seiner Männer übernahm Kirker nun dort Schutz und Transport. Das hielt ihn aber nicht davon ab, weiter mit einigen Gruppen Apachen gute Geschäfte zu machen.
Die Provinzregierung versuchte währenddessen auf die Apachen Druck auszuüben oder Frieden zu schließen. Doch diese unterstanden keiner zentralen Instanz. Eigentlich agierte jeder Stamm, jeder Clan, wie es ihm beliebte. Allerdings bestanden die meisten auf einer Schließung der Minen und der Rückgabe des Landes, wozu natürlich keine Regierung bereit war. Bald war wieder alles beim Alten. Die Apachen streiften fast ungestört im Land, überfielen Siedlungen, brannten Häuser nieder, raubten Pferde, Frauen und Kinder.

Schließlich sah der Gouverneur keinen anderen Ausweg, als Kirker zurückzurufen. Um ihn richtig zu motivieren, bot man ihm nun keinen festen Sold, sondern Prämien für die Skalps getöteter Apachen: 100 Pesos für den Skalp eines Kriegers, 50 Pesos für den einer Frau und 25 Pesos für den eines Kindes. Dass auch für Kinder bezahlt wurde, zeigt dass ein Vernichtungskrieg geplant war. Das Angebot war anscheinend verlockend genug (ein Soldat der US-Kavallerie erhielt zu der Zeit ca. 10 Dollar im Monat. Ein Peso war etwas mehr wert als ein Dollar), dass Kirker nach Chihuahua zurückkehrte und mit seinen Werbungen begann. Er rekrutierte ungefaähr 100 der üblichen Trapper, Frachtwagenfahrer vom Santa Fe Trail, abgebrannten Abenteurer und 70 Shawnee und Delaware unter Spybuck.
Kirker war noch dabei seine Truppe in der Stierkampfarena von Chihuahua zu sammeln und auszurüsten, als sich eine äußerst lukrative Gelegenheit für einen ersten Einsatz bot. Die Apachen hatten in der Nähe die Maultierkarawane eines reichen Händlers überfallen. Dieser bot nun Kirker alle Maultiere und die Hälfte der Ladung, falls er sie zurückbekommen könne. Zusammen mit den Skalpprämien handelte es sich hierbei um ein Vermögen, und so machte sich Kirker mit seinen Männern umgehend an die Verfolgung.
Die Apachen fühlten sich mit ihrer Beute anscheinend ziemlich sicher, denn als Kirker sie nach ein paar Tagen einholte, waren sie bereits dabei, mit dem erbeuteten Alkohol ihren Raubzug zu feiern. Es war also nicht schwer alle im Schlaf zu töten. Anschließend erlaubte Kirker seinen Männern sich nun selbst ausgiebig zu betrinken. Er hätte nun durchaus zufrieden sein können, doch sie hatten nur 43 Skalps erbeutet, und von seinen Geschäften mit den Apachen kannte er ein großes Lager an einem See, der nur wenige Tagesmärsche entfernt war. Als seine Männer also wieder halbwegs nüchtern waren, schlug er ihnen vor, diese Lager auch noch zu überfallen, da dort hunderte von Skalps auf sie warteten. Sie waren leicht zu überzeugen
Ein kleiner Teil der Truppe blieb zur Bewachung der Beute zurück, und Kirker machte sich mit etwa 150 Mann auf den Weg. Dank Spybuck und seiner erfahrenen Scouts konnten sie sich dem Lager der Apachen unentdeckt nähern. Auch hier wurde mit erbeutetem Alkohol ein erfolgreicher Raubzug gefeiert. Es gab deshalb nicht viel Widerstand, als Kirkers Truppe im Morgengrauen überraschend angriff. Es wurde ein furchtbares Gemetzel, in dem auch Frauen und Kinder gnadenlos abgeschlachtet wurden. Der Häuptling erkannte Kirker, mit dem er viele gute Geschäfte gemacht und immer wie einen “Bruder” behandelt hatte. Angeblich ließ ihn Kirker entkommen, da er von seinen Vorwürfen etwas bewegt war.
Obwohl viele Apachen bei der Flucht im See ertranken und deshalb nicht skalpiert werden konnten, wurden 139 Skalps erbeutet. Dazu kamen über 1.000 Pferde und Maultiere, Schafe, Ziegen, 18 gefangene Frauen – “Walking Scalps” nannte sie Spybuck – und 19 befreite mexikanische Frauen und Kinder.
Bei ihrem Einzug in Chihuahua wurden sie von Kapellen und jubelnden Massen empfangen. Die Feiern und Saufgelage erstreckten sich über Tage, und die Kathedrale wurde zum Zeichen des Sieges mit den erbeuteten Skalps dekoriert. Doch die Ernüchterung folgte umgehend. Die Provinz war bankrott, und der Gouverneur konnte von den geforderten 10.000 Pesos bei allerbestem Willen nur 2.000 aufbringen. Außerdem forderten viele Mexikaner ihr geraubtes Vieh gratis zurück. Die Lage spitzte sich schnell zu. Spybuck bedrohte den Gouverneur persönlich in Kriegsbemalung; der mobilisierte daraufhin das Militär. Schließlich zog Spybuck mit dem Geld und einem Großteil der Männer ab. Mit sich führten sie viele Pferde und Maultiere, die sie bis nach Bent’s Fort trieben und dort teuer verkauften.
Kirker zog sich mit einigen Getreuen frustriert auf seine Hacienda zurück. Angeblich war er fast ruiniert. Doch er lebte bereits viel zu lange in der Region, um völlig leer auszugehen. Auf Dauer war es für ihn immer von Vorteil, wenn ihm die Regierung größere Summen schuldete. Möglicherweise ließen sie sich irgendwann in Handelsprivilegien, Minenkonzessionen oder ähnliches umwandeln.

Nach seinem Rückzug dauerte es nicht lange, bis die Apachen wieder weitgehend ungehindert im Land hausten. Da das Militär sich auf den Schutz der größeren Orte beschränkte, schien Kirker die einzige Möglichkeit offensiv gegen die Apachen vorzugehen. Der Gouverneur machte also neue Angebote, Kirker lehnte ab, nahm aber schließlich doch an, als 200 Pesos pro Skalp geboten wurden. Danach wiederholte sich die alte Geschichte. Er warb Männer, verfolgte die Apachen und tötete eine große Gruppe bei Galeana, die er nach einigen Aussagen vorher zu friedlichen Verhandlungen geladen und betrunken gemacht hatte.
Wieder wurde der Sieg groß gefeiert und die Kathedrale mit Skalps dekoriert, und wieder konnte der Gouverneur nicht bezahlen. Da inzwischen aber der Krieg mit den USA ausgebrochen war, bot er Kirker zum Ausgleich eine Stelle als Colonel der mexikanischen Armee. Möglicherweise hätte Kirker auf diese Weise seine Tage als Gouverneur von Chihuahua beschließen können, doch er machte sich keine Illusionen über den Ausgang des Krieges. Also erbat er sich Bedenkzeit und verschwand mit einigen seiner getreuen Shawnees umgehend nach Norden.
Bei El Paso schloss er sich einem Regiment der US-Armee unter Colonel Doniphan an. In den folgenden Monaten leisteten er und seine Männer hervorragende Dienste als Scouts. Nach dem Ende des Krieges eröffnete er ein Hotel in Santa Fe, das nun zu den USA gehörte. In Chihuahua, das bei Mexiko verblieben war, wurde er allerdings als Verräter gesucht und ein Kopfgeld von 10.000 Pesos war auf ihn ausgesetzt. Später diente er einige Zeit der US-Armee in ihrem Kampf gegen die Apachen als Scout. 1850 zog er mit seinen Shawnees nach Kalifornien, wo sie als Jäger beim großen Goldrausch arbeiten. Kirker starb dort 1853 vermutlich an Leberzirrhose.
Obwohl die Jagd auf Skalps sicher eine äußerst unapetittliche Sache ist, kann man Kirker durchaus als einen echten Pionier auf dem Gebiet moderner PMCs betrachten. Als privater Unternehmer organisierte er zuerst in einem Krisengebiet Sicherheit und Transport für Minen. Später übernahm er dann militärische Aufgaben für einen Staat, der finanziell und organisatorisch nicht dazu in der Lage war.
Literatur:
Strickland, Rex W.
The Birth and Death of a Legend: The Johnson “Massacre” of 1837
Arizona and the West Vol. 18, No. 3 (Autumn, 1976), S. 257-286.
Smith, Ralph Adam
Borderlander: the life of James Kirker, 1793-1852
2000
Smith, Ralph Adam
The Scalp Hunter in the Borderlands 1835-1850
in: Arizona and the West, Vol. 6, No. 1 (Spring, 1964), S. 5-22
McGaw, William Cochran
Savage Scene Life and Times of Jim Kirker
1972
© Frank Westenfelder